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Mittwoch, 9. August 2017

VTG bleibt mit Schienenlogistik verlässlich auf Kurs

Der Schienenlogistik-Konzern VTG erfreut sich großer Unbekanntheit, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass man mit seinen Produkten und Dienstleistungen als Otto Normalverbraucher kaum direkt in Berührung kommt. Die Kunden von VTG sind überwiegend große Unternehmen aus den Bereichen Erdöl, Erdgas, Chemie, Nahrungsmittel und Handel. Für diese transportiert VTG Waren durch ganz Europa und das auf der Schiene.

Der Schienenverkehr bietet enorme Kostenvorteile gegenüber seinem Hauptkonkurrenten, dem Lkw auf der Straße, den stetig strengere Vorschriften, wie kürzere Fahr- und längere Standzeiten und Mautkosten gängeln. Zusätzlich kann der Schienengüterverkehr mit seinem großzügigen Platzangebot punkten und vergleichsweise wenig Staus – sofern nicht gerade bei der Bahn gestreikt wird. Andererseits ist der Gütertransport ein Massengeschäft mit dem eher geringe Margen zu verdienen sind. Hier verdient man nur über Menge und Auslastungsgrad.

Und auch von anderer Seite könnte der Schienenverkehr zusätzlichen Rückenwind bekommen, denn es wird angestrebt, die Trassenpreise für den Schienengüterverkehr, die sog. Schienenmaut, deutlich zu senken, was die Güterbahnen in Höhe von 330 bis 350 Millionen Euro pro Jahr entlasten könnte. Damit würde der Schienenverkehr gegenüber dem Lkw weiter an Attraktivität gewinnen und sich damit auch die Nachfrage nach VTG-Waggons weiter erhöhen.

Dabei unterhält die im SDAX beheimatete VTG kein eigenes Schienennetz, wie die Deutsche Bahn oder die amerikanische Union Pacific, sondern sie lebt von der Vermietung von Waggons. Neben Tank-Containern, die auch abseits der Schiene eingesetzt werden können, vermietet man Kessel- und Flachwagen sowie Waggons für Großraumgüter und man stellt diese auch selbst her. Darüber hinaus ist man in der Schienenlogistik tätig und organisiert den Transport von Mineralöl und Chemieprodukten. VTGs Kernmarkt liegt in der DACH-Region, also Deutschland, Österreich und der Schweiz, man ist aber auch in ganz Europa, den USA und Russland aktiv.


VTG wächst auch über Zukäufe
In Russland hat man gerade seinen Waggon-Park ausgebaut mit 220 Chemiekesselwagen für den Transport von Natronlauge, die man von einer Tochtergesellschaft der United Wagon Company übernommen hat. Die Wagen mit dem Baujahr 2014 sind bis zum Jahr 2024 an das Unternehmen RusVinyl vermietet, ein russisch-belgisches Joint Venture der Gesellschafter SIBUR (Russland) und Solvay (Belgien). Diesen Mietvertrag führt die VTG nach der Übernahme der Wagen fort. Und bereits im November 2016 hat die VTG zudem 15 moderne, isolierte Kesselwagen für den Transport von Natronlauge erworben und langfristig an den Kunden Khimprom vermietet, eines der größten Chemieunternehmen Russlands. Mit den getätigten Investitionen ist die Flotte der VTG Rail Russia auf insgesamt 3.300 Wagen gewachsen.

 VTG (Quelle: wallstreet-online.de
Nachdem man die Schienenlogistik von Kühne+Nagel übernommen hatte, machte VTG Ende 2014 einen gewaltigen Sprung, als man den Schweizer Mitbewerber Ahaus Alstätter Eisenbahn Holding (AEE) übernahm und den Waggon-Bestand auf einen Schlag um knapp 30.000 auf 80.000 Stück aufgestockt hat. Diese Übernahmen haben Unternehmen und Aktienkurs inzwischen verdaut und nun wagte man sich an den nächsten strategischen Zukauf, mit dem weitere 14.000 Waggons hinzukommen. Denn VTG hat den viertgrößten privaten Vermieter von Güterwaggons in Europa aufgekauft, die CIT Rail Holdings, die Eigentümerin der Nacco Gruppe ist. Deren Hauptmärkte liegen in Frankreich, Deutschland, Österreich und Osteuropa und ihre Flotte umfasst ein gut ausbalanciertes Portfolio verschiedener Güterwagen aus allen gängigen Segmenten.

Der Deal könnte VTG insgesamt 920 Millionen Euro kosten, aufgeteilt in den Kaufpreis von rund 780 Millionen Euro und die bisher in 2017 von der Nacco-Gruppe geleisteten Investitionen in Güterwagen von bis zu 140 Millionen Euro. Finanziert werden soll die Transaktion über ein Senior Loan in Höhe von bis zu 500 Millionen Euro, eine privat platzierte Hybridanleihe in Höhe von rund 300 Millionen Euro sowie durch die Fortführung einer existierenden Nettoverschuldung in Höhe von rund 120 Millionen Euro. Und das ist die unschöne Seite der Übernahme, denn die Verschuldung wächst deutlich. Positiv sticht hingegen heraus, dass die Übernahme 2018 bereits einen Umsatzbeitrag von rund 120 Millionen Euro und einen Betriebsgewinn (EBITDA) von um die 100 Millionen Euro beisteuern soll - vor Transaktions- und Integrationskosten.

Mit einem letztlich auf das 9-fache EBITDA hinauslaufendem Kaufpreis, wird die CIT in etwa so hoch bewertet, wie die VTG selbst. Kein Schnäppchen, aber auch nicht überteuert. Dabei sind die neu hinzukommenden 19.000 Waggons im Schnitt ca. 19 Jahre alt und damit ein Jahr jünger als die der VTG. Allerdings knapp die Hälfte ist jünger als zehn Jahre und etwa 30 Prozent sind älter als 30 Jahre. Diese alten Waggons dürften weitgehend abgeschrieben sein und sukzessive außer Dienst gestellt werden, wodurch die VTG Flotte dann insgesamt besser ausgelastet werden könnte, um auf einen Auslastungsgrad von über 90 Prozent zu kommen.

Langweiliges Geschäftsmodell
Benjamin Graham lehrte uns, bei den langweiligen Aktien zu schauen. Und unsexy ist das Geschäftsmodell der VTG allemal. Auch wenn sie kein klassischer Infrastrukturwert ist, da sie ja über kein eigenes Schienennetz verfügt, kann man sie dennoch dieser Kategorie zuordnen, da VTG Warenströme verteilt und leitet. Hieraus erzielt VTG relativ verlässliche Einnahmen, die natürlich auch von der allgemeinen Konjunkturlage abhängen. Aber die Vielzahl der VTG-Waggons ist durch langfristige Verträge zu festen Konditionen vermietet. Daraus ergibt sich, dass nach oben wenig(er) Phantasie besteht für Preis- und Gewinnsteigerungen, andererseits das Risiko nach unten auch recht gut abgefedert ist. Jede Kosteneinsparung führt demnach zu höheren Gewinnen und so trimmt sich VTG seit einiger Zeit auf Effizienz und will sein Ergebnis je Aktie in 2018 auf 2,50 Euro steigern. Und darin ist die CIT-Übernahme noch nicht enthalten, die ab 2019 die Gewinne weiter antreiben sollte.

Neue Eigentümerstruktur bringt Sicherheit
In Zeiten niedriger Zinsen sind stetige Einnahmeströme allerdings für Investoren nicht unattraktiv. Und so hat sich in der Eigentümerstruktur in letzter Zeit einiges getan. Nachdem der US-Milliardär und heutige US-Handelsminister Wilbur Ross sein Aktienpaket vollständig veräußert hat, fand sich eine neue Eigentümerstruktur zusammen. Die drei großen Ankerinvestoren sind nun Morgan Stanley Infrastructure mit 29 Prozent, die Kühne Holding mit 20 Prozent und die Joachim Herz Stiftung mit 10 Prozent.

Diese starke Investorenbeteiligung bringt Ruhe und Beständigkeit in das Unternehmen. Andererseits könnte ein potenzieller Interessent sich mit einer Einigung mit den drei großen Anteilseignern auf einen Schlag die Mehrheit an der VTG sichern und so eine Übernahme schnell zum Erfolg machen. Doch dieses Szenario dürfte kurzfristig eher keine Rolle spielen, denn die drei großen Aktionäre sind eher für ihre langfristigen und strategischen Investments bekannt.

Die Bewertung
Nun ist VTG mit einer Börsenkapitalisierung von rund einer Milliarde Euro kein kleines Unternehmen mehr und mit einem erwarteten KGV von knapp 15 für 2018 auch nicht auffallend preiswert. Andererseits bietet VTG eine verlässliche und stetige Erlössituation und weitere Kostensenkungs- und Synergiepotenziale mit der Aussicht auf künftig steigende Gewinne. Darüber hinaus wächst man auch über Zukäufe und dehnt sein Geschäftsgebiet weiter aus.

Die Bewertungslage ist ähnlich der von April 2016, als ich VTG in dieser Kolumne schon einmal vorgestellt habe. Damals lag der Aktienkurs bei 27 Euro und 10 Euro an Kursgewinnen können sich als Performance durchaus sehen lassen. Gut möglich, dass die Entwicklung so weitergeht und VTG auf mittlere und lange Sicht weiter stetige und verlässliche Gewinnsteigerungen abliefert. Und dem entsprechend weitere Kursgewinne.

VTG befindet sich auf meiner Empfehlungsliste.

1 Kommentar:

  1. Vielleicht für manche hier interessant:

    Berkshire Hathaway hält über Marmon Holdings die UnionTankCarCompany, eine vergleichbare Firma

    https://en.wikipedia.org/wiki/Union_Tank_Car_Company
    http://www.marmon.com/news_Marmon_Holdings_Acquires_Railroad_Tank_Car_Assets_of_GE_Railcar_Services.html

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