Montag, 28. August 2017

Funkwerk muss die Jahresprognose anheben. Und stapelt dennoch weiter (zu) tief...

Die Funkwerk AG aus Kölleda habe ich seit gut 15 Monaten als Turnaround-Spekulation auf meiner Empfehlungsliste und mit einer Kursverdreifachung führt sie das Ranking unangefochten an. Sie erzielte damit die gleiche Performance wie Berkshire Hathaway. Die brauchte dazu allerdings sechs Jahre.

Nachdem der einstige Börsenliebling jäh abgestürzt und an den Rand der Pleite geschlittert war, hat sich Funkwerk in den letzten Monaten wieder gefangen. Unternehmerische Fehlentscheidungen, Verluste, Kurseinbruch und ein drohendes Delisting aufgrund eines Übernahmeangebots des Großaktionärs liegen hinter den gebeutelten Aktionären und nachdem die Geschäftszahlen für 2016 bereits den Turnaround bestätigen konnten, kann Funkwerk nun mit weiteren guten Nachrichten punkten.


Zunächst hat man sein Angebotsspektrum im Softwarebereich verstärkt und die Aktivitäten der niedersächsischen Quand AG im Rahmen eines Asset Deals erworben. Das norddeutsche Unternehmen ist Spezialist für moderne Software-as-a-Service-Lösungen (SaaS) im Industrie 4.0-Umfeld und Spezialist für Überwachungssysteme. Die Funkwerk-Gruppe gewinnt durch die Übernahme weitere Entwicklerkompetenzen und Ingenieurs-Know-how hinzu und wird den Standort weiter ausbauen.

Und dann präsentierte man heute die Zahlen zum ersten Halbjahr 2017. Der Umsatz stieg von 25,6 Mio. Euro auf 27,8 Mio. Euro, das Betriebsergebnis erhöhte sich um 1,2 Mio. Euro auf einen operativen Gewinn von 0,7 Mio. Euro, so dass der Konzern unter dem Strich einen Gewinn von 0,5 Mio. Euro ausweisen kann gegenüber einem Verlust von 0,6 Mio. Euro im Jahr zuvor. Der Auftragseingang stieg von 35,2 Mio. Euro auf 38,2 Mio. Euro.

Anhebung der Prognose
Mit dem Geschäftsverlauf liegt Funkwerk über seinen ursprünglichen Planungen, die für 2017 einen Umsatz von 77 Mio. Euro und ein Betriebsergebnis von 4 Mio. Euro erwarten ließen. Aufgrund des positiven Geschäftsverlaufs passt Funkwerk daher seine Jahresprognose nach oben an und plant nun einen Umsatz von 80 Mio. Euro sowie ein Betriebsergebnis von 5 Mio. Euro.

Meine Einschätzung
So erfreulich die Prognoseanhebung ist, scheint sie doch weiterhin deutlich zu niedrig zu sein. Würde Funkwerk im zweiten Halbjahr lediglich den gleichen Wert bei Umsatz und Ergebnis aus dem selben Vorjahreszeitraum erreichen, läge man schon deutlich über den neuen, erhöhten Planwerten. Legt man die gleiche Steigerungsrate zugrunde wie im ersten Halbjahr, sogar noch mal um einiges höher.

Dass es bei Funkwerk richtig rund läuft, zeigen auch die von von 10,05 Mio. Euro  auf 17,98 Mio. Euro gestiegenen liquiden Mittel und der starke operative Cashflow, der sich von -0,53 Mio. Euro auf 8,41 Mio. Euro katapultierte.

Hinzu kommt, dass Funkwerk erhebliche Rückstellungen in der 2016er Bilanz gebildet und Abschreibungen vorgenommen hat, die erhebliche Gewinnpotenziale für die Zukunft bergen. So wurde das Ägypten-Abenteuer weitgehend abgeschrieben, obwohl man dort vor Gericht weiter um einen Millionenbetrag kämpft - und eigentlich schon den Sieg davon getragen hatte, hätte man nur eine Art unverbindliches Schulanerkenntnis abgegeben. Will man aber nicht, daher dauert es wohl noch einige Jahre, bis man das Geld vereinnahmen wird können.

 Funkwerk (Quelle: wallstreet-online.de
Und dann hat man umfangreiche Rückstellungen gebildet, weil ab 2016 europaweit neue Normen für den Zugverkehr greifen. Und Funkwerk hat die entsprechenden Kosten in voller Höhe in seiner Bilanz als Rückstellungen verarbeitet - und damit den Jahresgewinn massiv gedrückt. Sollte nun im weiteren Verlauf durch Verhandlungen mit Geschäftspartnern eine teilweise finanzielle Beteiligung derselben erzielt werden, wären die Rückstellungen entsprechend ergebniswirksam wieder aufzulösen. Und das würde den Jahresgewinn 2017 entsprechend nach oben katapultieren.

Es stellt sich die frage, weshalb Funkwerk so vorgeht. Denn dieses Verhalten geht über das eines klassischen, konservativen Kaufmanns hinaus. Und da kommt der Großaktionär ins Spiel, die Hörman Gruppe. Die hat sich selbst neu aufgestellt und ihre Firmenbeteiligungen neu sortiert. In Nebenwertekreisen geht man davon aus, dass Hörmann im Verlauf des nächsten Jahres, also fünf Jahre nach dem ursprünglichen Übernahmeversuch, einen zweiten Anlauf zur Komplettübernahme von Funkwerk starten wird. Und daher kaum ein Interesse daran hat, durch zu gute Ergebnisse den Aktienkurs im Vorfeld in die Höhe zu treiben.

In Summe wandelt sich die einstige Turnaround-Story zunehmend in eine Übernahme-Spekulation. Und gepaart mit den vermutlichen deutlichen Reserven bzgl. des Jahresergbnisses dürfte auch den Aktienkurs noch eine Menge Luft nach oben haben. Ich habe jedenfalls Funkwerk auf meiner Empfehlungsliste und in meinem Depot. Und ich gebe keine Aktie her. Im Gegenteil, ich denke eher über ein Aufstocken meiner Position nach...

1 Kommentar:

  1. Interessantes Unternehmen. Allerdings bergen die Gesellschaftsverhältnisse die nicht unwesentliche Gefahr eines Delisting. Die Muttergesellschaft ist eine GmbH, gehört zur Hörmann Gruppe und ist zu 75% an der AG beteiligt. Die gesamte Hörmann Gruppe besteht aus nicht börsennotierten Konzerngesellschaften. Die Aktie ist außerdem nicht gerade liquide. Entsprechende Risikohinweise würden der Empfehlung sicher gut tun.

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