Ralph Dommermuth ist ein Selfmade-Milliardär und ihm ist dies in nur wenigen Jahren gelungen. Und zwar in Deutschland. Dabei gilt Deutschland als gründerfeindlich und wenig innovativ und umso erstaunlicher ist es, dass Dommermuth es in den letzten 30 Jahren geschafft hat, aus einem kleinen Marketingunternehmen einen weltweit agierenden Multi-Milliarden-Euro-Konzern zu formen. Eine Erfolgsgeschichte, die noch lange nicht zu Ende zu sein scheint.
Die bekannteste Marke des Konzerns ist 1&1 und mit der fing alles irgendwie an. Zunächst verkauft das Unternehmen DSL-Verträge für die Telekom und bot Webhosting an. Das war zu Zeiten, als man noch über das Kupferkabel der Telekom die gerade erst entstehenden Weiten des Internets betrat und als die ersten Unternehmen und Privatleute sich eigene Webseiten zulegten. Schon damals hatte Ralph Dommermuth eine Idee, die bis heute zur Matrix von United Internet gehört: Paketdeals. Er kaufte der Deutschen Telekom damals nämlich große Mengen an Einheiten ab und bekam darauf Rabatte und diese Einheiten bündelte er in eigene Angebote und verkaufte sie an seine Kunden. Im Grunde war schon damals Marketing der wichtigste Ausgabenblock, neben Personalkosten.
Zu Zeiten der Liberalisierung des Telekommarktes Ende der 1990er Jahre kam United Internet an die Börse und legte gleich einen fulminanten Start hin mit einem Zeichnungsgewinn von 200 Prozent. Anders als so viele andere Firmen, die es an den Neuen Markt zog, hatte das Geschäftsmodell von United Internet jedoch Substanz und insbesondere das Gespür Ralph Dommermuths für neue Entwicklungen du Trends im Telekomsektor ließ das Unternehmen profitabel wachsen. Die erzielten Cashflows setzte er ein, um auch durch Firmenkäufe gezielt zu wachsen. Und so vereint United Internet heute eine ganze Reihe bekannter Unternehmen und Marken unter seinem Dach.
Neben der Kernmarke 1&1 gehören dazu web.de und gmx, mit denen United Internet sich zum größten Anbieter im Bereich Webhosting in Europa aufschwang. Und aktuell läuft gerade die kartellrechtliche Prüfung der Übernahme von Strato, das man der Telekom abkaufen möchte. Von Freenet übernahm man das DSL-Geschäft und kaufte später auch noch Wettbewerber Versatel, wodurch man zum größten Anbieter eines eigenen Glasfasernetzes in Deutschland wurde – nach der Telekom. Durch die Übernahmen und den Eintritt in andere europäische Märkte webte Dommermuth einen europäischen Telekommunikationskonzern, der inzwischen im Konzert der Großen mitmischen kann.
Aus dem einstigen Sammelsurium an Firmenbeteiligungen hat sich so inzwischen ein schlagkräftiger Konzern entwickelt mit weltweit fast 17 Millionen kostenpflichtigen Kundenverträgen und über 34 Millionen werbefinanzierten Free-Accounts. Damit ist United Internet einer der führenden Internet-Spezialisten in Europa und kauft sich über strategische Partnerschaften auch in andere Bereiche ein. So hält man 20 Prozent am Mobilfunkprovider Drillisch (United Internet hat angekündigt, Drillsich komplett zu übernehmen, s. unten!) und 8,3 Prozent an Rocket Internet, der Startup-Schmiede von Oliver Samwer.
Operativ gliedert sich United Internet in die zwei Geschäftsbereiche "Access" und "Applications". Im ersten Segment bündelt der Konzern aus Montabaur alle Aktivitäten zu Breitband-, DSL- und Mobile-Access und damit verbundenen Anwendungen. Im Geschäftssegment Applications werden alle Anwendungen wie Personal Information Management, Webhosting, Online-Werbung und seit Neuestem auch Cloud-Anwendungen zusammengefasst. Hier beteiligte man sich gerade im Rahmen einer Kapitalerhöhung mit 29,93 Prozent an der rankingCoach GmbH, einem führenden Anbieter von cloudbasierten Online-Marketing-Lösungen.
Vertikales und horizontales Wachstum
United Internet richtet sich mit seinen Angeboten nicht mehr nur an die Endkunden, sondern auch verstärkt an Unternehmen. Hier bietet man mehr an also bloßes Webhosting für die Internetseite. Mit dem Internetbaukasten, der mit wenigen Klicks die eigene Website erstellen hilft, hat man eine ganze Branche der Webdesigner überflüssig gemacht. Die im Hintergrund laufenden Tools helfen den Unternehmen und Webesitebetreibern bei der Analyse der Klicks und des Kundenverhaltens und über die Tochter Affilinet bietet man eigene Werbebuchung für Websites und Blogs an. Im Grund wandelt United Internet hier auf den Spuren von Google, wenn auch auf deutlich kleinerer Flamme.
Des Weiteren greift man die Telekom frontal an und bietet seit Mitte letzten Jahres Geschäftskunden in Deutschland an, Glasfaseranschlüsse bis ins Büro legen zu legen. Im Festnetzgeschäft wird United Internet damit zunehmend zum Netzbetreiber. Dank der Tochter Versatel verfügt das TecDax-Mitglied inzwischen über ein Glasfasernetz von mehr als 41.000 km in Deutschland. Die Telekom hingegen setzt bevorzugt auf das Vectoring, eine Technik, die vergleichsweise günstig ist, weil sie die bestehenden Kupferleitungen nutzt. Allerdings kann Vectoring bei der Geschwindigkeit nicht mit reinen Glasfaseranschlüssen mithalten. Versatel kann hier deshalb zunehmend punkten.
Der größte Schatz ist jedoch die breite Kundenbasis, die man über die Jahre und mit verschiedenen Anwendungen zusammengekauft hat. Denn es ist wesentlich günstiger, einem Bestandskunden weitere Produkte und Dienstleistungen zu verkaufen, als einen Neukunden zu gewinnen. Und so freut sich United Internet auf Strato und deren fast 1,8 Millionen Kunden, um ihnen eine Vielzahl an weiteren Produkten aus dem United-Internet-Universum anbieten zu können.
Das Wachstum kostet natürlich etwas und das geht zulasten der Gewinne. Diese sind jedoch die Triebfeder für den Aktienkurs und so hat United Internet eine längere Konsolidierungsphase hinter sich, in der der Kurs nicht wirklich von der Stelle kam. Nicht so üppig sprudelnde Gewinne resultierten dabei auch aus der Beteiligung an Rocket Internet, denn da deren Aktienkurs überwiegend Richtung Süden tendiert, gab und gibt es bisweilen Abwertungsbedarf auf diese Beteiligung.
Abgesehen davon läuft es bei United Internet richtig rund. Und das liegt insbesondere am starken Neukundengeschäft. Letztes Jahr gewann man nämlich eine Million neue Kunden im Bereich Mobilfunk hinzu und in diesem Jahr soll die Zahl um weitere 800.000 steigen. Der Umsatz soll dabei um sieben Prozent gesteigert werden, während der operative Gewinn um 12 Prozent zulegen soll. 2016 stand hier noch ein Zuwachs von elf Prozent zu Buche. Insgesamt dürfte United Internet zum Jahresende fast die magische Marke von 20 Millionen Kunden erreichen, die Unternehmenslenker Ralph Dommermuth für 2018 und dem dann 20-jährigen Börsenjubiläum ausgerufen hatte. Und da diese Kunden immer teurere und breiter gefächerte Angebote aus dem Spektrum von United Internet abrufen, steigen Umsatz und Gewinn überproportional zum Kundenwachstum. Die zu erwartenden Gewinnzuwächse zwischen 13 und Prozent für die nächsten beiden Jahre liegen in etwa auf Höhe des zu erwartenden Kurs-Gewinn-Verhältnisses. Ein Kurs-Gewinn-Wachstums-Verhältnis von eins ist für ein Wachstumsunternehmen eher ungewöhnlich und deutet darauf hin, dass hier noch einiges an Nachholpotenzial im Aktienkurs steckt. Auch im Vergleich mit Wettbewerbern sieht United Internet keinesfalls zu teuer aus und dabei hat es noch einen unerreichbaren Wettbewerbsvorteil: den Gründer und Großaktionär Ralph Dommermuth. Ihn und sein erprobtes Gespür für Trends und gute Gelegenheiten bekommen die Aktionäre kostenlos on Top. Und so bleibt abzuwarten, ob sich das Investment in Rocket Internet auf lange Sicht nicht doch noch richtig auszahlt. In der Zwischenzeit gibt es für United Internet-Aktionäre erst einmal eine um 10 Cents auf 80 Cents je Aktie angehobene Dividende.
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ERGÄNZUNG VOM 19.05.2017, 08:05
▸ United Internet schluckt Drillisch
Der Internet- und Telekomkonzern United Internet will das Mobilfunkunternehmen Drillisch übernehmen. So soll neben den drei Anbietern Deutsche Telekom , Vodafone , Telefonica eine vierte starke Kraft im deutschen Telekommarkt entstehen. Dazu will United Internet seine Sparte 1&1 Telecommunication über zwei Kapitalerhöhungen in die Drillisch AG einbringen und so schon einmal die Mehrheit an dem TecDax-Unternehmen erwerben.
1&1 werde dabei mit 5,85 Mrd. Euro bewertet. Zudem bietet United Internet allen Drillisch-Aktionären 50 Euro je Anteil. United Internet hält bereits 20% der knapp 55 Mio. Drillisch-Aktien. Das Gebot für die übrigen Aktien liegt damit bei rund 2,2 Mrd. Euro
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