Mittwoch, 10. Mai 2017

Sixt: Auf der Überholspur mit dem „Amazon der Neuwagen“

Jeder kennt Sixt. Der Autovermieter fällt seit Jahrzehnten mit der knalligen Farbe Orange und durch seine witzig-provokanten Werbeaktionen auf, mit denen er regelmäßig etwas zu weit geht. Doch Werbung ist nicht alles, und so kommt Sixt auch mit attraktiven Preisen und innovativen Konzepten daher, um sein Kerngeschäft auszubauen und neue Kunden zu gewinnen. Denn die Erfolge fallen auch Sixt nicht in den Schoß, das Fahrzeugvermietgeschäft ist ein heiß umkämpfter Markt.

Eine Familien- und Erfolgsgeschichte
Das erste Auto konnte man bei Sixt schon 1912 mieten, doch die Ursprünge der heutigen Firma gehen auf die Neugründung nach dem zweiten Weltkrieg zurück, ins Jahr 1951. Hans Sixt baute das Unternehmen mit weiteren Standorten in Flughafennähe schnell aus und startete auch schon bald ins Leasinggeschäft. 1969 übernahm Erich Sixt die Leitung und führt das Familienunternehmen bis heute. Vor 31 Jahren führt er Sixt an die Börse und fünf Jahre später beginnt dann die internationale Expansion durch die Vergabe von Lizenzen. Doch Sixt bleibt nicht beim Verleih- und Leasinggeschäft, sondern beginnt 2003 mit dem direkten Autohandel und erschließt sich so ein weiteres Geschäftsfeld. 2009 steigen Konstantin und Alexander Sixt in das Unternehmen ein und übernehmen Aufgaben in der Konzernleitung und nur zwei Jahre später beginnt die Expansion in die USA, wo Sixt die großen Player seitdem mächtig unter Druck setzt. Mit BMW wird 2011 das Joint Venture Drive Now gestartet, das die Marktposition in der Vermietung von Fahrzeugen weiter stärkte und letztes Jahr weitet Drive Now seine Geschäfte auch international aus und ist seitdem in Brüssel, Kopenhagen, London, Mailand und Stockholm verfügbar. Nachdem das Unternehmen 2013 in eine Europäische Aktiengesellschaft umgewandelt wurde und seitdem Sixt SE heißt, wurde zwei Jahre später dann die Leasing-Sparte abgespalten und als separates Unternehmen Sixt Leasing an die Börse gebracht. Sixt hält heute noch 40 Prozent an der Tochter.

Diese kurze Übersicht über die wichtigsten Entwicklungspunkte in der Unternehmensgeschichte zeigen, dass Sixt immer schon nicht nur Mitläufer in einem Markt war, sondern einer der Innovationsführer. Und das setzt sich bis heute fort.



Doch bevor wir uns die zukunftsträchtigen Entwicklungen ansehen, blicken wir noch einmal kurz zurück. Und entdecken Erfreuliches. Denn mit seinen Geschäftszahlen für 2016 konnte der Mobilitätsdienstleister mal wieder mit neuen Bestmarken glänzen. Getragen von der kräftigen Auslandsexpansion, insbesondere in den USA, steigen die Erlöse um 10,7 Prozent auf 2,41 Milliarden Euro geklettert und der Nettogewinn stieg mit 22,2 Prozent sogar doppelt so stark an und erreichte 156,6 Millionen Euro. Was die Folge hat, dass Sixt auch in diesem Jahr die Dividende anheben will und zwar um 10 Prozent, so dass je Vorzugsaktie nun 1,67 Euro ausgeschüttet werden. Für die Stammaktien gibt es wie üblich 2 Cents weniger.

Blick nach vorn
Ernüchtert reagieren einige Analysten auf den vorsichtigen Ausblick von Erich Sixt, der für 2017 nur ein leichtes Umsatz- und Gewinnwachstum ankündigte. Allerdings spricht einiges dafür, dass der Firmenpatriarch hier eher tief gestapelt hat. So hat Sixt in der Vergangenheit schon öfter im Jahresverlauf seine Prognosen nach oben korrigiert und genießt daher den Ruf, hier eher vorsichtig und besonnen zu agieren. Darüber hinaus treibt Sixt nicht nur die übliche Expansion weiter voran, sondern geht auch neue Wege – und dringt in ganz neue Geschäftsfelder vor. Und als Aktionäre sollten wir vor allem auf Unternehmen setzen, die sich an mittel- und langfristigen Erfolgen messen und nicht zu sehr auf kurzfristige Gewinnmaximierung aus sind. Denn das führt nach kurzen Erfolgsgeschichten oft zum Scheitern. „Für augenblicklichen Gewinn verkaufe ich die Zukunft nicht.“ (Werner von Siemens) Vor fünf Jahren startete der Autovermieter Sixt das Neuwagenportal sixt-neuwagen.de und sorgte damit in der Autobranche für mächtig Wirbel. Denn Sixt kauft ja enorme Mengen an Fahrzeugen für seine Mietwagenflotte und kann daher besonders günstige Mengenrabatte bei den Herstellern erzielen, die man dann teilweise an die Online-Kunden weitergibt. Des Weiteren wird natürlich ein besonders günstiger Finanzierungsservice über die Tochter Sixt Leasing angeboten, was in Summe die Konkurrenz stark unter Druck setzt. Sixt nutzt hier klassisch seine Marktposition mit seiner geballten Einkaufsmacht aus und über Cross-Selling verdient man auch an weiteren Angeboten der Gruppe, die die Kunden gerne aus einer Hand abrufen.

Zukunft des Autokaufs ist digital
Bei allem Gerede um Elektromobilität und autonomes Fahren bleibt ein Gedanke oft auf der Strecke, nämlich der Weg des Autos zum Kunden. Bisher kauft man sein Auto beim Händler, auch wenn immer mehr Menschen Kontakt und Suche zuvor über Onlineplattformen wie mobile.de oder autoscout24.de abwickeln. Doch auch der Kauf selbst erfährt gerade eine Revolution. Denn kein geringerer als Amazon verkauft seit Kurzem Fiats über seinen Internetshop in Italien. Und wenn man damit Erfolg hat, wird diese Testphase mit Sicherheit auf andere Hersteller und andere Länder ausgeweitet. So war schon immer die Amazon-Strategie und clevere Unternehmen stellen sich frühzeitig auf die nahende Konkurrenz ein. Wer sich hier tot stellt, ist es auch bald, unternehmerisch betrachtet.

Jetzt kommt die Auto-Flat!
Nun, Sixt stellt sich nicht tot, im Gegenteil. Sixt Leasing hat angekündigt, „das Amazon für Neuwagen“ werden zu wollen. Markige Worte, die man schon oft gehört hat von vielen Unternehmen, die aber selten so ernst zu nehmen waren, wie bei Sixt. Denn die Zukunft des fast 100 Milliarden Euro großen Neuwagenmarkts in Deutschland ist digital. Eine wachsende Zahl an Kunden will ihr Fahrzeug genauso wie andere Konsumgüter nicht nur online vergleichen, sondern auch online bestellen. Und um diesen Trend aufzugreifen, hat sich Sixt mal wieder etwas Revolutionäres ausgedacht: eine Autoflatrate inkl. Smartphonetarif.

Das klingt erst einmal abwegig, weil beides kaum zusammenzupassen scheint, lohnt aber durchaus einen zweiten Blick. Denn Sixt hat sich hier einen starken Partner gesucht: United Internet bzw. deren Tochter 1&1. Die bieten neben Websites und Email-Accounts auch Telefondienstleistungen an und verkaufen nicht nur Handytarife von Telekom, Vodafone und O2, sondern betreiben auch ein großes eigenes Glasfasernetz in Deutschland. Das größte nach der Telekom.

Die Geschäftsidee hinter der verrückten Idee: Der Kunde least für mindestens zwölf, maximal aber 30 Monate ein Auto und im Monatspreis von 99 Euro ist alles inklusive, wie Überführung, Versicherung, Steuern, Service, Anmeldung. Und es fällt auch keine Zahlung bei der Fahrzeugrückgabe an.

Das Angebot richtet sich an Neukunden der Mobilfunkmarke 1&1, die einen sogenannten "All-Net-Flat"-Tarif wählen. Für 1&1 stellt dieses Angebot ein innovatives Alleinstellungsmerkmal dar und für Sixt Leasing die Möglichkeit, das bisher überwiegend bei Geschäftsleuten gängige Thema Leasing einer breiten Kundenschicht zugänglich zu machen. Vor allem jungen Kunden, die sehr auf attraktive Smartphones und beste Vertragskonditionen bedacht sind und sich eher selten Neuwagen kaufen. Die Kombination hat also durchaus Charme und das Zeug, zu einem echten Erfolgsmodell zu werden. 

Zunächst ist die Aktion bis Ende Juni 2017 begrenzt und es gibt auch erst einmal nur ein Fahrzeugmodell, einen Peugeot 208. Die Fahrzeuge werden auf Bestellung für den deutschen Markt gefertigt und es ist mit einer Lieferzeit von rund 16 Wochen zu rechnen. Übergeben wird das Fahrzeug an einer von bundesweit 51 Sixt-Stationen.

Wenn die Testphase erfolgreich verläuft, dann wird Sixt hier schnell weitere Automodelle ins Angebot nehmen. Dabei ist 1&1 ein idealer Partner für Sixt, denn 1&1 ist nicht nur in Deutschland aktiv, sondern die Hauptmarke von United Internet ist in zehn Ländern aktiv, unter anderem auch in den USA, und zählt zu den weltweit größten Internet-Providern.

Das Amazon für Neuwagen
Doch Sixt-Leasing-Chef Rizzolli denkt noch einen Schritt weiter. Sixt fiel in der Vergangenheit durchaus durch spontane, teils tagesbezogene Werbeaktionen auf und arbeitet bereits länger an der Digitalisierung sämtlicher Prozesse, um Produkte schneller und einfacher an den Mann zu bringen. Hierzu hat man einen voll digitalisierten Warenkorb entwickelt, inklusive Onlinebestellung und Vertragsabschluss per E-Sign. Der Kunde kann so alles per PC, Smartphone oder Tablet abwickeln. 

Mit solchen Angeboten kommt Druck in den angerosteten und sehr teuren Autovertrieb. Ob Sixt hier letztlich erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten. Die Chancen stehen allerdings ziemlich gut für den Innovationsführer. Fest steht jedenfalls, dass das Online-Angebot von Sixt und auch Amazons erste Schritte ins Autobusiness die stationären Autohändler massiv unter Druck setzen wird. Nach dem Einzelhandel, der Modebranche und zuletzt den Lebensmittelhändlern dürften nun Autohäuser die nächsten sein, deren klassisches Geschäftsmodell disruptiert wird. Und das bedeutet, es wird nicht nur kräftig durcheinander gewirbelt, sondern schlicht überflüssig.

Amazon verändert unsere Welt immer mehr und immer schneller. Einige Unternehmen gehen mit der Zeit, andere versuchen sich zu wehren. Und verlieren. Sixt ist kreativ und innovativ und hat daher beste Aussichten, den neuen Automarkt mit zu gestalten und sich von Anfang ein großes Stück davon zu schnappen. Sixt könnte sich hier den „First-Mover-Advantage“ sichern und damit einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz. Und vielleicht sogar gegenüber Amazon.

Die Aktie von Sixt, aber auch die von Sixt Leasing, bleibt daher aussichtsreich, weil Anleger sichern sein können, sich an innovativen Unternehmen zu beteiligen, die auf neue Situationen schnell und flexibel reagieren. Und von sich aus neue Chancen suchen. Und finden.

Die Vorzugsaktien von Sixt befinden sich auf meiner Empfehlungsliste.

8 Kommentare:

  1. Hallo. Danke für die Kolumme und ich sehe es genau so. Neben Sixt habe ich auch United Internet im Depot und freu mich auf die Zukunft.

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  2. Hi Michael - ich glaube die Info ist etwas ueberholt. Die beschriebene Aktion mit dem Peugot fuer 99 Euro wurde von Peugot abgeblasen, nachdem der Andrang viel hoeher als erwartet war und die Peugot-haendler einen kleinen Aufstand dawegen gemacht hatten. Das war wohl auch mehr als Marketinggag gedacht, aber dafuer mussten gleich drei hochrangige deutsche Peugot-Manager gehen:

    http://www.focus.de/auto/news/autoabsatz/unternehmen-peugeot-deutschland-chef-muss-gehen_id_7039940.html

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    1. Das stimmt, die Aktion wurde seitens Peugeot wegen zu großem Erfolg beendet. Da ich hier meine Kolumne aus dem Aktien Magazin vom 3. April eingestellt habe, findet sich dieser Passus natürlich noch darin. Hätte ich vielleicht unter dem Artikel extra vermerken können/sollen. Also Danke für den Hinweis.

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    2. ich bereue dass ich mich von der Aktion beeindrucken hab lassen und bestellt habe. Auslieferungstermin jetzt schon zweimal verschoben auf November 2017 (und das glaub ich auch nicht). (davor auf September 2017, angekündigt bei Bestellung im März, wie beworben mit 12 - 16 Wochen). Ich bereue sehr dort bestellt zu haben und merke mir das in Bezug auf Sixt und 1&1 bei meinen zukünftigen Kaufentscheidungen

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    3. Die Aktion war zu erfolgreich und die genannten Probleme liegen weder an Sixt noch an 1&1, sondern an Peugeot, dem Hersteller des Fahrzeugs. Es ist natürlich schade, dass die Aktion so negativ in Erinnerung bleiben wird, aber ich denke, dass man dies bei weiteren derartigen Aktionen mit einplanen wird. Es ist/war absolutes Neuland und alle beteiligten waren selbst von den Ansturm überrascht. Für Dich hoffe ich, dass Du am Ende doch viel Freude mit dem Fahrzeug haben wirst!

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  3. Hi Michael, findest du die Aktie auf dem aktuellen Niveau noch kaufenswert? Unternehmen und Management sind zweifellos extraklasse. Dennoch bleibt die Vermietung von Autos ein zyklisches Geschäft. Ich frage mich deshalb, ob die Bewertung für einen Zykliker nicht schon zu hoch angesetzt ist.

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    1. Sixt ist ein tolles Unternehmen, das hervorragend geführt wird. Nun drängt die zweite Generation in die Führung und es bleibt zu hoffen, dass die Grundsätze der Geschäftsführung und das große Gespür für Trends und Märkte auch nach Erich Sixt erhalten bleibt. Bei 70 Euro ist Sixt (Vorzugsaktien) für mich aber nur eine Halteposition, da noch völlig unklar ist, wie sich Dieselskandal, E-Mobilität und Autonomens Fahren auf das Business auswirken. Und, wie Du richtig schreibst, ist Sixt "nahe an der Perfektion" bepreist, so dass es schon Rückschlagpotenzial bei Enttäuschungen gibt. (Nach-) kaufen würde ich die Aktien auf diesem Niveau nicht, eher wieder bei 60 Euro.

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  4. Hallo Michael,
    ich finde es immer sehr interessant, nach Monaten oder Jahren mal zu schauen, wie sich frühere Prognosen / Empfehlungen so entwickelt haben. Und hier lagst Du 2 mal ziemlich richtig: einmal mit der Empfehlung Anfang 2017, und dann mit der Vorsicht Mitte 2018.
    Da Sixt aktuell wieder günstig zu haben ist, habe ich mir mal die Zahlen genauer angesehen. Von den Gewinnen her sieht das ja recht ordentlich aus. Was mich aber sehr irritiert, sind die hohen negativen Cash Flows, die vor allem in den letzten 2 Jahren stark zugenommen haben. Hast Du eine Erklärung dafür, warum Gewinne und Cash Flows hier so stark divergieren? Und ist das evtl. ein Alarmsignal, denn Gewinne können z.B. durch aktivierte Eigenleistungen ja leicht künstlich generiert werden, während Cash Flows im Zweifelsfall näher an der Realität liegen. Im besten Fall sind die neg. Cash Flows durch hohe Investitionen begründet, die sich in der Zukunft dann durch noch höhere Gewinne auszahlen. Weißt Du, wie das bei Sixt aussieht?

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