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Mittwoch, 5. April 2017

Politische Börsen haben kurze Beine

Donald Trump wird ist der nächste Präsident der USA, ein Gedanke, an den man sich erst gewöhnen muss. Die politischen Auswirkungen sind kaum abzuschätzen, doch eines steht seit der Wahl fest: es wird unberechenbarer.

Im Vorfeld der Wahl wiesen die Aktienkurse eine hohe Korrelation auf mit den Meinungsumfragen. Lag Trump in Führung, rauschten die Börsen nach unten, zog Clinton an ihm vorbei, erholten sich die Kurse. Nicht etwa, weil Clinton so beliebt war, sondern weil die Märkte sie und ihre Positionen zu kennen glaubten. Denn wenn die Börse eines hasst, dann ist es Unsicherheit. Und mit Clinton schien man auf der sichereren, weil berechenbareren, Seite.

Und doch kam alles ganz anders. Erst gab es zum Wochenstart eine Erholungsrallye, weil die Umfragen Clinton zur Siegerin ausriefen, doch der eine oder andere fühlte sich an das Brexit-Votum aus dem Sommer erinnert, das nach demselben Muster ablief. Kurz vor der Entscheidung schien sich alles zum Guten zu wenden, die Börsen nahmen diesen Erfolg vorweg, um dann geschockt ins Tal der Tränen abzustürzen.

Und in einem solchen Tal fand sich der DAX am Mittwochmorgen wieder, nachdem Trump als Sieger feststand. Satte 5 Prozent rauschte er vorbörslich in die Tiefe und alle, die zu diesen Kursen Bottom-Fishing betrieben, wurden stattlich belohnt. Denn nach dem kurzen Schock berappelte sich der DAX zusehends, auch die Futures auf den S&P 500 und den Dow Jones Index verließen das tiefrote Terrain und reduzierten ihre Verluste beinahe im Minutentakt. Zum Handelsende standen DAX und Dow Jones sogar mit jeweils mehr als einem Prozent im Plus. Verkehrte Welt? Irre Welt! 

Doch wie kann das sein, ist Trump auf einmal ein guter Präsident? Nun, diese Antwort wird erst die Zeit zeigen und sie ist auch nicht der Grund, weshalb die Börsen sich schnell erholten von dem Schock. Die Gründe liegen woanders. Einerseits haben in den vergangenen Monaten viele professionelle Anleger Geld aus dem Markt abgezogen, das nun unverzinst auf ihren Konten herumlungert. Und dieses Geld stand bereit, in einem fallenden Markt auf Schnäppchenjagd zu gehen. Was den Kurssturz begrenzte, schon während der europäischen Handelszeiten. Und als die Amerikaner vor ihren PCs saßen und endlich an dem Geschehen teilnehmen konnten, da war die erste Panik längst vorbei und die Märkte notierten nur noch mit leichten Abschlägen. Und daher blieb die Panik amerikanischer Anleger aus. Getreu dem Motto, wenn die Börse nicht abstürzen, dann wird es so schlimm ja nicht sein.

Was folgt auf die Wahl?
Die erste Panik hat sich gelegt, nun wird man abwarten müssen, wie sich Trump als Präsident macht. Wahlkampf ist etwas anderes als zu regieren und so besteht die Hoffnung, dass er als Präsident diplomatischer wird, weniger aufbrausend, weniger polternd. Eben präsidialer. Und er wird die Zwänge kennenlernen, die auch den mächtigsten Mann der Welt bremsen: demokratische Prozesse. Zwar haben die Republikaner im Repräsentantenhaus und im Kongress die Mehrheit, so dass der republikanische Präsident Trump theoretisch freie Bahn hätte, aber er ist nun einmal kein wirklicher Republikaner, kein Parteigänger. Er hat sich so viele Feinde gemacht im Lager der Republikaner, so viele vor den Kopf gestoßen, dass sie ihm nicht bedingungslos folgen werden. Trump wird mehr zum Politiker werden müssen, will er seine Ziele erreichen.

Und davon hat er ja so einige im Wahlkampf verbreitet und nicht alle waren nur Wahlkampfgetöse. Trump will die USA abschotten, nicht nur eine Mauer zwischen den USA und Mexiko errichten, um illegale Einwanderung zu stoppen, sondern er will auch Handelsschranken aufbauen, um den amerikanischen Markt vor ausländischer Konkurrenz zu schützen. Zölle sind ein probates Mittel, um dies zu erreichen. Doch abgesehen davon, dass sie den meisten internationalen Abkommen widersprechen, sind sie auch ein zweischneidiges Schwert. Denn die Gegenseite lässt sich so etwas selten unkommentiert gefallen und erhebt dann ihrerseits Zölle auf amerikanische Produkte. Einen solchen Handelskrieg, der nur Verlierer kennt, den führt die EU seit einiger Zeit wegen der Krim-Annexion gegen Russland. Die Russen haben zurückgeschossen und ihrerseits Agrarprodukte aus der EU verboten, was hierzulande zu hohen Produktionsüberschüssen führt, die kaum andernorts verkäuflich sind. Die Folge ist ein Überangebt mit entsprechendem Preisrutsch. Die Debatten um die Milchbauern, die reihenweise pleitegehen, haben wir alle noch vor Augen.

Doch globale Handelshemmnisse belasten auch diejenigen, die vom Handel profitieren: die Transportunternehmen. Wird weniger gehandelt, wird weniger transportiert. Das gilt natürlich vor allem für international tätige Unternehmen wie FedEx oder UPS. Aber auch amerikanische Eisenbahngesellschaften könnten Probleme bekommen, denn Handelseinschränkunegn mit Mexiko träfen einige von ihnen massiv. So profitieren von diesem Warenstrom bisher vor allem Kansas City Southern oder auch Burlington Northern Santa Fe, die zu Warren Buffetts Imperium gehören.

Auch will Trump die Produktion nach Hause holen, das wird vor allem große Konzerne treffen, die billig im Ausland produzieren lassen. Dabei ist nicht zuerst an die Textilindustrie gedacht, sondern vor allem an High-Tech-Firmen wie Apple mit ihrer Fertigung in Asien. Andererseits möchte er auch einen vorübergehenden Steuererlass anbieten, damit die Unternehmen die im Ausland angehäuften Gewinne, die sie zumeist nur mit Minimalsteuersätzen besteuern lassen mussten, in die USA holen. Nach aktueller Rechtslage würden hierauf hohe Steuern anfallen, deshalb bleibt das Geld im Ausland. Firmen wie Apple oder Microsoft haben so immer mehr Geld im Ausland und müssen ihre riesigen Aktienrückkaufprogramme in den USA daher über Kredite finanzieren. Eine vorrübergehende Steuerherabsetzung für im Ausland herumliegendes Geld würde dem Staat also einiges an Steuern bringen und den Unternehmen viel frische Liquidität in Dollars. Natürlich würde es auch den Dollar befeuern, wenn hunderte von Milliarden Euros auf Schlag in Dollar gewandelt würden.

Des Weiteren hat Trump versprochen, die Förderung von Öl in den USA zu unterstützen und auch die Kohlekumpels wieder in Arbeit zu bringen. Die Leidtragenden dieser fossilen Renaissance werden die Anbieter regenerativer Energien sein, nicht amerikanische Anbieter sondern auch jene Unternehmen aus aller Welt, die Solar- und Windparks in den USA bauen.

Ein besonderer Dorn im Auge der Republikaner und auch von Donald Trump ist die gesetzliche Krankenversicherung, Obama-Care. Hier dürfte Trump mit Unterstützung von Kongress und Senat das Rad der Zeit wieder zurückdrehen, was Krankenhausbetreiber und Pharmariesen besonders treffen könnte. Und zusätzlich haben Trump und auch Clinton im Wahlkampf das Thema der exzessiven Preistreibereien bei Medikamenten aufgegriffen, so dass hier mit Einschnitten zu rechnen sein dürfte. Das könnte auch die Biotechbranche treffen.

Natürlich gibt es auch potenzielle Gewinner. Wie Waffen- und Rüstungsaktien oder Konsumwerte, amerikanische Autohersteller oder Restaurantketten. Ob Trump das Thema der verrotteten Infrastruktur wirklich angehen wird, steht noch auf einem anderen Blatt. Hier stünden derart hohe Ausgaben an, dass es kaum vorstellbar ist, wie er hierfür noch weitere Milliarden freischaufeln will. Immerhin winkt er ja den Reichen und den Unternehmen mit Steuersenkungen, die müssen ja auch noch irgendwie finanziert werden.

Und das führt uns zu neuen Schulden, höherer Inflation und höheren Zinsen. Und Trump könnte wirklich derjenige sein, der die Zinswende in den USA einläutet. Zweifelsohne ohne die amtierende Fed-Chefin Janet Yellen, die dürfte als eine der ersten ihren Hut nehmen müssen. Von steigenden Zinsen profitieren die Banken und die Versicherungen, die schon lange unter der Niedrigzinsphase leiden und hier kaum noch Überschüsse erwirtschaften.

Was wirklich kommen wird, wissen wir noch nicht. Trump hat jedoch vor allem bei den Unzufriedenen gepunktet und ihnen versprochen, vieles anderes zu machen. Und das dürfen wir annehmen, vieles wird anders werden. Die Frage für Anleger ist, wie sie mit diesen Veränderungen umgehen sollen. Von all den möglichen Veränderungen, die ich angesprochen habe, sind Unternehmen in den USA betroffen und auch in Europa. Sicherlich kann man im gewissen Maß eine Art Sektorrotation vornehmen und verstärkt auf die Branchen setzen, die vermutlich von Trump profitieren werden. Doch darüber hinaus sollte man sich aber daran erinnern, dass man als Anleger nicht Unternehmenslenker ist. Dazu beschäftigen die Unternehmen Vorstände und Manager, damit diese die Unternehmen auf neue Herausforderungen einstellen und die nötigen Anpassungen des Geschäftsmodells vornehmen. Anleger sollten daher nicht nur auf den Preis der Aktien schauen, in die sie investieren wollen, sondern vor allem auf gut geführte Qualitätsunternehmen setzen. Wer in der Vergangenheit gut mit Herausforderungen klar gekommen ist, dürfte auch jetzt zu denjenigen zählen, die diese Phase der Anpassung am besten überstehen. Und dabei kann man ja durchaus die am meisten riskobehafteten Branchen untergewichten.

Am Ende wird sich wieder zeigen, dass politische Börsen kurze Beine haben. Trump ist Präsident und er wird Einfluss nehmen und Akzente setzen. Die USA und die Welt werden lernen, damit umzugehen und sich darauf einstellen. Grund für überzogenen Pessimismus oder gar Panik gibt es nicht. Aktien sind und waren die langfristig rentierlichste Anlageform und das schon über Jahrhunderte. Sie werden es auch bleiben. Und die Börse hat schon mehr als einen Trump gesehen, sie wird auch diesen überstehen.

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