Mittwoch, 29. März 2017

Phillips 66 ist Buffetts raffiniertestes Öl-Investment

Warren Buffett ist der Großmeister des Value-Investings und er steht auf verlässliche Geschäftsmodelle, die sich relativ leicht in die Zukunft fortschreiben und damit bewerten lassen, möglichst mit langer Geschäftshistorie. Und er betont stets, man solle Aktien kaufen, als würde man das ganze Unternehmen erwerben, sich an einem Business beteiligen, an dem man für mindestens fünf Jahre festhalten wird. 

Weshalb nun gerade ein börsennotiertes Unternehmen aus der Öl-Branche mit ihren starken Preisschwankungen in den letzten drei Jahren zwischen 30 und 110 Dollar für WTI (West Texas Indermediate), und das erst seit wenigen Jahren eigenständig ist und an der Börse notiert, sich seiner zunehmenden Beliebtheit erfreut, erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Da müssen wir schon genauer hinsehen, um vielleicht auch zu erkennen, was Buffett an Phillips 66 so begeistert.

Wie Buffett zu Phillips 66 kam
Seine ersten Aktien von Phillips 66 hat Buffett nicht gekauft, sie wurden ihm geschenkt. Und zwar als Abspaltung, als Spin-off, des Energieriesen ConocoPhillips, der vor gut vier Jahren seine langweilige und margenschwache Sparte unbedingt loswerden wollte, um sich ganz auf die damals viel lukrativere Öl-Förderung zu konzentrieren. Damals hatte das zu diesem Zeitpunkt wertvollste Unternehmen der Welt, der Energie-Gigant ExxonMobil gerade vermeldet, dass man einen Jahresgewinn von 40 Milliarden Dollar erzielt hätte. Und niemand wollte damals ein unspektakuläres Raffineriegeschäft haben und ein mindestens ebenso unattraktives Tankstellennetz. Naja, alle außer Warren Buffett…


Denn Buffett behielt nicht nur seine Phillips 66-Aktien, im Gegenteil, er verkaufte auch noch seinen Bestand an ConocoPhillips vollständig. Und auch von seinem nicht unbeträchtlichen Anteil an ExxonMobil hat er sich inzwischen verabschiedet, aus der Öl-Suche und Öl-Förderung ist er weitgehend ausgestiegen. Das ist durchaus nachvollziehbar, denn der Ölpreis ist seit Ende 2014 dramatisch eingebrochen und hat sich seitdem nur mäßig erholt. Das Fördern von Öl ist kostspielig und in vielen Fällen fahren die Konzerne mit Off-Shore-Bohrungen im Golf von Mexiko oder in der Nordsee heute Verluste ein, so dass sie hier immer weniger neue Quellen erschließen und froh sind, wenn sie die alten nicht mehr weiter ausbeuten müssen.

Nicht nur die in den letzten Jahren explosionsartig aufgetretene Konkurrenz der Fracking-Unternehmen aus den USA, sondern auch die weltweite Konjunkturschwäche, die Rückkehr des Iran auf den Weltmarkt nach Aufhebung der Iran-Sanktionen und der globale Trend hin zu Energieeinsparungen und alternativen Energien, setzen den Öl-Konzernen zu. Und dann nimmt auch, nicht erst seit dem VW-Abgasskandal, der nächste Megatrend zunehmend Fahrt auf, die Elektromobilität. Allesamt Argumente, die nicht gerade für Investments in den Öl-Sektor sprechen. 

Buffett kauft bei Phillips 66 weiter zu
Und doch hat Buffett an seinen Phillips 66-Aktien festgehalten. Und noch mehr, denn er hat über die letzten Monate massiv zugekauft. Vor genau einem Jahr hatte Buffett in einem Überraschungscoup vermeldet, seine Beteiligungsholding Berkshire Hathaway habe sich 10 Prozent an dem Unternehmen einverleibt. Und sowohl im ersten, als auch im zweiten Quartal dieses Jahres hat Buffett diese Position weiter ausgebaut und kommt nun auf einen Anteil von mehr als 15 Prozent. Mit einem Gesamtwert von mehr als 6 Milliarden Dollar oder 5 Prozent an Buffetts Aktienportfolio ist Phillips 66 damit inzwischen seine sechstgrößte Position.

Was sieht Buffett in Phillips 66?
Phillips 66 ist in zwei Bereichen tätig. Man betreibt ein großes Netz an Tankstellen, in Deutschland gehören die JET-Tankstellen zum Konzern, und ist im sog. Midstream-Bereich tätig, also dem Transport von Öl über Pipelines. Die übrigen Aktivitäten liegen in der Veredlung und Weiterverarbeitung des Rohstoffs Öl und diese Raffinerieaktivitäten sind viel weniger vom Ölpreis abhängig, als die der fördernden Unternehmen.

Pipelines bieten starken Moat
Dabei sind Pipelines ein sehr kapitalintensives Geschäft, was bei den derzeit niedrigen Zinssätzen alleine schon durch Ablösung älterer Finanzierungskonditionen zu verbesserten Zinsergebnissen und höheren Margen führt. Lässt sich in einem Bereich gutes Geld verdienen, zieht dies schnell Nachahmer an, die ebenfalls ein möglichst großes Stück vom Kuchen abhaben wollen. Allerdings ist das im Pipelinebereich kaum möglich, denn niemand wird eine Pipeline neben eine andere setzen, weil ihn das Unsummen an Geld kosten würde und er nebenan direkte Konkurrenz hätte, wodurch man kaum mehr die gleichen Erträge erwirtschaften würde, wie der eine Betreiber alleine. Die Preise würden deutlich sinken durch die Konkurrenz und die Verteilung des Öls auf zwei Pipelines würden beide weniger abwerfen. Von dem Horror der Genehmigungen aufgrund von Umweltauflagen und dem sich über viele Jahre oder gar Jahrzehnte hinziehenden Genehmigungsprozess einmal ganz abgesehen. Bestehenden Pipelines weisen also einen starken Moat auf, einen ökonomischen Burggraben. Und solche Geschäftsmodelle liebt Buffett: gut kalkulierbare Einnahmen bei absehbaren Kosten, und schier unangreifbar durch die Konkurrenz.

Ein solch starker Moat besteht natürlich nicht für das Tankstellennetz. Autofahrer haben zwar eine Präferenz für eine bestimmte Tankstelle oder eine Tankstellemarke, aber sie können auch ganz einfach woanders tanken – der Preis ist und bleibt ein bestimmender Faktor und die Konkurrenzsituation ist groß, jedenfalls in dicht und normal besiedelten Gegenden. Da Phillips 66 jedoch sein eigenes Benzin aus dem Rohöl raffiniert, stellt das Tankstellennetz durchaus ein attraktives Asset dar, denn es garantiert eine große Zahl von Abnehmern des produzierten Benzins. 

Das andere Standbein sind also die Raffinerien und die produzieren auf Hochtouren. Der gesunkene Ölpreis hat dazu geführt, dass vor allem in den USA wieder mehr spritschluckende SUVs gekauft werden und damit der Benzinabsatz angekurbelt wurde. Des Weiteren basieren mehr als 90 Prozent aller Produkte, die wir in Geschäften kaufen können, zu einem kleinen oder großen Anteil auf Rohölbasis. Ob Hautcremes, Lebensmittel, Arzneimittel oder Küchengeräte, in allen steckt Öl und zwar in unterschiedlichen Qualitäten und Ausführungen. Das Veredeln des Rohöls, das Weiterverarbeiten, nennt man raffinieren. Und hier ist Phillips 66 gut im Geschäft und profitiert sogar vom niedrigen Ölpreis, denn wenn der Rohstoff billiger ist, werden damit die von Phillips 66 erzeugten Produkte ebenfalls billiger. Und werden von den Kunden stärker nachgefragt.

Es gibt auch Risiken
Das klingt alles zu perfekt, um wahr zu sein, und natürlich hat das Geschäftsmodell auch seine Risiken. Ein stark steigender Ölpreis würde auch die eigenen Produkte verteuern und vermutlich zu niedrigeren Margen führen. Und dann sind die sehr erfreulichen weltweiten Bestrebungen, Energie einzusparen, nicht gerade förderlich für das Geschäft von Phillips 66. Weltweit setzt man auf geringeren Verbrauch bei Automotoren und der Trend hin zu Hybrid-Fahrzeugen und reinen Elektroautos wird sich negativ auf den Absatz von Benzin auswirken. Daneben gibt es immer mehr Autos, die mit LNG (Liquefied Natural Gas) fahren, ebenso in der Schifffahrt. Hier wird das Unternehmen sich auf die sich verändernde Nachfrage einstellen müssen und sukzessive seine Kapazitäten anpassen müssen. Allerdings ist das eine Entwicklung, die sich über die nächsten Jahre und Jahrzehnte abspielen wird und daher für Phillips 66 eine ganz normale unternehmerische Herausforderung darstellt.

Buffett liebt Aktienrückkäufe
Es gibt aber noch weitere Gründe, die Buffetts Interesse an Phillips 66 erklären. Seinen üppigen Free Cashflow setzt das Unternehmen nämlich zum Wohl der Aktionäre ein. Neben einer durchaus attraktiven Quartalsdividende kauft das Unternehmen in großem Stil eigene Aktien zurück. Die Dividendenhöhe hat sich in den letzten vier Jahren mehr als verdreifacht und im selben Zeitraum wurden auch noch mehr als 15 Prozent der eigenen Aktien über die Börse erworben. Das wirkt nicht nur kurstreibend, sondern hat für Buffett auch den angenehmen Nebeneffekt, dass sich sein Anteil an Phillips 66 mit jeder zurückgekauften Aktie weiter erhöht, ohne dass er selbst weitere Anteile erwerben müsste. Denn diese Aktien zieht das Unternehmen ein und reduziert damit die Anzahl der ausstehenden Aktien. Der erzielte Unternehmensgewinn verteilt sich dann auf weniger Aktien und alleine deshalb erhöht sich schon der Gewinn je Aktie. Das daraus resultierende niedrigere Kurs-Gewinn-Verhältnis bietet dann wiederum zusätzlichen Spielraum für weitere Kurssteigerungen.

Dies ist ganz in Buffetts Sinn, daher wird ihm auch die im Jahresverlauf sinkende Auslastungsquote im Raffineriebereich keine schlaflosen Nächte bereiten. Buffett investiert auf lange Sicht in Unternehmen mit annähernd unangreifbarem Geschäftsmodell, das stetige Gewinne abliefert und von Marktschwankungen eher unterdurchschnittlich betroffen ist. Daher passt Phillips 66 ziemlich gut in Buffetts Beuteschema und stellt auch für andere langfristig orientierte Anleger eine interessante Investmentgelegenheit dar.

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