Das ist auch nötig, denn Mutares konnte den eigenen Ansprüchen bisher nicht gerecht werden und hat mit einigen Unwägbarkeiten und Problemen zu kämpfen. Der Kursverlauf der letzten Monate zeichnet dieses Scheitern unschön nach. Im letzten Jahr gab es eine Kapitalerhöhung zu €17,50 und da haben sich die Anleger wohl mehr versprochen. Kaum vorstellbar, dass noch viele Zeichner bei den letztjährigen Tiefstkursen von €11 ihre Aktien nicht auf den Markt geschmissen haben.
Probleme und Risiken
Die französische E-Commerce-Tochter Pixmania ist letztes Jahr pleite gegangen und das spricht nicht für ein gutes Näschen bei der Auswahl lukrativer Unternehmen, denn die hatte man erst kurze Zeit zuvor erworben.
Des Weiteren gibt es ein nicht unbeträchtliches Öl- und Gasrisiko im Portfolio, denn die größte Tochter EUPEC ist im Bereich Beschichtungen für Pipelines aktiv und eine weitere Tochter, die französische Beteiligung BSL, stellt Pipelines her. Der gesunkene Ölpreis und die von den Öl-Konzernen drastisch zusammengestrichenen Investitionskosten haben ebenso negative Auswirkungen wie die Zweifel rund um das Pipelineprojekt North Stream 2. Dort hat Mitbewerber Wasco den Auftrag zur Beschichtung der Pipelines an Land gezogen und EUPEC. Für 2016 kalkuliert EUPEC mit einem signifikanten Rückgang der Erlöse und einem deutlich niedrigeren operatives Ergebnis als 2015.
Und auch bei der seit Anfang 2012 zu Mutares gehörenden GeesinkNorba Group, einem Hersteller von Müllfahrzeugen, ist die Liquiditätslage weiterhin angespannt. Zum Halbjahr 2016 rutschte das EBITDA von €12,9 Mio. auf gerade einmal €4,0 Mio. ab und unterm Strich ergab sich sogar ein Fehlbetrag von €7,07 Mio., nachdem in der entsprechende Vorjahresperiode noch ein Überschuss von €1,56 Mio. erzielt werden konnte.
Chancen und Hoffnungen
Doch Mutares scheint die Zeichen der Zeit erkannt zu haben und steuert nun um. Bereits im ersten Halbjahr 2016 hat man kräftig in den Ausbau des Teams und der Infrastruktur investiert und auch sie Strategie wurde angepasst. Anstatt wie bisher Stand-Alone-Restrukturierungsfälle zu akquirieren, will man künftig Cluster bilden und auch durch Synergien und Formierung größerer Einheiten Werte generieren und heben. Das klingt aussichtsreicher und erfolgversprechender, weil man so beim Exit auch ganz andere Interessenten ansprechen kann, nämlich strategische Investoren, für die das Übernahme-Target dann keine kleine Rand-Ergänzung ist, sondern ggf. ein weiteres Elefanten-Standbein. Und auch geographisch bewegt sich Mutares mit dem Schwerpunkt Frankreich in einem Bereich, den Aurelius oder Bavaria bisher nicht abdecken. Das Ziel, bald 1 Mrd. Umsatz in den Beteiligungsunternehmen zu erzielen, ist jedenfalls schon mal eine markige Ansage, doch es müssen auch Taten folgen.
Mutares (Quelle: finanzen.net) |
Und Mutares gibt weiter Gas... Artmadis, ein Mutares-Portfoliounternehmen ist der führende Großhändler für Haushaltswaren in Frankreich. Nach der erfolgreichen Übernahme des belgischen Großhändlers Verbeelen hat Artmadis zwei weitere Unternehmenszukäufe getätigt, welche das Post-Merger- Umsatzniveau des Unternehmens auf über €100 Mio. steigern werden. Artmadis ist Frankreichs führendes Großhandelsunternehmen für Gläser, Geschirr und Küchenartikel und beliefert alle großen französischen Handelsunternehmen, sowie Möbelhäuser und Onlinehändler. mutares erwarb das Unternehmen im Jahr 2012 und hat es durch die Einführung eines umfassenden Serviceangebots im Category Management erfolgreich repositioniert. Durch die Akquisition von Verbeelen konnte Artmadis in den belgischen Markt expandieren und Zugang zum attraktiven Segment von Hotels Restaurants und Cafés erhalten.
Als nächstes hat Mutares ein unwiderrufliches Angebot zur Übernahme von zwei französischen Werken der Mecaplast Gruppe abgegeben, die einen Umsatz von €70 Mio. mit der Produktion von Innen- und Außenverkleidungsteilen für leichte und schwere LKW erwirtschaften. Die Akquisition wäre eine ideale Ergänzung für das Mutares-Portfoliounternehmen STS, einem führendem Anbieter von innovativen Lösungen zur Geräusch- und Wärmedämmung, der nahezu alle europäischen LKW- Hersteller von drei Standorten in Italien aus beliefert. In den beiden profitablen Werken der Mecaplast-Gruppe werden 340 Mitarbeiter an den französischen Standorten Izernore und Précigné beschäftigt und ein Umsatz von €70 Mio. generiert. Der Auftragsbestand beträgt €600 Mio. und sichert voraussichtlich die Auslastung über mehrere Jahre. Beide Standorte liegen in direkter Kundennähe und verschaffen STS eine nochmals breitere Kundenbasis. Die Produktion von Innen- und Außenverkleidungsteilen für leichte und schwere LKW ergänzt das bestehende Produktportfolio von STS ideal. Das Unternehmen erwirtschaftete im Jahr 2015 einen Umsatz von ca. €135 Mio. und wird im vierten Quartal 2016 ein neues Werk in Polen in Betrieb nehmen, das durch zwei Großaufträge bereits nahezu ausgelastet ist.
Kurze Zeit später gab Mutares ein unwiderrufliches Angebot zur Übernahme des Nutzfahrzeug-Zuliefergeschäfts der Plastic Omnium Gruppe ab. Das Nutzfahrzeug-Zuliefergeschäft der Plastic Omnium Gruppe verfügt über fünf Werke in Frankreich, zwei Werke in China und jeweils ein Werk in Deutschland und Mexiko mit insgesamt 1.500 Mitarbeitern. Im Jahr 2015 wurde ein Umsatz von €190 Mio. mit Außenverkleidungsteilen für die Kabine von LKW erwirtschaftet. Alle großen europäischen LKW-Hersteller zählen zum Kundenkreis. Die Werke befinden sich in direkter Kundennähe. Zusammen mit STS und der Akquisition der beiden Werke der Mecaplast Gruppe formt mutares einen global führenden Nutzfahrzeugzulieferer für Innen- und Außenteile mit einem Umsatz von €400 Mio. und 2.700 Mitarbeiten in 15 Werken. Die neue Gruppe wird über Standorte in Frankreich, Italien, Deutschland, Polen, China und Mexiko verfügen. Das Produktportfolio ergänzt sich ideal und erlaubt eine Vielzahl an Synergien und Cross-Selling- Möglichkeiten.
Ein weiterer Zukauf ist eine Ergänzung für BSL, den französischen Pipelinehersteller im Mutares-Portfolio. So hat Mutares ein unwiderrufliches Angebot zur Übernahme von Aperams Stahlrohrgeschäft mit Sitz im französischen Ancerville und Annecy abgegeben, der Aperam Stainless Services & Solutions Tubes Europe, die im Jahr 2015 einen Umsatz von €67 Mio. generierte. Das Unternehmen betreibt ein Werk in Ancerville und ein Distributionszentrum in Annecy, Frankreich und bietet erhebliches Synergiepotential mit BSL, das auf der Komplementarität des Produktportfolios und der Kunden sowie auf der geographischen Nähe basiert. Der Abschluss der Transaktion wird zum Ende des ersten Halbjahres 2017 erwartet.
Aber auch in anderen Bereichen ist Mutares aktiv und hat von der amerikanischen SPX Corporation das internationale Anlagenbauunternehmen Balcke-Dürr übernommen. In 2015 hat das Unternehmen mit 650 Mitarbeitern einen Umsatz von €142 Mio. erzielt und verfügt neben der Firmenzentrale in Düsseldorf über Entwicklungscenter und Produktionsstätten in Deutschland, Italien, Polen, China und Indien. Balcke-Dürr fertigt Komponenten für die Energieeffizienz und die Reduktion von Emissionen für die chemische und energieerzeugende Industrie. und wird Teil von Mutares "Engineering & Technology"-Segment.
Und jüngst gelang ein weiterer positiver Schritt, denn Mutares vermeldete den Verkauf von EUPEC Deutschland an die Wasco-Gruppe, die das Werk für den Pipelinebau verwenden werden. Im Idealfall kann der Verkaufspreis bis zum Jahr 2019 sogar auf €32 Mio. steigen und das operative Geschäft der EUPEC Frankreich bleibt Teil der mutares-Gruppe. Für Mutares ist dies alles in Allem eine zufriedenstellende Lösung, wie auch Robin Laik, CEO von mutares, bestätigt.
Meine Einschätzung
Mutares steuert um und kauft kräftig ein, auch wenn einige der jüngsten Zukäufe noch unter dem Vorbehalt der kartellrechtlichen Genehmigungen stehen. Die neue Strategie klingt viel versprechend und auch wenn die nächsten Zahlen bei Mutares noch nicht den großen Ergebnis-Effekt bringen werden, dürften die Zukäufe für neue Energie sorgen - das Ziel von €1 Mrd. Umsatz des Beteiligungs-Portfolios ist jedenfalls in Reichweite. Das dürfte auch dem Aktienkurs analog zum Voranschreiten des operativen Geschäft wieder Leben einhauchen.
Ob der Sonderertrag aus dem EUPEC Deutschland Verkauf als Sonderdividenden ausgeschüttet oder lieber für weitere Zukäufe verwendet wird, bleibt abzuwarten - und betrifft sowieso erst das Geschäftsjahr 2017 und somit die Ausschüttung im Kalenderjahr 2018. Die diesjährige Dividende, die nach der Hauptversammlung am 19. Mai ausgeschüttet wird, dürfte jedenfalls deutlich niedriger ausfallen als im Vorjahr. Sofern es überhaupt eine Dividende gibt. Wobei mich eine vollständige Streichung nicht weiter stören würde, denn mir ist es lieber, dass Mutares das Geld für seinen Turnaround und lukrative Zukäufe steckt. Dennoch glaube ich, dass man die Aktionäre nicht mit einer vollständigen Streichung zu sehr verärgern will und alleine deshalb schon eine Grunddividende ausschütten wird.
Ich denke, bei Mutares wird gerade der Grundstein gelegt für eine erfolgreiche Investment-Story à la Bavaria oder Aurelius und für geduldige und risikobereite Anleger bietet sich hier ein attraktives Chance/Risiko-Verhältnis. Daher befindet sich Mutares auf meiner Empfehlungsliste und ich bin Mitte Dezember bei €11 mit einer ersten Position eingestiegen. Seitdem habe ich in den Kursanstieg hinein bei zwischenzeitlichen Rücksetzern meine Position weiter ausgebaut.
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ERGÄNZUNG VOM 20.02.1027, 15:45
SMC Research hebt in einem Analyseupdate seine Einschätzung auf BUY und erhöht das Kursziel auf €24,70 (zuvor €22,00) an. Grund ist ein über den Erwartungen liegender Verkaufserlös für EUPEC Deutschland sowie eine erhöhte Prognosesicherheit.
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