Beim Kassensystemhersteller
Vectron Systems läuft es richtig rund. Neue regulatorische Vorgaben zwingen die Benutzer von Kassensystemen hier nachzurüsten und zwar bis Jahresende 2016 - der Run wird sich also in den nächsten Zahlenwerken konkret wiederfinden. Doch es gibt noch eine Reihe von Nachzüglern, die "ihr Problem" jetzt erst realisieren und Vectron mit Aufträgen überschütten, wie das Unternehmen
bei Vorlage seiner vorläufigen Zahlen für das Geschäftsjahr 2016 berichten konnte. Nach einem starken 3. Quartal hat sich der positive Trend im 4. Quartal beschleunigt, was insgesamt mit €33,251 Mio. zum höchsten Umsatz der Firmengeschichte geführt hat und einer Steigerung von 28% im Vergleich zum bereits umsatzstarken Vorjahr entspricht. Das EBITDA wuchs im Geschäftsjahr 2016 um 46% auf €3,978 Mio., was einer EBITDA-Marge von rund 13% entspricht, während das EBIT €3,450 Mio. beträgt und damit 61% mehr als im Vorjahr. Gleichzeitig konnte das Nettoergebnis um 69% auf €2,044 Mio. erhöht werden und der Cash-Bestand lag mit €11,649 Mio. um 23% über dem Vorjahreswert.
Bei Vectron läuft also eine Sonderkonjunktur und der Aktienkurs hat dieser Entwicklung schon Rechnung getragen. Und so richtet sich der Blick weiter nach vorn. Erwähnenswert ist nämlich, dass die Ertragserhöhung erzielt werden konnte, obwohl weiter Personal aufgebaut wurde, um die nächste Ausbaustufe des hauseigenen Online-Tools bonVito voranzutreiben. Dieses bisher vorwiegend als Marketing-Instrument für Bäckereien und Gastronomie genutzte System soll zu einer Endkundenplattform ausgebaut werden, die Bestell-, Coupon- und Reservierungsdienste im Gastronomie-Bereich vereint. Es würde also weit über die Angebote einschlägiger Lieferdienst-Plattformen wie Lieferando.de oder pizza.de hinausgehen und das zu deutlich geringeren Kosten für die angeschlossenen Gastronomiebetriebe. Und hier befindet Vectron in aussichtsreichen Gesprächen, denn man möchte dieses Feld nicht alleine angehen, sondern mit einem "großen Wurf" starten, also einem starken, erfahrenen Partner.
Und spätestens an diesem Punkt relativiert sich die momentane Bewertung der Aktie. Denn einerseits bringen die vielen neu installierten Systeme künftig zusätzlichen Wartungsaufwand mit sich und Softwareupdates, über die Vectron stetige Erlöse generieren wird. Andererseits hat Vectron kürzlich
75% des Kassensoftware-Startups Posmatic erworben und stellt diesem zusätzliches Wachstumskapital zur Verfügung, sodass insgesamt ein sechsstelliger Betrag investiert wird. Posmatic ist Hersteller einer Kassensoftware, die auf Hardware von Apple, wie z.B. Ipads, Ipods oder Iphones läuft. Die Endkunden kaufen sich diese Hardware in der Regel selbst und zahlen monatliche Nutzungsgebühren für die Software. Dieses Vertriebsmodell ist besonders bei kleineren Betrieben beliebt, die oftmals klassische Kassensysteme nicht finanzieren können. Um diesen Markt ebenfalls abdecken zu können wird Posmatic nun neben Vectron und Duratec als weitere Kassenmarke des Vectron-Konzerns im Markt platziert und rundet das Angebotsspektrum ab. Mit dem umfangreichen Vertriebsnetz und der vollen Unterstützung Vectrons soll Posmatic als führender Anbieter von Ipad-Kassensystemen in Deutschland etabliert werden. Weiterhin soll auch das Posmatic-Kassensystem mit der Online-Marketingplattform bonVito verbunden werden und hierfür einen kostengünstigen Einstieg bieten. Nachdem schon die app-basierten mobilen Lösungen der Marken Vectron und Duratec im laufenden Geschäftsjahr erhebliche Zuwächse verzeichnet haben, ist Vectron zuversichtlich, mit Posmatic zusätzlich von diesem Trend profitieren zu können.
Meine Einschätzung
Mit bonVito hat Vectron also einen weiteren potenziellen Wachstumstreiber im Sortiment, der über alle drei Vectron-Marken und -Systeme bespielt werden kann. Der Vectron-Kundenstamm ist also ein vorhandener Markt und darüber hinaus bieten bonVito die Chance auf neue Kunden, die dann auch auf das Vectron-Angebot aufmerksam gemacht werden können. Cross-Selling at it's best.
Trotz des starken Kursanstiegs in 2016 bietet Vectron hier einiges an Potenzial, wenn denn die Pläne des Unternehmens auch nur ansatzweise aufgehen.
Ob man dann an den Kurs "noch eine Null dranhängen" muss, wie Vectron-CEO Stümmler meinte, bleibt abzuwarten. Deutlich höhere Kursregionen als heute, also im dreistelligen Bereich, wären dann aber spätestens in 2018 schon realistisch.
Vectron befindet sich auf meiner
Empfehlungsliste und als
einer meiner Jahresfavoriten 2017 in meinem Depot.
Bei Vectron wäre es eigentlich notwendig, die beiden Bereiche einmal separat zu betrachten. Das Stammgeschäft hat gerade eine Sonderkonjunktur, die zeitlich klar umrissen ist, d.h. die Bewertung des Stammgeschäfts ist gerade zu hoch, weil die Umsätze und Erträge daraus wieder zurück kommen werden. Eine Bewertung von bonvito ist dagegen rein spekulativ. Also Aktionäre beteiligt man sich also an einem Standardgeschäft, das in der Vergangenheit lange Zeit mit einem Aktienkurs von 10,- € bezahlt wurde, und an einem Start-up, das offenbar gerade die Phantasie doch sehr bewegt, sodass der Kurs durch die Decke geht. Wie soll man das Unternehmen also realistisch bewerten? Ich hatte das "mit dem dranhängen der 0" mit Grausen gelesen, so etwas sollte man als CEO wirklich unterlassen.
AntwortenLöschenGruß
Christian
Moin Christian, ich bewerte das Stammgeschäft deutlich positiver. Denn viele Altkunden müssen aufrüsten und es gibt viele Neukunden. Jeder Kunde wandert nach Installation/Erwerb in den bestand und kriegt Wartung/Updates. Das generiert stetige Erträge für Vectron, die bisher in diesem Maß gar nicht vorhanden waren. Insofern ist ein Vergleich mit der alten Bewertung von €10 nicht zielführend aus meiner Sicht. Und auch aus einem anderen Grund nicht: die €10 sind ja keine objektive Bewertung, nicht zwangsläufig der faire Wert gewesen, sondern nur der Marktpreis, der an der Börse aufgerufen wurde. Und es gibt bisweilen erhebliche Unterschiede zwischen Wert und Preis, daraus speist sich ja der Gewinn eines Value Investors. Ich gebe Dir aber Recht, dass €70 alleine für das Stammgeschäft Vectron/Duratec eine sehr ambitionierte Bewertung wäre. BonVito und die künftige Ipad-Version sind im Erfolgsfalls aber Umsatz- und Gewinntreiber und zwar keine kleinen. Und hier hat Vectron aufgrund seiner Bekanntheit und seiner breiten Kundenbasis viel größere Erfolgschancen als ein möglicher Konkurrent, der bei Null anfangen und auf Kundenakquise gehen müsste.
LöschenHallo Michael,
Löschenja den Unterschied zwischen Preis und Wert kenne ich. Von daher war es vielleicht so, dass das bisherige Kassengeschäft zu wenig Perspektiven geboten hatte, sodass es ggf. unterbewertet war, ich kenne aber keine historischen KGV-Werte, um das zu bewerten. Siehst Du denn die Möglichkeit, das Stammgeschäft alleine zu bewerten und zu welchem Wert würdest Du dann wohl kommen? Interessant ist ja dann, den verbleibenden Preis p.a. quasi als Optionsprämie für ein bis dato noch völlig unbewertbares Geschäft zu kennen. Das ist noch schwieriger zu greifen, als die Aumann-Geschichte bei MBB :-)
Viele Grüße
Christian
Naja, nimm Dir einfach die Ergebnisse 2016 vor, dann hast Du das Stammgeschäft. Davon musste beim Umsatz und Gewinn etwas abziehen wegen der Sonderlage und auf der anderen Seiten auch die Kosten reduzieren, die insbesondere für die Personalaufstockung für bonVito hinzugekommen ist. So über den Daumen gepeilt bleibt dann Vectron ohne bonVito-Perspektive übrig. Ich fuzzele das nicht auseinander, weil ich darin keinen Sinn erkenne. Denn ich glaube, dass der Ansatz von Vectron Gold wert ist. Einem Restaurant ist doch egal, ob der Kunde über lieferheld.de kommt oder über bonVito. Hauptsache ist, der Kunde kommt. Wenn er dann noch nur die Hälfte für diese Vermittlung zahlen muss, umso besser. Und en Top gibt es noch das Bonus- und Rabattsystem für die Kunden, das über bonVito bespielt werden kann. Quasi disruptiv für die ganzen Lieferanskis.ups dieser Welt...
LöschenHi, würde es gut finden, wenn Du bei den Zahlen auch die Konsenserwartungen der Analysten kurz erwähnen würdest. Schöne Grüße
AntwortenLöschen