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Donnerstag, 19. Januar 2017

Scherzer & Co: Keine weiteren Millionen aus dem WMF-Squeeze-out, trotz Nachbesserung

Vor Gericht und auf hoher See ist man alleine in Gottes Hand. Soll heißen, alles ist möglich und was am Ende dabei herauskommt, ist vorher kaum absehbar. Dennoch tummelt sich die Scherzer & Co. AG als Spezialist für Investments in börsennotierte deutsche Nebenwerte und Abfindungsspekulationen bewusst in diesem Bereich. Und bisweilen fallen spektakuläre Erfolge na, wie beim Schering-Squeeze-out, wo Bayer kräftig nachzahlen musste.

Über die im Scherzer-Portfolio schlummernden erhebliche Millionenpotenziale aufgrund werthaltiger Nachbesserungsrechte aus Spruchstellenverfahren bzw. Squeeze-outs hatte ich ja bereits ausführlich berichtet und insbesondere auf das AXA-Verfahren hingewiesen, wo es für Scherzer & Co. unter dem Strich um eine Nachbesserung von über €1 je Scherzer-Aktie gehen könnte. Zur Einschätzung: der aktuelle Börsenkurs notiert bei €2,25.

Hinsichtlich des AXA-Verfahrens gibt es noch nicht viel Neues und es wird sich auch noch eine Weile hinziehen. Das Gericht hatte die Frist zur Abgabe von Stellungnahmen jüngst um zwei Monate auf Ende Februar verlängert. Allerdings hat ich für Scherzer der Einsatz erhöht. Denn man ist bei der börsennotierten RM Rheiner Management AG jetzt mit 41,46% beteiligt, nachdem man die Beteiligung im Dezember außerbörslich von zuvor knapp 30% aufgestockt hatte. Und die RM hat ein ganz ähnliches Geschäftsmodell und eigene Nachbesserungsrechte zu AXA und anderen Squeeze-outs im Tresor liegen. Kommt eine Nachbesserung, stehen Scherzer & Co. also die eigenen Anteile zu und nun auch noch einmal 10% mehr der Gewinne, die die RM damit erzielt.

Gericht hält bei WMF Abfindung für zu niedrig
Das Traditionsunternehmen WMF Württembergische Metallwarenfabrik AG wurde 2012 vom US-Finanzinvestor KKR & Co. übernommen und von der Börse genommen. Scherzer & Co. war hier vorab eingestiegen und hat dann beim Squeeze-out KKR seine 71.024 Vorzugsaktien zu €58,37 angedient - ein Gesamtvolumen für den Scherzer-Anteil von rund €4,1 Mio.

Nun hat das Landgericht Stuttgart den verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out bei WMF verhandelt und die sachverständigen Prüfer angehört und dabei Zweifel an dem für den Squeeze-out vorgerechneten Unternehmenswert von nur knapp über €800 Mio. geäußert. Und das ist nicht wirklich verwunderlich, denn KKR hatte damals quasi noch während des laufenden Squeeze-outs bereits den Verkaufsprozess eingeleitet und dabei einen Verkaufspreis von $2 Mrd. angesetzt (damals umgerechnet rund €1,8 Mrd.). KKR setzte im Verkauf also den Wert mit €1,8 Mrd. an, während man zur selben Zeit die Altaktionären mit €800 Mio. für ihre Aktien abspeiste. Eine - vermutlich lukrative - Diskrepanz...


 Scherzer & Co. (Quelle: finanzen.net)
Verkauft wurde WMF dann später zu €1,6 Mrd., allerdings waren zuvor bereits Randbereiche abgegeben worden, so dass der Gesamterlös wohl über €1,8 Mrd. gelegen haben dürfte. Für Scherzer & Co. bedeutet dies ein weiteres mögliches Millionenpotenzial im Keller. Denn da der Verkaufspreis seitens KKR ja wirklich erzielt wurde und die hohe Diskrepanz von gut 100% offenkundig ist, dürfte das Landgericht dem Ansinnen mehrerer Antragsteller folgen, ein gerichtliches Gutachten zum wirklichen Wert der WMF-Aktien anfordern. Alles andere wäre nun eine große Überraschung, da das Gericht sich ja schon positioniert hat.

Nachdem Scherzer & Co. für etwa €4,1 Mio. ihre WMF-Aktien angedient hatten, liegt das mögliche Potenzial bei einer Verdopplung des damaligen Wertansatzes bei eben diesen €4,1 Mio. Zuzüglich Zinsen, denn bei Feststellung eines Nachforderungsanspruchs ist dieser Betrag rückwirkend ab Datum des erfolgten Squeeze-outs zu verzinsen. Früher war dies eher zu vernachlässigen, aber in Zeiten von Niedrigstzinsen sind zusätzliche Renditen von mehr als 4$ auf €4,1 Mio. für einen Zeitraum von mehr als 5 Jahren dann doch auch eine menge Geld. Da das Verfahren sich noch eine Weile hinziehen wird bis zur abschließenden Entscheidung und damit der Zahlung, dürften alleine an Zinsen dann für Scherzer mehr als €1 Mio. aufgelaufen sein. *)

Meine Einschätzung
Die Aktien von Scherzer & Co. notieren aktuell bei €2,25 und damit um knapp 5,5% unterhalb ihres NAVs, den Scherzer-Vorstand Dr. Georg Issels kürzlich mit €2,37 beziffert hatte. Bei den Börsenhighflyern des Jahres 2016 und auch des aktuellen Jahres, GK Software und Lotto24, hält bzw. hielt Scherzer einen Anteil von knapp 5%. Bei Lotto24 hat man diesen kürzlich in die Kursexplosion hinein reduziert und auch hier einen Millionengewinn eingefahren. Die Verantwortlichen bei Scherzer scheinen momentan alles richtig zu machen und neben den attraktiven Nebenwerten liegen eben auch noch die Nachbesserungsrechte im Keller, so dass langfristig orientierte Anleger mit den Aktien der Scherzer & Co. AG weiterhin viel Freude haben sollten. Und das scheint auch Scherzer-Vorstand Peter Neuroth so zu sehen, denn kurz vor Silvester hat er zum wiederholten Mal Scherzer-Aktien gekauft. Dieses Mal für knapp €25.000 zu Kursen um €2,09.

Scherzer & Co. befindet sich auf meiner Empfehlungsliste und in meinem Depot.


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*) ERGÄNZUNG VOM 18.01.2017 UM 15:22

»Der Mensch sollte sich nie schämen zuzugeben, dass er Unrecht hatte. Damit drückt er in anderen Worten nur aus, dass er heute klüger ist als gestern.«
(Alexander Pope)

Wenn etwas zu schön klingt, um wahr zu sein, ist es meistens auch nicht wahr. Und so verhält es sich leider dieses Mal auch mit meinen Annahmen. Scherzer-Vorstand Peter Neuroth hat meinen Bericht gelesen (das finde ich gut) und mich darauf aufmerksam gemacht, das Scherzer zwar seine WMF-Aktien seinerzeit KKR angedient habe, allerdings sei in der damaligen Börsensituation kein Nachbesserungsrecht für das Aktienpaket verhandelbar gewesen (das finde ich nicht so gut).

Meine Spekulation, Scherzer & Co. würde bei einer gerichtlich festgestellten Nachbesserung hiervon profitieren, ist somit falsch! 

Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass Scherzer & Co. selbst zu keinem Zeitpunkt geäußert hat, man habe entsprechende Nachbesserungsrechte. Dies sind alleine meine Schlussfolgerungen aus dem damals veröffentlichten Aktienbestand und den verfügbaren Informationen zum Squeeze-out gewesen. Mea culpa.

An meiner positiven Einschätzung zur Scherzer-Aktie ändert dies allerdings nicht das Geringste.

4 Kommentare:

  1. Hallo Herr Kissig,

    vielen Dank für deine ehrliche Erläuterung.
    Langfristig finde ich Scherzer weiterhin sehr interessant und bleibe investiert.

    Viele Grüße und viel Erfolg,
    Alvaro

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  2. Sehr geehrter Herr Kissing,
    wenn es noch einer Bestätigung der Seriösität Ihres Blogs bedurft hätte, wäre sie jetzt erfolgt. Hut ab für Ihr ehrliches Engagement und vielen Dank für die guten Tipps. Es macht mir persönlich große Hoffnung, daß der alte Spruch "Ehrlich währt am längsten" noch immer stimmt. Weiter so und alles Gute für Sie in 2017!

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  3. Hallo Michael,
    bei Scherzer und Co. gibt es z.Z. (wieder) Insiderkäufer. Und der Kurs schnellte auf 2,60. Bahnen sich hier Auszahlungen von Nachbesserungsrechten an, AXA? Mein Portfolio würde sich jedenfalls freuen! :-)

    beste Grüße Hans-Jürgen

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    1. Zu AXA habe ich noch nichts Neues gehört. Ich denke, dass Scherzer ziemlich gute Nachrichten parat hat beim nächsten NAV-Ausweis zum Ende Mai. Denn die größten Positionen im Portfolio, wie GK Software, Freenet, W+W u.a. haben teilweise rasante Kurssteigerungen hinter sich in diesem Monat und das wird sich auch im NAV widerspiegeln. Das AXA-Spiel wird noch eine ganze Zeit lang laufen, bevor das Füllhorn (hoffentlich) aufgedreht wird. Dann wird der Scherzer-Kurs allerdings kein Halten mehr kennen und das Warten belohnt...

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