Seitdem wurde das Geschäft erfolgreich restrukturiert und wieder zu Erfolgen geführt, denn bei der Übernahme setzte Tristone knapp €130 Mio. um und das bei einer mageren EBITDA-Marge von nur 2%. Heute liegt der Umsatz annähernd doppelt so hoch und wird 2016 rund €250 erreichen, während die EBITDA-Marge auf 11% gesteigert werden konnte. Von der Umsatzverdopplung bleibt also auch noch das Fünffache hängen.
Käufer von Tristone, die 2.800 Mitarbeiter beschäftigt an zehn Standorten in Europa, NAFTA, China und Indien ist die chinesische Zhongding Gruppe und die legt für die Übernahme satte €170 Mio. auf den Tisch sobald alle kartellrechtlichen Genehmigungen vorliegen.
In der Bavaria-Bilanz wird der Verkauf tiefe Spuren hinterlassen, denn Tristone war die mit Abstand größte Beteiligung der Münchner. Bavaria bilanziert sehr konservativ und weist nur die Beteiligungen auf, die auch operativ zum Konzern beitragen. Was noch nicht mindestens ein Jahr im Konzern ist oder was Verluste schreibt, taucht nicht auf, so dass im Fall einer Veräußerung einer Beteiligung ein sehr großer Einmalertrag auf die Aktionäre wartet. Und genau das wird mit dem Tristone-Deal erreicht und es lohnt ein Blick auf die Zahlen.
Einzug der Aktien aus dem Aktienrückkaufprogramm erhöht Gewinn je Aktie
Erst vor wenigen Tagen hatte Bavaria Industries erklärt, die im Rahmen des Aktienrückkaufprogramms seit 2014 erworbenen eigenen Aktien eingezogen zu haben - immerhin 4,6% des Grundkapitals. Das Grundkapital der Bavaria Industries Group AG ist nun noch eingeteilt in 5.351.294 auf den Inhaber lautende Stückaktien und damit war Bavaria vor Bekanntgabe des Deals bei €53,50 mit insgesamt €286 Mio. an der Börse kapitalisiert. Allein hieran zeigt sich schon die Bedeutung des 170-Millionen-Euro-Deals.
Bavaria Industries (Quelle: finanzen.net) |
Doch wichtig(er) ist natürlich, was unterm Strich als Ergebnis herauskommt. Da Bavaria in seinen Geschäftsberichten keine Angaben zum NAV einzelner Gesellschaften macht, sondern nur zum Buchwert in Gänze, stochert man diesbezüglich etwas im Nebel. Aus dem Segment Automotive, dem Tristone zuzurechnen ist, wurden in 2015 zwei Beteiligungen veräußert, so dass hier nur noch Tristone und die wesentlich kleineren Beteiligungen Carbody und Vosla aufgeführt sind. Zum Gesamtumsatz der Sparte von €177 Mio. im ersten Halbjahr 2016 trugen dabei Tristone €126 Mio., Carbody €28 Mio. und Vosla €23 Mio bei.
Aufgrund des anhaltenden Wachstums bei Tristone können wir von etwa €255 Mio. Umsatz für 2016 ausgehen und wenn wir die EBITDA-Marge von 11% berücksichtigen, führt uns das zu einem EBIDTA von rund €28 Mio. Nehmen wir weiter an, dass Bavaria seine Beteiligung mit dem Fünffachen des EBITDA in den Büchern bewertet hat(te), käme der bilanzielle Wertansatz von Tristone auf rund €140 Mio. Folglich würde Tristone bei einem Preis von €170 Mio. mit einem Aufschlag von 21% bzw. €30 Mio. über dem bisherigen Wertansatz verkauft. Bezogen auf die Anzahl der ausstehenden rund 5,35 Mio. Aktien bedeutet dies, dass alleine dieser Verkauf etwa €5,6 je Aktie zusätzlich in die Bavaria-Kassen spült.
Noch immer ein kräftiger Abschlag auf den NAV
Allerdings notierte die Bavaria-Aktie zuletzt schon mehr als 20% unterhalb ihres bisher anzusetzen NAV, worin Tristone noch mit den etwa €140 Mio. berücksichtigt war. In Konsequenz führt uns das dazu, dass wir - trotz des starken Kurssprungs heute - Bavaria-Aktien auch bei Kursen von €60 gut 25% unterhalb des fairen Werts kaufen können, den man nun auf mindestens €80 beziffern kann. Und darin sind die noch nicht die Töchter eingerechnet, die noch keine Profite erwirtschaftenden; diese finden erst Eingang in die Betrachtung, wenn sie operativ auf Kurs sind und Gewinne schreiben.
Meine Einschätzung
Bavaria dürfte eine der günstigsten Beteiligungsgesellschaften auf dem deutschen Kurszettel sein, denn ihre Bilanz enthält eine Menge an stillen Reserven, die erst bei erfolgreichen Exits zu richtig zur Geltung kommen. Die nach dem Tristone-Verkauf verbleibenden Beteiligungen machen noch immer etwa €500 Mio. Jahresumsatz und liquide Mittel inkl. der Aktienanlagen werden von Bavaria mit rund €200 Mio. angegeben. Rechnen wir nun einfach mal diese liquiden Mittel und den Verkaufserlös für Tristone zusammen, kommen wir auf €370 Mio. Bezogen auf die Anzahl der 5,35 Mio. Bavaria-Aktien ergibt sich dann ein Betrag von gut €69 je Aktie. Kauft man also heute die Aktien, bezahlt man 15% weniger als an Cash vorhanden ist. Gratis on Top erhält man das operative Geschäft mit €500 Mio. Umsatz.
Abzüge in der B-Note gibt es für die äußerst sparsame Unternehmenskommunikation, hier ist kein Vergleich zu Aurelius oder der Deutschen Beteiligungs AG, und dann für den geringen Streubesitz. Nur eine geringe Menge an Aktien sind noch auf dem freien Markt und es besteht immer wieder mal die Befürchtung, der Gründer und Chef von Bavaria könnte irgendwann einmal ein Delisting anstreben. Ernsthafte Absichten in dieser Richtung gibt es bisher allerdings nicht.
Und dann wäre da noch die Frage, was Bavaria nun mit dem vielen Geld anstellen will. Zuletzt tat man sich schwer, noch geeignete Targets für Unternehmenszukäufe zu finden und hat damit begonnen, das Cash in große, börsennotierte Aktienbeteiligungen zu stecken, allen voran Warren Buffetts Berkshire Hathaway. Das ist natürlich nicht Sinn und Zweck einer Unternehmung wie Bavaria mit Fokus auf Sanierungssituationen, aber es ist besser, als das Geld auf dem Konto liegen zu lassen, wo es kaum Erträge abwirft. Vielleicht sehen wir auch bei Bavaria bald eine Kapitalherabsetzung, um so Gelder aktionärsfreundlich (und steuerunschädlich) an die Aktionäre auszuschütten. Oder ganz klassisch könnte es auch zur Aufnahme von Dividendenzahlungen kommen. Wir werden es abwarten müssen, auf jeden Fall bleibt es spannend.
Bavaria Industries befindet sich auf meiner Empfehlungsliste und auch in meinem Depot. Wer geduldig ist, ohne stetige Neuigkeiten aus dem Unternehmen klarkommt und sich auch von der Marktenge sowie immer mal wieder aufkommenden Delisting-Spekulationen nicht abschrecken lässt, für den dürfte Bavaria eine interessante Depotbeimischung sein mit der Aussicht darauf, die in der Bilanz versteckten Werte sukzessive zu heben. Der rund 25-prozentige Abschlag auf den NAV sollte dabei als Sicherheitsmarge und Kursabsicherung nach unten wirken, so dass sich ein ausgezeichnetes Chance-Risiko-Verhältnis darbietet. Ein wahres Benjamin-Graham-Schnäppchen eben.
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