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Montag, 31. Oktober 2016

Börsenweisheit der Woche 44/2016

"Das Problem bei Rohstoffen ist, dass Du darauf wettest, dass jemand anderes in einem halben Jahr mehr dafür bezahlen will. Der Rohstoff selbst bringt Dir nichts. Etwas zu kaufen und darauf zu hoffen, dass Dir jemand in zwei Jahren mehr dafür bezahlt, ist etwas komplett anderes, als etwas zu kaufen, von dem Du in Zukunft ein Einkommen erwartest."
(Warren Buffett)

Freitag, 28. Oktober 2016

Enttäuschung? Nein! Bei Amazon kauft jeder ein. Auch ich...

Amazon hat Quartalszahlen vorgelegt und konnte die Erwartungen der Wall Street beim Gewinn nicht erreichen und auch der Ausblick auf das so wichtige Weihnachtsquartal enttäuscht die Analysten. Die Aktie bricht daher um mehr als 5% ein und bietet damit eine neue gute Gelegenheit zum Einstieg.

Die Zahlen
Der Umsatz im abgelaufenen Quartal stieg auf $32,7 Mrd. und lag damit im Rahmen der Markterwartungen, während der Nettogewinn auf $252 Mio. kletterte bzw. 52 Cents je Aktie. Erhofft hatte man sich hier 78 Cents je Aktie und das sieht auf den ersten Blick enttäuschend aus, allerdings hilft der Vergleich mit dem Vorjahresquartal. Hier hat Amazon beim Umsatz um fast ein Drittel zugelegt und den Gewinn je Aktie sogar mehr als verdreifacht. Zudem schrieb Amazon das sechste Quartal in Folge schwarze Zahlen, auch daran muss man sich erst einmal gewöhnen. Und da sind wir beim entscheidenden Punkt, dass nämlich Amazon-Chef Bezos keinen Millimeter von seiner Strategie abgewichen ist und Amazon dennoch Gewinne erzielt.

Die Strategie
Mehr, mehr, mehr, das ist Bezos Strategie. Was Amazon an Cashflows einbringt, investiert er in den Ausbau des Geschäfts und neue Geschäftsfelder. Aber in solche, die das originäre Amazon-Business stärken und erweitern. So sind denn auch die hohen Investitionen Schuld daran, dass der Nettogewinn nicht die Erwartungen erfüllt. Denn Amazon baut seine Logistik aus, stellt alleine für die Weihnachtszeit 120.000 Aushilfskräfte ein, und es forciert sein Prime-Angebot. Das ist eine Kosten-Flatrate für Kunden, für einen festen Preis pro Jahr erhält man seine Sendungen kostenlos, kann das Streamingangebot von Amazon kostenlos nutzen und künftig bekommt man gegen einen kleinen Aufpreis auch seine Lebensmittellieferungen direkt nach Hause. Das klingt jetzt nicht spektakulär, allerdings bindet Amazon so die Kunden an sich, denn wer schon per Abo die Kosten bezahlt hat, der nutzt auch das Angebot und eben nicht das der Konkurrenz. Und anders als Netflix bietet Amazon eben auch Bücher an und Klamotten und Lebensmittel und Musik und und und...

 Amazon (Quelle: finanzen.net) 
Und dann die neuen Angebote/Dienste von Amazon, wie der Echo. Nur ein kleines Gerät, ein digitaler Assistent mit dem integrierten Amazon-eigenen Sprachassistenten Alexa. Über Sprachbefehle werden verschiedene Dienste abgerufen, wie z.B. Musik abspielen, Termine ansagen, Waren auf die Einkaufsliste setzen. Klingt jetzt nicht gewaltig, aber es ist ein weiterer Zugang zum Amazon-Ökosystem, das die Nutzer jenseits der Website und der Handy-App an Amazon bindet und über Amazon Dienste und Waren ordern lässt. Dabei arbeitet Amazon auch daran, Haushaltshilfen und Handwerkerleistungen anzubieten. Amazon baut also einen Rundumservice um seine Kunden herum und an allen diesen Services verdient man - zunächst mit schmalen Margen, aber die Menge macht es. Denn ab einem gewissen Grad wird dieses Geschäft skalierbar. Und auch die eigenständige Lieferung von Lebensmitteln und Waren passt ins Konzept. Amazon will nicht mehr auf Paketdienste wie DHL oder UPS angewiesen sein. Man erprobt eigene Zustellungen und man setzt auch auf Drohnen. Die werden nicht zuvorderst schwere Pakete befördern, sondern kleine Lieferungen, wie Lebensmittel oder Waschpulver. Es muss also keine große Sammelbestellung mehr sein, sondern gerne auch mehrmals täglich kleine Dinge. Auch dazu dient der Dash-Button, den man sich z.B. an seine Waschmaschine klebt. Drückt man den, erhält Amazon die Meldung, dass es Ariel-Waschmittel liefern soll (oder Persil oder Spee, was auch immer der Kunde zuvor ausgewählt hat). Kein langwieriger Bestellprozess mehr, kein Losfahren zum Supermarkt. Einfach einen Knopf drücken und fertig.

In diese Projekte fließt das Geld, in die Zukunft. So hat es Amazon-Chef Bezos schon immer gehalten, er hat eine klare Vorstellung wie Amazon in Zukunft seine Kunden bedienen wird. Diese Zukunft lässt er nicht auf sich zukommen, sondern er gestaltet sie, er formt sie nach seinen Vorstellungen. Und er setzt auf starkes Kundenwachstum und darauf, diese Kunden langfristig an Amazon zu binden. Wen er einmal gewonnen hat, den will er nicht wieder hergeben. Amazon hat einen starken ökonomischen Burggraben (Moat) und baut diesen noch immer weiter aus.

AWS macht richtig Spaß
Und das betrifft nicht nur den Endverbraucher, sondern auch Firmenkunden. Insbesondere diejenigen, die Amazons Cloud-Angebot nutzen, die Amazon Web Services (AWS).  Der Umsatz der AWS-Sparte stieg um 55 Prozent auf $3,2 Mrd. und der operative Gewinn verdoppelte sich glatt auf  $861 Mio. Amazon ist hier mit weitem Abstand Marktführer vor Microsoft, IBM und Google. Der operative Gewinn aus der Datenwolke liegt inzwischen drei Mal so hoch wie der aller anderen Aktivitäten in Nordamerika zusammen.

Meine Einschätzung
Amazon ist kein Value Investment, kein behäbiges, beständiges Unternehmen, das viel Geld scheffelt und an die Aktionäre auskehrt. Amazon ist Wachstum, Amazon ist Innovation, Amazon ist Disruption. Und dennoch ist Amazon inzwischen profitabel, es kann sich die enormen Investitionen nicht nur aus dem Cashflow leisten, sondern auch unterm Strich bleibt immer mehr Geld hängen. Damit ist Amazon ein ganz klassisches Philip Fisher-Investment, ein Quality Investment mit einer starken Marke, enormen Wachstum, gigantischen Cashflows und ein Unternehmen mit einem starken ökonomischen Burggraben.

»Den größten Investmenterfolg erzielt, wer durch Glück oder gesunden Menschenverstand gelegentlich ein Unternehmen findet, das seinen Umsatz und seinen Gewinn über die Jahre weit besser steigern kann als die Industrie als Ganzes. Des Weiteren zeigt sich, dass wir, wenn wir glauben, ein solches Unternehmen gefunden zu haben, besser über einen langen Zeitraum investiert bleiben sollten.«
(Philip A. Fisher)

Amazon befindet sich seit einiger Zeit auf meiner Empfehlungsliste und in meinem Depot. Und ich habe die heutige Kursschwäche zum Aufstocken genutzt, so dass Amazon inzwischen eine meiner größten Investitionen ist.

Novo Nordisk kriegt die Kurve nicht (mehr)...

Im August hatte der weltgrößte Insulinhersteller Novo Nordisk seine Prognosen für das laufende Jahr leicht gesenkt und der damalige Kurseinbruch schien eine gute Gelegenheit zu sein, sich vergleichsweise günstig in ein Top-Unternehmen in einem wachsenden Markt einzukaufen. Und diese Annahmen stimmen weiterhin, nur kriegt Novo Nordisk die PS selbst nicht (mehr) auf die Straße.

Miese Zahlen
Nachdem schon der Chef seinen Hut genommen hatte, musste der Konzern heute massiv zurückrudern, weil sich seit Februar das Umfeld in den USA zunehmend verschlechtert habe. Das klingt schon ganz anders, als noch die Aussagen zuvor, als man von eher vorübergehenden leichten Huppeln ausgegangen war. Für das Gesamtjahr rechnen die Dänen nur noch mit einem währungsbereinigten Umsatzplus zwischen 5 und 6 Prozent und der bereinigte operative Gewinn soll um 5 bis 7 Prozent zulegen. Das wäre jeweils ein Prozentpunkt weniger, als man bisher jeweils am oberen Ende der Spanne angenommen hatte. Der operative Gewinn ging um 3 Prozent auf 37,2 Mrd. dänische Kronen (€5 Mrd.) zurück. Unter dem Strich verdiente der Hersteller 29,2 Mrd. Kronen und damit 10 Prozent mehr als im Vorjahr, während der Umsatz um 4 Prozent auf 82,2 Mrd. Kronen zulegte.

Ganz mieser Ausblick
Und Novo Nordisk setzt noch einen drauf, indem nun die mittel- und langfristigen Prognosen und ziele massiv heruntergesetzt werden, weil die preise für Insulin und Wachstumshormone weltweit unter Druck stünden. Langfristig dürfte der operative Gewinn nur noch um 5 Prozent steigen und damit halb so stark wie ursprünglich erwartet.

Meine Einschätzung
Novo Nordisk ist hoch bewertet und das ist war angesichts des starken Wachstums auch gerechtfertigt gewesen. Die Probleme in den USA und der Wettbewerbsdruck wurden allerdings unterschätzt und setzen dem Unternehmen zu. Viel gewichtiger ist jedoch, dass die langfristigen Erwartungen um die Hälfte zurückgeschraubt wurden. Das ist ernüchternd und stellt eine hohe Bewertung natürlich infrage. Und nach dem Sündenfall ist vor dem Sündenfall... Das Vertrauen in das Unternehmen ist arg angeschlagen und es stellt sich die Frage, ob die nun reduzierten Prognosen nicht auch noch zu hoch sind und erfüllt werden können. Denn eine Besserung der Probleme ist nicht in Sicht, eher das Gegenteil.

Ich muss leider bekennen, dass ich mit meinem Einstieg daneben lag und ziehe die Konsequenzen - zu knapp €33 mit zweistelligem Verlust. Novo Nordisk stellt spätestens seit der heutigen Prognosekappung eher eine Blackbox dar und daher nehme ich sie von der Empfehlungsliste. Das Unternehmen muss seine Probleme in den Griff bekommen und erst dann kann es sich wieder als Investment empfehlen. Zur Zeit eignet es sich allenfalls als spekulativer Ritt mit der Aussicht auf eine Gegenreaktion auf den neuerlichen Kurseinbruch.

Donnerstag, 27. Oktober 2016

Bei Genworth Financial auf den Übernahme-Poker setzen?

Die frühere Versicherungssparte des US-Giganten General Electric, Genworth Financial Inc. (NYSE: GNW), hat mit einigen Problemen zu kämpfen und deshalb ist der Kurs in den letzten beiden Jahren von $18 auf $2 eingebrochen. Kurz vor der Finanzkrise hatte er sogar einmal bei $37 gestanden, doch das ist Geschichte. Ich hatte GNW hier im Blog Anfang März vorgestellt und bin der Frage nachgegangen, ob es sich um ein Schnäppchen oder eine Value Trap handelt. Und habe eine erste Investition zu €1,72 getätigt.

Der Grund war, dass GNWs Buchwert über $30 je Aktie beträgt und der Aktienkurs verglichen hiermit ein Witz ist. Auf der Gegenseite ist zu vermerken, dass in GNWs Geschäften der Wurm drin ist. Nicht nur bei den klassischen Lebensversicherungen, deren Vertrieb man ausgesetzt hat, weil sie sich so gar nicht mehr rechne(te)n aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase, sondern viel mehr bei den Long Term Care-Produkten, also langlaufenden Pflegeversicherungen. Diese LTCs bereiten nicht nur Genworth Financial Sorgen, sondern der gesamten Branche, denn die Leute werden immer älter und die Behandlungen immer teurer. GNW selbst hatte dann auch noch seine Policen falsch kalkuliert und ist ist erst nach längerer Zeit auf den Rechenfehler aufmerksam geworden. Die auf dieses Basis abgeschlossenen Policen muss man aber dennoch erfüllen und die bereiten weiterhin und zunehmend Kopfschmerzen. So starke, dass im dritten Quartal eine erneute heftige Abschreibung hierfür fällig war. Nachdem man 2014 bereits $698 Mio. abgeschrieben hatte, folgten nun noch einmal $475 Mio. Und die Sorgen der Anleger sind, dass dies nicht die letzten Abschreibungen auf dieses Geschäft gewesen sein dürften. Und hier liegt der Hund begraben...

 Genworth Financial Inc. (Quelle: finanzen.net) 
Wie werthaltig ist der ausgewiesene Buchwert wirklich, wenn man ständig damit rechnen muss, dass dieser durch Abschreibungen zusammengeschrumpft wird? Denn Genworth Financial verdient im operativen Geschäft nicht genug, um derart hohe Abschreibungen zu kompensieren.

Nun, zwischen einem Aktienkurs von unter $5 und einem Buchwert von über $30 ist schon noch eine ganze Menge Luft. Und man darf auch nicht vergessen, dass die meisten dieser kritischen LTC-Policen aus Mitte der 1990er Jahre stammen und der betreffende Personenkreis immer kleiner wird, einfach durch den natürlichen Lauf des Lebens.

Also selbst wenn GNW den Wert seines LTC-Business irgendwann noch einmal heruntersetzen muss, ist dies keine endlose Todesspirale, sondern ein überschaubares Problem. Und bisher hat das GNW-Management auch immer den Eindruck vermittelt, die Probleme seien zwar nicht klein, aber beherrschbar - und dass man sie beherzt angehe.

Umso unverständlicher ist für mich, dass man sich für nur $5,43 je Aktie in die Arme eines chinesischen Versicherungskonzern flüchten will. Sicherlich, Oceanwide Holdings bringt auch frische Finanzmittel in GNWs Geschäft ein, das dort sehr willkommen sind, aber eine Lösung dieser kurzfristigen Liquiditätssorgen rechtfertigen doch keine Verschleudern der Zukunft!

»Für augenblicklichen Gewinn verkaufe ich die Zukunft nicht.«
(Werner von Siemens)

Ich halte das Angebot der Chinesen für völlig unangemessen. Und dass das GNW-Management dieses auch noch zur Annahme empfiehlt, ist schlicht unglaublich. Vielleicht ist dies auch dem Umstand geschuldet, dass das GNW-Management bei diesem Deal an Bord bleiben soll - vermutlich ein nicht zu unterschätzender Aspekt in dieser Gemengelage.

Auch wenn ich glaube, dass man durchaus mit einigen größeren Investoren im Vorfeld der Offerte gesprochen hat, kann ich mir nicht vorstellen, dass viele Aktionäre dieses Angebot annehmen werden. Eine Mindestannahmequote hat Oceanwide nach meiner Kenntnis nicht vorausgesetzt und daher könnte es darauf hinauslaufen, dass ein großer Freefloat bestehen bleibt.

Eine andere Überlegung ist, ob nicht jemand anderes eine Übernahme von Genworth Financial starten könnte. Denn zu GNW gehören auch börsennotierte Sahneschnittchen, wie Genworth Canada, an denen GNW noch rund 57% hält im Wert von rund $1,15 Mrd. Oder Genworth Australia, deren 52%-Anteil von Genworth aktuell gut $3 Mrd. wert ist. Nur diese beiden Anteile zusammen machen schon einen Wert je GNW-Aktie von $3,50 aus.

Meine Einschätzung
Die China-Offerte hat den Aktienkurs von Genworth Financial ziemlich unter Druck gesetzt und er hat um mehr als 15% nachgegeben. Vor allem wegen der erneuten Abschreibungen auf das LTC-Business und weil das Übernahmeangebot nur magere 4% Aufgeld auf den Vortagesschlusskurs bot. Dabei stellt sich die Situation doch so dar, dass bis Mitte 2017 Oceanwide die Aktien zu $5,43 einsammeln will - also jede Aktie, die man heute kauft, in gewisser Weise nach unten gut abgesichert ist. Auf der anderen Seite ist es nicht unwahrscheinlich, dass auch andere Bieter, neben Versicherungen auch Finanzinvestoren, nun auf den Zug aufspringen könnten, um sich das Buchwert-Schnäppchen Genworth Financial unter den Nagel zu reißen. Ich habe daher die heutigen Ausverkaufskurse unter €4 nochmals zum Nachkauf genutzt, und inzwischen meine Position verdoppelt. Ich glaube, hier geht noch mehr. Viel mehr...

Genworth Financial befindet sich als Turnaround-Spekulation auf meiner Empfehlungsliste und in meinem Depot.

Montag, 24. Oktober 2016

Börsenweisheit der Woche 43/2016

"Den Starken zu schwächen, stärkt nicht den Schwachen."
(Abraham Lincoln)

Samstag, 22. Oktober 2016

Zahlen & Mehr: Funkwerk, Hypoport, Microsoft, PayPal, Sixt, Villeroy & Boch

:: Funkwerk
Funkwerk-Großaktionär Hörmann Finance wird ihre Beteiligung an der Funkwerk AG noch in diesem Jahr auf einen Mehrheitsanteil ausbauen. Die Anteile an Funkwerk übernimmt man gegen Verrechnung von Schulden von der Hörmann Funkwerk Holding GmbH und anschließend wird die Hörmann Finance 78,35% an der Funkwerk AG halten.

Meine Einschätzung
Grundsätzlich ändern tut sich nichts, auch zuvor schon hatte die Hörmann-Gruppe das Sagen bei Funkwerk. Nachdem bei Funkwerk inzwischen allerdings immer deutlicher der erfolgreiche Turnaround in den Vordergrund drängt, dürfte diese "Optimierung der Konzernstruktur" bei der Hörman-Gruppe wieder Übernahmephantasien bzgl. der Funkwerk AG beflügeln. Geduldige Anleger setzen auf die operativen Fortschritte und den nachhaltigen Turnaround; die Übernahme-Spekulation ist nur ein leckeres Zubrot.


:: Hypoport
Das im SDAX notierte Fintech-Unternehmen wartete mit vorläufigen 9-Monats-Zahlen auf und die konnten sich sehen lassen. So wird ein Umsatz von rund €113,5 Mio. (9M 2015: €103,1 Mio.) und ein Ertrag vor Zinsen und Steuern (EBIT) von rund €17 Mio. erwartet. Das EBIT konnte somit gegenüber dem ersten neun Monaten des Vorjahrs mit einer Steigerung um 15% überproportional ausgebaut werden (9M 2015: €14,7 Mio.). Und kurz zuvor hatte man auch Zahlen für das Transaktionsvolumen auf der Finanzplattform Europace vorgelegt, wo im dritten Quartal ein Rekordvolumen von €11,8 Mrd. erzielt wurde und damit 8% mehr als im Vorquartal. Für den bisherigen Jahresverlauf in den ersten 9 Monaten verzeichnet Hypoport allerdings einen leichten Rückgang der Summe auf €33,1 Mrd., was an den beiden schwachen Monaten April und Mai liegt, in denen sich die neue Wohnimmobilienkreditrichtlinie besonders negativ ausgewirkt hatte.

Meine Einschätzung
Hypoport ist ein "Game-Changer" in der Bankenlandschaft und wird einer der großen Gewinner des Umbruchs in der Bankenbranche bleiben. Die Wachstumskurve hat sich abgeflacht, während sich die Gewinne verstetigen. Für Langfristanleger bietet Hypoport hervorragende Perspektiven, da die gegenwärtigen Zahlen noch durch die massiven Investitionen in die neue Versicherungsplattform belastet sind, aus denen in den folgenden Jahren dann hohe Erträge zu erwarten sind.


:: Microsoft
Der IT-Riese legte Quartalszahlen vor und diese fielen ziemlich positiv aus. Der Umsatz im Geschäftsbereich Windows-Software und Mobilfunk fiel um 2% auf $9,3 Mrd. und das beinahe vollständig aufgegebene Smartphone-Geschäft ("Nokia") brach um weitere 72% ein. Und auch die Gaming-Sparte um die Spielkonsole Xbox gab um 5% niedrigere Umsätze her. Während diese negativen Aspekte bereits erwartet wurden, konnte Microsoft in den übrigen Bereichen massiv punkten. Die Office-Sparte, die inzwischen verstärkt als Abo angeboten werden,legte 6% auf $6,7 Mrd. zu und die Cloud-Sparte wuchs sogar um 8% auf $6,4 Mrd. Insbesondere der Cloud-Dienst Azure, mit dem Unternehmen ihre Websites, Apps oder Daten verwalten können, konnte beim Umsatz nahezu um 100% zulegen. Unterm Strich legte der bereinigte Konzernumsatz um 3% auf $22,3 Mird. zu und auch der Überschuss von $4,7 Mrd. lag über den Erwartungen der Analysten. Obwohl er auf Jahressicht um 4% nachgab.

Meine Einschätzung
Satya Nadella trimmt Microsoft auf Zukunft und hat aus dem angestaubten Software-Dinosaurier wieder ein hippes Business geformt. Sein Credo "Cloud first, mobile first" trägt Früchte und hat die Aktien von Microsoft auf ein neues Allzeithoch katapultiert und somit sogar die einstigen Höchststände aus der Zeit des Internet-Hypes und dem Platzen der Dot-Com-Blase Anfang 2000 hinter sich gelassen. Trotz der Schwäche beim Windows-Betriebssystem, das unter weiterhin nachgebenden Absätzen bei PCs und Notebooks leidet, befindet sich Microsoft auf dem richtigen Weg und dürfte für Anleger auch künftig eine  erstklassige Wahl bleiben. Dazu trägt sicherlich auch bei, das Microsoft seine Quartalsdividende um 8% auf $0,39 anheben wird und ein weiteres Aktienrückkaufprogramm im Volumen von $40 Mrd. angekündigt hat.


:: PayPal
Der Bezahldienst Paypal konnte seinen Umsatz und Gewinn im vergangenen Quartal deutlich steigern. Die Erlöse kletterten im Vorjahresvergleich um 18% auf €2,7 Mrd., wie die ehemalige Ebay-Tochter mitteilte. Der Überschuss legte dabei um 7% auf €323 Mio. zu und für das traditionell konsumfreudige Weihnachtsquartal stellt PayPal ein Umsatzwachstum zwischen 14 und 17 Prozent in Aussicht.

Meine Einschätzung
PayPal profitiert vom zunehmenden Trend hin zu mobilen und bargeldlosen Bezahlformen und als Platzhirsch im E-Commerce-Business wächst man überproportional. Denn die wichtigste Währung beim Onlinebezahlen bleibt Vertrauen und hier hat PayPal eine sehr starke Marktstellung, einen ökonomischen Burggraben ("Moat"). Allerdings wird es künftig schwerer, sich hier zu behaupten, da mit Apple und Amazon zwei Giganten zu Konkurrenten heranwachsen, die über eine sehr breite Kundenbasis verfügen, denen man über die eigene Shops bereits Bezahldienstleistungen zur Verfügung stellt und die dort eigene Konten unterhalten. Und die beide ebenfalls über hohes Kundenvertrauen verfügen. PayPal wird sich hier jedoch auf absehbare Zeit behaupten können, auch weil der Markt insgesamt rasant weiter wächst.


:: Sixt Vz.
Der Autovermieter Sixt hat vorläufige Zahlen für das dritte Quartal präsentiert und im Anschluss seine Jahresprognose angehoben. Der Gewinn stieg von €79 Mio. auf rund €90 Mio. Diese deutliche Steigerung beruht nach Unternehmensangaben "im Wesentlichen auf einer im Geschäftsfeld Autovermietung im Ausland stark gestiegenen Nachfrage, verbunden mit einer hohen Auslastung der Vermietflotte und geringeren Refinanzierungskosten“. Für das Gesamtjahr rechnet Sixt nun mit einem Vorsteuerergebnis von mindestens €200 Mio.

Meine Einschätzung
Der umtriebige Autovermieter fährt weiter voll auf Kurs und bleibt der Top-Pick im Autovermietbusiness für langfristig orientierte Anleger, nicht nur wegen der üppigen Dividendenrendite.


:: Villeroy & Boch
Der Porzellan-Konzern hat seine 9-Monats-Zahlen vorgelegt und kann einen Umsatzanstieg um 2,8% auf €594,7 Mio. vermelden, während der Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) sogar um 7,7% auf €23,8 Mio. gesteigert werden konnte. Das Konzernergebnis stieg auf €13,9 Mio. nach zuvor €12,5 Mio. Insbesondere mit dem robusten deutschen Heimatmarkt zeigte sich Villeroy & Boch zufrieden und bestätigte die bisherige Prognose für das Gesamtjahr, die einen Umsatzanstieg um 3 bis 6 Prozent vorsieht, während der operative Gewinn zwischen 5 und 10 Prozent gesteigert werden soll.

Meine Einschätzung
Villeroy & Boch gelingt es, seine Margen zu verbessern und sich auf seine Kerngeschäftsfelder zu konzentrieren. Daneben winken noch hohe Sondererträge aus Immobiliengeschäften, weil das Unternehmen in mehreren Ländern seine oftmals innenstädtischen Produktionsstätten aufgegeben hat und diese Liegenschaften nun verkauft werden. Insbesondere das Grundstück in Luxemburg dürfte hier in absehbarer Zeit zu über mehrere Jahren verteilten Erlösen führen. Und diese Kombination aus operativen Erfolgen und Mehrwert generierenden Sonderfaktoren macht Villeroy & Boch für Langfristanleger auch weiterhin interessant.

Funkwerk, Hypoport, Microsoft, PayPal, Sixt und Villeroy & Boch befinden sich auf meiner Empfehlungsliste.

Freitag, 21. Oktober 2016

Wer kauft denn da bei S&T? Es ist der Hannes...

Kürzlich hatte S&T einen gewaltigen Deal angekündigt, den CEO Hannes Niederhauser als "den größten Deal seines Lebens" bezeichnet. Die taiwanesische Foxconn steigt mit 29,4% bei S&T ein, die wiederum selbst 29,9% an der Kontron AG übernimmt. Im Zuge dieser Transaktion steigt Großaktionär Grossnig komplett aus und auch Niederhauser verkauft rund die Hälfte seiner Aktien an die Foxconn.

Da Kontron seit Jahren hohen Verluste einfährt, kam die Nachricht bei vielen S&T-Aktionären nicht so gut an und der Kurs brach in ersten Reaktionen deutlich ein. Dabei bietet insbesondere die neue Kooperation mit Foxconn für S&T hervorragende Perspektiven, die Hannes Niederhauser mit Umsatzwachstum, Margenausweitungen und Gewinnsteigerungen beschreibt. Da wundert es dann einige, dass er sich von einem Teil seiner Aktien trennt, zumal er als CEO bei S&T kein Gehalt bezieht.

 S&T AG (Quelle: finanzen.net) 
Niederhauser hat für seine S&T-Aktien gut €11,10 von Foxconn erhalten und was tut er mit dem vielen Geld? Er kauft S&T-Aktien. Er nutzt also die niedrigen Kurse, um sich wieder einzudecken. So hat er am 19.10. Aktien zu durchschnittlich €9,40 erworben und am 20.10. weitere Aktien zu durchschnittlich €9,699. Und es dürften nicht seine letzten Käufe gewesen sein...

Teil des Foxconn-Deals war, dass er sich von einem Teil seines Aktienpaktes trennen musste, damit Foxconn einen großen Anteil auf Schlag sicher hatte. Das hindert Niederhauser jedoch nicht, über die Börse Aktien zu erwerben und seinen Anteilsbestand wieder auszubauen. Einen deutlicheren Beweis dafür, dass er an eine rosige Zukunft von S&T glaubt und der Foxconn-Deal in seinen Augen wirklich der Deal seines Lebens ist, gibt es wohl kaum. Und wenn man sieht, was der Visionär Niederhauser aus der kränkelnden Gericom/Maxdata für ein Unternehmen aufgebaut hat, dann könnte man geneigt sein, ihm auf seinem Weg (weiterhin) zu folgen. Und S&T-Aktien zu kaufen.

S&T befindet sich auf meiner Empfehlungsliste und in meinem Depot. Und auch ich habe die letzten Tage zum Aufstocken meiner Position genutzt. Mach's noch einmal, Hannes...


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ERGÄNZUNG VOM 25.10.2016
S&T meldet, das Hannes Niederhauser am 24.10.2016 weitere 25.000 Aktien zu €9,40 über XETRA erworben hat.

Mittwoch, 19. Oktober 2016

Andere Ansichten: Schielt Clere auf das PNE-Portfolio?

Nachdem aus dem ehemaligen Kunststoffproduzenten Balda AG durch Veräußerung des operativen Geschäfts die Clere AG wurde, ist es ruhig geworden um das Unternehmen. Was nicht heißt, dass sich nichts tut. So will die Clere AG nach Berlin umziehen und hat kürzlich die Kapitalherabsetzung um €9 je Aktie vollzogen und diese steuerfrei an die Aktionäre ausgekehrt. Dies hat das Unternehmen €53 Mio. gekostet und die verbliebenen Mittel stehen für die Neuausrichtung hin zu Investments im Bereich erneuerbarer Energien und Beteiligungen zur Verfügung.

Hier kommt Börse Online ins Spiel, die in ihrer aktuellen Printausgabe von Gerüchte berichten, nach denen sich Clere um das zum Verkauf stehenden Windpark-Portfolio der PNE Wind bemühe. Die acht Windparks würden eine Nennleistung von 152 MW aufweisen und auf einen Wert von rund €300 Mio. taxiert - was sich Clere angesichts seiner Barmittel von knapp über €150 Mio. durchaus leisten könne. Und mit einer solchen Übernahme würde Clere auf einen Schlag bei den Großen mitspielen und zu einer ernstzunehmenden Hausnummer im Bereich der Erzeuger erneuerbarer Energien werden.

Montag, 17. Oktober 2016

Deutsche Beteiligungs AG übertrifft Gewinnprognose um mehr als 20 Prozent

Der Asset-Manager Deutsche Beteiligungs AG hat heute vorab seine ungeprüften Ergebnisse für das Geschäftsjahr 2015/2016 vorgelegt, das am 30. September beendet war. Entgegen der bisherigen Prognosen, wonach ein um mindestens 20% über dem Vorjahresergebnis von €27 Mio. liegendes Ergebnis in Höhe von €40 Mio. angepeilt war, zeichnet sich nun ein noch deutlich erfolgreicheres Bild. Denn nun wird das Ergebnis zwischen €48 Mio. und €52 Mio. landen und damit noch einmal um 20 Prozent über den vorherigen Prognosen. Damit wird die DBAG im abgelaufenen Geschäftsjahr annähernd eine Gewinnverdopplung verbuchen können!

Dem Grunde nach überraschen die Ergebnisse nicht, denn bei Vorlage der Nun-Monatszahlen war bereits klar, dass das dritte Quartal ein negativer Ausrutscher war aufgrund des gerade erfolgten Brexit-Schocks. Schon damals hatte der Vorstand seine Jahresprognose bestätigt und ich hatte ausführlich erläutert, weshalb dieser Quartalsverlust enorme Gewinnpotenziale offenbarte. Kurze Zeit später zog die DBAG eine erfolgreiche Kapitalerhöhung durch, um die sich bietenden Marktchancen mittels zusätzlicher Co-Investments noch besser nutzen zu können. Und auch dieses reibungslose Einsammeln frischen Eigenkapitals war ein Zeichen, dass Investoren sehr wohl die hervorragende Wertschöpfung in der DBAG erkennen.

 DBAG (Quelle: finanzen.net) 
Ganz wesentlicher Treiber des Jahresergebnisses war das vierte Quartal und dabei das Bewertungsergebnis. Denn die DBAG bilanziert nach IFRS, daher werden zum jeweiligen Quartalsende die gehaltenen Beteiligungen zu Marktpreisen bewertet. Und die Börsen haben sich seit dem letzten Bewertungsstichtag am 30. Juni deutlich erholt, insbesondere auch die Londoner.

Verstetigte Dividendenpolitik
Auf die Dividendenhöhe hat das erneute Übertreffen der Prognosen keine  unmittelbare Auswirkung. Der Vorstand geht unverändert davon aus, dass der Vorschlag an die Hauptversammlung mindestens auf der Höhe der Dividende des vorangegangenen Geschäftsjahres liegen wird, die €1,00 je Aktie betragen hat. Hintergrund ist, dass die DBAG ihr Dividendenpolitik "verstetigen" möchte. Anstelle der bisherigen Aufteilung in eine Basis- und eine Sonderdividende soll künftig eine einheitliche und stabile Dividende gezahlt werden. Diese soll dann - wann immer möglich - kontinuierlich erhöht werden wie bei den großen Vorbildern, den Dividendenaristokraten.

Meine Einschätzung
Die Deutsche Beteiligungs AG ist weiterhin äußerst erfolgreich am Markt unterwegs. Ihre Ausrichtung als Asset-Manager, der Beteiligungs-Fonds auflegt und sich an diesen über Co-Investments auch selbst beteiligt, funktioniert hervorragend. Dabei ist das Risiko begrenzt, während die breite Diversifikation im DBAG-Portfolio die Aktie zu einem "Best-of-Deutscher-Mittelstand-Investment" macht. Die vorgelegten Ergebnisse zeigen, welches Potenzial im DBAG-Ansatz steckt - und damit in der Aktie.

Ich habe die DBAG auf meiner Empfehlungsliste und in meinem Depot und die Aktie dürfte auch in den nächsten Jahren ihren Anlegern noch viel Freude bereiten. Sie nimmt zurecht einen Anlauf auf neue Allzeithochs, die bisher Anfang 2015 bei knapp über €34 erzielt wurden, als die bis dahin größte Beteiligung, die Homag AG, äußerst gewinnbringend veräußert werden konnte. Und über €34 steht der Himmel weit offen...

Börsenweisheit der Woche 42/2016

"Nicht die Unwissenheit, bringt dich in Schwierigkeiten, sondern das, was du sicher zu wissen glaubst, obwohl es gar nicht wahr ist."
(Mark Twain)

Samstag, 15. Oktober 2016

Investor-Update: Blue Cap, Deutsche Rohstoff, Eon, MPC, Patrizia, S&T, Suncor

Im Investor-Update notiere ich in unregelmäßigen Abständen aktuelle Einschätzungen zu Unternehmen meiner Empfehlungsliste und wie sich diese ggf. auf mein Investment-Portfolio ausgewirkt haben. Darüber hinaus auch zu Unternehmen, die ich noch nicht hier im Blog vorgestellt habe, die sich jedoch in meinem Depot befinden.

Kurz vor dem Oktober-Crash. 1987...!
Der "Crash-Monat" September ist überstanden und es war ein Non-Event. Fast. Obwohl die Volatilität seit vielen Wochen auf sehr niedrigem Niveau verharrt, gab es insbesondere beim DAX starke Kursschwankungen in der Range zwischen 10.300 und 10.700 Punkten. Mehrmals und immer wieder. Dass es nicht im September zu einer heftigen Korrektur gekommen ist, stellt für sich allein genommen keine Entwarnung für die Börsen dar. Denn auch der Oktober kann es in sich haben, wie der 25-Prozent-Einbruch am "Schwarzen Montag", dem 19. Oktober 1987 zeigte. Der Dow Jones Index hatte sich in den beiden Jahren zuvor annähernd verdoppelt und kurz vor dem Crash hatte die US-Notenbank FED erstmals seit Jahren den Leitzins wieder erhöht. Klingt ziemlich genau nach unserer Situation heute. Und so kommt es nicht von ungefähr, dass hier Parallelen gezogen werden - und wenn man den Dow-Jones-Chart von damals mit dem aktuellen übereinander legt, sieht das wirklich nicht gut aus...

Freitag, 14. Oktober 2016

Steht SHW vor der Übernahme durch die chinesische Anhui ARN?

Beim Automobilzulieferer SHW scheint sich eine Übernahmeofferte anzubahnen. So berichtet "Die Vorstandswoche", angeblich habe ein Mitglied des Vorstands gegenüber den Analysten von Bankhaus Lampe bestätigt, dass derzeit Gespräche mit der chinesischen Anhui ARN, laufen würden, die eventuell SHW aufkaufen wollten. Sie bewerteten dieses Verhalten des Unternehmens als unanständig und kritisieren, dass eine solche Information nicht einzelnen Analysten zur Verfügung gestellt werden dürfe, sondern eine ad-hoc-pflichtige Meldung darstelle, die dem gesamten Kapitalmarkt zur Verfügung zu stellen sei. Dabei sei gerade SHW diesbezüglich Wiederholungstäter.

Losgelöst hiervon sieht "Die Vorstandswoche" aufgrund der zunehmenden Übernahmephantasie weiteres Kurspotenzial bei SHW.

Donnerstag, 13. Oktober 2016

Vectron macht weiter richtig Kasse

Der Kassensystemhersteller Vectron war lange ein Hoffnungskandidat an der Börse, aber nie konnte er überzeugen. Im letzten Jahr vervielfachte sich dann der Aktienkurs, vorbei sind die Zeiten, als man die Aktien zu unter €10 hätte einsammeln können.

Ich habe die  Vectron Systems AG schon lange auf der Watchlist gehabt und habe das Umlegen des Schalters auf Erfolg, Wachstum, Gewinne schlicht verpennt. Da es selten eine gute Idee ist, einfach nur auf einen fahrenden Zug aufzuspringen, habe ich auf eine Konsolidierung des Kurses gewartet, um dann ggf. noch einzusteigen. Gegebenenfalls deshalb, weil die unternehmerische Entwicklung ja mit dem gestiegenen Aktienkurs Schritt halten muss, damit ein Einstieg auch noch aussichtsreich ist. Lemminge verdienen selten Geld und haben nur begrenzte Zukunftsaussichten... Nachdem der Kurs auf rund €40 konsolidierte, bin ich eingestiegen und das erweist sich wohl als richtig. Denn erst legte Vectron Superzahlen für 2015 vor mit einer glatten Gewinnverdopplung und dann nutzte das Unternehmen die Gunst der Stunde und zog eine Ad-hoc-Kapitalerhöhung durch, was mir meinen günstigen Einstiegskurs verschaffte.

Die Aussichten für Vectron sind exzellent, der Kampf europäischer verantwortlicher gegen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung macht auch vor den Kassensystemen in Restaurants und Bars nicht halt, es wird schon über eine Abschaffung des Bargelds schwadroniert. Soweit ist es wohl nicht, aber eine Pflicht zum Aufrüsten der Kassensysteme, nicht nur in Deutschland, wird in absehbarer Zeit kommen. Gesetzesentwürfe kursieren jedenfalls schon. Und Vectron ist hier Marktführer. Bei vielen alten Kassen reichen Softwareupdates, was Vectron wenig kostet, aber margenstarke Erträge liefert. Doch rund 10% der Kassen müssten komplett ausgetauscht werden und Vectron erhofft sich hier einen steigenden Anteil vom Kuchen


 Vectron Systems AG (Quelle: finanzen.net) 
Quartalszahlen noch besser als erwartet
Das unbestreitbar vorhandene Potenzial ist das Eine, es zu nutzen, ist das Andere. Deshalb ist es angeraten, sich die Geschäftszahlen entsprechend genau anzusehen. Und die gerade vorgelegten Zahlen zum dritten Quartal bestätigen die Hoffnungen, dass sich das Wachstum ungebremst fortsetzen wird. Der Umsatz erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 24% von €17,786 Mio. auf €22,008 Mio Euro. Das EBITDA konnte im gleichen Zeitraum um 41% von €1,394 Mio. auf €1,971 Mio. gesteigert werden und das EBIT beträgt €1,572 Mio. (Vorjahr €0,947 Mio.), was einer Steigerung im Vergleich zum Vorjahreswert von 66% entspricht. Gleichzeitig wuchs das Nettoergebnis um 51% von €0,491 Mio. auf €0,743 Mio. Während die Rohmarge mit 59% ebenso konstant blieb wie die Exportquote mit 29%. legte die wirtschaftliche Eigenkapitalquote um 6% zu auf nun 68%. Der Cashbestand beträgt zum Quartalsende €9,234 Mio.

Meine Einschätzung
Besonders erfreulich ist, dass Vectron die Ertragserhöhung erzielen konnte, obwohl gleichzeitig der Personalbestand aufgestockt und weiterhin massiv in neue Produkte investiert wurde. Das zeigt, dass Vectron sich auf dem richtigen Weg befindet, dass die heutigen Erfolge sich auch in Zukunft so fortführen dürften und man sich nicht auf den einmal erreichten Ergebnissen ausruht.

Die Analysten von Hauck & Aufhäuser gingen vor einiger Zeit soweit, ein mittelfristiges Kursziel im dreistelligen Bereich auszurufen und das entspricht bei einem Aktienkurs von €45 mehr als einer Verdopplung. Soweit würde ich (noch) nicht gehen, aber die Zahlen belegen aufs Neue, dass Vectron reichlich Potenzial für langfristig orientierte Anleger bietet.

Ich habe Vectron auf meiner Empfehlungsliste und in meinem Depot.

Mittwoch, 12. Oktober 2016

Wird Apple-Zulieferer Foxconn neuer Großaktionär bei S&T?

Der Linzer Technologiekonzern S&T AG legt eine ungeheure Geschwindigkeit an den Tag auf dem Weg zu einem Unternehmen mit einer Milliarde Euro Umsatz. Nachdem man kürzlich in den TecDAX aufgenommen wurde, was erklärtes Zwischenziel des (noch?) Großaktionärs und CEO Hannes Niederhauser war, kam man heute mit einer Hammer-Meldung um die Ecke:

"Der Vorstand der S&T AG teilt hiermit mit, dass er sich in fortgeschrittenen Verhandlungen mit der Ennoconn Corporation bezüglich des Einstieges der Ennoconn Corporation bei der S&T AG im Zuge einer 10%igen Barkapitalerhöhung befindet. Die Kapitalerhöhung soll aus genehmigten Kapital erfolgen. Damit würde das Grundkapital der S&T AG gegen Bareinlagen von EUR 43.916.204 um EUR 4.383.620 auf EUR 48.299.824 erhöht werden. Der Ausgabepreis der neuen Aktien wird sich am Börsenkurs der letzten 10 Tage orientieren. Das Bezugsrecht der Aktionäre soll ausgeschlossen und die neuen Aktien durch Gesellschaften der taiwanesischen Ennoconn Corporation-Gruppe gezeichnet werden. Die Durchführung der Kapitalerhöhung wird unter der aufschiebenden Bedingung der Freigabe durch die österreichische Übernahmekommission stehen.

Der Mittelzufluss aus der Barkapitalerhöhung soll zum Erwerb einer Beteiligung von bis zu 29,9% an der Kontron AG, Augsburg, verwendet werden. Der Vorstand der S&T AG teilt dazu mit, dass er mit Aktionären der Kontron AG in fortgeschrittenen Verhandlungen über den Erwerb von insgesamt bis zu 29,9% der Aktien der Kontron AG steht.

Neben der Beteiligung über die 10%ige-Barkapitalerhöhung plant die Ennoconn Corporation laut der S&T AG vorliegenden Informationen zugleich, durch weitere Aktienkäufe von Großaktionären die Beteiligung an der S&T AG vorbehaltlich der kartellrechtlichen Freigabe auf 29,4% zu erhöhen.

Die Ennoconn Corporation ist ein Hersteller von "Embedded Industrial Computersystemen" und ein Tochterunternehmen des weltweit größten Elektronikherstellers Hon Hai Precision Industry Co., Ltd., der unter der Marke Foxconn als Produzent der Apple iPhones bekannt ist. Die Beteiligung der Foxconn Gruppe an der S&T AG einerseits und der S&T AG an der Kontron AG andererseits würden der S&T Gruppe im Zuge einer strategischen Zusammenarbeit wesentliche Synergien ermöglichen: die Foxconn Gruppe verfügt in den Bereichen Embedded Computersysteme und Datenfunk als weltweit führender Hersteller über effiziente Entwicklungs- und Produktionskapazitäten, Kontron als ehemaliger Marktführer im Embedded-Computer-Segment über eine breite Kundenbasis. Gemeinsam mit den starken Software-Engineering-Ressourcen von S&T würde man im Marktsegment "Internet-of-Things" bzw. Industrie 4.0 eine global führende Rolle einnehmen."

Nicht nur, dass S&T bei der Kontron AG einsteigen will, deren Chef Hannes Niederhauser früher einmal war, als Kontron noch erfolgreich am Markt operierte. Über einen solchen Einstieg war bereits länger spekuliert worden, nachdem Niederhäuser öffentlich verkündete, S&T wolle sein Geschäft im Bereich Embedded Compuing weiter ausbauen. Diese eingebetteten Computersysteme vernetzten andere installierte Geräte und machen damit deren Abläufe effizienter. Diese elektronischen Gehirne werden u.a. in der Energietechnik eingesetzt, in der Medizintechnik und im Maschinenbau, man findet sie in der Steuerung von Spielautomaten, Geldkartenterminals oder Bahnticketgeräten. Künftig wird S&T hier zu einem integrierten Hard- und Softwarekonzern heranwachsen, bei dem etwa die Software-Sicherheitslösungen von S&T mit der Kontron-Hardware kombiniert werden können. Die Vernetzung von Geräten ist einer der Megatrends unserer Zeit, des "Internets of Things" bzw. der "Industrie 4.0", wie diese Schlagworte so schön heißen.

Durch die angekündigten Kapitalverflechtungen sichert S&T sich einen Zugang zur günstigen Foxconn-Fertigung. Denn noch interessanter als die Kontron-Beteiligung von S&T ist der Einstieg des taiwanesischen Elektronik-Giganten Hon Hai bei S&T, zu dem auch Foxconn gehört, ein Auftragsfertiger für große Tech-Konzerne wie Samsung oder Apple. Und dessen Tochter Ennoconn steigt nun mit zunächst 10% bei S&T ein und möchte diesen Anteil auf 29,4% ausbauen.

 S&T AG (Quelle: finanzen.net) 
Wie die genauen Kapitalverflechtungen am Ende des Prozesses gestaltet sein werden und welcher Konzern am wem welchen Anteil hält, ist noch in der Schwebe. Auch, welche "Aktienpakete von Großaktionären" Foxconn noch erwerben will. Es scheint kaum vorstellbar, dass Niederhauser selbst seinen Aktienanteil von 4,95% komplett abgeben wird, aber vielleicht der umtriebige österreichische Unternehmer Erhard Grossnigg (seine Grosso Holding hält knapp 14% an S&T). Mit diesem verbindet S&T eine erfolgreiche Zeit; gerade wurde erst gemeinsam das Geschäft der Raiffeisen Informatik übernommen.

Der Aktienkurs hat zunächst verschnupft auf die Ankündigung reagiert, weil einige Aktionäre wohl den Einstieg bei Kontron, einem chronisch defizitären Unternehmen, missbilligen. Andererseits birgt die Konstellation mit Foxconn einiges an Potenzial, denn Foxconn war im Januar bereits bei der Kontron Kanada eingestiegen. Und die Taiwanesen haben einen langem Atem, wenn es ums Geschäft geht, sie setzen weniger auf schnelle Gewinne, als vielmehr auf Zukunftstechnologien und Wachstum.

Meine Einschätzung
Auch wenn noch vieles unklar ist, erscheint diese Meldung aus Sicht der S&T-Aktionäre zusätzliches Potenzial zu bieten für die weitere Entwicklung des Unternehmens. Mit Foxconn steht S&T künftig ein Partner zur Seite, der wohl eher weitere Anteile zukaufen wird und das bietet langfristig auch eine gesicherte Perspektive, sollte sich CEO und Großaktionäre Hannes Niederhauser irgendwann einmal von seinem Anteil trennen wollen. Dann stünde ggf. sogar eine Komplettübernahme der S&T durch die Taiwanesen auf der Agenda. Aber soweit will ich gar nicht vorausschauen. Dass Kontron die S&T-Zahlen zunächst einmal auf kurze Sicht und vermutlich einmalig belasten wird, sollte in Kauf genommen werden, denn entscheidend sind die Synergien und die strategischen Perspektiven, die sich aus der neuen Dreierkonstellation ergeben. Auch und gerade für langfristig orientierte Anleger bietet der Kurseinbruch bei S&T eine hervorragende Chance, sich noch einmal günstig aufzumunitionieren.

S&T befindet sich auf meiner Empfehlungsliste und in meinem Depot. Ich habe heute die Chance genutzt und zu knapp über €9 meinen Bestand nochmals aufgestockt, so dass S&T nun zu den 5 größten Werten in meinem Portfolio zählt.


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ERGÄNZUNG VOM 13.10.2016
Grossnigg wird seinen Anteil von fast 14% abtreten und Niederhauser sich verpflichtet hat, mindestens noch ein Jahr bei S&T an Bord zu bleiben - wie bisher ohne Gehalt.

Des Weiteren wurden weitere Details zu dem Deal bekannt, wie das Wirtschaftsblatt berichtet. Der Mittelzufluss aus der Kapitalerhöhung (Foxconn zeichnet 10% neue S&T-Aktien zu €10,03) wird unmittelbar für ein Investment in die deutsche Kontron AG verwendet. S&T hat hierzu mit den Finanzinvestoren Warburg Pincus und Triton Partners Verträge zum Erwerb von 29,9% der Aktien der Kontron unterzeichnet. 5,1% der Aktien werden durch die deutsche S&T-Tochtergesellschaft S&T Deutschland Holding AG ohne weitere Bedingung erworben, während weitere 24,8% unter der aufschiebenden Bedingung der kartellrechtlichen Genehmigungen gekauft wurden. Der Gesamtkaufpreis der Transaktion beläuft sich auf rund €59,9 Millionen. Der Kauf weiterer Kontron-Aktien oder die Abgabe eines Übernahmeangebots sind nicht geplant.


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ERGÄNZUNG VOM 14.10.2016
Im Zuge des Einstiegs von Ennocon bei S&T wird sich CEO Hannes Niederhauser auch von 40% seiner 4,97-Prozent Beteiligung trennen, so dass er anschließend noch gut 3% an S&T halten wird. Des Weiteren äußerte er sich zur Kontron dergestalt, dass eine Komplettübernahme von Kontron durch S&T angedacht sei, sobald Kontron wieder profitabel arbeite. (QUELLE)

Montag, 10. Oktober 2016

Aktienrückkaufprogramm für 52 Mio. Euro: Aurelius zündet den nächsten Turbo

Die Beteiligungsgesellschaft Aurelius betreibt weiterhin aktive Kurspflege zum Wohl ihrer Aktionäre. So wird regelmäßig über das jeweils aktuelle Zahlenwerk berichtet und CEO Dr. Dirk Markus gibt gerne und häufig Interviews in Finanzblättern. Doch Anlegerherzen schlagen besonders hoch, wenn das Zauberwort Aktienrückkaufprogramm fällt. Denn Aktienrückkäufe sind ein Wundermittel mit Nebenwirkungen für den Aktienkurs. Und zwar überwiegend positiven.

Nachdem das bisherige, äußerst erfolgreiche, Aktienrückkaufprogramm im Sommer ausgelaufen war und man sich auf der Hauptversammlung die Möglichkeit für eine Neuauflage hatte absegnen lassen, ließ man heute Taten folgen. Das Unternehmen gab bekannt, man werde ein weiteres Aktienrückkaufprogramm starten. Dazu sollen in der Zeit vom 17. Oktober 2016 bis zum 16. Oktober 2019 insgesamt bis zu 471.000 eigene Aktien der Gesellschaft zurückgekauft werden in einer maximalen Gesamthöhe von €26 Mio.

Daneben hat der Aufsichtsrat zugestimmt, dass der Vorstand der persönlich haftenden Gesellschafterin nach eigenem Ermessen im Zeitraum vom 17. Oktober 2016 bis zum 16. Oktober 2019 weitere Aktienrückkaufprogramme in Höhe von bis zu weiteren €26 Mio. beschließen darf. Die Rückkaufprogramme betragen somit in Summe bis zu €52 Mio.

 Aurelius (Quelle: finanzen.net) 
Nun ist es nicht das erste Mal, dass Aurelius zu diesem Mittel greift und um sich ein Bild zu machen, wie der Einfluss auf den Kurs und den Wert des Unternehmens sein kann, lohnt ein Blick auf die beiden vorherigen Aktienrückkaufprogramme. Bis zum 26. Juni 2015 hat Aurelius insgesamt 279.998 eigene Aktien zu einem Durchschnittskurs von €31,884 zurückgekauft. Und bis zum Sommer 2016 wurden weitere 210.723 Aktien zurückgekauft zu einem Durchschnittskurs von €47,045. Wenn wir dies mit dem aktuellen Aktienkurs von rund €55 vergleichen, sollten wir die beiden Dividendenausschüttungen von zusammen €4,45 nicht vergessen. Aurelius hat seine Aktien also zu deutlich unterhalb ihres Börsenpreises zurückgekauft und somit einen Mehrwert für seine Aktionäre geschaffen. Denn die Aktien wurden eingezogen, jedenfalls die aus dem 2015er ARP. Und es ist davon auszugehen, dass mit den 2016er-Aktien genauso verfahren wird.

Somit verringert sich die Anzahl der ausstehenden Aktien der erzielte Jahresüberschuss verteilt sich auf weniger Aktien (auch eigene Aktien im Bestand der Gesellschaft bleiben bei der Gewinnausschüttung unberücksichtigt). Der Gewinn je Aktie (EPS) steigt also, auch wenn der absolute Jahresüberschuss stagnieren sollte. Doch davon ist aufgrund der ausgezeichneten operativen Erfolge wohl kaum die Rede, insbesondere nachdem man gerade mit der Übernahme von Home Office Europe auf einen Schlag €2 Mrd. an Umsatz hinzugekauft hat. Die "magische Grenze" von €5 Mrd. ist somit in unmittelbarer Reichweite.

Das Aktienrückkaufprogramm wirkt sich also wie ein Turbo auf das EPS aus. Und aufgrund dieser "Nebenwirkungen" kommt diese Maßnahme bei den Aktionären in der Regel sehr gut an.

Aurelius befindet sich als einer der größten Positionen in meinem Depot und ist eine der ältesten und erfolgreichsten Werte auf meiner Empfehlungsliste. Es ist und bleibt einer der Top-Picks im Beteiligungssektor. Langfristig orientierte Anleger bleiben investiert und nutzen Kursrücksetzer konsequent zum Aufstocken ihrer Position. Die Aktienrückkäufe dürften den Kurs zusätzlich stützen und beflügeln.

Börsenweisheit der Woche 41/2016

"Bankgeschäfte sind notwendig, Banken sind es nicht."
(Bill Gates)

Freitag, 7. Oktober 2016

Blue Cap und der große Wurf - steht eine Neubewertung an?

Die Beteiligungsgesellschaft Blue Cap investiert überwiegend in süddeutsche mittelständische Nischenunternehmen und konzentriert sich dabei auf operativ tätige technologiegetriebene Gesellschaften mit bestehendem profitablem Kerngeschäft, die sich in Umbruch- oder Sondersituationen befinden. Im Klartext investiert man in sanierungsbedürftige oder insolvente Unternehmen, Konzernausgliederungen und in Gesellschaften mit ungelöster Unternehmensnachfolge. Insbesondere bei Sanierungsfällen sieht man noch günstige Einkaufsmöglichkeiten, weil bei operativ erfolgreichen Unternehmen die Preise inzwischen zu oft zu hoch seien. Den dann erforderlichen Mehraufwand, um das Ruder in diesen Betrieben herumreißen zu können, nimmt Blue Cap dabei bewusst in Kauf, liegen hierin ja auch besondere Chancen.

Branchenschwerpunkte setzt Blue Cap bei seinen Übernahmen in den Bereichen Produktionstechnik, Klebstoff und Medizintechnik und die Tochterunternehmen werden eigenständig und unternehmerisch geführt. Das Portfolio enthält die INHECO Industrial Heating and Cooling GmbH (Laborzulieferer), WISAP Medical Technology (Medizintechnik), Planatol Wetzel / Planatol System (Klebstoffe), Biolink (Klebstoffe), Gämmerler (Maschinenbau), SMB David (Maschinenbau), em-tec (Medizintechnik) und Nokra (Spezialmaschinenbau). Neu im Portfolio sind die Gold- und Silberscheideanstalt Carl Schaefer aus Pforzheim sowie das operative Geschäft der Neschen AG samt deren operativ tätigen Filmolux-Tochtergesellschaften.

Dabei wurden die beiden Zukäufe em-tec und Nokra aus Sondersituationen heraus gekauft und bieten einiges an Potenzial, wenn die sich abzeichnende Umstrukturierung nachhaltig Erfolge zeigen sollte. Insbesondere bei em-tec dürften sich die beiden Kooperationen mit Satorius Stedim, die auf die Vermarktung der em-Tec Produkte im Bereich des Biotech-Sektors abzielen und mit Medistim positiv auswirken. Medistim ist ein junges skandinavisches Unternehmen und vermarktet weltweit Herz-Lungen Maschinen und Geräte für die Gefäßchirurgie. Und in den neuen Generationen dieser Geräte werden die Blut-Messsysteme von em-tec integriert.

Anfang diesen Jahres übernahm Blue Cap die Gold- und Silberscheideanstalt Carl Schaefer, die man mit deutlich weniger Umsatz, aber profitabel neu aufstellen will; evtl. auch mit Produkten für den Kapitalmarkt. Vor der Insolvenz bracht es Schäfer schon mal auf rund €400 Mio. Jahresumsatz, für 2016 sind erst einmal Erlöse zwischen €15 Mio. und €20 Mio. angepeilt und eine Bruttomarge von 10%.

 Blue Cap AG (Quelle: finanzen.net) 
Verhaltene Halbjahreszahlen verschleiern (noch) das Potenzial
Blue Cap hat im ersten Halbjahr 2016 den Konzernumsatz gegenüber dem Vorjahr um 7,2% gesteigert bei Umsatzerlöse von €42,9 Mio. und somit €2,9 Mio. mehr als im Vorjahreszeitraum (€40,0 Mio.). Das Konzernergebnis vor Steuern konnte von €1,5 Mio. auf €1,9 Mio. erhöht werden, das EBITDA betrug im ersten Halbjahr 2016 €3,5 Mio. (€3,0. Mio.), das EBIT €2,4 Mio. (€1,8 Mio.). Die Ergebnissteigerung im ersten Halbjahr 2016 konnte erzielt werden, da eine Reihe von Reorganisationsmaßnahmen erfolgreich abgeschlossen wurde und sich die Profitabilität in den Beteiligungsgesellschaften, insbesondere in den Sparten Klebstofftechnik und Medizintechnik, verbessert hat. Die Erhöhung der Ertragskraft ist gelungen, obwohl Restrukturierungsaufwendungen bei der jüngst erworbenen Beteiligung Carl Schaefer und Entwicklungsaufwendungen bei der WISAP GmbH angefallen sind. Bei einer Bilanzsumme von €66,0 Mio. (€63,7 Mio.) beläuft sich das Eigenkapital auf €21,0 Mio. (€19,8 Mio.) und hat damit einen Anteil von 31,9% am Gesamtkapital. Die Investitionen betrugen im ersten Halbjahr 2016 €3,7 Mio. und Blue Cap verfügt zum 30. Juni 2016 über Liquiditätsreserven in Höhe von insgesamt €17,3 Mio, auch Dank der Aufnahme eines Schuldscheindarlehens. "Damit sind wir auch für weitere Akquisitionen gut vorbereitet", meint CEO Schubert. Hier sei man in Gesprächen, aber es sei nichts Konkretes in Aussicht.

Neschen-Deal ist der nächste Wachstumstreiber
Besonderer Clou ist aber die Übernahme der Vermögensgegenstände der Neschen AG sowie deren operativ tätigen Filmolux-Tochtergesellschaften aus der Insolvenz heraus.

In einem Interview mit Börsen Radio Network gab Blue Cap-CEO Hannspeter Schubert einige Einblick in den Deal und die Beweggründe, beim Folienbeschichter Neschen zuzuschlagen. Danach lief es bei Neschen operativ rund, die Insolvenz entstand aus einer Überschuldungssituation, weil ein im Zuge der Finanzkrise von einer regionalen Bank an einen Finanzinvestor weiterverkaufter Kredit fällig gestellt wurde. Was daran lag, dass der Finanzinvestor eigentlich Neschen komplett übernehmen wollte, was die HV aber nicht absegnete. Daraufhin forderte der Finanzinvestor sein Geld zurück, was die Neschen AG nicht begleichen konnte.

„Mit der Akquisition von Neschen ist es uns gelungen, den Klebstoffbereich in unserer Gruppe weiter auszubauen. Neben den positiven Effekten zu unseren bestehenden Unternehmen können wir uns damit in neuen und wachstumsrelevanten Geschäftsfeldern der Klebstoffverarbeitung platzieren“, sagte CEO-Schubert. Dabei dürfte helfen, dass die Neschen bereits seit mehreren Jahren mit den beiden Blue Cap-Töchtern Planatol und Biolink zusammenarbeitet und man sich daher bestens kennt.

Bei Vorlage der Halbjahreszahlen bestätigte Schubert die Planungen, wonach im Jahr 2016 ein Umsatz der Gruppe von €100 Mio. erreicht werden soll - ohne Einbeziehung der Neschen-Akquisition. Die kommt dann noch on Top und wird in 2017 weitere rund €50 Mio. zum Umsatz beisteuern.

Optisch hohe Verschuldung vs. hohe stille Reserven
Das Geschäftsmodell von Blue Cap ist nicht ganz risikolos, aber wenn die Neupositionierung der günstig erworbenen Töchter gelingt, winken hohe Gewinne, denn Blue Cap bilanziert, wie Bavaria Industries auch, strikt nach HGB. Und das bedeutet, dass die neu erworbenen Unternehmen zumeist mit ihrem geringen Anschaffungspreis in den Büchern stehen und sich bei ihrer unternehmerischen Gesundung so hohe stille Reserven in der Blue Cap-Bilanz aufbauen. Dabei ist auch zu beachten, dass Blue Cap jeweils den Grundbesitz und die Immobilien seiner Tochtergesellschaften mit erwirbt. So stehen der ggü. der Börsenkapitalisierung von €32,5 Mio. optisch hohen Verschuldung von rund €35 Mio. eigene Immobilien gegenüber, die Blue Cap auf einen aktuellen Marktwert von €30 Mio. bis €35 Mio. beziffert. In der Bilanz dürften diese mit etwa €20 Mio. ausgewiesen werden; vor den beiden letzten Zukäufen waren es noch gut €17 Mio. Der Verschuldungsgrad ist also kein Grund für schlaflose Nächte.

Erste Dividendenzahlung schon für 2016?
Des Weiteren nährt Hannspeter Schubert Spekulationen, wonach Blue Cap bereits für das Geschäftsjahr 2016 eine erste Dividende ausschütten könnte, also nach der Hauptversammlung im Jahr 2017. Damit könnte Blue Cap auch für eine andere Zielgruppe als Investment interessant werden, nämlich die "Einkommensinvestoren", die auf regelmäßige Einkommensströme aus Dividenden aus sind. Aber vordringlich sollte weiterhin sein, die liquiden Mittel der Gesellschaft für für lukrative Zukäufe und die operative Gesundung der Tochterunternehmen aufzuwenden.

Meine Einschätzung
Ich habe das Unternehmen auf meine Empfehlungsliste genommen, als ich Ende letzten Jahres erstmals in Blue Cap investierte, und ich habe im Sommer in den weiteren Kursverfall Richtung €5 meine Position weiter aufgestockt. Seit der ersten Ankündigung des Neschen-Deals habe ich Blue Cap dann zu einer der größten Positionen in meinem Depot ausgebaut, weil ich glaube, dass die Substanz der Beteiligungen bisher noch gar nicht richtig wahrgenommen wird und sich diese in den nächsten Geschäftsberichten deutlich abzeichnen dürfte.

»Geduld ist die oberste Tugend des Investors.«
(Benjamin Graham)

Die Aktie stellt auf ihrem Weg zu zweistelligen Kursen für geduldige und risikobewusste Anleger eine interessante Investitionsmöglichkeit dar; allerdings ist die Aktie recht markteng, trotz eines Streubesitzanteils von rund 55%. Bei überschaubaren Risiken winken großen Chancen - wenn man die nötige Zeit mitbringt, sich die Dinge entwickeln zu lassen.

Donnerstag, 6. Oktober 2016

Buffett hat ausgekaut: Mars übernimmt Wrigley komplett

2008 hatte der Süßwarengigant Mars den Kaugummihersteller Wrigley schlucken wollen, war aber auf potente Schützenhilfe angewiesen, um den 23 Milliarden-Dollar-Deal stemmen zu können. Und die erhielt Mars von Warren Buffett, der auf diese Weise zu 19,4% der Aktien von Wrigley kam. Mars hatte von Anfang an eine Komplettübernahme im Sinn und kauft Buffetts Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway nun aus.

Nach der Komplettübernahme soll das Kaugummi- und das Schokoriegelgeschäft in der neuen Firma "Mars Wrigley Confectionary" mit Sitz in Chicago gebündelt werden.

Buffett hielt "Preferred Stocks", also Vorzugsaktien von Wirgley, die ihm eine jährliche 5-prozentige Dividendenzahlung garantierten. Nach der ursprünglichen Vereinbarung hatte Mars das Recht, ab heute, dem 6. Oktober 2016, die Hälfte dieser Vorzugsaktien zurückzukaufen und die andere Hälfte im Jahr 2021. Mars gab bekannt, dass man den Rückkauf "beschleunigt" habe, um schneller an den gesamten ausstehenden Aktienbesitz von Berkshire zu bekommen. Und das dürfte eine nette Prämie für Buffetts Aktienpaket bedeuten...

Berkshire Hathaway befindet sich auf meiner Empfehlungsliste. und auch dank dieser Transaktion steigt Buffetts Cash-Bestand von bisher rund $70 Mrd. weiter an.

Montag, 3. Oktober 2016

Deutsche Rohstoff AG: Ein Ölpreis zwischen 40 und 50 Dollar in 2017 wäre ideal

Vor einigen Tagen schrieb ich bzgl. der Einigung der OPEC auf Förderobergrenzen und des Bohrprogramm der Deutschen Rohstoff AG, das im vierten Quartal nun richtig ins Laufen kommt und Erträge abwirft, der Startschuss für die Rallye sei gefallen. Ich habe jetzt mal wieder einfach gedacht und überlegt, welche Ölpreisentwicklung im nächsten Jahr am besten für die Deutsche Rohstoff AG wäre. Und damit für langfristig engagierte Anleger.

Ideales Szenario: Ölpreis zwischen $40 und $50 in 2017
Es gibt ja zwei Betrachtungsweisen, die auf den Aktienkurs und die auf das Unternehmen, das operative Geschäft. Das ideale 2017er Szenario für das Unternehmen (was nicht gleichbedeutend mit dem Aktienkurs ist!) wäre ein Ölpreis zwischen $40 und $50 je Barrel (WTI). Warum? Weil man so schon nette Gewinne einfährt und damit weitere Bohrungen veranlassen kann, die sich rechnen. Denn die DRAG produziert ja zu Kosten von annähernd $30.

Beim Verkauf ihrer US-ÖL-und Gas-Tochter Tekton Energy Anfang 2014 für $220 Mio. waren knapp $38 Mio. an Steuern angefallen, die man bei neuen Investitionen in Exploration in den USA anteilig zurückerstattet bekommen kann, überwiegend wohl für Personalkosten. Laut Auskunft der DRAG fließen alleine in diesem Jahr bereits $3,9 Mio. zurück und in 2016 wird aufgrund des deutlich ausgeweiteten Bohrprogramms noch sehr viel mehr erstattet werden.

Da die Steuererstattungen sich wohl hauptsächlich auf Personalkosten beziehen, sind während der Bohrphase also niedrige Personalkosten für die DRAG von Vorteil. Je weniger sie je Bohrung für Personal ausgeben muss, desto mehr Bohrungen kann sie platzieren - und die Steuererstattungen verteilen sich auf mehr Bohrungen. Aber auch die anderen Kosten für Equipment, ggf. neue Grundstücke und/oder Bohrrechte usw. bleiben bei Ölpreisen unterhalb von $50 günstig und damit ebenso die Kostenbasis für die DRAG.

Der Aktienkurs wird bei Ölpreisen zwischen $40 und $50 im Jahr 2017 natürlich nicht so stark anspringen, als wenn der Ölpreis höher stünde, denn in den Unternehmenszahlen wird sich ja nun zunehmend der Erlös aus den Öl- und Gasverkäufen niederschlagen und je höher der Verkaufspreis ist, desto höher sind die Gewinne. Und umso größer wird das Leuchten in den Augen kurzfristig orientierter Spekulanten - mir ist es lieber, dass die DRAG zunächst kostengünstig ihr Bohrprogramm durchziehen kann, als dass der Aktienkurs schnell anspringt.

 Deutsche Rohstoff AG (Quelle: finanzen.net) 
Steigende Ölpreise bitte erst ab 2018
Aber... wenn die DRAG den größten Teil ihres Bohrprogramms in 2017 erfolgreich erledigt hat, dann darf der Ölpreis gerne mit dem Steigen anfangen. Aber bitte erst dann! Denn dann sind die Kosten für die DRAG Geschichte und es fallen neben den Abschreibungen nur noch die laufenden Betriebskosten an (Chemikalien, Wasser, Sand, Wartung, Vertrieb, Transport etc). Diese würden mit steigenden Ölpreisen und damit wieder verstärkt auftretender Konkurrenz durch andere Explorationsfirmen zwar auch steigen, aber die anderen müssten auch bereits höhere Preise für Rechte, Grundstücke, Personal usw. zahlen.

Sollte dieses Ölpreis-Szenario so eintreten, 2017 relativ konstant und ab 2018 steigend, wäre das also ideal für die operative Entwicklung der DRAG und damit auch für einen lang anhaltenden Kursanstieg, denn die Unternehmenszahlen würden dann die zunehmenden Erlöse bei gleichbleibender Kostenbasis zeigen, Quartal für Quartal - der Stoff aus dem Investorenträume gemacht sind. Die kurzfristige Spekulation würde natürlich viel stärker durch eine Preisexplosion beim Öl Zunder kriegen, aber mir als Langfristinvestor ist "mein" Idealszenario lieber. Dann kann ich nämlich lange von den Erfolgen der DRAG profitieren und an ihrem Wertzuwachs teilhaben.

Ein paar weitergehende Gedankenspiele
Ach so, dass die DRAG vor einigen Wochen Teile ihrer höher verzinslichen Anleihe in eine deutlich niedriger verzinste Anleihe umfinanziert hat (5,625% anstelle von bisher 8%), wird ab 2017 das Finanzergebnis natürlich zusätzlich verbessern. Und sollte mein erwartetes Szenario eintreffen mit steigenden Ölpreisen ab 2018 (ohne die nicht mehr vorhandene Kostenbelastung aus dem dann abgeschlossenen Bohrprogramm), könnte die alte Anleihe mit einem ausstehenden nominalen Restvolumen von €15,8 Mio. ggf. sogar ohne neue Schulden bzw. Anleihe ganz abgelöst werden. Einfach so aus dem Cashflow.

Bei Ölpreisen oberhalb von $80 und einem abgeschlossenen Bohrprogramm mit vollständig laufender Produktion wäre auch wieder ein Verkauf der beiden US-Töchter Cub Creek Energy und Elster Oil and Gas eine Option. Wie 2014 bei der Tekton Energy, womit man ja seinerzeit einen Riesengewinn eingefahren hat. Aber über derartige Optionen sinnieren wir, wenn die Zeit reif dafür ist...

Die DRAG befindet sich auf meiner Empfehlungsliste und in meinem Depot und ich habe immer mal wieder Zukäufe getätigt, da sie für mich ein ganz heißester Anwärter für die Jahresendrallye ist und auch im nächsten Jahr für kräftig sprudelnde Umsätze und Gewinne sorgen dürfte. Und damit für Freude bei den Aktionären.

Börsenweisheit der Woche 40/2016

"Gold wird aus dem Boden geholt - in Afrika oder irgendwo sonst. Dann schmelzen wir es ein, graben ein neues Loch, vergraben es wieder und bezahlen Leute, um dieses Loch zu bewachen. Es ergibt keinen Sinn. Jeder, der uns vom Mars aus beobachten würde, würde nur den Kopf schütteln."
(Warren Buffett)

Sonntag, 2. Oktober 2016

Und was macht Warren Buffett mit seinen Wells Fargo-Aktien?

Ich hab mal einfach gedacht, was Warren Buffett wohl mit seinen Wells Fargo-Aktien anstellen wird angesichts des aktuellen Skandals. Denn Warren Buffett liebt Wells Fargo, jedenfalls war das bisher so. Die amerikanische Großbank, die kein bwz. kaum Investment-Banking betreibt, sondern sich auf das klassische Bankgeschäft konzentriert, war lange Zeit die größte Beteiligung in Berkshire Hathaways Aktien-Portfolio, bevor sie durch The Kraft Heinz. Co abgelöst wurde, als Buffett Heinz Ketchup und Kraft Foods fusionierte. Ende des zweiten Quartals 2016 hielt Buffett rund 480 Mio. Aktien von Wells Fargo in einem Gesamtwert von $22,7 Mrd. und das machte immerhin 17,5% an Buffetts Gesamtportfolio aus.

Seitdem ist der Aktienkurs von Wells Fargo stark eingebrochen, weil man in einen Skandal verwickelt ist. Dabei geht es um das Provisionssystem und dessen Anreize, das Mitarbeiter genutzt haben, um mehr als 2 Mio. gefälschte gebührenpflichtige Konten im Namen von (unwissenden) Kunden zu eröffnen, woraufhin sie ihre von der Bank gesteckten Ziele erreichten bzw. übererfüllten und fette Prämien einsackten. 5.000 Mitarbeiter haben daraufhin bisher ihren Job verloren. Das eigentliche Problem für Wells Fargo liegt neben der öffentlichen Schmach, der Strafe von 185 Mio., die man aufgebrummt bekam, und dem massiven Image- und Vertrauensverlust darin, dass das einst hoch gelobte Anreizsystem von Wells Fargo wohl nicht (länger) funktioniert. Und dass die Kontrollsysteme der Bank versagt haben und einer Erneuerung bedürfen. Darüber hinaus fürchten manche wohl den "Deutsche Bank-Effekt", dass also nach einem ersten Skandal und dem notwendigen genaueren Hinsehen immer wieder neue, bisher unter Verschluss gehaltene, Skandale  und Skandälchen aufpoppen. Nun, Banker haben kein hohes Ansehen mehr, vorsichtig ausgedrückt, und sie haben es spätestens seit der Finanzkrise auch zurecht.

Der Blick richtet sich auf Warren Buffett
Als vor vielen Jahren die US-Investmentbank Salomon Bros. in Schieflage kam, kam ihr Warren Buffett zu Hilfe, weil er vom Management und der Bank überzeugt war. 1991 musste er deshalb vor einem Kongressausschuss aussagen und äußerte sich dahingehend, dass er gnadenlos durchgreifen werde, sollten Mitarbeiter den Ruf ihres Arbeitgebers auf Spiel gesetzt haben. Später sagte er einmal, das sei mit die schwerste Zeit seines Lebens gewesen, weil er starken öffentlichen Anfeindungen ausgesetzt war und sich die beteiligten Banker als weit weniger ehren- und vertrauensvoll erwiesen, als Buffett gedacht hatte. Und Buffett legt extrem großen Wert auf Seriosität bei den Managern der Unternehmen, in die er investiert.

»Man braucht 20 Jahre, um sich einen guten Ruf aufzubauen, und nur 5 Minuten, um ihn zu verlieren. Wer das beherzigt, handelt bewusster.«
(Warren Buffett)

Als größter Aktionär von Wells Fargo kommt ihn in der aktuellen Phase wieder eine entscheidende Rolle zu und auf die Frage, was er von alledem halte, äußerte sich Buffett zurückhaltend. Er habe ein Telefonat mit dem Vorstandsvorsitzenden von Wells Fargo, John Stumpf, geführt und ihm gesagt, dass das Problem größer sei, als Stumpf annehme. Stumpf habe ihm zugestimmt, das Thema zunächst unterschätzt zu haben. Buffett wird sich darüber hinaus öffentlich aber erst im November äußern, wenn Berkshire Hathaway seinen quartalsweisen Depotbericht offenlegen wird (sog. 13-F-Formular). Das hindert uns natürlich nicht daran, unsere eigenen Überlegungen anzustellen und was Buffett wohl tun wird und vielleicht schon tut.

 Wells Fargo Co. (Quelle: finanzen.net) 
Und was tut Buffet nun?
Verglichen mit dem Stand vom 30. Juni hat Buffetts Aktienposition mehr als $1,5 Mrd. eingebüßt. Doch das interessiert den Börsenaltmeister nicht, das ist nicht auf seinem Investment-Radar. Er schaut auf ganz andere Dinge.

Klar ist jedenfalls, dass er als größter Aktionär mit einem Anteilsbesitz vom rund 10% nicht einfach seine Aktien auf den Markt werfen kann, dann würde der Aktienkurs ins Bodenlose abstürzen. Der Aktienkurs hat seit Bekanntwerden des Skandals von $51 auf $44 nachgegeben, also fast 15%. Das spricht nicht für massive Verkäufe von Buffett. Im Gegenteil, ich vermute, dass Buffett seinen Bestand an Wells Fargo aufstockt.

Kauft Buffett zu?
Er hat ein Gespräch mit dem CEO geführt und sich dabei wohl der Glaubwürdigkeit und Aufrichtigkeit des Managements versichert. Das ist ihm sehr wichtig. Und er wird sich erst in einigen Wochen äußern, wenn ohnehin jeder sieht, was Buffett in Bezug aus Wells Fargo unternommen hat. Das deutet alleine weder auf Zukäufe noch Verkäufe hin, doch Buffett handelt nach klaren Prinzipien und hier dürften eine ganz entscheidende Grundregel seiner Investment-Philosophie greifen.

Warren Buffet wurde einmal gefragt, welche Aktie er wählen würde, könnte er in seinem ganzen Leben nur eine einzige kaufen. Und seine Antwort war: Wells Fargo. Aktien dieser Bank hat er erstmals gekauft, als sie vor langer Zeit bereits einmal durch trübe Wasser schlingerte und er hat seitdem seine Position immer weiter aufgestockt. Und ich denke, er wird dies auch heute tun. Denn eine von Buffets goldenen Investmentregeln lautet: "Große Anlagemöglichkeiten kommen immer dann, wenn hervorragende Unternehmen vorübergehend in schwieriges Fahrwasser geraten und deshalb unterbewertet werden". Für Buffett ist und bleibt Wells Fargo ein hervorragendes Unternehmen, seine Rentabilität sucht ihresgleichen und ihr Verhalten vor, während und nach der Finanzkrise ist vorbildlich, auch wenn sie insbesondere dank der Übernahme von Wachovia auch Negativschlagzeilen produzierte. Was allerdings mit dem negativen Gebahren anderer US-Bankinstitute kaum mithalten kann.

Meine Einschätzung
Ich bin überzeugt davon, dass Buffett Wells Fargo die Treue halten wird. Und dass er aktuell auf der Käuferseite zu finden ist und sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen wird. Immerhin sitzt er aktuell auf rund $70 Mrd. an Liquidität, die er investieren kann und will. Dass ihm dieser Skandals die Möglichkeit bietet, seine Lieblingsaktie statt zum 2014er Höchstkurs von $58 zu $44 zu kaufen, also fast 25% niedriger, dürfte sein Herz höher schlagen lassen. Und wir können sicher sein, dass Buffett dafür Sorge tragen wird, dass die Bank den Skandal offensiv aufarbeiten und abstellen wird und dass sie wieder zu der seriösen Bankinstitution wird, als die sie bekannt war. Für Buffett ist Wells Fargo ein hervorragendes Unternehmen, das vorübergehend in schwieriges Fahrwasser geraten ist. Und das ist für ihn immer ein Kaufgrund. Und Anleger sind selten schlecht damit gefahren, wenn sie auf Buffets Rat hörten...

Berkshire Hathway befindet sich auf meiner Empfehlungsliste und ist dort die älteste meiner Empfehlungen. Zu Zeit sehe ich sie als Halteposition, da mir die große Abhängigkeit vom Finanzsektor, vor allem von der Versicherungsbranche, nicht behagt. Hier hat Buffet schon gegengesteuert und einen Teil seiner Versicherungsaktivitäten verkauft; und die letzten Zukäufe fanden allesamt im industriellen Sektor statt und damit wird Berkshire Hathaway (wieder) breiter aufgestellt, was ich sehr befürworte.


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ERGÄNZUNG VOM 13.10.2016
Kurz vor Bekanntgabe der Quartalszahlen ist John Stumpf zurückgetreten, CEO und Chairman von Wells Fargo. Neuer CEO wird der für das operative Geschäft Verantwortliche Tim Sloan.


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ERGÄNZUNG VOM 11.11.2016
Seit heute ist klar, dass Buffett keine einzige Aktie von Wells Fargo verkauft hat, wie er CNBC im Interview verriet.