Seit der großen Finanzkrise 2008/2009 leiden nicht nur die europäischen Banken, sondern mindestens genauso darbend präsentiert sich der Bereich Schifffahrt und Seehandel. Dabei gehen beide Problemzonen Hand in Hand, denn insbesondere die norddeutschen Landesbanken, aber auch die Commerzbank, waren und sind ganz stark exponiert im Bereich der Schiffsfinanzierungen. Der hohe Wettbewerbsdruck durch Überkapazitäten und dadurch sinkende Frachtraten hat zu vielen Ausfällen von Schiffsfinanzierungen geführt mit entsprechenden Belastungen für die Bilanzen der Banken und die Darlehen bzw. Investments der Anleger, die z.B. in steueroptimierte Schiffsfonds investiert hatten.
Und nun muss die weltweit siebtgrößte Reederei, die südkoreanische Hanjin Shipping, die Segel streichen und Insolvenzverwaltung beantragen. Sie verfügt über eine Flotte von 141 Schiffe, darunter alleine 90 Container-Schiffe, und erreicht nach Bloombergangaben einen Weltmarktanteil von 2,9%. Ein Gericht entscheidet nun, ob gleich die Abwicklung erfolgt, oder ob Hanjin Shipping noch eine Chance zur Restrukturierung bekommt. Das gilt auch für die Tochterfirmen der Gruppe, zu der etwa die südkoreanische Fluggesellschaft Korean Air gehört.
Erst vor wenigen Tagen hatten die Gläubiger des Unternehmens eine Kreditlinie gekündigt, nachdem selbst eine Finanzspritze von mehr als 1 Billion Won (€804 Mio.) Hanjin Shipping nicht über Wasser halten konnte. Insgesamt hat das Unternehmen inzwischen einen Schuldenberg von €4,5 Mrd. angehäuft, den man nicht mehr bedienen kann.
Mit weitreichenden Konsequenzen, denn da nunmehr auch keine Hafengebühren mehr entrichtet werden können, sperren die Häfen weltweit ihre Tore für Hanjin-Schiffe. Was auch für die an Bord befindliche Ware zu einem Problem wird und damit für die Kunden der Reederei, deren Produkte nicht mehr oder zumindest nicht mehr rechtzeitig ausgeliefert werden. Die Kunden werden sich also ganz schnell andere Logistik-Partner suchen und ihre Waren über andere Reedereien verschiffen. Eine Restrukturierung von Hanjin dürfte damit kaum mehr möglich sein, denn eine Rückkehr der Kunden nach erfolgtem Wechsel zur Konkurrenz ist eher unwahrscheinlich.
Umso wahrscheinlicher ist daher die Option, dass der Mitbewerber Hyundai Merchant Marine wichtige Vermögenswerte von Hanjin übernehmen wird, darunter Schiffe und das Verkaufsnetz im Ausland.
Für Wettbewerber, wie AP Moeller-Maersk oder Hapag-Lloyd sind dies durchaus positive Nachrichten, denn sie dürften von der Pleite profitieren und zusätzliche Aufträge abgreifen. Und auch für die Schiffsfinanzierer könnte sich ein Silberstreif am Horizont auftun, denn die weniger rentablen und älteren Kähne von Hanjin dürften abgewrackt werden und somit für geringere Frachtkapazitäten auf den Weltmeeren sorgen.
Und das führt mich zu meinen Investments... Denn die Ernst Russ AG hat eigene Schiffe und einen eigenen Reederei-Betrieb, Lloyds Fonds und MPC Capital haben Fonds aufgelegt, die in Schiffe investiert haben, und wo sie an den Gebühren für die Verwaltung dieser Fonds verdienen. Sie alle dürften mittel- und langfristig zumindest indirekt von der Hanjin-Pleite profitieren, denn sie alle haben einen Vorteil davon, wenn nun Überkapazitäten abgebaut werden und die Frachtraten wieder steigen. Weniger Margendruck sollte zu steigenden Gewinne führen und das ist Wasser auf Anlegers Mühlen.
Ernst Russ, Lloyd Fonds und MPC Capital befinden sich als aussichtsreiche Turnaround-Spekulationen auf meiner Emfehlungsliste und in meinem Depot.
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ERGÄNZUNG VOM 13.09.2016
Das Manager Magazin berichtet, dass aufgrund der Pleite von Hanjin Shipping die Frachtraten weltweit kräftig anziehen würden. Aus Daten der Schifffahrtsbörse in Shanghai gehe hervor, dass sich die Frachtraten zwischen Asien und Nordeuropa allein in der ersten Woche nach dem Konkurs um fast 40 Prozent, auf dem Pazifik im Frachtverkehr zwischen Asien und den USA sogar um mehr als 50 Prozent erhöht hätten.
Es bleibe allerdings abzuwarten, wie nachhaltig dieser Anstieg sei, denn einerseits sei ein Teil der 90 Container-Schiffe von Hanjin Shipping mit geladenen 500.000 Standardcontainern Eigentum von Charterreederein, die ihre Schiffe bei einer Hanjin-Pleite zurückerhielten, so dass diese dann wieder auf dem Weltmarkt zur Verfügung stünden. Und auch die eigenen Hanjin-Schiffe (etwa 60) würden bei einem Konkurs verkauft werden und so ggf. wieder die Kapazitäten erhöhen. Wann dies der Fall sein wird, und ob nicht eher ein erheblicher Anteil der Schiffe abgewrackt würde, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall freuen sich Reedereien weltweit über die unerwarteten zusätzlichen Einnahmen, die ihnen die gestiegenen Charterraten einspielen.
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ERGÄNZUNG VOM 14.09.2016
Nach Informationen des Manager Magazins wird Hanjin Shipping keine Hilfen von Seiten des Südkoreanischen Staates erhalten, weil man dort erkannt habe, dass der Markt seit langem unter Überkapazitäten leide und dringend einer Bereinigung bedürfe. Folgerichtig habe nun der Notverkauf der ersten Hanjin-Schiffe begonnen, die in etwa zu Buchwerten über den Tisch gingen. Experten erwarten indes, dass die siebtgrößte Reederei der Welt am Ende allenfalls als lokaler Player diese Krise überleben wird.
Ich habe ende August Ernst Russ Aktien EK 1,45 Euro gekauft.
AntwortenLöschendurch die Pleite von HCI MS JPO Tucana ist der Kurs jetzt ganz schön abgesackt.
Sollte man jetzt nachkaufen oder lieber erstmal abwarten?
Ob es an dieser Meldung lag, oder weil der Kurs zuvor ziemlich stark angestiegen war und es Gewinnmitnahmen gab, kann ich nicht sagen. Ich halte Ernst Russ auf diesem Niveau jedenfalls weiterhin für einen interessanten Turnaroundwert. Aber man muss Geduld haben, die Erfolge werden sich in den Geschäftszahlen niederschlagen und damit einhergehend wird sich der Aktienkurs entwickeln.
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