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Buy & Hold: Geh den Warren Buffett Weg
Warren Buffett liebt und lebt das Prinzip des Buy & Hold, des Kaufens und Behaltens. Seine bevorzugte Anlagedauer sei für immer, hat er öffentlich verkündet. Und wenn man sich die größten Positionen in dem Portfolio seiner Investmentholding Berkshire Hathaway ansieht, so sind sie teilweise seit Jahren und Jahrzehnten unverändert: Wells Fargo, American Express, Coca Cola. Auch seine im lukrativen Duracell-Deal eingetauschten Procter & Gamble-Aktien hielt er weit mehr als 10 Jahre - sie resultierten aus seinem Einstieg bei Gillette, die dann von P&G übernommen wurden.
Seine Einstellung zum langfristigen Investieren legt Buffett auch immer wieder in seinen Jahresberichten dar, die er den Berkshire-Aktionären und Anlegern weltweit zur Verfügung stellt. Zwei besonders bemerkenswerte Passagen aus Jahresberichten von Mitte der 1990er Jahre möchte ich heute mal aufgreifen und in Erinnerung rufen.
"Inaktivität erscheint uns als intelligentes Verhalten. Weder wir noch die meisten Business-Manager würden hoch profitable Tochtergesellschaften fieberhaft handeln, nur weil ein kleiner Schritt beim Zinssatz durch die Federal Reserve vorhergesagt wurde, oder weil irgendein Wall-Street-Experte seine Ansichten zum Markt geändert hätte. Warum also sollten wir uns anders verhalten bei unseren Minderheitsbeteiligungen an wunderbaren Unternehmen?"
Diese Sicht auf die Börse sollte sich jeder Anleger noch einmal vergegenwärtigen. Nur weil man Aktien jederzeit handeln kann, heißt das nicht, dass man das auch tun muss oder soll. Man sollte sich darauf besinnen, dass man sich an einem Unternehmen beteiligt, eine Partnerschaft mit den anderen Eigentümern eingeht, nicht bloß ein Lotterielos namens Aktie für ein Casino namens Börse kauft. Als würde man in eine GmbH einsteigen, dort Anteile erwerben. Die kann man nicht tagesaktuell kaufen oder verkaufen.
"Die Kunst der erfolgreichen Investitionen in öffentliche Unternehmen ist kaum unterschiedlich zu der Kunst des erfolgreichen Erwerbs von Tochtergesellschaften. In beiden Fällen möchte man einfach zu einem vernünftigen Preis ein Unternehmen in ausgezeichneter wirtschaftlicher Verfassung und einem ehrlichen Management erwerben. Danach muss man nur überwachen, ob diese Eigenschaften beibehalten werden."
Solange sich also die Rahmendaten für das Unternehmen nicht fundamental verändern und eine Neueinschätzung des Investments nötig machen, solange verändert Buffet auch seine Haltung gegenüber dieser Position nicht. Seiner Auffassung nach ist dafür das Management zuständig. Das soll das Unternehmen immer wieder an neue gesetzliche Regelungen und wirtschaftliche Herausforderungen anpassen und neu aufstellen. Das ist nicht die Aufgabe eines Aktionärs. Hier unterscheidet Buffett rigoros und deshalb ist ihm ein erfahrenes, kompetentes und ehrliches Management auch so wichtig.
Buffetts Qualitätskriterien
Er investiert daher in Unternehmen mit einem hervorragenden Business, das gegenüber seinen Konkurrenten unbezwingbare Wettbewerbsvorteile und damit eine Preissetzungsmacht hat. Beim Quality Investing wird neben der eigentlichen Bewertung anhand der Kennzahlen, wie Kurs-Gewinn-Verhältnis, Kurs-Buchwert-Verhältnis, Verschuldungsgrad, Eigenkapitalrendite oder Cashflow-Betrachtungen besonders auf die Stellung des Unternehmens im Markt geachtet, also ob es über einen Wettbewerbsvorteil gegenüber seinen Mitbewerbern verfügt ("Moat"). Und wenn diese Voraussetzungen vorliegen, dann fällt es einem Investor auch wesentlich leichter, sich zurückzulehnen und dem Management die Zügel zu überlassen, sich in Geduld zu üben, während sich das Unternehmen entwickelt. Und mit ihm der Aktienkurs. Wie uns schon Benjamin Graham, der Urvater der Fundamentalanalyse und Lehrer sowie Mentor Warren Buffetts lehrte: "Geduld ist die oberste Tugend des Investors".
In diesem Sinne wünsche ich uns allen mehr Geduld bei unseren Investments und mehr Gelassenheit beim Umgang mit dem täglichen "Blätterrauschen" der Börsenblättchen, Newsletter und Hot-Stock-Empfehlungen.
Hallo Herr Kissig,
AntwortenLöschendie Aktie ist eine langfristige Unternehmensbeteiligung und kein Zocker-Spielzeug,
alle reichen Leute haben so ihr Vermögen geschaffen; Bill Gates mit Microsoft-Aktien,
die Familie Quandt mit BMW-Aktien und die Albrechts mit ihrer Aldi-Beteiligung um nur einige zu nennen. Warren Buffett ist da keine Ausnahme!!
Sehr schöner Beitrag Herr Kissig.
Ein paar Positionen in Michael's Depot finde ich persönlich schon grenzwertig. Klar kann man diese für einen "Spieltrieb" nutzen, nur das Risiko sollte jeden bewusst sein.
LöschenAktien zu kaufen bedeutet, kalkulierte Risiken einzugehen. Und wenn man z.B. auf Turnaroundwerte setzt, dann geht man hier ein anderes Risiko ein, als bei großen Standardwerten. Unter dem Strich muss das Chance-Risiko-Verhältnis stimmen - wer hätte gedacht, dass General Motors pleite geht und seine Aktionäre all ihr Geld verlieren würden? "Risiko ist die Bugwelle des Erfolgs", sagte schon Carl Amery...
LöschenSchönen guten Tag Herr Kissig, was sagen sie zur aktuellen Lage von Zalando? Wäre das kein Wert, der ihr Portfolio ergänzen könnte? Immerhin hat der Wert von seinem hoch bei ca. 35 Euro ordentlich eingebüßt. Vielen Dank im Voraus
AntwortenLöschenMoin Kai,
Löschendass der Kurs bereits bei €35 stand, ist keinesfalls ein Kaufkriterium. Das besagt ja nur, dass irgendein unbekannter Anleger irgendwann einmal bereit war, eine Aktie von Zalando für €35 zu kaufen. Über Substanz, Qualität oder Wert einer Zalando-Aktie sagt dieser Kurs gar nichts aus. Und schon gar nicht über die Zukunftsaussichten des Unternehmens.
Zalando ist profitabel und ein interessantes Unternehmen, weil es stark wächst und eine starke Marke hat. Aber... es ist auch hoch bewertet und es steht in direkter Konkurrenz zu Amazon. Und Amazon hat über AWS und seinen Marktplatz eine enormen Wettbewerbsvorteil; dazu ist es ein globaler Player. Wenn ich mich hier auf Sicht von 5 Jahren und länger einkaufen wollte, würde ich Amazon vorziehen, ganz klar. Die werden in 5 Jahren sicherlich noch am Markt sein, bei Zalando sehe ich dazu eine große Wahrscheinlichkeit, aber eben auch ein Risiko.