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Mittwoch, 21. Oktober 2015

Neues Angebot beim Bietergefecht um Balda

Die Balda AG plant, ihr gesamtes operatives Geschäft zu verkaufen und die Einnahmen hieraus an die Aktionäre auszuschütten. Im Anschluss soll dann der Name und der Geschäftszweck der Gesellschaft geändert werden - wohin die Reise gehen soll, ist noch unklar.

Unklar ist auch, wer der Käufer sein wird und welchen Preis er letztlich zu bezahlen hat. Denn das vorliegende Angebot von Paragon, zu dessen Unterstützung sich Balda-Großaktionär van Aubel (29,43% über die Elector GmbH) verpflichtet hat, wurde heute nachgebessert. Zu diesem Schritt sah man sich wohl gezwungen, weil ein anderer Bieter, die Unternehmensgruppe Heitkamp & Thumann (H&T), Paragon überboten hatte.

Dies ist das neue Angebot von Paragon und es wirft einige interessante Fragen oder Optionen auf, je nach Betrachtungsweise:

Die Balda AG hat heute ein verbessertes Angebot zum Verkauf ihres gesamten operativen Geschäfts erhalten. Nachdem die Balda AG am 23. September 2015 mitgeteilt hatte, dass sie einen Kaufvertrag zum Verkauf ihres gesamten operativen Geschäfts mit zwei Erwerbergesellschaften, die von der Beteiligungsgesellschaft Paragon, München, verwaltet werden ("Paragon") abgeschlossen hatte, hat sie am 30. September 2015 von der Unternehmensgruppe Heitkamp & Thumann, Düsseldorf, ("H&T") ein notarielles Angebot zum Verkauf ihres gesamten operativen Geschäfts zu einem Kaufpreis von EUR 70 Mio. erhalten. Bei Annahme des Angebots von H&T würde der Gesellschaft aus dem Verkauf (einschließlich des auszuschüttenden Gewinns für das abgelaufene Geschäftsjahr) insgesamt ein Bruttobetrag (vor Freistellungen, Steuern und Kosten) von ca. EUR 73,9 Mio. zufließen. 
Mit notariellem Angebot vom heutigen Tag hat Paragon angeboten, den Kaufpreis von bisher EUR 62,9 Mio. auf nunmehr EUR 65,9 Mio. zu erhöhen. 
Unter dem bisherigen Kaufvertrag besteht für Paragon die Option, von der Balda AG (oder einem verbundenen Unternehmen) die Gewährung eines Verkäuferdarlehens über einen Betrag von bis zu EUR 25 Mio. zu einem Zinssatz von 7,5% über Drei-Monats-EURIBOR und mit einer Laufzeit von bis zu drei Jahren zu verlangen. Paragon steht das Recht zu, das Darlehen zu jedem Quartalsende vorzeitig zu tilgen. In dem Angebot vom heutigen Tag bietet Paragon an, den Darlehensbetrag um EUR 3 Mio. auf EUR 28 Mio. zu erhöhen, das Darlehen fest in Anspruch zu nehmen und auf vorzeitige Tilgung zu verzichten. Hieraus würden der Balda AG über die nächsten drei Jahre voraussichtlich weitere ca. EUR 6,2 Mio. zufließen (bei Annahme eines in etwa gleichbleibenden EURIBOR). 
Insgesamt würde der Gesellschaft aus dem Verkauf an Paragon (einschließlich des auszuschüttenden Gewinns für das abgelaufene Geschäftsjahr) und der über drei Jahre gestreckten Darlehenszinsen ein Bruttobetrag (vor Freistellungen, Steuern und Kosten) von insgesamt ca. EUR 75,9 Mio. zufließen. 
Das verbesserte Angebot von Paragon als auch der bereits mit Paragon abgeschlossene Kaufvertrag entfallen vollständig, wenn H&T (oder ein Dritter) den Kaufpreis aus ihrem Angebot auf mindestens EUR 74 Mio. erhöht. Tritt ein solcher Fall ein, so ist die Balda AG zudem verpflichtet, an Paragon eine Abstandszahlung von EUR 1,4 Mio. zu leisten. 
Auch das verbesserte Angebot steht unter der aufschiebenden Bedingung der Zustimmung der Hauptversammlung der Balda AG sowie der Kartellbehörden. 
Der Vorstand wird in Kürze zu der ordentlichen Hauptversammlung 2015 einladen, die vorsorglich für zwei Tage, nämlich für den 30. November und den 1. Dezember 2015, geplant ist.Auf dieser Hauptversammlung werden sowohl der mit Paragon abgeschlossene Kaufvertrag in der Fassung des heutigen Angebots als auch das Angebot von H&T vom 30. September 2015 zur Beschlussfassung vorgelegt. Die Verpflichtung der Elector GmbH, die mit ca. 29,43% der Aktien an der Balda AG beteiligt ist, für den Verkauf an Paragon zu stimmen, gilt auch für den Kaufvertrag mit Paragon in der Fassung des heutigen Angebots. 
Wie angekündigt, werden Vorstand und Aufsichtsrat außerdem vorschlagen, eine Dividende von EUR 1,10 je Aktie und, unter der Voraussetzung eines Verkaufs des operativen Geschäfts, Erträge aus einer geplanten Kapitalherabsetzung von EUR 0,90 je Aktie an die Aktionäre auszuschütten sowie den Unternehmensgegenstand zu ändern.

Alles klar soweit?
Das Interessante sind die Nebensätze, denn bisher sah es danach aus, dass auf der Hauptversammlung keine Mehrheit zustande kommen würde. Denn der Verkauf des operativen Geschäfts ist ein so wesentlicher Vorgang, dass der HV-Beschluss mit 75% Zustimmung erfolgen muss. Auch wenn sich dies "nur" auf das anwesende bzw. abstimmende Kapital bezieht und daher die wirkliche Annahmequote erheblich niedriger liegen dürfte, weil meistens nur etwa die Hälfte der Stimmrechte auf den Hauptversammlungen vertreten sind, liegt die Hürde dennoch hoch. Oder vielmehr lag. Denn der neue Vertrag zwischen Elector und Paragon sieht eine Ausstiegsklausel vor. Wenn nämlich H&T oder jemand anderes mindestens 74 Mio. EUR für das operative Geschäft von Balda bietet, dann sind die Verträge bzw. das Angebot von Paragon gegenstandslos. Und damit auch Electors/van Aubels Verpflichtung, seine 29,43% hierfür in die Waagschale zu werfen.

Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass dann auf der HV nur noch das konkurrierende Angebot zur Abstimmung stünde. Und dann ist eine Annahmequote von 75% ziemlich wahrscheinlich, denn van Aubel würde kaum dagegen stimmen, denn Balda würde ja auf dem operativen Geschäft "sitzen bleiben", es würden keine hohen Ausschüttungen erfolgen können und der von van Aubel angestrebten Schwenk hin zu einem neuen Betätigungsfeld des Unternehmens wäre erst einmal Geschichte. Daher würde er "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" das neue Angebot annehmen und ihm so zum Durchbruch verhelfen.

 Balda (Quelle: comdirect.de)
Paragon zieht mit. Zähneknirschend...
Paragon dürfte sich richtig ärgern, denn im vorherigen Bieterprozess hatte man sich zunächst durchgesetzt und wähnte sich mit der Stimmrechtsverpflichtung durch Elector bereits am Ziel. Dann trat H&T auf den Plan und warf Paragons Pläne über den Haufen. Diese mussten nun nachbessern und akzeptieren einen höheren Preis - und lassen sich dies durch eine Ausgleichszahlung abgelten. Denn sollte ein konkurrierendes Angebot über mindestens 74 Mio. € eingereicht werden und Paragon wäre raus aus dem Spiel, wird man von Balda eine "Strafzahlung" von 1,4 Mio. EUR erhalten. Nachdem man selbst sein Kaufpreisangebot gerade um 3 Mio. EUR erhöht hatte, ein verschmerzbares Zugeständnis aus Sicht der Balda-Aktionäre, denn sie erhielten noch immer mindestens 1,6 Mio. EUR Mehrwert durch das Bietergefecht. Und die Aussicht auf zeitnahen Vollzug der Beschlüsse, eben weil es auf der HV zu einer Entscheidung kommen kann.

Einschätzung
Balda-Aktionäre können weiter entspannt zuschauen, wie sich das Drama entwickelt. Erst mit der Einladung zur HV wird aufgedeckt werden, was aus der Rest-Balda einmal werden soll. Und auch erst dann ist eine Einschätzung möglich, ob man vielleicht schon vor der HV und den Ausschüttungen und den damit verbundenen Steuerbelastungen seine Aktien verkaufen sollte. Oder ob die künftigen Perspektiven einer neuen Balda unter neuem Namen und unter geänderter geschäftlicher Ausrichtung verlockend genug klingen, um an Bord zu bleiben. Balda bleibt vorerst eine Halteposition auf meiner Empfehlungsliste.


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Ergänzung vom 22.10.2015

Heute meldete sich H&T zu Wort mit einem offenen Brief an die Aktionäre, in dem auf die entscheidenden Nachteile des Paragon-Angebots eingegangen wird. So ist die nun erst bekannt gewordenen Klausel im Vertrag mit Paragon, dass die Barmittel der Balda AG für drei Jahre als verzinstes Darlehen an Paragon gehen sollen, "sehr unattraktiv", da auf diese Weise die Balda-Aktionäre die Übernahme durch Paragon selbst finanzieren würden - und das Ausfallrisiko tragen müssten, falls Paragon das Darlehen am Ende nicht zurückzahlen könne. Das mache, so H&T, das optisch höhere Angebot von Paragon wesentlich unattraktiver als die Offerte von H&T, bei der das operative Geschäft von Balda in ein bestehendes Familienunternehmen integriert würde.

H&T wirbt also für sein eigenes Angebot, ohne den Kaufpreis zu erhöhen. Bisher zumindest. Denn die entscheidende Balda-Hauptversammlung findet ja erst Ende November statt und das Paragon-Angebot wäre mit einem Gegenangebot von mindestens 74 Mio. EUR hinfällig. Selbst wenn sich H&T mit dem Gedanken trägt, sein Angebot auf diese Summe zu erhöhen, wird dies erst kurz vor dem HV-Termin stattfinden, um Paragon keine Gelegenheit mehr zu einer Gegenwehr zu geben. Es bleibt spannend...


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Ergänzung vom 23.10.2015

Heute gab Balda die Einberufung zur Hauptversammlung bekannt. Wenig überraschend empfehlen darin Vorstand und Aufsichtsrat die Annahme des Paragon-Angebots. Und im Anschluss soll der Geschäftszweck der Restgesellschaft geändert werden: sie soll künftig ihr eigenes Vermögen verwalten und/oder Unternehmensbeteiligungen und Grundstücke erwerben, halten und veräußern können. Der neue Name soll "Clere AG" lauten.


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Ergänzung vom 30.10.2015

Wie von mir ja bereits spekuliert wurde, hat H&T heute nachgelegt und das Paragon-Angebot aus dem Spiel genommen. H&T bietet die erforderlichen 74 Mio. EUR für das operative Geschäft von Balda und damit sind alle Vereinbarungen zwischen Balda und Paragon hinfällig - abgesehen von der "Strafzahlung" von 1,4 Mio. EUR, die nun an Paragon fällig wird. Insbesondere Großaktionär van Aubel ist nun nicht mehr verpflichtet, das Angebot von Paragon zu unterstützen, so dass aktuell nur noch zwei Optionen auf dem Tisch liegen: das erhöhte H&T-Angebot oder Balda behält sein operatives Geschäft. Unter diesen Gegebenheiten ist es wahrscheinlich, dass die HV das Angebot der H&T annimmt, die Ausschüttungen wie geplant erfolgen und dass aus Balda die Clere AG wird, die sich (zunächst) um die Verwaltung des eigenen Vermögens kümmern wird.

4 Kommentare:

  1. "Tritt ein solcher Fall ein, so ist die Balda AG zudem verpflichtet, an Paragon eine Abstandszahlung von EUR 1,4 Mio. zu leisten. "

    Wer schließt bitte solche Verträge ab ? Die Vereinbarung muss doch bereits vor dem H&T Angebot bestanden haben. Wieso sollte die Balda so etwas zustimmen ?

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    1. Nein, wieso?
      Paragon erhöht sein Angebot und das vorherige war ja bereits von Balda (dem Vorstand!) angenommen und der Kaufvertrag notariell beurkundet worden. Wenn man nun einvernehmlich diesen Vertrag aufhebt und einen neuen abschließt mit einem um 3 Mio. EUR erhöhten Kaufpreis, kann man auch eine solche "Sicherheitsklausel" für Paragon vereinbaren. Sollte nämlich ein anderer Bieter für 74 Mio. EUR oder mehr zum Zuge kommen, würden auch Balda von dem erhöhten Kaufpreis etwas haben (1,6 Mio. EUR).

      Aus meiner Sicht ist doch der entscheidende Punkt, dass das Angebot von Paragon bei einem Gegengebot von mindestens 74 Mio. EUR obsolet wird und van Aubel/Elector dann frei für das andere Angebot votieren kann. Was ihm aufgrund seiner Stimmrechtszusage pro Paragon bisher verwehrt wäre. Nur so kommt doch für Balda absehbar überhaupt eine Entscheidung zustande...

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  2. Na hoffentlich ist H&T bereit nochmal mehr zu zahlen

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    1. Nach der heutigen Verlautbarung sieht es zumindest für den Augenblick nicht so aus...

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