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Freitag, 30. Oktober 2015

Investor-Update: Blackstone, KKR, PayPal, Starbucks

Im Investor-Update notiere ich in unregelmäßigen Abständen aktuelle Einschätzungen zu Unternehmen meiner Empfehlungsliste und wie sich diese ggf. auf mein Investment-Portfolio ausgewirkt haben. Darüber hinaus auch zu Unternehmen, die ich noch nicht hier im Blog vorgestellt habe, die sich jedoch in meinem Depot befinden.

Kursstürze können Kaufgelegenheiten sein
Die Berichtssaison bietet die Möglichkeit, günstige Kaufgelegenheiten zu nutzen, denn bisweilen werden auch gute Unternehmenszahlen negativ bewertet und die Kursabschläge laden dann zum Nachkauf ein.

Blackstone Group L.P.
Nachdem die Quartalszahlen leider nicht zu dem Kursrücksetzer geführt haben, den ich mir erhofft hatte, habe ich nun doch meine Position weiter aufgestockt, weil mich die Ertragskraft, die Bewertung, die Dividendenrendite und die stillen Reserven, die in den nächsten Monaten und Jahren zu Geld gemacht werden (können), sehr positiv für das Unternehmen einnehmen. Die sich wieder aufhellende Börsenverfassung und die noch länger anhaltende Niedrigzinsphase wirken wie ein Turbobooster für den Finanzinvestor.

= KKR
Die Quartalszahlen des Finanzinvestors waren noch schlechter als erwartet, aber einen echten Schlag hat man den Anlegern versetzt, weil die Dividendenpolitik geändert wird. Ab dem nächsten Quartal wird es eine fixe Dividende von 0,16 USD je Aktie geben, was einer satten Reduzierung entspricht. Das schmeckt mir gar nicht! Anstatt wie bisher 80 bis 90 Prozent des Quartalsgewinns bzw. des ausschüttungsfähigen Gewinns an die Aktionäre auszukehren, soll zu der Fix-Dividende ein Aktienrückkaufprogramm in Höhe von 500 Mio. USD für steigende Kurse sorgen. Was eigentlich gut gemeint ist und für "normale" Unternehmen durchaus ein probates Mittel, mutet bei einem Finanzinvestor schon gewöhnungsbedürftig an. Denn man könnte meinen, KKR fände keine interessanten Investmentmöglichkeiten mehr, wenn sie lieber eigene Aktien zurückkaufen wollen, anstatt frisches Geld für neue Investments einzuwerben.

Ich bleibe bei KKR an Bord, gerade auch weil KKR einer der größten Profiteure wiedererstarkender Börsen ist, aber ich kaufe nicht mehr zu, obwohl der Kurs verlockend niedrig aussieht. KKR ist für mich nun erst einmal nur noch eine aussichtsreiche Halteposition und ich bin gespannt, ob sich der Kursschwenk positiv für den Aktienkurs und die Aktionäre auswirkt.

= PayPal
PayPals Quartalszahlen zeigen, wie rasant das Unternehmen wächst und das auch profitabel. Ich fühle mich sehr wohl mit meinem Investment und sehe auf dem aktuellen Kursniveau weiterhin sehr gute langfristige Perspektiven für das Unternehmen und die Aktionäre. Nachgekauft habe ich allerdings nicht, aber nur, weil ich bei Blackstone und Starbucks zugeschlagen habe und ich mich aufgrund meiner inzwischen deutlich reduzierten Liquidität hier entscheiden musste.

+ Starbucks
Top-Zahlen hat Starbucks vermeldet, der aus Börsianersicht etwas verhaltene Ausblick auf das Weihnachtsquartal hat allerdings zu einem Kursrücksetzer geführt, den ich zum Aufstocken meiner Position genutzt habe. Die Entwicklung der zweitgrößten Restaurantkette der USA nimmt immer noch zusätzlich Fahrt auf und das Anheben der Quartalsdividende um satte 25 Prozent zeigt, dass man die Aktionäre genauso ernst nimmt, wie seine Mitarbeiter und Kunden. Das macht den Erfolg von Starbucks aus, nicht das Ausschenken von Kaffee, sondern das vermittelte besondere Lebensgefühl.


.: Cashquote
Meine Cashquote liegt nun bei knapp 5 Prozent, weil sich einfach so viele gute Investmentmöglichkeiten bieten in diesen Tagen. Jedenfalls auf lange Sicht. Die Notenbanken werden weiterhin mehr als genug Geld zur Verfügung stellen, um die schwächelnde Konjunktur zu beleben oder zumindest nicht abzuwürgen und die die zu hohen Erwartungen an die Unternehmensergebnisse werden nun korrigiert. Allerdings jeweils meist nur beim betreffenden Unternehmen oder seiner Peer-Group, während der Gesamtmarkt robust ist und nach oben strebt. Auch getragen von positiven Überraschungen. Die Dividende von KCAP Financial wurde meinem Konto gutgeschrieben und Anfang der Woche folgt die Ausschüttungen von Dow Chemical und Blackstone, was mein Konto wieder etwas auffüllen wird.

Starbucks: viel mehr als heißer Kaffee

Der Kaffeeröster Starbucks konnte mit seinen Quartalszahlen begeistern, nur sein etwas moderater Ausblick sorgt für leichte Verstimmung an der Börse und zunächst sinkende Kurse. Dabei war das vierte Geschäftsquartal ein Riesenerfolg für die Kaffeehauskette, in dem die globalen Store-Umsätze um 8% gesteigert werden konnten nach einer Steigerung um 7% im Vorquartal und 4% mehr Leute in die Shops kamen. Deren Anzahl legte weiter zu und zwar um 524 auf nun weltweit 23.043.

Die nackten Zahlen
Insgesamt legte der Umsatz um 18% zu auf den Rekordwert von 4,9 Mrd. USD, während der operative Gewinn um 13% auf 969 Mio. USD anstieg. Nach Regionen verteilt wuchs der Starbucks-Umsatz in den USA/Amerika um 8%, in Europa/Mittlerer Osten um 5% und in Asien/Pazifik um 6%, wobei der starke Dollar natürlich negative Auswirkungen hatte. Andererseits verhalf der gesunkene Preis für Rohkaffee bei gleichzeitiger Preisanhebung Starbucks zu glänzenden Geschäften.

 Starbucks (Quelle: comdirect.de)
Satte Dividendenerhöhung um 25 Prozent
Nachdem der Aktienkurs in diesem Jahr auf Dollarbasis um mehr als 50% zulegen konnte, war die Dividendenrendite auf magere 1% zusammengeschrumpft. Starbucks möchte hier wieder gegensteuern und seine Aktionäre am Erfolg auch über eine attraktive Ausschüttung teilhaben lassen. Und so wird die Quartalsdividenden gleich um ein Viertal angehoben auf künftig 20 Cents je Aktie (16 Cents).

Aktienrückkauf geht weiter
Darüber hinaus gibt Starbucks auch in Form von Aktienrückkäufen verdientes Geld an die Aktionäre zurück. Das laufende Aktienrückkaufprogramm bietet noch Raum für weitere 53 Millionen Aktien, die man zusätzlich zu den bereits zurückgekauften 29 Millionen Aktien erwerben könnte. Würden all diese Aktien dann eingezogen, würde sich das ausstehende Aktienkapital um rund 3,5 Prozent reduzieren, wodurch sich der Gewinn je Aktie zusätzlich kräftig erhöhen würde.

Verhaltener Ausblick drückt auf den Kurs
Dem Kurs konnten diese positiven Nachrichten nicht auf die Sprünge helfen, denn Starbucks gab einen verhaltenen Ausblick auf das nächste Quartal ab. Das Unternehmen erwartet ein EPS (Gewinn je Aktie) zwischen 43 und 44 Cents, während Analysten bisher 47 Cents ansetzten. Doch diese kleine Irritation sollte nicht lange anhalten, denn Starbucks wächst weiterhin in einem atemberaubenden Tempo und versteht es, sowohl sein Geschäft breiter aufzustellen (Verkauf von Bier, Wein, Snacks) als auch mehr Leute in die Läden zu bekommen, u.a. durch seine Bezahl-App, die hervorragend angenommen wird. Und die zusätzlichen Investitionen in Personal und Technik sind es denn auch, die den Gewinn etwas moderater anstiegen lassen sollen. Doch ich denke, dass hier an der richtigen Stelle in die Kundenzufriedenheit investiert wird und daher dürfte Starbucks der Top-Pick im Restaurant-Sektor bleiben. Und wird auch künftig meine Empfehlungsliste zieren. Der momentane Kursrücksetzer sollte eine gute Gelegenheit darstellen, sich noch einmal halbwegs günstig an diesem Erfolgsunternehmen beteiligen zu können.

Donnerstag, 29. Oktober 2015

PayPals Quartalszahlen sind gut, aber nicht gut genug?

Der Internet-Bezahldienst PayPal legte seine Zahlen zum dritten Quartal vor und präsentierte sich damit erstmals nach der Abspaltung von seiner einstigen Konzernmutter, dem Internet-Auktionshaus Ebay. Und die Zahlen waren stark, denn der Umsatz legte um mehr als 14 Prozent auf 2,26 Mrd. USD (2,1 Mrd. USD) zu, trotz der negativen Auswirkungen der Dollarstärke, und den Gewinn sogar um 29 Prozent auf 301 Mio. USD. Besonders erfreulich ist die Zahl der aktiven Kundenkonten, die um 12 Prozent auf 173 Mio. gesteigert werden konnte.

Mit den vorgelegten Zahlen belegt PayPal, dass man weiter schnell wächst und das äußerst profitabel. Dabei wächst PayPal fast dreimal so schnell wie der Gesamtmarkt, auch durch Übernahmen wie die der Mobile-Commerce-Plattform Modest, die im August übernommen worden war. Paypal arbeitet mit verschiedenen Apps und seiner Sparte Braintree intensiv an der Entwicklung innovativer Zahlungsmethoden vor allem im Mobilbereich, um seine Marktführerschaft beim Online-Bezahlen zu behaupten und auszubauen.

 PayPal (Quelle: comdirect.de)
Das Unternehmen ist in mehr als 200 Ländern aktiv und hat mehr als 173 Millionen Nutzer, darunter 10 Millionen Händler. PayPal wird von 74% der größten Onlinehändler in den USA akzeptiert, von 70% der größten Onlinehändler im Rest der Welt und von 67% der mobilen Apps. Konkurrenten müssen solch eine enorme Reichweite erst einmal aufbauen, was nicht ohne Weiteres zu leisten ist, weshalb PayPal aus einer starken Marktposition agieren kann. Der Cash-Bestand von mehr als 6 Milliarden Dollar, die solide Bilanz, die starke Marke und die weltweite Präsenz geben PayPal die Mittel in die Hand, diese Stärke auch in Zukunft zu erhalten. Die höhere Bewertung ist aufgrund des starken und profitablen Wachstums gerechtfertigt und daher für mich ein Value- und Growth-Investment.

PayPal befindet sich auf meiner Empfehlungsliste.

KKRs Quartalszahlen: schlimm, schlimmer, Paukenschlag!

Kohlberg Kravis Roberts & Co. L.P. (KKR), die von Henry Kravis und George Roberts geführte US-Private-Equity-Firma, hat Zahlen für das dritte Quartal 2015 vorgelegt und seit langem mal wieder einen Quartalsverlust ausweisen müssen. Schlimmer noch, die Zahlen sind erheblich schlechter ausgefallen als erwartet und zum "krönenden" Abschluss stößt KKR seine Aktionäre auch noch mit einer "überarbeiteten" Ausschüttungspolitik vor den Kopf. Aber der Reihe nach...

KKR & Co. ist stärker als seine Mitbewerber Blackstone oder Carlye von der Entwicklung an den Börsen abhängig, seine Einkommensquellen basieren weniger auf Immobilien oder Kreditfinanzierungen, mehr auf börsennotierten Aktieninvestments. Und auch in den von KKR gemanagten Fonds ist KKR selbst jeweils mit einem signifikanten Eigenkapitalanteil beteiligt. Daher haben sich die jüngsten Börsenturbulenzen - der S&P 500 hatte immerhin das schlechteste Quartal seit 2011, auch besonders negativ in KKRs Zahlenwerk niedergeschlagen.

Das Economic Net Income, das unrealisierte Buchgewinne beinhaltet, stürtzte in den negativen Bereich und lag bei -286 Mio. USD (Vorjahr: +508,7 Mio. USD) oder -37 Cents je Aktie. Die ausschüttungsfähigen Gewinne gingen auf 0,35 USD je Aktie zurück (0,45 USD) und die werden vollständig als Dividende ausgeschüttet. Dem entsprechend wird KKRs Quartalsdividende 35 Cents betragen, Ex-Dividendentag ist der 4. November, ausgezahlt wird am 24. November.

DividendenhistorieJanuarAprilJuliOktoberGesamtDifferenz
20160,16 $0,16 $0,16 $0,16 $(0,64 $)- 0,94 $
20150,35 $0,46 $0,42 $0,35 $1,58 $-0,45 $
20140,48 $0,43 $0,67 $0,45 $2,03 $0,41 $
20130,70 $0,27 $0,42 $0,23 $1,62 $0,78 $
20120,32 $0,15 $0,13 $0,24 $0,84 $0,13 $
20110,29 $0,21 $0,11 $0,10 $0,71 $

Veränderte Ausschüttungspolitik
KKR ist unzufrieden mit der Performance der eigenen Aktien und möchte dies ändern. Dazu hat man sich etwas einfallen lassen, was allerdings viele Anleger verprellen dürfte, nämlich diejenigen, die vor allem auf überdurchschnittlich hohe Dividenden abzielen.

Nach dieser Quartalsdividende ist Schluss damit, 80 bis 90 Prozent des Quartalsgewinns an die Aktionäre auszuschütten. Ab dem nächsten Quartal wird es eine feste Quartalsdividende von 0,16 USD je Aktie geben und damit deutlich weniger als bisher üblich. Auch wenn die Dividendenhöhe bisher stark schwankte. Damit liegt die Dividendenrendite nur noch bei vergleichsweise mageren 3,7% und die Aktien von KKR werden somit kaum mehr von Dividendenfans besondere Aufmerksamkeit erfahren.

 KKR & Co. L.P. (Quelle: comdirect.de)
Aktienrückkaufprogramm
Allerdings will KKR nicht einfach nur weniger ausschütten, sondern man hat für den künftig einbehaltenen Teil der Dividende eine andere Verwendung gefunden, die den Aktionären (noch mehr) zugute kommen soll. 500 Mio. USD will KKR nämlich in Aktienrückkäufe stecken, was auf dem aktuellen Kursniveau von 15,50 EUR etwa 6 Prozent der ausstehenden Aktien ausmachen würde. So möchte man dem Aktienkurs Beine machen.

Jahresendrallye macht Hoffnung
Ich bin mir nicht sicher, ob diese neue Ausschüttungspolitik ein wirklicher Renner wird. Finanzinvestoren "leben" auch davon, dass sie überdurchschnittliche Ausschüttungen für ihre Aktionäre generieren und von diesem Prinzip wendet sich KKR nun ab. Vielmehr nähert sich der "Manager alternativer Anlageformen" hier klassischen Banken an, die ebenfalls mittelmäßige Dividenden auskehren und parallel hierzu eigene Aktien zurückkaufen. Und wenn ich in eine klassische Bank investieren möchte, dann mache ich das und wähle nicht die Aktien eines Finanzinvestors aus. Begeistert bin ich also nicht.

Auf der anderen Seite hat die neue Ausschüttungspolitik keinen direkten Einfluss auf das Geschäftsmodell von KKR. Indirekt könnte es KKR zwar schwer(er) fallen, künftig in vergleichbarem Maß neue Kundengelder zu akquirieren, aber das operative Geschäft wird hiervon nicht beeinträchtigt. Hier spielen KKR mit seiner stärkeren Börsenneigung die stark anziehenden Aktienkurse und der jüngst gezündeten Jahresendrallye in die Karten, denn die höhere Kurse führen zu höheren Bewertungen und so (wieder) zu Buchgewinnen und damit positiven Ergebnissen. Sollten sich die Börsen weiterhin so freundlich entwickeln, dürfte das vierte Quartal für KKR eine wahre Freude werden. Gut möglich, dass KKR neben den Aktienrückkäufe und der Festdividende dann auch noch Sonderdividenden ausschütten wird. Aber das ist eine reine Spekulation meinerseits.

Fazit
KKR bleibt für mich ein aussichtsreiches Investment. Zuletzt hat man First Data erfolgreich an die Börse gebracht und wird hier in Zukunft weitere Werte heben können. Des Weiteren investiert KKR munter weiter in den Energiesektor und sollten die Rohstoffe, insbesondere der Ölpreis, drehen, winken hier außergewöhnlich hohe Erträge. Und insbesondere bei den Unternehmensbeteiligungen kann KKR interessante Käufe vermelden, wie u.a. die Diabetes-Sparte von Bayer, was sich bei einem weiterhin börsenfreundlichen Umfeld auch in barer Münze auszahlen wird.

KKR dürfte daher auf dem aktuellen Kursniveau attraktiv bewertet und aussichtsreich positioniert sein. Allerdings kann es in den nächsten Wochen noch immer mal wieder zu Abgabedruck kommen, wenn Renditejäger ihre KKR-Aktien auf den Markt werfen, weil sie höhere Dividendenrenditen suchen. KKR wird weiterhin meine Empfehlungsliste zieren, ich kaufe aber trotz des niedrigen Niveaus momentan nicht weiter zu. Hier warte ich erst einmal ab, wie sich das laufende Quartal entwickelt und ob die neue Ausschüttungspolitik die positiven Impulse für den Aktienkurs setzen kann, wie das Management erwartet.

Mittwoch, 28. Oktober 2015

Corning ist glasklar ein Investment wert

Corning Inc. ist weltweiter Marktführer in der Herstellung von Spezialgläsern und Keramik - und eigentlich eine Holding, die 5 Geschäftsbereiche unter ihren Fittichen hat. Denn obwohl alle mit Glas und seiner Nutzung zu tun haben, sind sie doch ziemlich eigenständig und bergen nur bedingt Synergien.

Am bekanntesten und zuletzt immer häufiger in den Medien ist der Bereich Spezialmaterialien, der das berühmte "Gorilla Glas" fertigt, das so viele Smartphones und Tablets von Herstellern wie Apple oder Samsung ziert. Denn Gorilla Glas ist extrem kratzfest, berührungsempfindlich, stromsparend und wenig reflektierend – kurz gesagt, es ist das Produkt von Corning, das wir alle tagtäglich antatschen, oft mehrmals in der Minute. Corning liefert die Touchscreens unseres iPhones, unseres Nexus-Tablets und vieler anderer Geräte, die über Gesten und Berührungen gesteuert werden.

Doch auch wenn diese Sparte die meiste Phantasie birgt, ist sie doch nur ein Bereich unter vielen im Corning-Universum. Denn neben den Spezialmaterialien gibt es noch die vier weiteren Geschäftsbereiche Anzeigentechnologien, Umwelttechnologien, Optische Kommunikation und Biowissenschaften.

In der Sparte Umwelttechnologien produziert Corning Keramiksubstrate und Filterprodukte zur Emissionskontrolle in mobilen und stationären Anwendungen weltweit, also in Generatoren, Antrieben, Autokatalysatoren.

Die im Bereich Biowissenschaften zusammengefassten Produkte umfassen allgemeine Laborprodukte und Geräte sowie Spezialoberflächen, die in der Arzneimittelforschung, Mikrobiologie und Chemie zum Einsatz kommen. Hier hatte man kürzlich erst das Röhrenglasgeschäft des deutschen Verpackungsspezialisten Gerresheimer übernommen.

Die Sparte Optische Kommunikation könnte man vereinfacht als Glasfaserkabelsparte bezeichnen, denn hier geht es um das schnelle Internet, das Rückgrat der immer höheren Bandbreiten, die die neuen Smartphones, Tablets, Video-on-Demand-Anbieter verlangen, um den Kunden immer bessere und ruckelfreie Kommunikation und Entertainment anbieten zu können.

Und bei den Anzeigentechnologien geht es vor allem um Glassubstrate, die in LCD-Fernsehern, Notebooks und Flachbildschirmen zum Einsatz kommen.

 Corning (Quelle: comdirect.de)
Glas ist der Werkstoff der Zukunft(stechnologien)
Während die ersten beiden Sparten für solide, langweilige Geschäftsbereiche mit etablierten Geschäftsfeldern, Umsätzen und Erträgen stehen, spielt in den drei anderen die Zukunftsmusik. Der schleichende Tod der Computermaus und der Tastatur durch den Siegeszug der Touchscreens führt dazu, dass immer mehr Bereiche unseres Lebens mit „intelligentem“ Glas überzogen werden (müssen), ob es Fernseher sind oder die Bedienungselemente in unseren Autos – hier ging Corning jüngst eine Kooperation mit BMW ein, um das neuste Cornings-Glas im Elektroauto i8 einzusetzen. Die normalen Glasfenster werden so zu berührungsempfindlichen Steuerelementen und zu Anzeigekomponenten für technische Einblendungen und Informationsdarstellung.

Doch gerade im Bereich von Gorilla Glas stand Corning vor einer großen Herausforderung. Denn Apple hatte sich auf eine andere Technologie versteift, wollte für seine Geräte Saphir-Glas einsetzen, und hatte sich mit Milliardenaufwand an einer eigenen Fertigung versucht. Und ist gescheitert. Denn die Hoffnungen, die man mit Saphir-Glas verband, konnten nicht erfüllt werden. Zu schwer, zu splitteranfällig, zu energieintensiv. Und während Apples größter Konkurrent (und gleichzeitig wichtigster Zulieferer) Samsung sich mit 10% an Corning beteiligte und Gorilla Glas in seinen Geräten einsetzt, hatte die Apple-Abkehr für empfindliche Kurseinbrüche bei Corning gesorgt. Notgedrungen musste Apple wieder auf Gorilla Glas zurückgreifen für seine iPhones und iPads.

Project Phire
Corning ist schlau genug, sich nicht auf alten Erfolgen auszuruhen. Vielmehr hat man diesen deutlichen Wink mit dem Zaunpfahl verstanden und fleißig an einer Verbesserung von Gorilla Glas gearbeitet. Und diese sind so gravierend, dass das neue Produkt gleich einen neuen Namen bekommt: Project Phire. Dieses neue Glas vereint die Bruchfestigkeit von Gorilla Glas mit der Kratzfestigkeit von Saphir-Glas und bietet weitere Vorteile, weil es leichter ist, noch weniger Energie verbraucht und weil Sonneneinstrahlung nach besser kompensiert werden kann, so dass die Endgeräte sich noch besser für den Einsatz im Freien eignen, kratz- uns bruchsicherer sein werden und längere Akkulaufzeiten versprechen. Allein aufgrund des verwendeten Materials für das Display bzw. die Touchscreens.

Unternehmen der verschiedenen Geschwindigkeiten
Wie man an den unterschiedlichen Sparten sehen kann, ist Corning ein Unternehmen der verschiedenen Geschwindigkeiten. Einerseits gibt es etablierte Geschäftsbereiche mit wenig Wachstum und gefestigten Erlösen und hinsichtlich seines Silikon-Joint-Ventures mit dem Chemie-Giganten Dow Chemical hatte Corning bereits die Absicht geäußert, seine Anteile an den Partner abgeben zu wollen und Dow hat seinerseits nun Interesse bekundet. Und dann gibt es jene Bereiche, die schnell wachsen sowie höhere Investitionen in neue Produkte erfordern - und die hohe Gewinne für die Zukunft versprechen.

Versteckte Werte heben
Star-Invstor Carl Icahn, Icahn Enterprises 
An dieser Stelle wird es spannend, denn Gerüchten zufolge ist genau diese Konstellation der Grund, weshalb Corning ins Visier „aktivistischer Investoren“ geraten ist. Kein Geringerer als Starinvestor Carl Icahn soll sich bei Corning zur Zeit einkaufen und was dann folgen wird, kann man sich in bunten Farben ausmalen. Denn Icahn ist ein aktiver, konfliktfreudiger Investor, der sich bevorzugt in Unternehmen einkauft und einmischt, bei denen er versteckte Werte vermutet. So kaufte er nach dem großen Einbruch bei Apple einen Milliardenanteil zusammen und setzte Apple-CEO Tim Cook auch öffentlich dermaßen unter Druck, dass Apple die Dividenden deutlich erhöhte und seine Aktienrückkäufe massiv ausweitete. Bei Ebay sorgte Icahn dafür, dass der Online-Bezahldienst PayPal abgespalten und als separates Unternehmen an die Börse gebracht wurde - die jüngst präsentierten Quartalszahlen belegen, dass es beiden seit der Trennung hervorragend geht. Und bei Corning findet sich ebenfalls eine Mischung aus unterschiedlichen Geschäftsfeldern, die sich getrennt wohl deutlich besser entwickeln könnten als unter einem gemeinsamen Dach. Wer in die wachsenden Zukunftsbereiche investieren will, der muss heute auch den Medizin- und Umweltbereich mit kaufen.

Ob es nun Icahn ist oder ein anderer der vielen aktivistischen Investoren, unter dem Strich bahnt sich bei Corning eine Entwicklung an, die die Werte der einzelnen Geschäftsbereiche zum Vorschein bringen könnte. Dabei bin ich nicht per se ein Freund von Einmischungen seitens der Aktionäre, denn das Unternehmen gut zu führen, ist zuvorderst Aufgabe des Managements, nicht des Aufsichtsrats und auch nicht der Aktionäre. Allerdings kann eine solche Einmischung dem Management dabei helfen, verkrustete Strukturen aufzubrechen und notwendige Veränderungsprozesse anzugehen, die ohne einen starken äußeren Impuls vielleicht am „bürokratischen Widerstand“ innerhalb des Unternehmens gar nicht realisierbar wären.

Quartalszahlen, mehr Dividende und stärkere Aktienrückkäufe
Bis es soweit ist, hat das Unternehmen auch heute schon operativ einiges zu bieten, auch wenn die Zahlen zum 3. Quartal unter denen des Vorjahres lagen. Der Nettoumsatz fiel gegenüber dem Vorjahreswert von 2,54 Mrd. USD auf 2,27 Mrd. USD und der Nettogewinn sogar von 1,01 Mrd. USD auf 188 Mio. USD bzw. 0,15 USD je Aktie (0,72 USD). Unter Ausblendung von Sondereffekten blieben Corning 0,34 USD je Aktie nach 0,37 USD im Vorjahr.

Ein größeres Augenmerk richtet sich allerdings auf die begleitenden Aussagen des Managements. Bis 2019 will man 20 Mrd. USD investieren, darunter 10 Mrd. USD in Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufe. Dazu weitet man das bestehende Aktienrückkaufprogramm um weitere 4 Mrd. USD aus und bereits im aktuellen vierten Quartal soll es beschleunigt und für 1,25 Mrd. USD eigene Aktien erworben werden. Weitere 10 Mrd. USD werden in den Ausbau des Geschäfts fließen, um Cornings führende Marktposition zu erhalten und auszubauen.

Cornings Quartalsdividende wird zum vierten Mal 0,12 USD je Aktie betragen und am 11. Dezember überwiesen. Der Dividendenabschlag hierzu erfolgt am 10. November. Allerdings will das Unternehmen seine Dividende bis 2019 um jährlich jeweils 10% anheben.

Fazit
Ob nun durch äußere Einmischung oder durch eigenes Erkennen des Managements, wir Corning-Aktionäre können eigentlich von den Überlegungen nur profitieren und die möglichen Entwicklungen als Bonus betrachten bei einem attraktiv bewerteten Langfristinvestment mit interessanten Perspektiven.

Seitdem ich Corning Ende Juli auf meine Empfehlungsliste genommen habe, ist der Kurs im Zuge der Herbstkorrektur noch etwas weiter gefallen. Bei den jetzt aktuellen 16,50 EUR wird das Unternehmen mit einem 2016er KGV von 11,8 und einer Dividendenrendite von 2,7% bewertet, was angesichts des soliden Cashflows und der positiven Aussichten geradezu unverschämt günstig erscheint.

Montag, 26. Oktober 2015

Börsenweisheit der Woche 43/2015

"Wenn man sich sowohl über die Ertragskraft des Zinseszinses als auch über die Schwierigkeit im Klaren ist, diese richtig einzusetzen, hat man im Grunde viele Zusammenhänge begriffen."
(Charlie Munger)

Freitag, 23. Oktober 2015

Investor-Update: Aareal Bank, Blackstone, Johnson & Johnson, VTG

Im Investor-Update notiere ich in unregelmäßigen Abständen aktuelle Einschätzungen zu Unternehmen meiner Empfehlungsliste und wie sich diese ggf. auf mein Investment-Portfolio ausgewirkt haben. Darüber hinaus auch zu Unternehmen, die ich noch nicht hier im Blog vorgestellt habe, die sich jedoch in meinem Depot befinden.

Notenbanken starten Jahresendrallye
Seit Anfang Oktober steigen die Kurse unter großer Nervosität, doch nachdem die Notenbanken weiterhin "billiges Geld" in die Märkte pumpen werden, klettern die Kurse bei zunehmendem Volumen. Die "Berichtssaison" birgt weiterhin Chancen und Risiken: wer die Erwartungen nicht erfüllt, wird gnadenlos abgestraft, wer sie toppt, in den Himmel gehoben. Und insbesondere große High-Tech-Werte wie Amazon, Google, Microsoft haben die Börsen mit ihren Zahlen geradezu befeuert. Ich habe die zwischenzeitliche Kursschwäche genutzt und mir weitere langfristig aussichtsreiche und attraktiv bewertete Unternehmen ins Depot gelegt.

Aareal Bank
Die Aareal Bank ist ein reiner Immobilienfinanzierer und ohne größere Blessuren durch die Finanzkrise gekommen. Zuletzt hat man zwei große Zukäufe getätigt (erst die CorealCredit, dann die WestImmo), die das Eigenkapital gestärkt haben und das Unternehmen neben seinem robusten operativen Geschäft in die Lage versetzen, hohe Dividenden auszuschütten und gleichzeitig noch die Power für weitere Zukäufe oder ggf. Sonderausschüttungen zu haben. Die harte Kernkapitalquote (Basel III) liegt bei überdurchschnittlichen 12,5%, das 2016er KGV bei 11, die Dividendenrendite bei 4,6%. Die vermutlich solideste - und attraktivste - Bankaktie auf dem deutschen Kurszettel.

Intensiv(er) beschäftige ich mit der Aareal Bank in meiner nächsten Kolumne im "Aktien Magazin". Ausgabe 20/2015 kommt am Montag heraus.

Blackstone Group L.P.
Keine Veränderung habe ich bei meiner größten Depotposition vorgenommen, aber es gab diese Woche den Dividendenabschlag, der allerdings bereits wieder aufgeholt wurde. Ausgeschüttet werden die 0,49 USD (0,431 EUR) am 2. November.

Untätig waren der Finanzinvestor nicht in den letzten Wochen, insbesondere im Immobilienbereich hat man kräftig weiter zugekauft. Spektakulär ist der Kauf von 11.200 Wohnungen in New York für 5,3 Mrd. USD, den man gemeinsam mit dem kanadischen Pensionsfonds Ivanhoe Cambridge angeht. Die aus 56 Gebäuden bestehenden beiden Wohnkomplexe Stuyvesant Town und Peter Cooper Village sind eine große, einheitlich geplante Wohnsiedlung aus zahlreichen Ziegel-Apartmenthäusern an der Ostseite des Stadtbezirks Manhattan und sie werden Blackstone und seinen Investoren auf viele Jahre hin sichere und attraktive Renditen bescheren.

+ Johnson & Johnson
Das seit 1944 an der Börse notierte Pharma- und Konsumgüterunternehmen ist ein sog. Dividendenaristokrat, denn im April hat J&J die Dividende um 7,1% erhöht auf den aktuellen Wert von 0,75 USD - und damit hat J&J seine Dividende das dreiundfünfzigste Jahr in Folge angehoben. Das alleine ist natürlich kein Grund für einen Kauf. Doch J&J hat kürzlich seine Quartalszahlen vorgelegt und obwohl man unter dem starken Dollar zu leiden hatte, lagen diese doch mal wieder über den Erwartungen und J&J hat einige neue Medikamente in der Pipeline, die das Zeug zu Milliardenumsätzen in sich bergen. Die Eigenkapitalquote liegt bei 53% und der Umsatz beträgt rund 74 Mrd. USD. Mit einem KGV von 15 und einer Dividendenrendite von 3% ist J&J attraktiv bewertet und das neue Aktienrückkaufprogramm von 10 Mrd. USD sollte dem Kurs zusätzlichen Auftrieb geben.

+ VTG
Der Wagonvermietungs- und Logistikkonzern hat letztes Jahr den Mitbewerber AEE übernommen und trotz einer hohen Schuldenaufnahme sich hieraus erhebliche Synergieeffekte und damit Gewinnsteigerungen versprochen. Und diese stellen sich nun ein und das Unternehmen hat seine mittelfristigen Planungen deutlich angehoben. Zugleich sinken die Finanzierungskosten, weil man Schulden erheblich günstiger refinanzieren kann. Der grenzübergreifende Gütertransport auf der Schiene ist ein robustes Geschäft und die Wagons werden im Durchschnitt für drei Jahre an die Kunden vermietet, so dass konjunkturelle Eintrübungen nicht so stark ins Gewicht fallen. Ein KGV von 14 erscheint angesichts der anstehenden Gewinndynamik als fairer Preis für ein Unternehmen, das in Mitteleuropa annähernd konkurrenzlos ist und noch erhebliche Einsparmöglichkeiten heben kann, während die immer länger werdenden Staus auf den Straßen den Hauptkonkurrenten, die LKWs zunehmend unattraktiver machen.


.: Cashquote
Meine Cashquote ist aufgrund der Käufe inzwischen unter 10 Prozent gefallen und ich habe bewusst mein Depot aufgestockt, um die Erholung der Märkte zum Jahresende hin voll mitnehmen zu können. Denn Aktien sind und bleiben auf absehbare Zeit alternativlose Anlagen und die in den letzten Monaten geflüchteten Gelder werden an die Börsen zurückfluten. Nachdem nun auch die Lebensversicherungen künftig mit deutlich höheren Aktienquoten agieren wollen, entsteht zusätzliche Nachfrage nach Dividendentiteln, was den Kursen zusätzliches Potenzial bieten sollte.

Microsoft: Cloud? Azure? Only the Sky is the limit!

Microsofts Zahlen zum dritten Quartal waren nicht gut. Sie waren besser. Besser, als erwartet, in vielen Bereichen aber auch schlechter als im Vorjahr. Dieses unterschiedliche Bild zeigt den tiefgreifenden Wandel, dem sich der Software-Dinosaurier unterzieht, um dem Schicksal eben dieser seiner Vorfahren zu entgehen.

Im zweiten Quartal hatte der neue CEO Satya Nadella noch den größten Verlust der Firmengeschichte ausweisen müssen. Nachdem man das unter Vorgänger Steve Ballmer zugekaufte Handygeschäft von Nokia konsequent auf Null abgeschrieben hatte und somit ein Minus von 3,2 Mrd USD ausweisen musste. Da schien es fraglich, ob Ballmers Versuch, den Software-Riesen zu einem integrierten Soft- und Hardwareanbieter nach Apples Vorbild umzugestalten, noch die Kurve kriegen würde. Doch Nadella geht diesen Weg konsequent weiter. Besonders konsequent, könnte man sagen. Denn er lässt kaum einen Stein auf dem anderen, sein Credo lautet "cloud first, mobile first" und unter dieser neuen Ausrichtung müssen alle Aktivitäten ihren Platz (neu) finden...

Mittwoch, 21. Oktober 2015

Western Digital übernimmt SanDisk und präsentiert Zahlen

Eigentlich sind die Aktionäre von Western Digital daran gewöhnt, nichts von ihrem Unternehmen zu hören. Man verkauft halt seine Festplatten (extrem unsexy) und taucht ansonsten eher nicht auf dem Radar der Investoren auf. So hat sich der Aktienkurs in den letzten Jahren unspektakulär in immer neue Höhen geschraubt. Doch damit ist es seit einiger Zeit vorbei.

Am Markt bestehen seit einiger Zeit zunehmende Befürchtungen, der schwächelnde Absatz von PCs und Notebooks würde zu sinkenden Absatzzahlen bei Festplatten führen, dem Brot- und Buttergeschäft von Western Digital (WDC). Hier ist man immerhin Weltmarktführer und hat nur einen großen Rivalen, Seagate, mit dem man gemeinsam auf einen Marktanteil von rund 90 Prozent kommt.

Darüber hinaus machen WDC neue Speichermedien das Leben schwer, denn Festplatten sind langsam und stromintensiv. Und bei den neuen Speichermedien, Flash und insbesondere die 3D-NAND-Technologie ist WDC nur einer von vielen Anbietern und noch nicht einmal führend. Noch kommen die WDC-Produkte hervorragend bei den Kunden an, denn sie sind bisher unschlagbar günstig bei den Kosten je GigaByte Speicherkapazität. Und die Zukunftsmärkte "Cloud" und "Big Data" brauchen neben schnellen Leitungen vor allem eines: Speicherplatz.

Frisches chinesisches Kapital im Rücken
Zuletzt hatte sich der chinesische Staatsbetrieb Unisplendour bei WDC mit 15% eingekauft und für die neu ausgegebenen Aktien rund 3,8 Mrd. USD in WDC investiert und seit heute ist auch klar, wofür WDC diese Mittel einzusetzen gedenkt: die Übernahme des Mitweberwerbers SanDisk, eine Übernahme in etwa auf Augenhöhe, was die Börsenkapitalisierung angeht. Jedenfalls notierten beide Unternehmen in der letzten Woche bei rund 15 Mrd. USD (WDC noch ohne die 3,2 Mrd. USD an neuen Aktien, die Unisplendour übernimmt), doch während der Aktienkurs von SanDisk aufgrund aufkommender Übernahmespekulationen zweistellig zulegte, sackten der WDC-Kurs ab und gab die Kursgewinne von 15%, die der Einstieg der Chinesen mit sich brachte, wieder ab.

 Western Digital (Quelle: comdirect.de)
SanDisk ist WDC stolze 19 Mrd. USD wert
Für SanDisk wird Western Digital 19 Mrd. USD auf den Tisch legen und zwar in Aktien und Barmitteln; der Preis von 86,50 USD je Aktie entspricht einem nochmaligen Aufschlag von 15% auf den SanDisk-Schlusskurs von gestern. Damit verdoppelt sich das Unternehmen auf einen Schlag und der bisherige WDC-CEO Steve Milligan wird auch die neue Firma führen, SanDisk-CEO Sanjay Mehrotra soll ins Board of Directors der neuen Firma wechseln.

Der Kaufpreis soll 85,10 USD je Aktie betragen zuzüglich 0,0176 WDC-Aktien je SanDisk-Anteil - jedenfalls, sofern der 15-Prozent-Einstieg von Unisplendour Corporation Limited bis zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogen ist. Ansonsten bezahlt WDC 67,50 USD in Cash und 0,2387 eigenen Anteilen je SanDisk-Aktie.

Finanzielle Auswirkungen: Verschuldung steigt, Aktienerückkaufprogramm wird ausgesetzt
Um den Deal finanzieren zu können, plant WDC die Aufnahme neuer Schulden von 18,4 Mrd. USD und setzt das laufende Aktienrückkaufprogramm aus. Die Dividende soll wie bisher gezahlt werden. Die Kosteneinsparungen des Zusammenschlusses werden mit 500 Mio. USD benannt und sollen innerhalb der nächsten 18 Monate realisiert werden.

Was will WDC mit SanDisk?
SanDisk hat seit einiger Zeit zu kämpfen und böse Zungen meinen, hier würden sich zwei Lahme gegenseitig stützen wollen, um dadurch schneller laufen zu können. Und es sieht ein bisschen danach aus. Doch für WDC bedeutet die SanDisk-Übernahme jedoch, dann man in höhermargige Bereiche vorstößt und hier (endlich) auf signifikante Marktanteile kommt. Damit lässt sich der Wandel von den Festplatten hin zu kleineren, mobilen Flash-Speichern schneller vollziehen und WDC hat endlich eine Antwort darauf gefunden, wie man dem Eindringen der Flashspeicher in den Festplattenmarkt begegnen will. In diesem Zusammenhang nicht unwichtig ist die Aussage, das Joint-Venture zwischen SanDisk und Toshiba über die gemeinsame Entwicklung und Fertigung von NAND-Flash-Speicher werde fortgeführt.

Quartalszahlen bieten gemischtes Bild
Ganz nebenbei haben beide Unternehmen auch noch Quartalszahlen präsentiert. Während WDC die Gewinn-Erwartungen mit 1,56 USD je Aktie knapp erreichte, konnte SanDisk mit 1,09 USD die Erwartungen des Marktes von 0,80 USD klar schlagen. Allerdings hatte man im Vorjahr noch 1,49 USD je Aktie verdient und hier zeigt sich das Dilemma für SanDisk, weshalb man sich letztlich selbst vor einiger Zeit ins Schaufenster gestellt und um eine Übernahme gebettelt hatte.

Einschätzung
Es bleibt abzuwarten, wie WDC sich als neue Unternehmen präsentieren wird. Der Zukauf macht unter strategischen Gesichtspunkten durchaus Sinn und der Kaufpreis ist gerade noch so zu vertreten. Allerdings auch deshalb, weil die SanDisk-Zahlen nicht ganz schlecht ausfielen, wie eigentlich erwartet wurde. WDC hat nun große Anstrengungen zu unternehmen, um SanDisk zu integrieren, und darf dabei das eigentliche Ziel, qualitativ hochwertige Speichermedien zu attraktiven Preisen anzubieten nicht aus den Augen verlieren. Und dabei kommen noch weitere Integrationsanstrengungen auf das Unternehmen zu, denn gestern erst hatte das chinesische Handelsminsterium seinen Widerstand gegen die Integration der Hitachi-Festplattensparte aufgegeben, was WDC auf Sicht Einsparungen von 300 Mio. USD pro Jahr bringen soll.

Ich denke, Western Digital stellt für Langfristinvestoren ein attraktives Investment dar und der zuletzt abgetauchte Aktienkurs eine Chance. Der Wert befindet sich als Kauf auf meiner Empfehlungsliste, auch wenn die bisherigen Prognosen zu Umsatz, Gewinn nun einer Überarbeitung bedürfen.

Neues Angebot beim Bietergefecht um Balda

Die Balda AG plant, ihr gesamtes operatives Geschäft zu verkaufen und die Einnahmen hieraus an die Aktionäre auszuschütten. Im Anschluss soll dann der Name und der Geschäftszweck der Gesellschaft geändert werden - wohin die Reise gehen soll, ist noch unklar.

Unklar ist auch, wer der Käufer sein wird und welchen Preis er letztlich zu bezahlen hat. Denn das vorliegende Angebot von Paragon, zu dessen Unterstützung sich Balda-Großaktionär van Aubel (29,43% über die Elector GmbH) verpflichtet hat, wurde heute nachgebessert. Zu diesem Schritt sah man sich wohl gezwungen, weil ein anderer Bieter, die Unternehmensgruppe Heitkamp & Thumann (H&T), Paragon überboten hatte.

Dies ist das neue Angebot von Paragon und es wirft einige interessante Fragen oder Optionen auf, je nach Betrachtungsweise:

Die Balda AG hat heute ein verbessertes Angebot zum Verkauf ihres gesamten operativen Geschäfts erhalten. Nachdem die Balda AG am 23. September 2015 mitgeteilt hatte, dass sie einen Kaufvertrag zum Verkauf ihres gesamten operativen Geschäfts mit zwei Erwerbergesellschaften, die von der Beteiligungsgesellschaft Paragon, München, verwaltet werden ("Paragon") abgeschlossen hatte, hat sie am 30. September 2015 von der Unternehmensgruppe Heitkamp & Thumann, Düsseldorf, ("H&T") ein notarielles Angebot zum Verkauf ihres gesamten operativen Geschäfts zu einem Kaufpreis von EUR 70 Mio. erhalten. Bei Annahme des Angebots von H&T würde der Gesellschaft aus dem Verkauf (einschließlich des auszuschüttenden Gewinns für das abgelaufene Geschäftsjahr) insgesamt ein Bruttobetrag (vor Freistellungen, Steuern und Kosten) von ca. EUR 73,9 Mio. zufließen. 
Mit notariellem Angebot vom heutigen Tag hat Paragon angeboten, den Kaufpreis von bisher EUR 62,9 Mio. auf nunmehr EUR 65,9 Mio. zu erhöhen. 
Unter dem bisherigen Kaufvertrag besteht für Paragon die Option, von der Balda AG (oder einem verbundenen Unternehmen) die Gewährung eines Verkäuferdarlehens über einen Betrag von bis zu EUR 25 Mio. zu einem Zinssatz von 7,5% über Drei-Monats-EURIBOR und mit einer Laufzeit von bis zu drei Jahren zu verlangen. Paragon steht das Recht zu, das Darlehen zu jedem Quartalsende vorzeitig zu tilgen. In dem Angebot vom heutigen Tag bietet Paragon an, den Darlehensbetrag um EUR 3 Mio. auf EUR 28 Mio. zu erhöhen, das Darlehen fest in Anspruch zu nehmen und auf vorzeitige Tilgung zu verzichten. Hieraus würden der Balda AG über die nächsten drei Jahre voraussichtlich weitere ca. EUR 6,2 Mio. zufließen (bei Annahme eines in etwa gleichbleibenden EURIBOR). 
Insgesamt würde der Gesellschaft aus dem Verkauf an Paragon (einschließlich des auszuschüttenden Gewinns für das abgelaufene Geschäftsjahr) und der über drei Jahre gestreckten Darlehenszinsen ein Bruttobetrag (vor Freistellungen, Steuern und Kosten) von insgesamt ca. EUR 75,9 Mio. zufließen. 
Das verbesserte Angebot von Paragon als auch der bereits mit Paragon abgeschlossene Kaufvertrag entfallen vollständig, wenn H&T (oder ein Dritter) den Kaufpreis aus ihrem Angebot auf mindestens EUR 74 Mio. erhöht. Tritt ein solcher Fall ein, so ist die Balda AG zudem verpflichtet, an Paragon eine Abstandszahlung von EUR 1,4 Mio. zu leisten. 
Auch das verbesserte Angebot steht unter der aufschiebenden Bedingung der Zustimmung der Hauptversammlung der Balda AG sowie der Kartellbehörden. 
Der Vorstand wird in Kürze zu der ordentlichen Hauptversammlung 2015 einladen, die vorsorglich für zwei Tage, nämlich für den 30. November und den 1. Dezember 2015, geplant ist.Auf dieser Hauptversammlung werden sowohl der mit Paragon abgeschlossene Kaufvertrag in der Fassung des heutigen Angebots als auch das Angebot von H&T vom 30. September 2015 zur Beschlussfassung vorgelegt. Die Verpflichtung der Elector GmbH, die mit ca. 29,43% der Aktien an der Balda AG beteiligt ist, für den Verkauf an Paragon zu stimmen, gilt auch für den Kaufvertrag mit Paragon in der Fassung des heutigen Angebots. 
Wie angekündigt, werden Vorstand und Aufsichtsrat außerdem vorschlagen, eine Dividende von EUR 1,10 je Aktie und, unter der Voraussetzung eines Verkaufs des operativen Geschäfts, Erträge aus einer geplanten Kapitalherabsetzung von EUR 0,90 je Aktie an die Aktionäre auszuschütten sowie den Unternehmensgegenstand zu ändern.

Alles klar soweit?
Das Interessante sind die Nebensätze, denn bisher sah es danach aus, dass auf der Hauptversammlung keine Mehrheit zustande kommen würde. Denn der Verkauf des operativen Geschäfts ist ein so wesentlicher Vorgang, dass der HV-Beschluss mit 75% Zustimmung erfolgen muss. Auch wenn sich dies "nur" auf das anwesende bzw. abstimmende Kapital bezieht und daher die wirkliche Annahmequote erheblich niedriger liegen dürfte, weil meistens nur etwa die Hälfte der Stimmrechte auf den Hauptversammlungen vertreten sind, liegt die Hürde dennoch hoch. Oder vielmehr lag. Denn der neue Vertrag zwischen Elector und Paragon sieht eine Ausstiegsklausel vor. Wenn nämlich H&T oder jemand anderes mindestens 74 Mio. EUR für das operative Geschäft von Balda bietet, dann sind die Verträge bzw. das Angebot von Paragon gegenstandslos. Und damit auch Electors/van Aubels Verpflichtung, seine 29,43% hierfür in die Waagschale zu werfen.

Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass dann auf der HV nur noch das konkurrierende Angebot zur Abstimmung stünde. Und dann ist eine Annahmequote von 75% ziemlich wahrscheinlich, denn van Aubel würde kaum dagegen stimmen, denn Balda würde ja auf dem operativen Geschäft "sitzen bleiben", es würden keine hohen Ausschüttungen erfolgen können und der von van Aubel angestrebten Schwenk hin zu einem neuen Betätigungsfeld des Unternehmens wäre erst einmal Geschichte. Daher würde er "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" das neue Angebot annehmen und ihm so zum Durchbruch verhelfen.

 Balda (Quelle: comdirect.de)
Paragon zieht mit. Zähneknirschend...
Paragon dürfte sich richtig ärgern, denn im vorherigen Bieterprozess hatte man sich zunächst durchgesetzt und wähnte sich mit der Stimmrechtsverpflichtung durch Elector bereits am Ziel. Dann trat H&T auf den Plan und warf Paragons Pläne über den Haufen. Diese mussten nun nachbessern und akzeptieren einen höheren Preis - und lassen sich dies durch eine Ausgleichszahlung abgelten. Denn sollte ein konkurrierendes Angebot über mindestens 74 Mio. € eingereicht werden und Paragon wäre raus aus dem Spiel, wird man von Balda eine "Strafzahlung" von 1,4 Mio. EUR erhalten. Nachdem man selbst sein Kaufpreisangebot gerade um 3 Mio. EUR erhöht hatte, ein verschmerzbares Zugeständnis aus Sicht der Balda-Aktionäre, denn sie erhielten noch immer mindestens 1,6 Mio. EUR Mehrwert durch das Bietergefecht. Und die Aussicht auf zeitnahen Vollzug der Beschlüsse, eben weil es auf der HV zu einer Entscheidung kommen kann.

Einschätzung
Balda-Aktionäre können weiter entspannt zuschauen, wie sich das Drama entwickelt. Erst mit der Einladung zur HV wird aufgedeckt werden, was aus der Rest-Balda einmal werden soll. Und auch erst dann ist eine Einschätzung möglich, ob man vielleicht schon vor der HV und den Ausschüttungen und den damit verbundenen Steuerbelastungen seine Aktien verkaufen sollte. Oder ob die künftigen Perspektiven einer neuen Balda unter neuem Namen und unter geänderter geschäftlicher Ausrichtung verlockend genug klingen, um an Bord zu bleiben. Balda bleibt vorerst eine Halteposition auf meiner Empfehlungsliste.


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Ergänzung vom 22.10.2015

Heute meldete sich H&T zu Wort mit einem offenen Brief an die Aktionäre, in dem auf die entscheidenden Nachteile des Paragon-Angebots eingegangen wird. So ist die nun erst bekannt gewordenen Klausel im Vertrag mit Paragon, dass die Barmittel der Balda AG für drei Jahre als verzinstes Darlehen an Paragon gehen sollen, "sehr unattraktiv", da auf diese Weise die Balda-Aktionäre die Übernahme durch Paragon selbst finanzieren würden - und das Ausfallrisiko tragen müssten, falls Paragon das Darlehen am Ende nicht zurückzahlen könne. Das mache, so H&T, das optisch höhere Angebot von Paragon wesentlich unattraktiver als die Offerte von H&T, bei der das operative Geschäft von Balda in ein bestehendes Familienunternehmen integriert würde.

H&T wirbt also für sein eigenes Angebot, ohne den Kaufpreis zu erhöhen. Bisher zumindest. Denn die entscheidende Balda-Hauptversammlung findet ja erst Ende November statt und das Paragon-Angebot wäre mit einem Gegenangebot von mindestens 74 Mio. EUR hinfällig. Selbst wenn sich H&T mit dem Gedanken trägt, sein Angebot auf diese Summe zu erhöhen, wird dies erst kurz vor dem HV-Termin stattfinden, um Paragon keine Gelegenheit mehr zu einer Gegenwehr zu geben. Es bleibt spannend...


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Ergänzung vom 23.10.2015

Heute gab Balda die Einberufung zur Hauptversammlung bekannt. Wenig überraschend empfehlen darin Vorstand und Aufsichtsrat die Annahme des Paragon-Angebots. Und im Anschluss soll der Geschäftszweck der Restgesellschaft geändert werden: sie soll künftig ihr eigenes Vermögen verwalten und/oder Unternehmensbeteiligungen und Grundstücke erwerben, halten und veräußern können. Der neue Name soll "Clere AG" lauten.


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Ergänzung vom 30.10.2015

Wie von mir ja bereits spekuliert wurde, hat H&T heute nachgelegt und das Paragon-Angebot aus dem Spiel genommen. H&T bietet die erforderlichen 74 Mio. EUR für das operative Geschäft von Balda und damit sind alle Vereinbarungen zwischen Balda und Paragon hinfällig - abgesehen von der "Strafzahlung" von 1,4 Mio. EUR, die nun an Paragon fällig wird. Insbesondere Großaktionär van Aubel ist nun nicht mehr verpflichtet, das Angebot von Paragon zu unterstützen, so dass aktuell nur noch zwei Optionen auf dem Tisch liegen: das erhöhte H&T-Angebot oder Balda behält sein operatives Geschäft. Unter diesen Gegebenheiten ist es wahrscheinlich, dass die HV das Angebot der H&T annimmt, die Ausschüttungen wie geplant erfolgen und dass aus Balda die Clere AG wird, die sich (zunächst) um die Verwaltung des eigenen Vermögens kümmern wird.

Dienstag, 20. Oktober 2015

IBM kriegt einfach die Kurve nicht (mehr)...

Der Zahl 13 hängt ja der Ruf an, Unglück zu bringen, und so waren IBMs Zahlen zum 2. Quartal auch dem entsprechend schlecht, denn IBM-Chefin Ginny Rometty hatte den den dreizehnten Umsatzrückgang in Folge vermelden müssen. Und wer gedacht hat, nach IBMs Big Blues würde alles besser, wurde jüngst - mal wieder - eines Bessern belehrt.

Denn IBMs Zahlen zum 3. Quartal sind rekordverdächtig schlecht! Nicht nur, dass es der vierzehnte Umsatzrückgang in Folge ist und dass die Gewinne weiter schmelzen wie Eis in der Sahara, sondern IBM hat es fertig gebracht, schlechter abzuschneiden als die schlechteste aller Analysten-Prognosen. Folgerichtig kassiert man dann auch gleich noch die Jahresprognosen, denn wenn man schon einen Lauf hat...

Das Bild des Grauens in aller Kürze
Die Umsätze sanken im 3. Quartal um 14% auf 19,3 Mrd. USD und die Gewinne in den fortgeführten Geschäftsbereichen lagen mit 3 Mrd. USD um ebenfalls 14% unter dem Vorjahreswert. Unter dem Strich stieg zwar der Gewinn von 18 Mio. USD auf 2,95 Mrd. USD, allerdings hatte IBM im Vorjahresquartal seine verlustträchtige Chipsparte verkauft und eine entsprechend hohe Abschreibung vornehmen müssen.

In der Cloud geht es voran. Aber zu langsam
Während die klassische Computersparte geradezu implodiert und mit 1,49 Mrd. USD um 39% geschrumpfte Umsätze verkraften muss, wächst IBM in der Cloud um 45%. Hier liegt der neue Fokus des Tech-Riesen und viele IBM-Anhänger, zu denen mit 8,2% Anteil auch Warren Buffett als größter Aktionär gehört, setzen alle Hoffnungen auf eine erfolgreiche Transformation. Doch der Wandel ist längst zur Dauerbaustelle geworden und 45% Wachstum klingt auf den ersten Blick beeindruckend, doch wenn man sieht, dass die großen Konkurrenten Amazon (29% Weltmarktanteil), Microsoft (11%) und auch SAP hier viel schneller, erfolgreicher und gewinnträchtiger wachsen, dann wirkt IBMs (7%) Wachstum hier wie ein Zwei-Spänner auf der Autobahn. Isoliert betrachtet vielleicht ganz flott unterwegs, aber im Vergleich mit der Konkurrenz allenfalls standspurtauglich.

Prognosen kassiert
Natürlich wird vor allem auf den starken Dollar geschaut und er hat auch negative Auswirkungen auf IBMs Zahlenwerk. Doch auch die Konkurrenz hat mit diesem Problem zu kämpfen und schlägt sich weitaus besser. Und IBM schwächelt gerade auch in Nordamerika, wo ihm die Mitbewerber den Schneid abkaufen. So kommt es nicht unerwartet, dass IBM seine Jahresprognosen zusammenstreichen muss. Anstelle von 15,75 bis 16,50 USD erwartet man nun nur noch einen Gewinn zwischen 14,75 und 15,75 USD. Der "Fortschritt beim Wandel", den Ginni Rometty ausgemacht haben will, kann den Tanker nicht auf Spur halten...

 IBM in $ (Quelle: comdirect.de)
Einschätzung
IBM steckt in der Krise, weil der als notwendig erkannte Wandel hin zu Software, Dienstleistungen und Cloud zwar angegangen wird, aber viel zu langsam Früchte trägt. Die Mitbewerber tänzeln um IBM herum und schneiden sich die Filetstücke aus dem Dino, der nur hilflos mit ansehen kann, wie die flinken Herausforderer längst zu den Marktbeherrschern geworden sind, während sich IBM selbstverloren hinterher schleppt.

Ich stehe bei IBM weiterhin an der Seitenlinie und sehe keine günstige Einstiegsgelegenheit. Denn die optisch niedrige Bewertung ist es nur auf den ersten Blick, denn IBM siecht vor sich hin und die Gewinne je Aktie steigen nur deshalb, weil IBM seinen Cashflow dazu verwendet, in großem Stil eigene Aktien zurückzukaufen. Aufwachen!!! IBM täte gut daran, sich endlich mal um sein operatives Business zu kümmern, anstatt sich durch Aktienrückkäufe künstlich attraktiv zu rechnen. Für mich wird IBM immer mehr zur Value Trap, das Unternehmen stirbt einen langsamen Tod auf Raten. Ein wahrer Dinosaurier eben, der seinen Ende entgegen siecht, weil er dem Wandel seines Lebensumfeldes einfach nicht gewachsen ist. Und es ist nicht abzusehen, ob IBM das Ruder irgendwann herumreißen kann. Noch verdient man genug Geld, um gegensteuern zu können, aber es macht nicht den Anschein, als würde dies passieren. Die Tickets für diese Titanic sehen günstig aus. Aber es ist eben die Titanic und die Eisberge warten schon, während IBM strikt den eingeschlagenen Kurs hält. Aber ohne mich...

Montag, 19. Oktober 2015

Für Western Digital läuft's in Asien einfach rund(er)

Festplatten-Gigant Western Digital hat momentan einen Lauf und wird damit immer offensichtlicher zu einem unterbewerteten Value-Schnäppchen. Nachdem ich kürzlich über den Einstieg von Unisplendour Corporation Limited, einer Tochter des chinesischen Staatsunternehmens Tsinghua, berichtet hatte, zeigt sich heute bereits der erste Teilerfolg dieser neuen Allianz. Denn eine seit längerem ausstehende Entscheidung des chinesischen Handelsministeriums ist nun gefallen und Western Digital darf endlich die bereits 2012 übernommene Hitachi (HGST) vollständig integrieren - mit einigen Übergangszugeständnissen in den nächsten zwei Jahren. Durch diese Integration wird Western Digital rund 300 Mio. USD pro Jahr einsparen und das kommt direkt den Aktionären zugute!

Um die Auswirkungen wirklich erfassen zu können, schauen wir mal auf die WDC-Bilanz per 30. Juni. Dort fanden sich 2,6 Mrd. USD an Verbindlichkeiten, denen 5,3 Mrd. USD an Cash gegenüberstanden. An Free Cash-flow generierte WDC in den letzten 12 Monaten 1,6 Mrd. USD und dieser wird für Aktienrückkäufe und Dividenden verwendet.

 Western Digital (Quelle: comdirect.de)
Durch den 15%-Anteil der Chinesen wird sowohl der Free-Cash-flow als auch die gewinne entsprechend verwässert, andererseits kann WDC durch das frische Eigenkapital entweder seine Verschuldung senken und so Zinsen einsparen oder aber weitere Zukäufe tätigen. Die 300-Millionen-Einsparungen durch die HGST-Integration (pro Jahr wohlgemerkt!) wirkt sich also zusätzlich positiv auf die WDC-GuV aus.

Einschätzung
Aktionäre von Western Digital sollten weiterhin an Bord bleiben und diesem günstig bewerteten Unternehmen die Treue halten. Auch wenn Western Digital nicht gerade kleinen Herausforderungen aufgrund neuer Speichertechnologien gegenübersteht, hat man mit der Beteiligung der chinesischen Staatsfirma einen starken verbündeten im Hintergrund in einem Markt, der für alle Tech-Unternehmen zunehmend an Bedeutung gewinnt. Western Digital befindet sich auf meiner Empfehlungsliste und mit einem 2016er KGV um 10 und einer Dividendenrendite um 3% sind Kurse knapp über 70 EUR für mich weiterhin Kaufkurse, auch wenn Gerüchte über einen möglichen Kauf von SanDisk, einen weltweit führenden Anbieter von Flash-Speichern mit einem Börsenwert von knapp 15 Mrd. USD, den Aktienkurs von Western Digital gegenwärtig belasten.

Steico verdient mehr

Steico ist ein Hersteller ökologischer Bauprodukte und sollte vom Trend zum nachhaltigen und CO2-armen Bauen profitieren. Und auch die beiden großen Trends, hin zu Immobilien in Ballungsräumen und schnelle Lösungen für die Flüchtlingsunterbringung bieten dem Unternehmen zusätzliche Chancen. In den Zahlen für das 3. Quartal spiegeln sich diese noch nicht wirklich wieder, aber Steico kann dennoch positiv überraschen. Denn die hohen Investitionen in neue Maschinen und die damit einhergehende Angebotserweiterung bzw. Ausweitung der Fertigungstiefe sollte ja mit einer Verbesserung der Margen einhergehen und höhere Gewinne liefern. Und das tun sie...

Um 5,7% legte der Umsatz auf 49,9 Mio. EUR zu und das operative Ergebnis (EBITDA) sogar um 12,5% auf 7,2 Mio. EUR, während das EBIT um 15% 25% auf 4,0 Mio. EUR anstieg. In den ersten 9 Monaten dieses Jahres kommt Steico hier nun zusammen auf 9,4 Mio. EUR oder 5,6% mehr als in der entsprechenden Vorjahresperiode. Man konnte inzwischen also die eher durchwachsenen Ergebnisse des ersten Halbjahres sehr gut kompensieren und befindet sich auf einen erfolgversprechenden Weg - solange die Konjunktur anhält und der Winter nicht zu lang und zu hart wird, weil die Bauwirtschaft deutlich treffen würde. Der Vorstand spricht davon, "im Rahmen der Erwartungen" zu liegen, hebt aber die eigenen Prognosen leicht an. So will man nun bei EBITDA und EBIT nicht zwischen 2% und 5%, sondern zwischen 3% und 5% zulegen.

 Steico SE (Quelle: comdirect.de)
Steico steht nach wie vor im harten Preiswettbewerb und kämpft dabei mit Überkapazitäten in der Branche. Aus diesem Grund hat man sich vor einiger Zeit entschlossen, neue Produktionskapazitäten aufzubauen, um fremdvergebene Teilaufträge selbst abwickeln zu können durch diese "Erhöhung der Fertigungstiefe". Des Weiteren hat man eine eigene Anlage zur Furnierbeschichtung in Betrieb genommen, wodurch man weniger abhängig von Zulieferern wurde und in diesem Bereich eine höhere Wertschöpfungstiefe erreicht und somit insgesamt höhere Margen. Die Investitionen von rund 50 Mio. EUR sind für ein Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von gerade mal 88 Mio. EUR allerdings keine Kleinigkeit und angesichts der Überkapazitäten und des Preisdrucks in der Branche durchaus mit Risiken verbunden. Mit den vorgelegten Zahlen scheint sich aber die Strategie des Unternehmens auszuzahlen.

Ich habe Steico seit längerem auf meiner Empfehlungsliste und schätze das Unternehmen weiterhin als gute Halteposition ein. Der Aktienkurs kommt seit einiger Zeit nicht mehr vom Fleck und schwankt zwischen 5 und 7,50 EUR. Er könnte aber wieder neues Potenzial entfalten, wenn sich die Margen- und Ergebnisverbesserungen verstetigen sollten.

Börsenweisheit der Woche 42/2015

"Mache es einfach, nicht kompliziert: suche Unternehmen mit nachvollziehbaren Geschäftsmodellen aus, die Bestand haben werden."
(Warren Buffett)

Freitag, 16. Oktober 2015

Investor-Update: Blackstone, Delignit, KKR, PJT Partners, WCM

Im Investor-Update notiere ich in unregelmäßigen Abständen aktuelle Einschätzungen zu Unternehmen meiner Empfehlungsliste und wie sich diese ggf. auf mein Investment-Portfolio ausgewirkt haben. Darüber hinaus auch zu Unternehmen, die ich noch nicht hier im Blog vorgestellt habe, die sich jedoch in meinem Depot befinden.

Unsicherheit an den Börsen hält an
Schlagartig zum Beginn des Oktober haben sich die Aktienkurse deutlich erholt, aber die Unsicherheit und die damit verbundene hohe Volatilität halten an. Die nun in dieser "Berichtssaison" vorgelegten Unternehmenszahlen werden vom Markt eher negativ aufgenommen und Prognoseverfehlungen bzw. Umsatz- und Gewinnwarnungen gnadenlos mit zweistelligen Kurseinbrüchen bestraft. Aber diese bieten für langfristig orientierte Anleger auch Chancen.

= Blackstone Group L.P.
Erst wurde der Spin-off der "Investment Boutique" PJT Partners vollzogen und dann meldete Blackstone Geschäftszahlen zum 3. Quartal, bei denen das Nettoergebnis ins Minus rutschte und auch die Erwartungen verfehlte. Ich hatte gehofft, dass hierdurch der Aktienkurs noch einmal kurzfristig unter Druck käme, um weitere Aktien einsammeln zu können, aber der Aktienkurs stieg sogar leicht an. Die Anleger fokussierten sich - wie ich - wohl eher auf den gestiegenen ausschüttungsfähigen Gewinn und die hohe Quartalsdividende, so dass ich leider nicht zum Zug kam.

+ Delignit
Der Abgasskandal und reihenweise Gewinnwarnungen setzen den Autozulieferern zu. Ein solcher ist auch der Smallcap Delignit, den ich seit Jahren auf der Empfehlungsliste habe und seit den Höchstkursen aus dem Jahr 2014 von rund 4,5 EUR hat man sich wieder meilenweit entfernt. 2015 war nach Jahren des rasanten Wachstums ein Übergangsjahr und ab 2016 soll wieder verstärkt Wachstum generiert werden - ohne dabei die Margen zu belasten, wie der Vorstand betont. Delignit stellt Komponenten aus ökologischen Materialien, vornehmlich Buchenholz, her und diese kommen in der Automobilindustrie zum Einsatz. Allerdings konnte auch ein erster Großauftrag der Bahn in England an Land gezogen werden und hier erhofft man sich Folgeaufträge.

Also Automobilzulieferer kam Delignit mit unter die Räder, allerdings dürfte das Unternehmen eher zu den Profiteuren gehören. Denn nicht nur VW will nun künftig auf Elektro- und Hybridantriebe setzen und die benötigen neben verbesserten Batterien vor allem leichte Baumaterialien, die zudem genauso sicher und haltbar sind wie Kohlefaser und/oder Aluminium und Stahl. Hier haben sich in den letzten Wochen aus meiner Sicht enorme Potenziale für Delignit aufgetan und der Kurs von 2,70 EUR hat mich daher gereizt, mir wieder einige Stücke ins Depot zu legen.

+ KKR & Co. L.P.
Der Kurs von KKR kommt nicht vom Fleck, zu groß ist die Angst vor weiteren schlechten Nachrichten von den Energie-Beteiligungen und davor, dass sich die turbulenten Börsenphase negativ auf die Ergebnisse von KKR ausgewirkt haben könnten. Denn KKR ist noch stärker als Blackstone von der Börsenverfassung abhängig, denn man ist bisher in deutlich geringerem Maße im Immobiliensektor unterwegs, aus dem Blackstone regelmäßig solide Ergebnisse einfährt.

Die aktuelle Marktphase nutzt KKR in zweierlei Hinsicht: einerseits kauft man in großem Stil Beteiligungen und auf der anderen Seite bringt man alte Engagements an die Börse. So wie heute den indischen Starbucks-Konkurrenten Coffee Day Enterprises und gestern den weltgrößten Zahlungsabwickler First Data, das mit 2,6 Mrd. USD bisher größte IPO des Jahres.

Für mich ist KKR ein sehr aussichtsreiches Investment, weil man insbesondere an der Börse antizyklisch agiert. Ich hatte daher im Vorfeld des First Data-IPOs meinen Bestand weiter aufgestockt und er reicht nun fast an die Blackstone-Position heran.

+ PJT Partners Inc.
Der Spin-off von Blackstones M&A-Beratungsbusiness spülte mir ein paar Aktien von PJT Partners ins Depot und ich habe die Position soweit aufgestockt, dass sie eine relevante Größe in meinem Depot ausmacht. Ich habe rund 18,40 EUR für die Aktien bezahlt und denke, sie werden sich tendenziell gut entwickeln, da der Markt für Fusionen und Übernahmen immer mehr Fahrt aufnimmt. Eine Dividende ist allerdings zunächst nicht auf der Agenda des Unternehmens.

= WCM
Die außerordentliche Hauptversammlung ist unspektakulär über die Bühne gegangen und alle Tagesordnungspunkte wurden mit großer Mehrheit angenommen. Zwischendurch wurde noch ein weiterer Zukauf in Eschborn vermeldet, so dass das Gewerbe-Immobilien-Portfolio nun die 500 Mio. EUR Marke durchbrochen hat. Am 19. November stehen die Zahlen zum 3. Quartal an und dann wird man erstmals sehen, wie dynamisch WCM wächst und welche Erträge man inzwischen bereits generiert. Der Kurs hat sich noch nicht vom Niveau der großen Kapitalerhöhung bei 2,05 EUR abgesetzt und CEO Efremidis nutzt diese Chance und kauft munter im sechsstelligen Euro-Bereich weitere Aktien zu. Auch das ist ein deutliches Zeichen, wohin die Reise des Unternehmens und seines Aktienkurses künftig gehen sollte.


.: Cashquote
Meine Cashquote ist aufgrund der Käufe auf knapp 15 Prozent gefallen, doch es stehen ja demnächst Zahlungseingänge aus Dividenden an, z.B. die von KCAP Financial. Auch wenn die Börsen die nächsten Wochen noch weiter schwankungsanfällig bleiben dürften, steigt mit jedem Tag die Chance auf eine Jahresendrallye. Denn die negativen Ergebnisberichte werden vom Markt erstaunlich gut kompensiert. Es ist also schon einiges an negativem Sentiment in den Kursen enthalten. Und wenn alle auf einen schwarzen Schwan warten, ist sein Auftauchen quasi bereits ausgeschlossen...

KKR: Milliarden-IPO First Data stolpert erfolgreich an die Börse

First Data ist die bis dato größte Private-Equity-Übernahme in der Geschichte und für Finanzinvestor Kohlberg Kravis Roberts & Co. L.P. (KKR) ist es bisher kein Erfolg. Denn KKR übernahm First Data (FDC) im Jahr 2007 zum Höchstpreis unmittelbar vor dem Börsencrash, der durch die Finanzkrise und die Pleite der US-Investmentbank Lehman Bros. ausgelöst wurde. Für diesen mit 24 Mrd. USD überwiegend fremdfinanzierte Deal brachte KKR insgesamt 29,8 Mrd. USD auf und musste unmittelbar danach mit ansehen, wie seine neue Beteiligung dramatisch an Wert verlor, während das Zinsgewicht geradezu erdrückend wurde.

KKRs Plan: First Data kauft sich selbst und gehört am Ende KKR
Nun, KKR hat es überstanden und First Data auch. Das ist im Business der Finanzinvestoren keine Selbstverständlichkeit, denn ein ganz übliches Vorgehen ist, dem fremdfinanzierten Übernahmeziel anschließend die Schulden aufzudrücken. Das neu erworbene Unternehmen muss dann viele Fremdmittel aufnehmen und im Gegenzug hohe Dividenden bzw. Sonderausschüttungen vornehmen - so wird aus Eigenkapital dann Fremdkapital und die Finanzinvestoren zahlen so schnell einen erheblichen Teil ihrer Finanzierung, die sie zu dieser Übernahme stemmen mussten, zurück. Das Eigentum verbleibt beim neuen Eigentümer, die Schulden beim übernommenen Unternehmen - und müssen von diesem dann bedient werden. Und zuvor verdient, sonst funktioniert der Plan nicht. Daher müssen die Übernahmeziele im Anschluss nicht selten drastische Sparmaßnahmen über sich ergehen lassen, um einerseits die Zinslasten bedienen zu können und andererseits auch "aufgehübscht" zu werden. Denn mittel- und langfristig ist das Ziel des Finanzinvestors, die übernommene Firma rentabler zu machen und mit einem satten Gewinn wieder zu verkaufen. Gerne auch über die Börse und in Teilschritten, um die Hebung des Unternehmenswertes auch völlig auskosten zu können..

Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt...
Im Grunde sollte es so auch bei First Data laufen, die KKR 2007 direkt nach der Übernahme von der Börse nahm. Es wurden aufgrund der schwierigen Situation weitere Finanzinvestoren als Partner ins Boot geholt, denn es war absehbar, dass die Finanzkrise einen Wiederverkauf in absehbarer Zeit nicht möglich machen würde. Also stellte man sich auf eine lange Beteiligungszeit ein und trimmte First Data auf Erfolgskurs. Heute ist First Data der größte Zahlungsabwickler der Welt, der 1,7 Billionen USD in 74 Milliarden Transaktionen abwickelt. So der Stand per Ende 2014 und das entspricht mal eben 10% des U.S. BIP. Dabei machte FDC 11,2 Mrd. USD Umsatz und 1,4 Mrd. USD Profit - vor Zinsen. Nach Zinsen steht unter dem Strich ein Verlust und das ist nicht verwunderlich, denn FDC muss noch 22,9 Mrd. USD an Schulden stemmen und bedienen. Damit hat man die ursprüngliche Verschuldung in den letzten Jahren bereits heruntergefahren, aber von Gewinnen ist man noch entfernt. Im Gegensatz zu anderen Unternehmen der Branche, die aber weit weniger verschuldet sind.

Ziel des IPOs ist Senkung der Verschuldung und der Zinslast
Und so ist ein Ziel des IPOs auch, die Verschuldung zu senken. Die ausgegebenen 160 Mio. neuen Aktien kamen zu 16 USD an die Börse und damit unterhalb der ursprünglich von KKR erhofften Spanne von 18 bis 20 USD. Mit den eingenommenen rund 2,6 Mrd. USD ist First Data das größte IPO des Jahres und angesichts der turbulenten Marktverfassung damit durchaus ein Erfolg. Natürlich hat dabei auch die hohe Verschuldung eine Rolle gespielt, die ist für FDC durchaus eine Belastung und ein Malus aus Sicht von Investoren. Denn auch nach der Eigenkapitalspritze durch das IPO liegt die Verschuldung First Datas immer noch bei überdurchschnittlichen 18,4 Mrd. USD. Durch die neuen Eigenmittel konnte FDC also seine Verschuldung senken und so auch seine Zinslast. Anfang 2016 stehen 10 Mrd. USD zur Nachfinanzierung an, die aktuell mit 10,2% verzinst sind - eine Last aus den Jahren 2010 und 2011, als die Zinsen sehr viel höher standen als heute. Und jetzt eine große Chance für First Data, denn wenn sich der Zinssatz hier um einige Prozentpunkte senken lässt, hat das natürlich gewaltige Auswirkungen auf das Ergebnis nach Zinsen (EBT) und den Gewinn. Damit kommt die Gewinnschwelle in greifbare Nähe, denn 1 Prozent niedrigere Zinssätze bedeuten bei 10 Mrd. USD Darlehen jährlich geringere Zinslasten von 100 Mio. USD. Für 2 oder 3 Prozent kann sich das jeder selbst ausrechnen. Die Ratingagenturen heben jedenfalls bereits den Daumen und stufen nach dem Börsengang die Bonität First Datas nach oben - auch das ist ein klares Indiz, dass künftig die (Re-) Finanzierung für das Unternehmen deutlich günstiger werden wird.

Für KKR ist das IPO auf jeden Fall ein großer Erfolg, denn man ist mit 37% weiterhin der größte Aktionär von FDC. Bloomberg beziffert der Anteil, den KKR an Eigenkapital in FDC stecken hat, auf 3,9 Mrd. USD. Dabei muss man wissen, dass KKR in der Vergangenheit sein Engagement bei FDC bereits auf 60 Cents je Dollar abgeschrieben hat. Bei einem Aktienkurs von 16 USD wird der KKR-Anteil nun mit 4,5 Mrd. USD bewertet, knapp 15 Prozent höher.

Man kann davon ausgehen, dass FDC sich durch den wiedererlangten Zugang zum Kapitalmarkt künftig besser entwickeln wird und hiervon wird auch KKR profitieren. Denn operative Fortschritte werden sich in steigenden Aktiennotizen und damit einem höheren Beteiligungswert in KKRs Portfolio auswirken. Und hier muss man einmal auf die Relationen schauen, denn KKR selbst wird zur Zeit an der Börse mit 8 Mrd. USD bewertet.

 KKR & Co. L.P. (Quelle: comdirect.de)
KKRs Portfolio beeindruckt
Man muss nur mal einen Blick in KKRs Portfolio werfen, um zu sehen, welche Schätze sich dort verbergen. In Deutschland am bekanntesten dürfte WMF sein, die man vor einiger Zeit für mehr als 600 Mio. EUR übernommen und von der Börse genommen hat. Im Juli hat KKR die Diabetes-Sparte von Bayer übernommen und dafür 1 Mrd. € auf den Tisch gelegt. Anfang des Jahres wurde Alliance Boots an den Apothekenbetreiber Walgreen verkauft für 7,3 Mrd. USD und da nicht alles in bar floss, wurde KKR mit 4,6% der Anteile Großaktionär der neuen Muttergesellschaft Walgreen Boots Aliance. Beim heutigen Aktienkurs entspricht dieses Aktienpaket einem Wert von rund 3,2 Mrd. USD.

Allerdings muss man natürlich berücksichtigen, dass KKR nicht nur Eigenkapital in diese Beteiligungen investiert hat, sondern eben auch viele Fremdmittel, die Investoren zur Verfügung gestellt haben. Man kann also nicht die Summe der Beteiligungen einfach zusammenzählen und dann kommt man auf den fairen Wert des KKR-Portfolios. Das wäre schön einfach... Denn die "Assets under Management" (AUMs), also die von KKR verwalteten Gelder, muss KKR natürlich seinen Geldgebern irgendwann zurückzahlen und diese müssen daher vom Wert der Beteiligungen abgezogen werden. Was die Bewertung von KKR nicht gerade einfacher macht, jedenfalls nicht nach Benjamin Grahams Methode, also nach Zerschlagungswerten bzw. dem reinen Buchwert. Finanzinvestoren wie KKR und Blackstone kann man so nicht wirklich greifen, sondern anhand ihrer AUMs und ihrer ausschüttungsfähigen Gewinne. Aus der Entwicklung dieser beiden Zahlen lässt sich auf die Veränderung des fairen Wertes des Unternehmens schließen und früher oder später vollzieht der Aktienkurs diese Wertentwicklung dann irgendwann nach...

Einschätzung
KKR befindet sich auf meiner Empfehlungsliste und ich habe die Position bereits im Vorfeld des First Data-IPOs deutlich ausgebaut, so dass sie nun die fast wieder an die Größe meiner Blackstone-Position heranreicht. Kurse unter 16 EUR sehe ich als Schnäppchenpreise an, auch wenn die Börsenturbulenzen negative Auswirkungen auf das Geschäft der Finanzinvestoren hat, wie sich gerade auch bei Blackstone in den Zahlen zum 3. Quartal zeigte. Auch KKR dürfte seinen ausschüttungsfähigen Gewinn gesteigert haben, wenn Ende Oktober die Quartalszahlen präsentiert werden, und mit einer hohen Quartalsdividende aufwarten.