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Mittwoch, 22. Juli 2015

Der Apple fällt nicht weit vom Stamm... aber tief

Der Physiker und Astronom Isaac Newton entdeckte die Schwerkraft, als ihm ein Apfel auf den Kopf fiel, während er unter einem Baum döste. Dergestalt unsanft aus seinen Träumen gerissen, entwickelte er seine Gravitationstheorie. Und nach dem, was sich nachbörslich an der Wall Street abzeichnet, scheint einmal mehr ein Apfel die Gesetze der Schwerkraft auszutesten.

Denn Apple, der mit bisher 700 Mrd. USD Börsenkapitalisierung wertvollste Konzern der Welt, hat gestern nach Börsenschluss seine Zahlen zum abgelaufenen 2. Quartal präsentiert und die können sich eigentlich sehen lassen! Die Umsätze stiegen im Jahresvergleich um ein Drittel auf 49,6 Mrd. USD und der Gewinn lag mit 10,7 Mrd. USD sogar um 38 Prozent über dem des Vorjahresquartals. Beide Werte übertrafen die Erwartungen klar.

Klumpenrisiko iPhone
Doch Apple ist vor allem von einem einzigen Produkt abhängig, dem iPhone. Dessen Anteil am globalen Smartphonemarkt beträgt "nur" 18 Prozent, dennoch streicht Apple inzwischen rund 92 Prozent aller Gewinne im Smartphonemarkt ein. Dieses Klumpenrisiko für Apple ist enorm und war ja auch für mich vor Kurzem der Grund, weshalb ich Apple good bye gesagt und von meiner Empfehlungsliste gestrichen habe. Denn ich denke, dass Apple hier mit Erwartungen überfrachtet wird und die Fallhöhe, wenn das Unternehmen die hohen Erwartungen nicht (mehr) erfüllen kann, ist extrem.

iPhone-Absatz steigt rasant - und doch viel zu wenig
Und was konnte Apple nun berichten? Der Konzern verkaufte in dem Ende Juni abgeschlossenen dritten Geschäftsquartal 47,5 Mio. iPhones und damit 35 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Das ist beeindruckend und doch nicht beeindruckend genug, den die Analysten hatten zum Teil deutlich mehr erwartet - und die Aktien sinken nachbörslich wie ein Stein um gute 8 Prozent, wodurch sich mehr als 50 Mrd. USD an Börsenkapitalisierung in Luft auflösten. Wohl auch, weil Apple im zweiten Quartal 22 Prozent weniger iPhones verkaufen konnte als in den drei Monaten zuvor.

Apple (Quelle: comdirect.de)
Wandelt Apple auf Ikarus' Spuren?
Dädalus und sein Sohn Ikarus wurden als Strafe von König Minos im Labyrinth des Minotauros auf Kreta gefangen gesetzt. Zur Flucht erbaute Dädalus Flügel für sich und seinen Sohn, indem er Federn mit Wachs an einem Gestänge befestigte. Trotz der Warnungen seines Vaters, er dürfe unter keinen Umständen der Sonne zu nahe kommen, wurde Ikarus übermütig und flog immer höher und höher - bis die Sonne das Wachs seiner Flügel schmolz und er ins Meer zu Tode stürzte. Diese Geschichte aus der griechischen Mythologie könnte die Vorlage zur heutigen Geschichte von Apple sein. Ein Konzern, der immer höher von Erfolg zu Erfolg eilt, dem keine Grenzen gesetzt zu sein scheinen und der doch doch scheitert. Scheitern muss, weil sich alle an ihren immer höher geschraubten Erwartungen berauschen und sich daran gewöhnt haben, dass selbst die höchsten Erwartungen noch immer übertroffen wurden.

Und so kommt es, dass herausragende Zahlen zu einer Enttäuschung wurden, weil das Beste nicht mehr gut genug ist. Dabei ist Apple nicht schuldlos an der Situation, denn kein Unternehmen versteht es so wie Apple, sich zu inszenieren, sich den Nimbus des Unnahbaren, Unerreichbaren fast Mystischen zu geben. Und dieser Nimbus wird nun abrupt geerdet, schlicht, schnörkellos, durch das Drücken des Sell-Buttons beim Broker.

Ausblick
Die Kratzer dürften tief sein, die nun auf Apples zuletzt makelloser Bilanz prangen. Man fühlt sich ein wenig erinnert an den Herbst 2012, als nach dem Tod des Gründers und Ideengebers Steve Jobs die Zweifel groß waren und immer mehr wuchsen, ob Apple noch innovativ sein könnte, ob es neue Produkte ersinnen könnte, und als der Aktienkurs innerhalb von 9 Monaten von 100 USD auf unter 60 USD abstürzte. Die heutige Enttäuschung könnte ein neues Infernal für einen solchen schleichenden Abschwung sein, denn die Absatzzahlen des neuen Hoffnungsträger Apple Watch sind ernüchternd (vermutlich wurden bisher lediglich 2 Mio. Stück verkauft), das iPhone bleibt die einzige wirkliche Cash-Cow. Und gerade in China, dem größten Wachstumsmarkt, herrscht seit Mitte Juni lähmende Tristesse. Denn der Börsencrash in Shanghai hat nicht nur riesige Summen an Kapital vernichtet, er hat auch die Absatzzahlen ausländischer Luxusartikel einbrechen lassen. Und nicht nur die deutschen Premium-Automobil-Hersteller klagen über erhebliche Umsatzeinbußen, auch Luxusgegenstände wie Uhren, Schmuck und High-Tech-Geräte bleiben immer häufiger in den Läden liegen. Hier wächst das nächste große Enttäuschungspotenzial heran für die nächsten Quartalszahlen.

Fazit
Ich fühle mich in meiner Einschätzung bestätigt und denke, es war goldrichtig, die Apple-Aktien aus meinem Depot und von meiner Empfehlungsliste zu nehmen. Apple ist und bleibt ein tolles Unternehmen mit hervorragenden Produkten. Aber es ist auch nach wie vor zu abhängig von einem einzigen Produkt und meiner Ansicht nach noch immer deutlich zu hoch bewertet für sein sich zunehmend verschlechterndes Chance-Risiko-Profil.

6 Kommentare:

  1. Mit Microsoft verhält es sich aber wenig anders:
    Windows 8 mit Problemen, Mobile-Flop (Nokia, Skype), Klumpenhoffnung Windows 10.
    Bis zur Cloud-Transformation (Windows as a Service) dauert es und die Aktie sieht momentan fair bewertet aus.

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    1. Guckste: "Einfach gedacht: Microsoft und die zwei Briefe des Nikita Chruschtschow". Wobei Microsoft zwei Klumpen hat, denn neben Windows verdienen sie vor allem mit Office richtig Geld. Das hilft aber Apple ja nicht weiter, wenn Erzrivale Microsoft mit eigenen Problemen zu kämpfen hat. Im Gegenteil, Nadella öffnet sein Office ja gerade für Apples iOSphäre, um sich diesen wachsenden Markt nicht (mehr) entgehen zu lassen.

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  2. Du schreibst, dass Apple 92 % seiner Gewinne aus dem Verkauf von Smartphones generiert.
    Welche Chancen räumst Du Apple-Pay als weiteres Standbein ein?

    Gruß
    ZaVodou

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    1. Apple verdient mit seinem iTunes bisher richtig fett Kohle, weil es ein geschlossenes System ist. Da die Downloads aber immer mehr zurückgehen, hat man ja Beats dazugekauft - wegen des Streamingangebots, das man für iTunes benötigt. Apple-Pay wird vom Start weg Erfolge bringen, denn Aplle hat ja bereits die Kunden, die bei iTunes Konten haben. Das wird also zusätzliche Einnahmen generieren, einfach weil es als Zahlungsoption auf allen Apple-Geräten bzw. iOS-Versionen angeboten werden wird. Auch iPad und Apple Watch fahren hohe Profite ein, was die Margen angeht - das Problem ist allerdings, dass alle diese gewinnträchtigen Produkte zusammen im Verhältnis zum iPhone nichts als Peanuts sind! Man könnte überspitzt sagen, dass von den 700 Milliarden Börsenwert von Apple zwischen 400 und 500 Milliarden direkt das iPhone betreffen. Wenn das iPhone floppt oder dessen Margen bröckeln, dann wird sich das auf die Apple-Aktie auswirken, als würde man eine Nadel in einen Luftballon stechen. Aber nochmal: ich sage nicht, dass dies passieren wird. Ich sehe nur das Risiko und ich bewerte es als zunehmend. Das iPhone ist Fluch und Segen zugleich für Apple.

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  3. Schön zusammengefasst! Leider habe ich es mich nicht getraut (in der Hoffnung auf neue Rekorde) meine Anteile von Apple aus meinem Depot zu nehmen :/ Du denkst also das Apple vor einem Umbruch steht? Verkaufen? Oder Halten? Wie ist deine Meinung?

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    1. Moin Tobias, ich habe Apple verkauft und von meiner Empfehlungsliste gestrichen. Und zwar nicht, weil ich denke, dass Apple nicht weiterhin gut verdienen wird mit dem iPhone und seinen anderen Produkten, sondern weil mir das Risiko inzwischen viel zu hoch ist - und daran angelegt die Bewertung (Börsenwert) des Unternehmens. Apple hängt alleine vom - und zwar immer weiter zunehmenden - Erfolg des iPhones ab. Gute 75% des Börsenwerts von 700 Milliarden Dollar. Man stelle sich vor, Apple greift mal so daneben wie BlackBerry, und das iPhone bringt fast keine Verkäufe mehr ein. Streicht man die 75% iPhone-basierten Börsenwert, kommt man auch einen Restwert von 175 Milliarden Dollar. Immer noch enorm, aber eben auch nur noch rund 30 Euro pro Aktie. Dieses Klumpenrisiko halte ich für unverantwortlich hoch. Und deshalb habe ich verkauft. Und das Risiko bleibt auch bei einem Aktienkurs von 90 oder 80 Euro (zu) groß. Solange nicht ein (oder am besten mehrere) anderes Produkt einen ähnlich hohen Beitrag zu Umsatz und Gewinn beisteuern kann.

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