Gestern knackte der Dow Jones Index erstmals die 15.000er Marke und der DAX erreichte ein neues Allzeithoch bei über 8.200 Punkten. Und sofort prangt auf der Titelseite der BILD-Zeitung der DAX-Chart und die Frage, ob man noch einsteigen solle.
Üblicherweise sind Boulevardblätter wie die BILD ein prima Kontraindikator. Als Anfang 2000 die "New Economy" Euphorie auf dem Höchststand war, berichtete die BILD-Zeitung fortgesetzt vom Börsengeschehen und auch der letzte Sparer räumte seine Konten, um Aktien zu kaufen. Und vor gut einem Jahr war Gold das Titelthema der BILD-Zeitung, ebenfalls kurz vor dem massiven Kursabsturz. Eine Regel ist: wenn sich die breite Masse für Kurse interessiert, sind bereits alle Käufer im Markt und wenn niemand mehr kaufen kann, fallen die Kurse, weil weitere Käufer ausbleiben.
Sir John Templeton sagte einmal, "dieses Mal ist alles anders" seien die teuersten fünf Worte der Börsengeschichte. Und er hat Recht. Doch dieses Mal ist es wirklich anders...
Jedenfalls was den DAX angeht. Denn der DAX, der Deutsche Aktienindex, wird ja Performanceindex berechnet. Das bedeutet, dass alle Dividendenzahlungen der 30 DAX-Werte so behandelt würden, als würden sie 1:1 direkt wieder in Aktien des Unternehmens, also auch den DAX, investiert. Die meisten anderen wichtigen Börsenindizes der Welt, wie der Dow Jones, der FTSE100 oder CAC40 werden als Kursindex berechnet. Wenn man also den Dow Jones Index und den DAX vergleichen will, müsste man den (unbekannteren) Kursindex des DAX heranziehen. Und der notierte 1999 bei seinem bisherigen Allzeithoch bei gut 6.100 Punkten und steht aktuell bei rund 4.400 Punkten - also noch rund 40% unter seinem historischen Höchststand!
Des Weiteren gibt es einen guten Grund, weshalb Aktienkurse weltweit steigen: es fehlt an Anlagealternativen, denn Gold schwächelt und Staatsanleihen wanken. Wer auf Griechenland oder Irland gesetzt hat, hat enorme Kursverluste eingefahren und wer den sicheren Hafen der Bundesanleihen ansteuert, bekommt fast keine Zinsen mehr. Rechnet man noch rund 2% Inflation hinzu, verringert sich das Vermögen über das Jahr gerechnet sogar. Da könnte man versucht sein, in Immobilien zu investieren, da diese die letzten Jahre deutlich im Wert zugelegt haben. Doch Vorsicht: die (künstliche) Nachfrage entsteht vor allem in den Ballungszentren, wo insbesondere Ausländer aus den südeuropäischen Krisenstaaten ihre Euros in Sicherheit bringen wollen und daher beinahe jeden Kaufpreis akzeptieren. Dabei nehmen sie für den Aspekt der Sicherheit in Kauf, dass sie vielleicht über Jahre keine Wertsteigerungen mehr erzielen. Und bei Immobilien, dem "Betongold", ist das Geld gebunden und nicht ohne weiteres liquide zu machen.
Auch die "Politik des billigen Geldes" seitens der Notenbanken führt dazu, dass verstärkt Liquidität in die (Aktien-)Märkte fließt und die Kurse ansteigen lässt. Und während man in Europa überwiegend von Rezession und Abschwung hört, läuft es in Deutschland weiterhin großartig. Niedrige Inflation, Wirtschaftswachstum, sinkende Arbeitslosigkeit - der Stoff, aus dem Aktionärsträume gemacht sind.
Zuletzt bleibt noch festzustellen, dass 1999/2000 vor allem die Telekommunikationswerte den DAX gepuscht hatten (Telekom und Mannesmann), während es heute eher die breite Masse ist, die gut aufgestellt ist und für höhere Kurse sorgt. Dabei sind die Banken (Deutsche und Commerzbank) eher Hemmschuhe für den DAX.
"Ich denke nicht darüber nach, ob ein Markt nach oben oder nach unten geht. Ich kümmere mich nur darum, ob ich ein Unternehmen zu einem akzeptablen Preis kaufen kann. Ich sehe mich nicht als Teil eines Bullenmarkts, sondern als Teilhaber an wunderbaren Firmen. Ich muss zu einem Preis kaufen, der mich glücklich macht. (...) Nicht der Preis, sondern der Wert einer Anlage ist maßgeblich. Preis ist was du zahlst, Wert ist was du bekommst."(Warren Buffett)
Der DAX liegt also noch deutlich unter seinem früheren Höchststand und sollte sowieso nur ein allgemeiner Indikator sein. Denn wichtiger als der Indexstand ist die Auswahl der richtigen Aktien. Attraktiv bewertete Unternehmen kann man zu jeder Zeit kaufen, ob es nun eine Hausse oder eine Baisse an der Börse gibt. Der eigene Einstandskurs an der Börse interessiert nämlich niemanden, außer den Anleger selbst. Für die künftige Entwicklung eines Investments ist es unerheblich, ob man es zu 10 EUR, zu 15 EUR oder zu 50 EUR gekauft hat. Ertragswachstum, Margenstärke, Marktstellung, Management - das sind wesentliche Kriterien für ein gutes Unternehmen. Doch die alleine reichen nicht aus für ein gutes Investment. Denn "ein gutes Unternehmen, zu teuer bezahlt, ist ein schlechtes Investment", sagt Roland Könen. Wichtig ist also, dass das Unternehmen attraktiv bewertet ist, also ein niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) und/oder ein moderates Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) aufweist sowie eine solide Dividendenrendite. Hier sollte man sich nicht am Indexstand des Gesamtmarktes orientieren, sondern an der Bewertung des jeweiligen Unternehmens. Und zwar anhand der "Grundsätze des Value-Investings". Denn für ein Unternehmen ist der eigene Börsenkurs in der Regel weniger relevant, als das operative Geschäft. Und sollte es im Einzelfall doch einmal umgekehrt sein, dürfte es sich kaum um ein Unternehmen handeln, das für Value-Investoren interessant ist.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen