Der offerierte Preis von 6,08 EUR liegt nur unwesentlich über dem letzten Börsenkurs von Freitag und errechnet sich wie folgt:
Pflichtangebot, § 4 II d: Einhaltung der gesetzlichen Mindestanforderungen
Die von der Bieterin angebotene Gegenleistung entspricht somit dem von der Ba-Fin ermittelten Drei-Monats-Durchschnittskurs in Höhe von 5,09 EUR zuzüglich der notwendigen Verzinsung in Höhe von 0,99 EUR. Somit entspricht der in der Angebotsunterlage benannte Angebotspreis in Höhe von 6,08 EUR je Dresdner Factoring-Aktie nach Kenntnis von Vorstand und Aufsichtsrat den gesetzlichen Mindestanforderungen gemäß §§ 39, 31 Abs. 1, Abs. 7 WpÜG i.V.m. §§ 4, 5 WpÜG-AngebVO sowie der Verzinsungspflicht nach § 38 WpÜG.Vorstand und Aufsichtsrat der Dresdner Factoring AG befürworten das Angebot und halten es für angemessen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Aufsichtsratsvorsitzende der Dresdner Factoring AG, Dr. Norbert Hörmann, ebenfalls AR-Vorsitzender der Wegold Holding AG ist und dem sechsköpfigen AR der Dresdner Factoring AG auch noch Jürgen Freisleben (Alleineigentümer und Vorstand der Wegold) und Thomas Agerholm angehören. Agerholm hat in den vergangenen Jahren seinen Anteil an der Dresdner Factoring AG über seine Firma HW Leasing GmbH sukzessive ausgebaut und zeichnet wesentlich für den Anstieg des Aktienkures in den letzten Monaten verantwortlich.
Die aktuelle Aktionärsstruktur der Dresdner Factoring AG:
- WEGOLD Holding AG: 29,861%
(Zurechnung Anteilsbesitz an Herrn Jürgen Freisleben) - HW Leasing GmbH: 15,939%
(Zurechnung Anteilsbesitz an Herrn Thomas Agerholm) - SGB Sachsen-Anhalt mbH: 5,252%
- Dresdner Factoring AG: 9,955%
(279.957 eigene Aktien) - Free Float: 38,992%
Für Agerholm hat sich das Engagement auf jeden Fall gelohnt, denn er ist zu deutlich niedrigeren Kursen eingestiegen. Reine Spekulation ist, ob er von dem versäumten Pflichtangebot des Jürgen Freisleben wusste und deshalb bei seinen Ankäufen quasi ohne Risiko agierte. Fakt ist jedenfalls, dass sich die Geschäfte der Dresdner Factoring AG in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt haben und der steigende Aktienkurs daher auch fundamental gerechtfertigt war.
Auf meiner Empfehlungsliste befindet sich die Dresdner Factoring AG seit dem 10 Februar 2012, aufgenommen zu einem Kurs von damals 3,80 EUR. Zwischenzeitlich wurde eine Bruttodividende von 0,20 EUR ausgeschüttet, so dass sich bezogen auf den Angebotspreis von 6,08 EUR eine Gesamtrendite von 65,26% ergibt - für rund zehneinhalb Monate.
Es stellt sich nun die Frage, ob Aktionäre das Angebot, das bis zum Ablauf des 22.01.2013 gilt, annehmen sollten. Eine Pflicht zur Annahme besteht nämlich nicht. Fundamental ist das Unternehmen, das zuletzt seine Prognosen nochmals erhöht hatte, attraktiv bewertet. Auf Basis eines geschätzten Gewinns je Aktie von 0,73 EUR für 2013 errechnet sich ein KGV von knapp 8,3 und Ausschüttung einer geschätzten Dividende von 0,30 EUR je Aktie ergäbe dies eine Dividendenrendite von 4,9%. Je nachdem, wie viele freie Aktionäre das Pflichtangebot annehmen, kommt auf Freisleben/Wegold eine erhebliche Summe zu, die es zu stemmen gilt. Man kann - auch unter Berücksichtigung des positiven Verlaufs des operativen Geschäfts der Dresdner Factoring AG - darauf spekulieren, dass die Dividende signifikant angehoben werden dürfte. Alleine schon aus Refinanzierungsgründen seitens der Wegold AG. Perspektivisch würde also die Dividendenrendite eher steigen als fallen, so dass die Bewertung auf dem aktuellen Kursniveau nicht unbedingt den Ausstieg nahe legt.
Auf der anderen Seite steht die Tatsache, dass der erhebliche Kursanstieg der letzten Monate bei diesem marktengen Wert ganz erheblich auf die Käufe durch Angerholm/DW Leasing zurückzuführen war. Diese werden künftig unterbleiben, so dass die Nachfrage merklich zurückgehen dürfte. Andererseits verknappt sich das Angebot (der Free Float) an Aktien durch die Mehrheitsübernahme vermutlich ebenfalls deutlich, so dass nicht von einem erhöhten Abgabedruck auf die Dresdner Factoring-Aktien zu rechnen ist.
Fazit: man kann das Übernahmeangebot annehmen, muss aber nicht. Wer ohnehin überlegt, auf dem aktuellen Kursniveau auszusteigen, sollte es wohl annehmen, weil sein Ausstieg dann nicht den Kurs drückt. Wer von den Perspektiven der Dresdner Factoring AG weiterhin überzeugt ist, kann dabei bleiben. Je nach Annahmequote ergibt sich ggf. sogar eine weitere heiße Spekulation, nämlich auf ein Squeeze-Out. Allerdings muss Freisleben/Wegold erst einmal die Mehrheitsübernahme an der Dresdner Factoring AG verdauen und die dafür benötigten Mittel stemmen, so dass hier eher mittel- bis langfristig zu spekulieren ist. Dennoch könnte dies ein interessanter Ansatz sein, da die attraktive Bewertung der Dresdner Factoring AG das Kursrisiko begrenzt und gleichzeitig die guten Perspektiven des Unternehmens auch weiterhin steigende Umsätze, Gewinne und Kurse vermuten lässt.
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