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Sonntag, 4. Juli 2021

Warren Buffett warnt, IPOs hätten mehr Ähnlichkeit mit Lottospielen als mit Investieren

Initial Public Offering (IPO) heißt es neudeutsch, wenn eine Aktiengesellschaft den Sprung aufs Börsenparkett wagt. Hierfür erstellt das Unternehmen einen umfassenden Emissionsprospekt, der alle relevanten Informationen enthalten muss - vor allem aber Erläuterungen zu den Risiken. Die diversen Börsenblättchen (und Blogs) berichten über den Börsengang und geben ggf. Handlungsempfehlungen ab. Da kann ja wohl kaum etwas schiefgehen, oder...?

Zu Zeiten des Neuen Markts war das so. Egal, zu welchem Preis unrentable Unternehmen an die Börse gebracht wurden, die Emissionen waren mehrfach überzeichnet und die Kurse schossen durch die Decke. Das lag jedoch nicht an den Unternehmen, sondern an der liquiditätsgetriebenen Hausse, der Gier der Anleger und an dem vielen billigen Geld, mit dem die Notenbanken den Markt geflutet hatten. 
Seit einiger Zeit zeigt sich nun ein ähnliches Muster. Viel billiges Geld flieht vor Minuszinsen und landet auch in IPOs und SPACs (Special Purpose Acquisition Companies), also börsennotierte Mantelgesellschaften, die zunächst Kapital einsammeln, um dieses in einem zweiten Schritt in die Übernahme eines (vorher nicht fest bestimmten) Unternehmens zu investieren. Für das übernehmende Unternehmen ist der Kauf durch eine SPAC eine Alternative zu einem herkömmlichen Börsengang, den es entfallen Kosten und bürokratischer Aufwand sowie viele gesetzlich vorgeschriebene Aufklärungspflichten, die mit einem Börsengang einhergehen.

Von Kursverlusten und Pleiten

Schaut man sich die Kursentwicklung einiger Börsengänge der jüngsten Zeit an, kann man schon von einem Hype sprechen. Die Altaktionäre verdienen sich eine goldene Nase und bei manch einem IPO schießt der Kurs nach der Erstnotiz noch deutlich in die Höhe. Bei anderen ist bereits hier schon die Luft raus, während ansonsten oft die ersten Zeichnungsgewinne mitgenommen werden und die Aktien sich nach der ersten Euphorie unterdurchschnittlich entwickeln. Das Geld wird lieber gleich in das nächste IPO oder den nächsten SPAC "investiert", um die wundersame Geldvermehrung am laufen zu halten.

Ja, das erinnert stark an den Neuen Markt...

Sind alle IPOs schlecht?

Muss - oder sollte - man daraus den Schluss ziehen, dass man mit IPOs nur verlieren kann? Ich denke nicht. Vielmehr ist die Lehre, dass es auf die Bewertung der Unternehmen ankommt, ob man investieren sollte, oder nicht. Und da es sinnvoll ist, in unterbewertete Aktien zu investieren, um dann davon zu profitieren, dass sie wieder auf ihren fairen Wert steigen, wird man bei IPOs kaum fündig werden. Denn diese Unternehmen wurden von den Konsortialbanken auf ihren Wert hin abgeklopft und aus dieser Bewertung ergab sich der Emissionspreis bzw. die Preisspanne für das IPO. Hier eine Unterbewertung zu vermuten würde bedeuten, man setzt darauf, dass die beteiligten Banken Geld verschenken würden. Denn die Banken verdienen am Emissionsvolumen und je höher der Preis, desto größer der Verdienst der Bank. Wirkliche Schnäppchen sind bei einem IPO also kaum zu machen.
»Ein Börsengang ist wie ein ausgehandeltes Geschäft, bei dem der Verkäufer entscheidet, wann er an die Börse geht, und es ist unwahrscheinlich, dass der Zeitpunkt besonders günstig für den Käufer ist.«
(Warren Buffett)
Das macht die Unternehmen nicht zu schlechten Firmen, oft aber zu schlechten Investments. Denn für einen langfristig orientierten Value-Investor ist der Einstiegspreis natürlich ein ganz entscheidendes Kriterium. Nur wenn man günstig und deutlich unter Wert einsteigt, erzielt man auch eine hohe Rendite. Daher muss man dem Markt, der Börse, die Chance geben, eine Unterbewertung der Aktie zuzulassen. Und das wird eben nicht beim IPO passieren, sondern allenfalls erst später, wenn die Aktie sich im großen Teich mit den anderen Unternehmen um die Gunst der Anleger bewähren muss.
»Du brauchst dich nicht wirklich darum zu kümmern was bei IPOs eigentlich los ist. Leute gewinnen jeden Tag im Lotto.«
(Warren Buffett)
Warren Buffett meint über IPOs, es wäre unsinnig anzunehmen, dass man als Anleger besser informiert sei, als die (Aktien abgebenden) Insider. Man solle daher nicht an IPOs teilnehmen, sondern sich erst mal einige Zeit den Kursverlauf an der Börse ansehen und dem Markt Zeit geben, seine Bewertung für die Aktien vorzunehmen und dieser dann seine eigene Einschätzung gegenüberzustellen.


Meine Lese-Tipps
▶ "Buffett. Die Geschichte eines amerikanischen Kapitalisten" von Roger Lowenstein
▶ "Das Tao des Warren Buffett" von Mary Buffett und David Clark
▶ "Die Essays von Warren Buffett: Die wichtigsten Lektionen für Investoren" von Lawrence A. Cunningham
▶ "Investieren mit Warren Buffett. Sichere Gewinne mit der Fokus-Strategie" von Robert G. Hagstrom
▶ "So liest Warren Buffett Unternehmenszahlen" von Mary Buffett und David Clark
▶ "So macht es Warren Buffett: 24 einfache Anlagestrategien" von James Pardoe
▶ "Warren Buffett. Das Leben ist wie ein Schneeball" von Alice Schroeder
▶ "Warren Buffett – Der Jahrhundertkapitalist" von Gisela Baur
▶ "Warren Buffett: Sein Weg. Seine Methode. Seine Strategie." von Robert G. Hagstrom

••• Überarbeite Fassung eines Artikels aus Oktober 2012

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