Freitag, 20. März 2020

Charlie Munger kauft nur Unternehmen mit dauerhaften, starken Wettbewerbsvorteilen

Charlie Munger rät, nach Festungen Ausschau zu halten und dabei geht es ihm nicht wirklich um Stahlbeton und Investments in Bau, Steine, Erden. Vielmehr haben es ihm die Markteintrittshürden angetan, der ökonomische Burggraben (Moat), den Wettbewerber zu überwinden haben - und auch die eigenen Kunden, sollten sie sich vom Unternehmen trennen wollen. Es geht also um Wettbewerbsvorteile von Marken und Produkten, um Unternehmen, die ihren Markt beherrschen und die somit die Preissetzungsmacht haben.
»Die beste Idee ist, eine Aktie als Eigentum an einem Unternehmen zu betrachten und die gleichbleibende Qualität seines Geschäfts anhand seines Wettbewerbsvorteils zu beurteilen.«
(Charlie Munger)
Unternehmen mit diesen Eigenschaften haben den großen Vorteil, dass ihre Produkte nicht einfach kopiert werden, dass Wettbewerber mit aggressiven Preissenkungen ihnen nicht einfach Marktanteile abnehmen können. Im Gegenteil: Burggraben-Unternehmen können in schwierigem wirtschaftlichen Umfeld sogar ihre Preise erhöhen, ohne dass sie hierdurch Kunden verlieren. Weil sie eine Marke sind, die Marktmacht haben, ein Standing, weil sie ein Lebensgefühl vermitteln, dass den Kunden mehr bietet als ein Schnäppchenerlebnis in ihrer "Geiz-ist-geil-Mentalität".

»Ein wirklich großartiges Unternehmen muss einen dauerhaften Burggraben haben, der exzellente Erträge aus dem investierten Kapital beschützt.«
(Warren Buffett)

Derartige wirtschaftliche Trutzburgen sind Unternehmen, deren Produkte oder Dienstleistungen
  • in den Augen der Verbraucher konkurrenz- und alternativlos sind,
  • benötigt und gewünscht werden,
  • nicht übermäßig kapitalintensiv sind,
  • nicht staatlich beaufsichtigt werden.

Ökonomische Burggräben können in vielen Formen auftreten; die vier gängigsten sind:
  • Preissetzungsmacht
    Hierunter fallen immaterielle Werte, wie z.B. Marken, Patente, Eintrittsbarrieren aufgrund staatlicher Regulierung und/oder Vorschriften. So kann Apple wegen seines Markenwerts für seine Produkte viel höhere Preise verlangen, oder Pharmaunternehmen genießen Schutz durch Patente auf ihre Wirkstoffe und extrem hohe Eintrittbeschränkungen durch die staatlichen Zulassungsvorschriften.
      
  • Niedrige Produktionskosten
    Kann ein Unternehmen Produkte oder Dienstleistungen von gleicher oder besserer Qualität zu einem konstant niedrigeren Preis anbieten, ist es für Wettbewerber schwer, in den Markt einzudringen und Konsumenten von den eigenen Produkten zu überzeugen. Hohe Stückzahlen beim Einkauf führen zu Mengenrabatten und diese zu niedrigeren eigenen Verkaufspreisen. So haben sich Supermärkte wie Walmart gegen Tante Emma-Läden durchgesetzt und so punktet Amazon in vielen Märkten.
     
  • Hohe Wechselkosten
    Wenn der Wechsel zu einem Wettbewerber hohe Kosten und/oder hohen Aufwand bedeutet, bindet dies Kunden an den Anbieter. Auch hier sei exemplarisch Apple genannt, hinter deren Produkten ein abgeschottetes Ökosystem steht. Wer mit seinem Smartphone, Tablet oder Computer zu einem anderen Anbieter wechselt, verliert den Zugang zu diesem Ökosystem; ggf. auch erworbene Inhalte, wie Musik, Ebooks, gestreamte Filme.
     
  • Netzwerkeffekte
    Mit jedem weiteren Nutzer einer Dienstleistung oder eines Produkts werden diese wertvoller, da sich ihr Nutzen erhöht. Wie bei den Sozialen Netzwerken Facebook oder Twitter, die interessanter werden, je mehr Menschen sich dort aktiv tummeln. Umgekehrt verleitet die hohe Zahl an aktiven Bekannten dazu, dem Netzwerk treu zu bleiben, weil man sich ohne dieses ggf. isoliert fühlt.

Weitere Beispiele für starke Moats sind Microsoft, die seit 30 Jahren mit Windows und Office zwei Produkte im Angebot haben, an denen sich so gut wie jeder Konkurrent die Zähne ausgebissen hat. Oder Alphabet, das mit Google den Suchmaschinenmarkt dominiert und quasi ein Monopol im Online-Werbeanzeigenmarkt einnimmt. Oder auch Amazon. Der Internetriese ist längst nicht mehr nur der dominierende Onlinehändler, sondern wird immer mehr zum Logistikkonzern und dringt in immer neue Geschäftsbereiche vor. "Disruption" ist das Zauberwort, Amazon verändert unsere Lebensweise und zerstört damit die Geschäftsmodelle ganzer Branchen. Ob mit den neuen Lebensmittellieferungen ("Amazon fresh") oder mittels des intelligenten Sprachassistenten "Alexa" oder mit dem weltweit erfolgreichsten Cloud-Angebot AWS, Amazon investiert seine Cashflows in immer neue Bereiche und wird dort zum Dominator. "Deine Marge ist meine Chance" ist Jeff Bezos' Credo. Und bisher ist niemand Amazon gewachsen, selbst der weltgrößte Einzelhandelsgigant Walmart kommt kaum hinterher...
»Wir versuchen, Unternehmen mit nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen zu einem günstigen oder zumindest fairen Preis zu kaufen.«
(Charlie Munger)
Warren Buffett sucht, wie Munger, Unternehmen mit einem hohen "Goodwill", also einem starken Markennamen und einem quasi unantastbaren Geschäftsmodell. Deshalb hat er sich bei Coca Cola engagiert, bei See's Candies - und machte Apple zu seiner mit Abstand größten Position, trotz seiner Tech-Abneigung. Denn Apple verkauft nicht nur unglaublich teure Geräte, sondern hat es verstanden, sein eigenes Mikrokosmos zu bauen: iPhone, iPad, MacBook, die Apple Watch und auch der Streamingdienst lassen kaum Medien von außerhalb zu und wer Bücher oder Musik virtuell über iTunes erworben hat, kann diese nicht auf andere Geräte außerhalb der Apple-Welt verlagern. Damit hat Apple eine enorme Hürde aufgebaut und kann so seine Kunden im eigenen Ökosystem halten. Und dank des (noch immer) hohen Markenwerts von Apple, des enormen Images, sind die Kunden auch bisher bereit, viel höhere Preise zu bezahlen als bei der Konkurrenz. Diese langfristigen Kundenbeziehungen sind der Grund, weshalb Buffett auf Apple setzt. Buffett betrachtet Apple als Konsumwert, nicht als Technologieunternehmen.
»Der Schlüssel zum erfolgreichen Investieren liegt nicht in der Frage, wie sehr eine Industrie die Gesellschaft beeinflusst oder ob sie wachsen wird, sondern darin, herauszufinden ob ein bestimmtes Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil hat, und wenn ja, wie lange dieser anhalten wird.«
(Warren Buffett)
Es ist also für Konkurrenten nicht so einfach, diesen ökonomischen Burggraben zu überwinden und in diese Festungen einzudringen. Durch ihre starke Marktstellung haben sie die Preissetzungsmacht und starke Kundenbindungen, die sie auch Krisenzeiten besser überstehen lassen. Und sie erzielen die attraktiveren Margen und damit die höheren Renditen. Die Kernelemente der Quality Investing Strategie.
(Charlie Munger)
Daher sind Charlie Munger und Warren Buffett auch bereit, für diesen Moat höhere Kaufpreises für ihre Investments zu akzeptieren, sofern der Burggraben auf absehbare Zeit gut zu verteidigen ist. Aber eben auch nicht zu hohe. Zur Not warten sie eben einfach ab, bis sich die richtige Gelegenheit zur Schnäppchenjagd ergibt.
»Die Zeit ist auf deiner Seite, wenn du Aktien von überlegenen Unternehmen besitzt.«
(Peter Lynch)

Meine Lese-Tipps
▶ "Charlie Munger: Ich habe dem nichts mehr hinzuzufügen" von Tren Griffin
▶ "Das Tao des Charlie Munger" von David Clark

••• Überarbeite Fassung eines Artikels aus Februar 2012

3 Kommentare:

  1. Hallo Herr Kissig!

    Würden Sie Apple im momentanen Marktumfeld (nach)kaufen? Ich bin leider vom Corona-Crash sehr heftig getroffen worden (Drawdown von fast 50 % im Optionen-Depot, Verlust von über 35K), weil ich zu dumm war, das Risiko adäquat zu managen. Das war einfach nur eine riesige Eselei, aber ich ich wende mich trotzdem nicht von der Börse ab. Deshalb bin ich auch weiterhin interessiert, was andere Investoren gerade so tun. In den letzten Tagen habe ich einige kleine "Anti-Virus"-Positionen aufgebaut: Tritax Big Box Reit, Scottish and Southern Energy, Vonovia, Clorox, Kimberly Clark, Pennon Group, Münchener Rück und Coca Cola. Gerade Coca Cola gab es zuletzt 1998 (!) für 40 $ und zuletzt 1989 mit einer Dividendenrendite von ca. 4 %... krasse Zeiten! Beste Grüße Patric

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    1. Moin Patric,
      bzgl. Optionen bin ich nicht der richtige Ansprechpartner; bei Aktien hat man den Vorteil, dass man direkt an einem Unternehmen beteiligt ist und auch wenn sich die Kurse verändert haben, so hat man doch noch immer die selbe Anzahl von Aktien im Depot. Mit anderen Worten: es gehört einem noch immer der selbe Anteil an der Firma. Entscheidend ist also, dass man an Unternehmen beteiligt ist, die die Krise durchstehen.

      Bzgl. Apple glaube ich, dass das Unternehmen schwere Einschläge verspüren wird, nachdem man erst mehrere Wochen lang in China nicht produzieren (lassen) konnte, die Apple Shops schließen musste und dies nun weltweit stattfindet - auf unbestimmte Zeit. Der größte teil der Umsätze und Gewinne stammt bei Apple nach wie vor aus dem Iphone-Verkauf und nun konkretisiert sich das Klumpenrisiko, das ich seit Jahren anspreche. Daher sehe ich gerade den Apple-Kurs als ziemlich gefährdet an, eben weil die Zahlen zum ersten, aber dann vor allem zum zweiten Quartal katastrophal werden. Aber... ich habe Apple wieder auf meiner Watchlist, um ggf. zuzuschlagen, wenn ich das Gefühl habe, dass der Kurs das Gröbste hinter sich hat (also die zu erwartende Enttäuschung über die grottenschlechten Zahlen) und Apple dann wieder auf einem attraktiven Kaufniveau notiert, mittel- und langfristig gesehen.

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    2. Coca Cola gab es doch schon öfter so funsitr, zuletzt 2015... Daher sehe ich gerade bei Coca Cola keinen so großen Corona-Schnapper. Hinzu kommt, dass das Unternehmen vergleichsweise langsam wächst... Dividendenrendite mal außer acht (selbst da gibt's andere, zB Allianz... Die wachsen auch schneller)

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