Die Börsenschwankungen sind heftig, die Volatilität hoch. Viele Aktien haben Tagesschwankungen von 5 0der 10 %, das zerrt an den Nerven. Viele Anleger halten das nicht aus und werfen ihre Aktien nach einem deftigen Kursrücksetzer entnervt auf den Markt und vernichten so viel Geld. Umso belastender ist es dann, wenn der Kurs kurze Zeit später dreht und wieder Richtung alter Hochs läuft. "Ich hab's doch gewusst" denkt der Anleger dann, aber das stimmt natürlich nicht. Sonst hätte er ja nicht verkauft.
Genau dieses typische Verhalten ist der Grund dafür, dass Otto Normalanleger so viel schlechter abschneidet als der Markt. Anstatt mit Aktien durchschnittlich 8 % Rendite pro Jahr einzufahren, kommen die meisten Anleger nur auf 2 %. Weil sie zu viel traden und das nicht besonders erfolgreich. Auch wenn sie am liebsten nur ihre großem Tradingerfolge nach vorne kehren, zeigt die Bilanz im Depot die unschöne Wahrheit: mit Trading lässt sich für Normalanleger kein Geld verdienen. Nicht in der Praxis, lediglich in der Theorie und in der Rückschau. Dabei kann es so einfach sein, mit Aktien große Renditeerfolge einzufahren. Und so entspannt...
Beim Kauf von Aktien das richtige Timing zu erwischen, ist fast unmöglich. Daher sollte man es gar nicht erst versuchen. Ist man von einem Unternehmen überzeugt und bekommt man die Aktien zu einem guten Preis, sollte man zugreifen. Und die Aktien halten, auch wenn der Kurs erst einmal fällt. Hat man Aktien erworben, ist man nämlich darauf angewiesen, dass andere ihren Wert erkennen und ebenfalls kaufen. Sonst steigen die Aktienkurse ja nicht, da sie auf Angebot und Nachfrage basieren. Man kann aber nicht beeinflussen, ob und wann andere Anleger den wahren Wert des Unternehmens erkennen und dessen Aktien kaufen. Daher sollte man seine eigene Einschätzung nicht vom Aktienkurs abhängig machen und auch nicht nervös werden, wenn der Kurs einige Zeit - manchmal Jahre - benötigt, um auf seinen fairen Wert zu steigen.
»Geduld ist die oberste Tugend des Investors.«
Der üblichste Fehler der Anleger ist es, heißen Nachrichten und anspringenden Kursen hinterherzulaufen. Aber das funktioniert nicht, denn damit bezahlt man nur die Kursgewinne der anderen. Denn nachdem der Kurs einen Luftsprung gemacht hat, konsolidiert er meist eine Weile. Und die Anleger, die nur wegen der heißen Nachrichten in die Aktien gestürmt sind, kriegen kalte Füße, sobald die Kurse nicht weiter ansteigen und verkaufen wieder. Nicht selten mit Verlust.
»Wenn man billig einkauft, muss man Geduld mitbringen und abwarten, bis der Markt einem zustimmt.«
Erfahrene Anleger wissen hingegen, dass Aktien die meiste Zeit vor sich hin dümpeln. Zwischen 80 und 90 % der Anlagegewinne entstehen daher in einem relativ kurzen Zeitfenster, nämlich zwischen 2 und 7 % der Anlagedauer. Die meiste Zeit über bringt eine Aktie also kaum Performance, während sie in kurzen Phasen deutlich ansteigt. Wer diese wenigen kurzen Phasen verpasst, lässt auch den Großteil der Gesamtrendite dieser Aktie liegen. Daher muss man an den starken Tagen investiert sein, ansonsten wird man immer deutlich schlechter abschneiden als der Durchschnitt.
»Wer nicht bereit ist, eine Aktie zehn Jahre zu halten, sollte sie keine zehn Minuten besitzen.«
Während der tristen Tage ohne Kurssteigerungen, ohne Nachrichten und ohne Esprit, muss man Geduld haben und diese Zeiten einfach durchstehen. Die 'tollen Tage' entschädigen einen dafür und die damit einhergehende Performance des Investments, wenn man sie sich alle paar Monate mal ansieht (aber keinesfalls täglich!). "Buy & Hold" wird diese Strategie genannt und sie ist der Weg des Warren Buffett und auch sein kongenialer Partner Charly Munger rät zu Buy & Hold. Denn sie ist die einzige Strategie, die langfristig eine überragende Performance bietet.
»Es ist so gut wie unmöglich, mit Market-Timing zuverlässig Geld zu verdienen; es lohnt sich mehr, langfristig zu investieren und Unebenheiten auszuhalten.«
Dabei geht es nicht darum, Aktien auch "in schlechten Zeiten" gnadenlos im Depot zu behalten. Das ist ein Irrglaube. Buy & Hold bedeutet nicht, kaufen und vergessen, sondern kaufen und sich entwickeln lassen. Verkauft werden Aktien dabei nicht, nur weil der Kurs sinkt, sondern die Aktie wird so lange gehalten, wie die positiven Kriterien, auf deren Grundlage man einmal die Aktie erworben hat, noch vorliegen. Also z.B. bei Qualitätsaktien der ökonomische Burggraben und die positiven Unternehmensaussichten. Solange diese weiterhin gegeben sind, kann und sollte man einen Kurseinbruch ignorieren und ggf. sogar aufstocken. Liegen sie ursprünglichen Qualitäten nicht mehr vor, sollte man die Aktien verkaufen, unabhängig vom dann gerade aktuellen Kurs.
Daher kommt dem von Benjamin Graham entwickelten Konzept der Sicherheitsmarge eine so große Bedeutung zu. Je größer der Abschlag des Aktienkurses auf den fairen Wert einer Aktie beim Kauf ist, desto geringer ist das Risiko, mit dem Investment einen Verlust zu erleiden - selbst wenn man sich in einigen oder gar sämtlichen Punkten seines Investmentcases geirrt hat. Und natürlich ist die Chance auf große Kursgewinne ebenfalls umso größer, je günstiger man eine Aktie eingekauft hat. Auch an der Börse liegt der Gewinn letztlich im Einkauf, nicht im Verkauf...
Meine Lese-Tipps
▶ "Die Geheimnisse der Wertpapieranalyse" von Benjamin Graham und David Dodd
▶ "Die Graham-Methode. Benjamin Grahams Value-Investing Schritt für Schritt" von Janet Lowe
▶ "Intelligent investieren" von Benjamin Graham
••• Überarbeite Fassung eines Artikels aus Januar 2012
Völlig richtig. Du vergisst aber, darauf hinzuweisen, dass fast alle Empfehlungen (i) von Leuten abgegeben werden, die mit Buy&Hold-Anlegern kein Geld verdienen - sondern nur mit häufig handelnden Tradern. Die hieraus resultierenden Handlungsempfehlungen sind nachvollziehbar. Die Gruppe (ii) besteht aus Marktteilnehmern, die empfohlene - meistens marktenge - Werte schon vorab gekauft haben. Das sind dann diejenigen, deren Gewinne von den Arglosen bezahlt werden.
AntwortenLöschenViele Grüße und Hochachtung für Deinen tollen Blog
Henrik