Don Trump etabliert den neuen amerikanischen Wirtschaftsimperialismus. Aus William Shakespeares Feder stammen die Worte: "Und Caesars Geist befiehlt Verwüstung, Mord. Lasst los die Hunde des Krieges." Der neue alte US-Präsident Donald Trump verfährt genau nach diesem Muster und entfesselt in atemberaubender Geschwindigkeit weltweit Wirtschaftskriege; er setzt territoriale Duftnoten, indem er Kanada, den Panama Kanal, Grönland oder den Gaza Streifen für sich (bzw. die USA) einfordert. Eine solche imperiale Großmannssucht erlebte die Welt schon einmal am Ende des 19. Jahrhunderts und sie führte geradewegs in den 1. Weltkrieg. Die zweite Komponente, der Wirtschaftsimperialismus, ist neueren Ursprungs, aber auch den entfesselt Trump aufs Neue. Ob Gegner oder Verbündete, Don Trump greift nach allem, was ihm gefällt oder was Profit verspricht. Als Anführer der einzig verbliebenen globalen Supermacht haben seine Drohungen Gewicht, denn er könnte sie jederzeit auch umsetzen. Dass er sich wenig bis gar nicht um die Konsequenzen seiner Aktionen kümmert, steigert noch seine Unberechenbarkeit – und seine Erfolgsaussichten...
Manche Drohgebärden, wie die kurzfristig an- und wieder abgesagten Strafzölle gegen Mexiko und Kanada, die beiden wichtigsten Handelspartner der USA, waren nur wenig versteckte Erpressungsversuche, um ihnen Zugeständnisse abzuringen. Doch bei den kürzlich verhängten Strafzöllen gegen Stahl- und Aluminiumimporte sieht dies anders aus, denn hier will Trump die US-Wirtschaft vor günstigen ausländischen Wettbewerbern schützen. Freihandel, einst die Agenda der USA und der Hauptantriebsmotor des globalen Wirtschaftsaufschwungs, spielt in Trumps Überlegungen keine Rolle. Gleiches müssen die NATO-Partner und Europa erfahren, nachdem Trump und sein Vize Vance die Ukraine fallen gelassen haben und Russlands Diktator Putin, de facto Carte Blanche für seine imperialen Machtansprüche gegeben haben: US-Hilfen an die Ukraine werden reduziert und für die bisherigen fordert man Kompensation in Form von Wirtschaftsdeals rund um Seltene Erden. Mit Russland will man bilateral einen Diktatfrieden aushandeln, bei dem die Europäer nicht mitreden dürfen, aber anschließend die Folgen und die Friedenssicherung tragen sollen - alleine. Und gleichzeitig sollen die übrigen NATO-Partner künftig viel mehr Geld für ihre Verteidigung ausgeben, während die USA sich dem Pazifik zuwenden. Langfristig will Trump mit China und Russland ein Rüstungsabkommen, um die Militärausgaben zu halbieren.
Weltimperator Trump agiert nicht strategisch, sondern taktisch, sogar spontan. Der kurzfristige Sieg zählt für ihn, der beste, schnellste Deal, nicht die langfristigen Auswirkungen. Und das versetzt auch die Börsen zunehmend in Aufregung. Denn die größten Erfolge feiert man dort, wenn man auf langfristige Trends setzt und auf die größten Gewinner dieser Entwicklungen. Kurzfristiges Traden bringt nur selten nachhaltige Erfolge und lässt öfter Verluste zurück als Gewinne. Dieser Missklang wird uns wohl die ganze Amtszeit von Trump begleiten und stören. Vielleicht gewöhnen sich die Börsen aber auch daran wie an ein nerviges Hintergrundgeräusch. Trump als Tinnitus. Einfach nur lästig – und doch omnipräsent.
Alles Gute für euer Geld!
Michael C. Kissig
Hi Michael,
AntwortenLöschenich stimme all deinen Gedanken oben zu. Infolgedessen vermute ich, dass Europa in den kommenden Jahren von europäischem Protektionismus, einer Erhöhung der Schulden und möglicherweise einer stärkeren Rolle des Staates geprägt sein wird. Die Franzosen hätten sicherlich viele Ideen, wie man das konkret umsetzen könnte. Für mich stellen sich dabei zwei zentrale Fragen: (i) Welche Industriesektoren in Europa könnten von dieser Entwicklung profitieren? und (ii) Wie hoch ist das Risiko, dass Europa ernst macht und es entweder verbietet oder extrem teuer macht, dass Europäer ihr Kapital in US-Wertpapiere (Aktien, Anleihen usw.) investieren? Die Franzosen beklagen ja schon lange, dass zu viel europäisches Kapital in die USA fließt. Eine solche Entwicklung könnte die Kurse von US-Wertpapieren erheblich belasten – und auch unsere Depots.
Dass sich die Märkte an die Wirtschaftskriege unter Trump gewöhnen können, bezweifle ich, vor allem, wenn die Auswirkungen im echten Leben heftig und von Dauer sind. Eine Deglobalisierung dieser Art wird sicherlich viel Turbulenz mit sich bringen. Schlechtes Anlegerwetter und zunehmende Unsicherheiten bei der Bewertung der Lage scheinen uns in naher Zukunft bevorzustehen. Aus meiner Sicht ist es aufgrund von Trump derzeit äußerst schwierig eine sichere Wette bzw. ein sicheres langfristiges Investment am Kapitalmarkt zu finden. Leider. Aber Cash ist auch keine Lösung.
Beste Grüße,
Konstantin
Moin Konstantin,
LöschenEuropa muss sich ein stückweit neu erfinden und verkrustete Strukturen aufbrechen. Das wäre ohnehin dringend nötig geworden, aber durch den externen Druck seitens Trump und seiner USA dürfte das nun jedem klar sein. (Noch) nicht klar ist hingegen, wohin die Reise gehen muss und darum wird wieder lange gestritten werden. Diese Vielstimmigkeit in der EU ist eine ihre Stärken, aber auch ihre wohl größte Schwäche. Insbesondere beim Umgang mit starken Führern, die es stets schaffen, einen Keil in die EU-Harmonie zu treiben und sie damit zu torpedieren und zu lähmen.
Bürokratie ist hier der zweite große Killer. Mario Draghi verwies kürzlich auf eine Studie des Internationalen Währungsfonds, wonach die EU-internen Barrieren mit einer Zollbelastung von 45 % auf Waren/Produktion und 110 % auf Dienstleistungen gleichzusetzen seien. Unfassbare Werte! Hier gibt es erheblichen Handlungsdruck, aber ebenso wenig Änderungsbereitschaft, da sich die einzelnen EU-Staaten auch gegeneinander abschotten, um ihre heimischen Unternehmen zu schützen - und ihre Wählerstimmen nicht zu verlieren.
Eine wirtschaftliche Abschottung der EU gegenüber den USA halte ich für eher unwahrscheinlich. Trump will ja "reziprok" agieren bzgl. Handelshemmnissen und jede neue Hürde, jede neue Zollschranke wird 1:1 von den USA als Gegenmaßnahme verhängt. Das wäre also ein beiderseitiges Totrüsten - mit der USA am viel längeren Hebel.
Ich denke, die EU kann nur taktisch zurückweichen und eine Umgehungsstrategie wählen. Dabei muss sie Kräfte sammeln und zwar mehr, als der US-Rivale zu selben Zeit gewinnt. Die EU muss ihre Position verbessern, um sich künftig wieder besser mit den USA messen zu können - Augenhöhe erscheint hierbei beinahe schon als Utopie.
Mal anders betrachtet: aus Sicht der USA ist die EU seit Jahrzehnten ein Entwicklungsland, das Entwicklungshilfe bekommt. Dieses Konzept funktioniert nicht, das wissen wir selbst in Bezug auf Afrika. Und nun gibt es die harte Entwöhnung durch die USA und die EU muss schnell aus der Opferrolle herausfinden und selbst wieder auf die Beine kommen.
Diese ganzen Entwicklungen kann man nicht vorhersagen oder vorwegnehmen. Man muss wohl "interaktiv" am Ball bleiben. Ich bleibe in Unternehmen investiert und US-Werte bleiben erstmal mein Schwerpunkt. Ob sich hieran etwas ändert, kann ich momentan nicht abschätzen.
Ich sehe nicht, dass es für Europa fiskalisch ein Nachteil ist, Kapital in den USA zu investieren. Die Erträge werden doch in der EU investiert und es ist allemal besser eine 12% Rendite von einem BDC zur Hälfte in der EU zu versteuern als eine 4% Dividende eines dt. Unternehmens zur Gänze.
AntwortenLöschenDas ist zwar richtig, aber es gibt andere Aspekte, die das Gesamtbild stärker prägen als die Versteuerung von 4 % vs. 12 % Zinsen. Einer davon ist, dass, wenn europäisches Kapital in US-Wertpapiere fließt, EU-Wertpapiere weniger gefragt sind und ihre Kurse (auch) deshalb schwächer ausfallen. Dies erschwert und verteuert die Finanzierung europäischer Unternehmen durch neue Aktien oder Anleihen erheblich. Dadurch können US-Unternehmen viel schneller und profitabler wachsen als ihre europäischen Konkurrenten. Letztendlich sind Umsatz und Arbeitsplätze die Hauptfinanzierungsquelle von Staaten – nicht die 25%ige Besteuerung von 4 % Zinseinnahmen.
LöschenPS: @Michael: Herzlichen Dank für Deine Antwort weiter oben!
@Konstantin: Warum EU-Wertpapiere weniger gefragt sind, hat Michael Kissig bereits oben erklärt. Protektionismus wird die Sache nicht besser machen und ich befürchte sogar, dass mein Argument der kurzfristig höheren Steuereinnahmen (4% vs. 12%) bei manchen Eurokraten sogar verfängt.
LöschenNicht nur angesichts zweier riesiger Binnenmärkte in Form von China und Indien, die uns immer stärker als Konkurrenz erwachsen, täten wir in Europa gut daran, die oben erwähnten Neu- und Altlasten nachhaltig zu beseitigen. Ob das derzeitige politische Führungspersonal in Europa da die richtigen Weichenstellungen treffen wird, bleibt aus meiner Sicht zumindest offen.