Im Rahmen meiner Kooperation mit dem 'Aktien Report' von Armin Brack nehme ich mir in unregelmäßigen Abständen interessante Unternehmen und Themen vor. Die Ausgaben des 'Aktien Reports' und/oder 'Geld Anlage Reports' erreichen ihre Leser samstags kostenlos und 'druckfrisch' per Email und man kann sich ▶ hier beim 'Geld Anlage Report' anmelden. Bonbon für die Leser meines Blogs: einige Tage später darf ich die Artikel dann auch hier veröffentlichen.
Winken beim gefallenen Engel Hypoport jetzt wieder teuflisch gute Renditen?
Ronald Slabke, CEO und Großaktionär des FinTechs Hypoport hatte vor 15 Jahren eine grenzgeniale Idee: Banken sollten nicht nur eigene Immobilienfinanzierungen anbieten, sondern auch die der Konkurrenz – und an der Vermittlung dann eine Provision verdienen.
Dem Wettbewerb Geschäft zuschustern als Geschäftsidee? Der Gedanke brauchte etwas Zeit, um zu verfangen und sich durchzusetzen. Heute läuft das Immobilienvermittlungsgeschäft der Banken fast nur noch auf diese Weise – dank Hypoport. Das Unternehmen ist in Deutschland inzwischen klarer Marktführer und kann sich dabei auf höchste Marktanteile bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken stützen wie auch auf die Deutsche Bank oder die Bausparkasse Schwäbisch Hall. Sie alle schließen bundesweit und in fast allen Filialen Immobilienfinanzierungen über den Marktplatz Europace von Hypoport ab bzw. über die Teilmarktplätze Finmas (Sparkassenorganisation), Geopace (Genossenschaftssektor), Starpool (Deutsche Bank) oder BAUFINEX (Schwäbisch Hall). Und das geht so…
Der Kunde fragt nach einer Immobilienfinanzierung an und die Bank bzw. Bausparkasse leistet die Vorarbeit mit einzureichenden Unterlagen, Gehaltsnachweisen, Bonitätsprüfung und bietet ihm dann ggf. eine Finanzierung an. Ist diese für den Kunden nicht interessant genug, war das Gespräch an dieser Stelle beendet und der Kunde ging die Straße hinunter zur nächsten Bank. Und genau das kann er sich heute sparen. Denn seine Hausbank bietet ihm nicht nur selbst einen Kredit an, sondern kann über den Hypoport-Marktplatz sehen, welche Banken für diesen Kunden eine Finanzierung anbieten und zu welchen Konditionen. Ob diese dann in Hamburg, München oder Povianshausen sitzt, ist irrelevant. Der Kunde kann den Vertrag mit der XY-Sparkasse bequem bei seiner Hausbank abschließen. Aber warum?
Im Grunde ist es ganz simpel: die Bank vergibt eine Finanzierung an den Kunden und streicht anschließend die Tilgungs- und Zinsraten ein. Das bereitgestellte Geld hat sie entweder als Spareinlagen verfügbar oder leiht es sich selbst am Interbankenmarkt. Zwischen den Zinsen, die die Bank selbst aufbringen muss und den Zinsen, die der Kunde bezahlen muss, liegt ihre Zinsmarge und daraus speist sich ihr Gewinn. Im Gegenzug hat sie den Immobilienkredit nun in ihren Büchern und damit das Risiko, falls der Kunde den Kredit nicht oder nur teilweise zurückzahlen kann.
Vermittelt die Bank stattdessen den Kredit an ein anderes Institut weiter, bekommt sie nicht das Ausfallrisiko in die eigenen Bücher, verdient aber auch keine Zinsmarge. Und doch verdient sie, denn für die Vermittlung erhält sie eine Provision – leicht verdientes Geld, sofort auf dem Konto und ganz ohne Risiko. Das ist nicht ganz so lukrativ, als wenn sie den Kredit selbst vergeben hätte, aber es ist viel lukrativer, als wenn der Kunde ohne Abschluss einfach vom Hof und zur Konkurrenz geritten wäre.
Die Hypoport-Marktplätze zahlen sich für die Banken daher ordentlich aus. Und auch für den Kreditnehmer, denn der muss nicht zehn Finanzierungsgespräche führen, sondern nur eines.
Skalierbarkeit als I-Tüpfelchen
Das Hypoport-Modell kam vor 10 Jahren langsam in Schwung und auch die Börse begann, die Aktie zu entdecken. Hohe Wachstumsraten machten Hypoport zu einem attraktiven Wachstumsunternehmen, auch wenn anfangs die Gewinne ausblieben – jeder verdiente Euro floss in die Verbesserung des Marktplatzes und das Andocken von immer mehr Banken und Sparkassen. Doch dieser Kostenblock wuchs irgendwann nicht mehr weiter, während die Einnahmen immer stärker sprudelten. Während der Corona-Krise explodierte die Nachfrage geradezu, weil die Banken ohne Online-Kreditvergabe im Lockdown waren und kein Geschäft mehr machen konnten, wenn die Kunden das Haus nicht verließen. Hypoport gewann viele zuvor noch unentschlossene Banken als Kunden hinzu und die Euphorie beim Aktienkurs kannte kaum noch Grenzen. Ende 2021 markierte die Aktie bei 600 Euro ihr Allzeithoch und hatte sich damit in weniger als 10 Jahren mehr als verzehnfacht.
Und dann kann die Inflation und mit ihr die Zinswende und ein Absturz des Immobilienmarkts. Ist ja hinlänglich bekannt und Hypoport wurde zum Opfer des eigenen Erfolgs. Oder besser gesagt: der zu hohen Erwartungen der Anleger. Dem entsprechend brach der Aktienkurs ein und fiel zwischenzeitlich sogar unter die Marke von 100 Euro zurück. Und das war nicht ganz ungerechtfertigt…
Denn Hypoport hatte in den „guten Jahren“ viel Personal aufgebaut und die Erlöse aus dem profitablen Plattformgeschäft wurden in angrenzende neue Geschäftsfelder investiert. Diese sogenannte Innenfinanzierung ist eine starke Waffe im Geschäftsleben und hätte eigentlich Hypoport vor Schlimmerem bewahren sollen, denn mit einem Zurückfahren der Investitionen in die neuen Geschäftsfelder wäre die Profitabilität schnell wieder hochzufahren gewesen. Doch es kam anders. Denn der massive Preiseinbruch am Immobilienmarkt gepaart mit dem schnellen starken Zinsanstieg führte zu einem regelrechten Austrocknen des Marktes und damit zu einem erheblichen Rückgang der Finanzierungsanfragen. Willige Verkäufer nahmen ihre Immobilien vom Markt und vermieten sie lieber, anstatt zu wenig Geld für sie zu bekommen. Und viele Neubauvorhaben wurden aufgrund der massiven Preissteigerungen bei den Baukosten aufgeschoben.
Bei Hypoport hinterließen diese Entwicklungen eine blutrote Spur in der Bilanz, denn man bekam zwar immer mehr vom Kuchen ab, aber der Kuchen war massiv geschrumpft. Die Kosten passten nicht mehr zu den Einnahmen und so strukturierte Hypoport ab Herbst 2023 um, trennte sich von Geschäftsideen und Personal. Ab Mitte 2024 zeigten sich die ersten Erfolge mit sich wieder verbessernden Bilanzzahlen. Und inzwischen haben sich die meisten Wolken ganz verzogen…
Gipfelstürmer 2.0?
Während in den USA die Zinssenkungen der Notenbank zu einem Anstieg des Zinsniveaus bei Anleihen und bei Kreditzinsen um knapp 1 % geführt hat, kamen die Zinssenkungen der EZB in Europa und in Deutschland am Markt an. Hierzulande ist das Zinsniveau insgesamt niedriger als in den USA und langlaufende Immobilienkredite sind zwischen 3,0 und 3,3 % zu bekommen (10- oder 20-jährige Zinsfestschreibung). Auch dank üppiger Lohnsteigerungen in den letzten 18 Monaten können sich wieder mehr Menschen eine Immobilie leisten und die Nachfrage nach gebrauchten Immobilien steigt seit Monaten wieder an.
Starke Quartalsentwicklung
Quelle: wallstreet-online.de |
Der Aktienkurs hat schon reagiert – ein bisschen. Er war im Zuge der negativen Schlagzeilen aus den USA und des dortigen Zinsanstiegs nach einer starken Erholung wieder deutlich unter Druck geraten und von 300 auf unter 200 Euro zurückgefallen. Zu Unrecht! Denn Hypoport steigert seinen Marktanteil und der Kuchen wird wieder deutlich größer! Das gilt nicht für die Kosten, denn Hypoports Plattformgeschäft ist skalierbar. Die Plattform ist programmiert, Aufwand entsteht für das erstmalige Andocken neuer Banken, aber anschließend fallen kaum noch Wartungs- und Betreuungskosten an. Fast zu schön, um wahr zu sein. Aber nur fast.
Mein Fazit
Deutschlands Banken sind im internationalen Vergleich, auch innerhalb Europas, ertragsschwach und entsprechend niedrig bewertet. Die Commerzbank erfährt das gerade auf die harte Tour und steht inmitten eines Abwehrkampfes gegen eine feindliche Übernahme durch die italienische Unicredit. Für alle gilt, dass Filialdichte und die Kostenstruktur zu hoch sind, während die Kunden sich immer mehr in Richtung Onlinebanking entwickeln. Hypoport ist die Antwort für die Banken, um dem Kosten- und Konkurrenzdruck zu entfliehen.
Billig sieht die Hypoport-Aktie nicht aus. Aber das trügt. Denn die absehbaren Gewinnsteigerungen senken auch die Bewertung – die Analysten werden ihre Schätzungen in den nächsten Monaten und Jahren immer wieder nach oben anpassen müssen und damit immer wieder neuen Raum auch für die Aktie eröffnen.
Ich würde mich nicht wundern, wenn in einem Jahr jeder Hypoport als klaren Favoriten benennt und meint, die Aktie müsse man im Depot haben. Vermutlich wird die Aktie dann bei 300 oder 400 Euro für Anleger mit einem langfristigen Anlagehorizont auch dann noch ein Kauf sein. Wer etwas mehr Risikobereitschaft hat und die erhöhte Volatilität in dieser Aktie verkraftet, kann sie auch bei 200 Euro kaufen. Denn da steht sie momentan. Noch…
Möge die Rendite mit euch sein!
Euer Börsenbarde
Michael C. Kissig
Disclaimer: Habe Hypoport auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Deot/Wiki.
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