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Artikel aus "Der Nebenwerte Investor" Ausgabe 1/2025 vom 14.01.2025
▶ In dieser Ausgabe: Hypoport, Evotec, Dürr, Deutz, Elmos
Hypoport als Hebel auf die Wende am Immobilienmarkt
Bei Hypoport dreht sich alles um Immobilien und Finanzierungen, aber das Unternehmen ist kein Kreditinstitut, sondern ein Softwareunternehmen und Dienstleister für die Banken. Und doch hängen Umsatz- und Ergebnisentwicklung erheblich vom Gesundheitszustand des deutschen Immobilienmarkts ab und um den war es die letzten beiden Jahre nicht gerade gut bestellt. Auf viele Jahre mit außergewöhnlich starken Zuwächsen folgten zwei Jahre mit massiven Einbrüchen, weil sich steigende Zinsen als Gift erwiesen. Aber 2025 soll die Wende bringen meint das Analysehaus Warburg und führt Hypoport unter seinen "Best Ideas 2025".Das Kerngeschäft der 1999 gegründeten Hypoport ist die Kreditvermittlungsplattform Europace. Diese richtet sie sich ausschließlich an Banken und Kreditvermittler und ist damit eine B2B-Plattform (Business-to-Business). Anders als bei Vergleichsportalen wie Verivox oder Check24 bekommen die Kreditnehmer gar nicht mit, dass sie über Europace bedient werden, denn ihr Ansprechpartner ist wie üblich ihre Hausbank. Doch im Hintergrund wirkt Hypoport.
Unter der Führung von Gründer, Großaktionär und CEO Ronald Slabke hat Hypoport die Art und Weise grundlegend verändert, wie man heute Kredite abschließt. Nachdem Banken jahrzehntelang mit zahllosen Filialen den Markt dominierten, zwangen Kostendruck durch Magerzinsen und das Internet sie zu immer neuen Sparrunden. Das hat auch die Art und Weise verändert, wie Banken Kredite vergeben und ihre Kunden bedienen. Die Corona-Pandemie wirkte dann nochmals Brandbeschleuniger, weil die Kunden den Weg in die Filialen scheuten und Kredite quasi sofort Online vergeben werden mussten. Eine Herausforderung für alle Beteiligten: Banken, Kunden - und Hypoport.
Hypoport ist inzwischen Deutschlands unangefochtener Marktführer bei neu vermittelten Immobilienfinanzierungen und über seine B2B-Kreditplattform werden inzwischen mehr als ein Drittel aller neuen Verträge abgewickelt. Die börsennotierte Hypoport SE ist dabei die Dachgesellschaft für das Netzwerk von knapp 20 Technologieunternehmen für die Kredit-, Immobilien- und Versicherungswirtschaft, die inzwischen zum Hypoport-Konzern gehören.
(Nur noch) drei Segmente
Hypoport hat sich im letzten Jahr einer Umstrukturierung unterzogen und dabei Aktivitäten und Kpsten auf den Prüfstand gestellt. Anstelle der vorherigen vier Sparten unterteilt es seine Aktivitäten nun in drei Segmente: Real Estate & Mortgage, Insurtech sowie Financing.Das Segment Real Estate & Mortgage Platforms betreibt mit dem internetbasierten B2B-Kreditmarktplatz Europace die größte deutsche Plattform für Immobilienfinanzierungen und Bausparprodukte. Neben Europace fördern die Teilmarktplätze Finmas und Genopace sowie die B2B-Vertriebsgesellschaften Qualitypool und Starpool fördert ebenso der ungebundene Finanzvertrieb Dr. Klein mit seiner Beratung zur Immobilienfinanzierung für Verbraucher das Wachstum des Kreditmarktplatzes. Die technologischen Geschäftsmodelle der Fio Systems für die Vermarktung von Wohnimmobilien und der Value AG für die Bewertung von Immobilien ergänzen die Wertschöpfungskette des privaten Immobilienerwerbs.
Das Segment Insurance Platforms besteht aus neun Unternehmen, die Technologielösungen und Vertriebsangebote für den Versicherungsmarkt bereitstellen. Die Geschäftsmodelle verfolgen eine gemeinsame Strategie mit dem Ziel, wertschöpfende Versicherungsprozesse zu digitalisieren. Die Aktivitäten der Unternehmen sind in die Teilsegmente für tarifierbare Privat- und Gewerbeversicherungen (SmIT, Qualitypool, AMEXPool, 1blick, Sia), betriebliche Vorsorgeversicherungen (ePension, E&P) und Industrieversicherungen (corify, OASIS) strukturiert.
Das Segment Financing Platforms bündelt alle Technologie- und Vertriebsunternehmen der Hypoport-Gruppe für die Finanzierungsprodukte Ratenkredit, Unternehmensfinanzierung und Wohnungswirtschaft. Es umfasst somit Geschäftsmodelle außerhalb der privaten Immobilienfinanzierung.
Hypoport hängt am Immobilienmarkt
Bei Hypoport driften zwei Entwicklungen auseinander, die jahrelang Hand-in-Hand die Erfolgsgaranten waren: Marktanteilsgewinnen steht ein schrumpfender Markt gegenüber. Die Kreditplattform hat sich als die dominierende Lösung in Deutschland etabliert und gewinnt weiter Marktanteile. Die Sparkassen- und Genossenschaftsbankenverbünde setzen beinahe vollständig auf Finmas bzw. Genopace, doch der Immobilienmarkt hat zwei Jahre mit erheblichen sinkenden Preisen und zurückgehenden Transaktionen zu verkraften. Der Markt für Immobilienfinanzierungen war dem entsprechend nach dem Rekordjahr 2021 weitgehend ausgetrocknet und das hat Hypoport massiv belastet. In der Folge musste auch die erfolgsverwöhnte Hypoport Kosten senken und Personal abbauen.Schuld waren die starken und schnellen Zinsanhebungen der EZB zur Inflationsbekämpfung, in deren Folge sich deutlich weniger Menschen den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen konnten. Bei Finanzierungszeiträumen von 25 oder 30 Jahren kommt der Zinsbelastung eine besondere Bedeutung zu und sie kann Größenordnungen erreichen, die dem eigentlichen Kaufpreis der Immobilien nahekommen. Da macht es dann einen großen Unterschied, ob der Kredit mit 1 % oder mit 4 % verzinst werden muss.
Die Nachfrage nach Immobilien brach kräftig ein und damit entstand ein großes Überangebot an Immobilien. Aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage ergaben sich Preisrückgänge. Zunächst moderat, dann zunehmend kräftig. Und sinkende Preise haben einen zusätzlichen negativen Effekt, denn die Kaufwilligen halten sich zurück, weil sie mit noch weiter sinkenden Preisen rechnen und so sinkt die Nachfrage überdurchschnittlich stark. Das Ende dieser Abwärtsspirale ist erst dann in Sicht, wenn das Preisniveau wieder so niedrig ist, dass Kaufwillige sich einfach nicht mehr zurückhalten können und wieder zugreifen, während Verkaufswillige auf einen Verkauf verzichten, weil ihnen die Preise zu niedrig sind.
Dieses Szenario zeichnete sich Ende 2023 ab, als die Hoffnung auf Zinssenkungen durch die Notenbanken für neue Perspektiven sorgte. Wie wir heute wissen, erwies sich die Inflation als hartnäckiger als gedacht und die Zinssenkungen ließen lange auf sich warten. Die Bauzinsen für 10- und 15-jährige Finanzierungen haben sich stark angenähert und im November 2023 bei 4,3 % ihr 10-Jahreshoch markiert. Innerhalb von nur zwei Monaten rutschte es auf 3,5 % ab, doch von da an kletterten die Bauzinsen wieder bis Ende Juni auf rund 3,8 %. Doch seitdem bröckelt das Zinsniveau wieder und hält sich bei etwa 3,4 % relativ stabil – anders als in den USA, wo es seit dem Herbst wieder deutlich gestiegen ist und um die Marke von 7 % pendelt.
Der Immobilienmarkt geht noch immer am Stock, zeigt aber deutlich Anzeichen einer Besserung. Nach dem Absturz in 2022 markierte 2023 mit nochmaligen kräftigen Einbußen den Tiefpunkt und 2024 sollte von diesem reduzierten Niveau aus mit zweistelligen Zuwachsraten für eine Wiederbelebung gesorgt haben. Der Häuserpreisindex ging 2023 um 8,5 % zurück und sein Absturz war im 3. Quartal 2023 mit -10,3 % am heftigsten. Doch seitdem hat sich der Rückgang in jedem folgenden Quartal weiter abgeschwächt bis auf -0,7 % im 3. Quartal 2024. Ob sich die Trendwende im 4. Quartal 2024 eingestellt hat oder erste Zuwächse erst im 1. Quartal 2025 einstellen werden, ist dabei weniger entscheidend.
Der Aktienkurs als Spiegelbild!?
Quelle: wallstreet-online.de |
An diesem Punkt hat Warburg die Hypoport-Aktie als eine ihrer "Best Ideas 2025" benannt. Hypoport habe in den letzten Jahren die Kosten gesenkt und dürfte von einem deutlichen Rückenwind in der Branche profitieren, was sich positiv auf die Rentabilität im Jahr 2025 auswirken sollte. Und das scheint plausibel, denn während der Aktienkurs seine Gewinne im jahresverlauf wieder abgegeben hat, hat Hypoport bei seinen Geschäftszahlen zunehmend die Kurve gekriegt:
Geschäftszahlen erholen sich
In den ersten neun Monaten 2024 stieg der Umsatz der Hypoport-Gruppe trotz des weiterhin insgesamt herausfordernden Marktumfelds im Vorjahresvergleich um 24 % auf 332 Mio. Euro. Zum starken Wachstum hat insbesondere die beginnende Erholung der Geschäftsmodelle in der privaten Immobilienfinanzierung des Segments Real Estate & Mortgage Platforms beigetragen.Durch die deutliche Zunahme von Transaktionsvolumen der Plattformen Europace, Finmas und Genopace sowie der Vertriebsvolumen der Kreditvermittlungstochter Dr. Klein erhöhten sich die Umsätze im Segment Real Estate & Mortgage Platforms signifikant. Grundlage waren Marktanteilsgewinne sowie eine sukzessive Erholung des privaten Immobilienmarktes.
Die Entwicklung im Segment Financing Platforms zeigte sich dreigeteilt. Das Teilsegment Wohnungswirtschaft erreichte trotz eines schwachen Marktumfeldes verglichen mit dem schwachen Vorjahr drei erfolgreiche Quartale in 2024. Die Umsätze erhöhten sich durch Marktanteilsgewinne bei allen Produkten insgesamt prozentual zweistellig, wobei insbesondere der Umsatz der wohnungswirtschaftlichen Verwaltungsplattform überproportional stark anstieg.
Im Teilsegment Ratenkredit konnten Partnerbasis und Marktanteile ausbaut werden. Jedoch begrenzten zunehmend restriktivere Kreditbanken und ein impulsloser Gesamtmarkt den Umsatzanstieg auf einen prozentual hohen einstelligen Wert.
Im Geschäftsmodell Corporate Finance (REM Capital) stieg das Neugeschäftsvolumen zwar an, jedoch haben sich die Projektvorbereitungs- und Bearbeitungszeiten für Förderprogramme deutlich verlängert, sodass das realisierte Geschäftsvolumen der Unternehmensfinanzierung gegenüber dem Vorjahreszeitraum gleich blieb.
Durch Änderungen in der Zusammensetzung der nachgefragten Beratungsleistungen ergab sich für das Teilsegment Corporate Finance ein deutlicher Umsatzrückgang, sodass der Umsatzanstieg für das Gesamtsegment lediglich 6 % auf 54 Mio. Euro betrug.
Im Segment Insurance Platforms kam die Migration der Versicherungsbestände auf die jeweiligen B2B-Plattformen der drei Teilsegmente Privatversicherung, betriebliche Vorsorge und Industrieversicherung weiter voran, wodurch sich in einem stabilen Gesamtmarkt ein leichtes Umsatzwachstum von 3 % auf 48 Mio. Euro ergab.
Ronald Slabke, Vorstandsvorsitzender der Hypoport SE, zeigte sich erleichtert und zuversichtlich: "Wir sehen in 2024 die ersten positiven Auswirkungen der Markterholung in der privaten Immobilienfinanzierung in den Umsatz- und Ertragsanstiegen des Segments Real Estate & Mortgage Platforms. Ergänzt um positive Ertragsbeiträge der Segmente Financing Platforms und Insurance Platforms kann man festhalten, dass wir bei weiterhin noch schwachen Marktumfeldern in diesem Jahr eine solide Basis für weiteres, profitables Wachstum in der Zukunft legen. Im Gesamtkonzern haben wir nun nach drei von vier Quartalen ein EBIT-Niveau von knapp 12 Mio. Euro erreicht und liegen bereits im Ergebniskorridor unserer EBIT-Jahresprognose von 10 bis 20 Mio. Euro. Im überproportionalen Ergebnisanstieg zeigt sich die Stärke unserer skalierbaren Plattformgeschäftsmodelle und unsere 2023 verschlankte Kostenstruktur."
Bullcase vs. Bearcase
Slabke betonte einen wesentlichen Aspekt, denn Hypoport hatte in den Boomjahren massiv auf Wachstum gesetzt und dafür auch den Personalbestand deutlich erhöht. Hier steuerte man 2023 um und die Früchte der Kostensenkungen zeigen sich nun anhand der verbesserten Ertragskennzahlen. Mit einem weiter anziehenden Immobilienmarkt und damit einhergehenden Steigerungen beim Finanzierungsvolumen dürften auch die Margen wieder profitieren können und damit die Gewinne anfüttern.Und genau hierauf stellt auch Warburg ab. Für 2024 gehen die Analysten von einem Gewinn je Aktie von 1,95 Euro aus, 2025 sollen es bereits 4,31 Euro sein und 2026 dann 6,87 Euro. Der bisherige Rekordwert wurde 2022 erzielt mit 4,81 Euro je Aktie und damals notierte die Aktie bei 600 Euro. Zu diesem Allzeithoch wäre also Raum für mehr als eine Kursverdreifachung und das klingt durchaus nach einer sehr guten Idee. Auch wenn Kurse und Bewertungsmultiplen aus der Vergangenheit keine Garantie für die künftige Entwicklung sind. Ein Indiz sind sie allemal.
Die 4 wichtigsten Dinge, die man über Hypoport wissen muss
- Deutschlands Marktführer bei neu vermittelten Immobilienfinanzierungen vermittelt über seine Kreditplattformen bereits mehr als ein Drittel aller neuen Verträge.
- Hypoport entwickelt sich zum Full-Serviceanbieter rund um den Immobilientransfer. Noch spielt die Musik aber im Bereich Kreditplattform am lautesten.
- Steigende Zinsen und hohe Preise haben zu einem Käuferstreik im Immobilienmarkt geführt, doch nun scheint der Markt sich wieder zu drehen.
- Kostensenkungen und ein steigendes Finanzierungsvolumen bieten Spielraum bei den Margen, Unternehmensgewinnen und damit auch beim Aktienkurs.
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