Heute präsentiere ich euch einen weiteren interessanten Gastartikel. Dieses Mal von Max Rahn, der zu den Werten in seinem Wikifolio 'Bambus Ultra' immer wieder fundierte Artikel rund um das Investieren und aussichtsreiche Unternehmen veröffentlicht.
Daneben ist Max alle paar Wochen montagsabends mit einem Börsenspace bei X/Twitter am Start im Team mit Emil Jusifov, Leo Nelissen, Lars - und seit einiger Zeit auch mit mir.
Max hat sich erneut ein sehr interessantes Unternehmen für seine Vorstellung ausgesucht: AMD. Der Chiphersteller rang Jahrzehntelang mit Intel um die Vormachtstellung bei CPUs, bevor GPUs den Markt eroberten. Heute ist AMD der wohl stärkste Herausforderer von KI-Chip-Dominator Nvidia - und mehr als einen Blick wert...
Gastartikel von Maximilian Rahn: Ist AMD das nächste Nvidia?
Von Max Rahn
- Gliederung des Artikels:
- Warum ist AMD relevant?
- Welche Geschäftsbereiche gibt es?
- Welchen Burggraben hat AMD?
- Welche Risiken hat AMD?
- Wie sind die Finanzdaten und Bewertung?
- Fazit
1. Warum ist AMD relevant?
Seit dem Launch von ChatGPT-3.5 im November 2022 ist das Thema Künstliche Intelligenz (KI) allgegenwärtig. Ein klarer Gewinner dieses Booms ist Nvidia, das mit seinen GPUs und der CUDA-Software die KI-Infrastruktur dominiert. Der Nvidia-Aktienkurs ist in etwa 2 Jahren um über 800 % gestiegen.
Viele fragen sich nun: "Welche Aktie könnte das nächste Nvidia werden?" AMD wird oft als die Nummer 2 im KI-Bereich gehandelt. Vielleicht auch deswegen, weil AMD-CEO Lisa Su die Cousine von Nvidia-CEO Jensen Huang ist - Fun Fact am Rande. ツ
Tatsächlich hat AMD mit dem MI300-Chip den Einstieg in den KI-Markt Ende 2023 gewagt und nun jährlich neue KI-Produkte angekündigt.
Es gibt hier sogar schon erste Erfolge, die bisher untergegangen sind:
- Microsoft-CEO Satya Nadella lobt die AMD MI300X-Beschleuniger für ihr hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Im Vergleich zu anderen Hardware-Optionen – etwa Nvidias GPUs – bietet der MI300X bei gleicher Performance deutlich niedrigere Kosten für Rechenleistung. Das macht ihn besonders attraktiv für die Ausführung großer KI-Modelle wie GPT-4.
- Meta setzt auf AMD und hat bestätigt, dass 100% der Inference-Prozesse für ihr LLaMA 405B-Modell auf dem MI300X laufen. Das verdeutlicht nochmal, dass AMDs Beschleuniger nicht nur leistungsfähig, sondern auch kosteneffizient und zuverlässig genug sind, um riesige KI-Modelle wie LLaMA in der Praxis zu verarbeiten.
2. Welche Geschäftsbereiche gibt es?
Für mich ist AMD besonders spannend, weil das Unternehmen ein breites Spektrum an Halbleiterprodukten erfolgreich anbietet: von CPUs und GPUs über APUs, FPGAs bis hin zu SoCs. Diese Technologien sind das Rückgrat zahlreicher Geräte und Anwendungen – von PCs und Servern über Spielekonsolen bis zu Rechenzentren.
Aktuell zeigt sich jedoch ein gemischtes Bild: Die Performance der vier Geschäftsbereiche ist unterschiedlich, was das Umsatzwachstum und die Profitabilität beeinflusst. Während Data Center und Client stark performen, belasten Schwächen in Gaming und Embedded das Gesamtergebnis. Zusätzlich drücken hohe Investitionen in KI und andere Zukunftstechnologien auf die Gewinnmargen.
Sehen wir uns die 4 Segmente von AMD genauer an:
- Data Center: Das Data-Center-Segment ist der klare Wachstumsmotor von AMD. Mit Prozessoren wie den EPYC-Chips und den neuen Instinct-GPUs liefert AMD Schlüsseltechnologien für Rechenzentren, die große Datenmengen effizient verarbeiten. Gerade durch den KI-Boom ist dieses Segment enorm wichtig: Anwendungen wie GPT-4 oder LLaMA treiben die Nachfrage nach leistungsfähigen Chips in die Höhe. Mit einem Umsatzwachstum von +122 % in Q3/2024 ist dieses Segment nicht nur das am schnellsten wachsende, sondern wird durch den KI-Trend auch langfristig AMDs wichtigste Säule. Die starke Gewinnmarge von 29 % zeigt, dass AMD hier effizient wirtschaftet und bereit ist, weiter zu skalieren.
- Client: Im Client-Segment zeigt AMD mit den Ryzen-Prozessoren eine starke Präsenz auf dem PC- und Laptop-Markt. Besonders beliebt sind diese Chips bei Gamern und Entwicklern, die Wert auf eine hohe Leistung zu einem fairen Preis legen. Mit +29 % in Q3/2024 ist der Umsatz in diesem Segment solide gewachsen, obwohl der PC-Markt insgesamt zuletzt geschrumpft ist. AMD profitiert hier von seiner engen Zusammenarbeit mit großen PC-Herstellern und der hohen Nachfrage nach Zen-5-Prozessoren. Die Gewinnmarge von 15 % zeigt, dass AMD auch in einem hart umkämpften Markt wie diesem profitabel unterwegs sein kann.
- Gaming: Der Gaming-Bereich ist momentan herausfordernd für AMD. Die Nachfrage nach Konsolenchips (APUs) wie für die PlayStation oder Xbox sinkt, da diese sich am Ende ihres Lebenszyklus befinden. Dennoch hat AMD mit den Radeon-Grafikkarten eine starke Position im Gaming-PC-Markt, der sich langfristig robust zeigt. Der neue Konsolenzyklus ab 2025 (PlayStation 5 Pro und Xbox Series X Enhanced) bietet zusätzlich Potenzial, die Umsätze in diesem Segment wieder anzukurbeln. Obwohl die Gewinnmarge aktuell nur 2 % beträgt, bleibt Gaming ein wichtiges Segment, das langfristig von AMDs Innovationen profitieren kann.
- Embedded: Im Embedded-Bereich bietet AMD maßgeschneiderte Lösungen in industriellen Anwendungen, Fahrzeugen und der Telekommunikation. Besonders spannend ist das Wachstum der Versal-Plattform, die in Bereichen wie Luft- und Raumfahrt oder für Kunden wie SpaceX/Starlink zum Einsatz kommt. Hier punktet AMD mit Prozessoren, die zuverlässig, effizient und anpassungsfähig sind – ideale Eigenschaften für anspruchsvolle Märkte. Trotz eines Umsatzrückgangs von -25 % zeigt die starke Gewinnmarge von 40 %, dass AMD in diesem Segment profitabel arbeitet und sich langfristig gut positioniert hat. Die Schwäche ist vor allem auf die Lagerbestände bei einigen Kunden zurückzuführen, die sich nur schrittweise abbauen.
3. Welchen Burggraben hat AMD?
Um Wettbewerbsvorteile zu analysieren, orientiere ich mich an den "7 Powers" aus dem großartigen Buch von Hamilton Helmer. Bei AMD sehe ich aktuell 6 von 7 möglichen Powers.
- Exklusive Ressourcen (Cornered Resource)
AMD verfügt über eigene CPU- und GPU-Architekturen (Zen bei CPUs, RDNA bei GPUs) sowie bestimmte Fertigungs- und Verbindungstechnologien (wie Infinity Fabric und Chiplet-Design), die auf jahrelanger Entwicklungsarbeit basieren. Mit der Übernahme von Xilinx hat AMD 2022 sein Portfolio zudem erheblich erweitert. Besonders in Rechenzentren kann das Unternehmen nun Komplettlösungen aus CPU, GPU und FPGA anbieten. Das steigert die Effizienz von Anwendungen wie KI-Inferenz, Netzwerkverarbeitung und HPC. Dieser umfassende Ansatz verschafft AMD einen klaren Vorteil gegenüber Wettbewerbern ohne vergleichbare Technologievielfalt. Dieses exklusive Know-how ist schwer zu kopieren und verschafft AMD einen technologischen Vorsprung. Obwohl diese Ressourcen nicht unüberwindbar für die Konkurrenz sind, sorgen sie dafür, dass AMD auf einem soliden Fundament aufbaut.
- Gegenpositionierung (Counter-Positioning)
Mit der Chiplet-Architektur hat AMD 2019 einen entscheidenden Schritt getan, um sich von Intel und Nvidia abzusetzen. Statt große, monolithische Chips zu bauen, setzt AMD auf kleinere Module, die einfacher, kostengünstiger und energieeffizienter hergestellt werden können. Diese Strategie ist schwer zu imitieren, da Wettbewerber ihre gesamte Produktionsweise umstellen müssten. So hat AMD eine Position erreicht, aus der heraus es nicht nur schneller innovieren, sondern auch flexibler auf unterschiedliche Marktbedürfnisse reagieren kann - sehr wichtig beim Halbleitermarkt, der sich schnell verändert.
- Skaleneffekte (Scale Economies)
Durch seine enge Zusammenarbeit mit Auftragsfertigern wie TSMC profitiert AMD stark, weil sie dadurch enorme Produktionsmengen und modernste Fertigungsverfahren nutzen können. Die modulare Chiplet-Bauweise erhöht die Produktionsausbeute, senkt die Kosten und verteilt Entwicklungsaufwand über mehrere Produktlinien (von Desktop-CPUs über Server-Prozessoren bis hin zu Konsolen-Chips). Zwar ist AMD nicht so groß wie Intel oder Nvidia, aber mit jedem gewonnenen Marktanteil nehmen die Skaleneffekte eben weiter zu.
- Netzwerkeffekte (Network Effects)
AMD ist neben Intel Teil des weit verbreiteten x86-Ökosystems, was automatisch für eine große Softwarebasis sorgt. Durch Partnerschaften mit Sony und Microsoft bei Spielkonsolen und die Förderung offener Plattformen wie ROCm im High-Performance-Computing-Bereich baut AMD ein eigenes Entwickler- und Anwendernetzwerk auf. Diese Netzwerkeffekte sind klar schwächer als bei Nvidia (mit CUDA), aber sie wachsen, je mehr sich AMD in wichtigen Märkten wie KI, Cloud und Gaming etabliert.
- Wechselkosten (Switching Costs)
Für Privatkunden sind Wechselkosten meist gering, aber in Rechenzentren oder bei spezialisierter Unternehmenssoftware ist ein Umstieg auf eine andere Hardware-Plattform oft zeit- und kostenintensiv. Diese höheren Hürden im professionellen Umfeld halten Kunden länger bei AMD, wenn sie sich einmal für deren Lösungen entschieden haben – ein kleiner, aber realer Vorteil in hart umkämpften Märkten wie Rechenzentren und Servern.
- Prozessstärke (Process Power)
AMD zeigt seit einigen Jahren, dass sie effizient entwickeln, schnell reagieren und kontinuierlich ihre Technologien verbessern können. Das war nicht immer so und hier hat AMD aus meiner Sicht unter CEO Lisa Su seit 2014 einen unfassbaren Turnaround geschafft. Eine wesentliche Innovation war dabei das flexible Chiplet-Design, das schnellere Anpassungen an Kundenwünsche und Markttrends erlaubt. Diese Prozesskompetenz macht AMD nicht nur sehr beweglich, sondern auch verlässlich in einer Branche, die sich so rasant weiterentwickelt.
- Markenbildung (Branding)
AMD hat in punkto Image einen großen Sprung gemacht: vom "preisgünstigen Underdog" zum ernstzunehmenden Innovator. Doch während Ryzen, EPYC und Radeon mittlerweile für Qualität stehen, ist AMDs Markenstärke noch nicht so gewaltig, dass sie allein dadurch höhere Preise durchsetzen könnten.
4. Welche Risiken hat AMD?
Natürlich bringt auch AMD wie jedes andere Unternehmen gewisse Risiken mit sich. Die Halbleiterbranche ist von Natur aus anfällig für geopolitische Unsicherheiten, konjunkturelle Schwankungen und die Abhängigkeit von Auftragsfertigern wie Taiwan Semiconductor (TSMC). Doch bei AMD sehe ich zwei spezifische Risiken, die besonders ins Gewicht fallen:
- Marktsättigung und Wettbewerb durch ARM-Prozessoren: Der CPU-Markt bleibt ein hartes Pflaster. Neben der Konkurrenz mit Intel bekommt AMD zunehmend Druck von ARM-basierten Prozessoren, die vor allem durch ihre Energieeffizienz überzeugen – besonders in den Bereichen Mobilgeräte und Server. Zwar konnte AMD ebenfalls Marktanteile gewinnen, doch wenn der Trend zu ARM-Architekturen weiter zunimmt, könnte das Wachstum in diesen Segmenten ins Stocken geraten. Gleichzeitig könnten etablierte Märkte wie Gaming und Desktop-Prozessoren allmählich gesättigt sein, was AMD weniger Spielraum für weiteres Wachstum lässt.
- ROCm versus CUDA: Nvidia hat mit CUDA die führende Software-Plattform für GPU-Computing geschaffen, die weltweit von Entwicklern und Unternehmen genutzt wird. AMD bietet mit ROCm eine offene Alternative, die zwar an Aufmerksamkeit gewinnt, aber noch nicht annähernd so verbreitet ist. Hier liegt die große Herausforderung: AMD muss es schaffen, mehr Entwickler zu überzeugen, ihre Software für ROCm zu optimieren. Gelingt das nicht, könnte AMD im Bereich High-Performance Computing und Künstliche Intelligenz Schwierigkeiten haben, langfristig mit Nvidia mitzuhalten.
5. Wie sind die Finanzdaten und Bewertung?
Wenn ich AMD nach den 6 Aktienkategorien von Peter Lynch einordne, sehe ich das Unternehmen als eine Mischung aus Zykliker und Wachstumswert. Denn als Halbleiterunternehmen ist AMD stark von konjunkturellen Schwankungen betroffen, was es zu einem typischen Zykliker macht. Gleichzeitig profitiert AMD aber von einem klaren langfristigen Wachstumstrend, insbesondere durch die steigende Nachfrage nach Halbleitern für KI und andere Zukunftstechnologien.
Nun zur Bewertung: Aktuell wird die Aktie mit dem 28-fachen der erwarteten Gewinne der nächsten 12 Monate und dem 6,7-fachen des Umsatzes bewertet. Die Nettogewinnmarge liegt bei etwa 7,5 % (TTM), und der Free Cashflow beträgt 1,6 Mrd. USD. Wie schon angesprochen halte ich sowohl das aktuelle Niveau von Umsatz als auch Profitabilität für nicht allzu aussagekräftig. Denn die vier Geschäftsbereiche performen unterschiedlich und AMD ist noch in einem Investitionszyklus, der die Gewinnmarge drückt.
Was wäre nötig, um ein Tenbagger zu werden?
Die spannende Frage lautet: Was müsste passieren, damit AMD in den nächsten 5 bis 10 Jahren ein Tenbagger wird?
- Der Umsatz müsste von derzeit 25 Mrd. USD (Q3/2024 TTM) auf $200 Mrd. steigen.
- Die Nettogewinnmarge müsste sich von 7,5 % auf 30 % (angetrieben durch Datacenter und Embedded Segmente) verbessern, was einen Nettogewinn von 60 Mrd. USD bedeuten würde.
- Bewertung: Bei einem realistischen KGV von 30 für Wachstumswerte würde AMD dann auf einen Börsenwert von 1,8 Billionen USD kommen.
Quelle: wallstreet-online.de |
AMD-CEO Lisa Su geht eben auch davon aus, dass der Markt für KI-Grafikprozessoren für Rechenzentren jährlich um mehr als 60 % wachsen und bis 2028 beeindruckende 500 Mrd. USD erreichen wird. Trotzdem sind diese Annahmen schon sehr ambitioniert - man sollte nicht alle Eier in einen Korb legen, denn es kann auch anders kommen.
6. Mein Fazit: AMD muss nicht Nvidia sein, um erfolgreich zu sein
AMD ist nicht das nächste Nvidia – und das muss es auch nicht sein. AMD kann sich ein gutes Stück vom wachsenden KI-Markt sichern, zum Teil bei Datacenter, aber vor allem in Edge AI, wo KI immer mehr in Endgeräten stattfindet.
Dank einer flexiblen und kostengünstigen Chip-Architektur ist AMD hier gut aufgestellt, während Nvidia im Bereich Rechenzentren aus meiner Sicht weiterhin dominant bleiben wird.
Aktuell bremsen Schwächen in Gaming und Embedded die Gesamtleistung von AMD, obwohl Datacenter und Client stark performen.
Ich erwarte jedoch, dass diese Probleme 2025 überwunden sind, da
- das Datacenter-Segment dann klar über 50 % des Umsatzes ausmachen wird und
- die Segmente Gaming und Embedded wieder wachsen dürften.
Mit einem abgeschlossenen Investmentzyklus sollte auch die Profitabilität ab 2025 steigen, was für die Aktie neues Momentum bringen könnte.
Die aktuelle Skepsis gegenüber AMD – manche nennen es sogar "Advanced Money Destroyer" – halte ich für übertrieben. AMD hat eine attraktive Marktposition und unterscheidet sich klar von Nvidia. Auf dem aktuellen Kursniveau erscheint AMD für mich deutlich attraktiver als Nvidia und gut aufgestellt für langfristigen Erfolg.
Daher bleibe ich bei AMD weiterhin investiert und kaufe sogar gegebenenfalls weiter nach.
GastautorenprofilMaximilian Rahn ist Analyst und Investor. In seinem Bambus Ultra Wikifolio kombiniert er quantitative und qualitative Faktoren, um ein umfassendes Bild der analysierten Unternehmen zu erhalten. Zuvor war er im Bereich Wirtschaftsprüfung und M&A bei einer der Big Four Gesellschaften tätig.
Disclaimer: Max Rahn hat Tesla, Palantir, Hims, Tencent, Alphabet, AMD, PDD, Spotify, Paycom, Roku und Nvidia auf seiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.
Disclaimer (Michael C. Kissig): Habe Meta, Microsoft, Nvidia auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.
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