Freitag, 6. Dezember 2019

Bill Ackman hält Berkshire Hathaway am Allzeithoch für total unterbewertet. Spinnt der?

Wenn man über den aktivistischen Investor Bill Ackman spricht, muss man sein Armageddon erwähnen: Valeant Pharmaceuticals (heute Bausch Health, WKN: A2JQ1X). Er sah in der kanadischen Pharma-Beteiligungsgesellschaft "das neue Berkshire Hathaway" und kaufte große Anteile an dem Unternehmen, bevor dieses dann total abstürzte - und Milliardensummen von Ackman und seinen Investoren vernichtete.

Dieses Fiasko bedeutet allerdings nicht, dass der frühere Anlegerliebling das Investieren nicht (mehr) drauf hätte. Ebenso wenig, wie ein großer Erfolg nicht belegt, dass Investoren dauerhaft einen goldenden Daumen für Investments hätten. Der Hedgefonds-Manager John Paulson ist das genaue Gegenteil von Ackman: er warnte rechtzeitig vor dem Platzen der US-Immobilienblase und wettete viel Geld darauf - und verdiente Milliarden. Seitdem sieht es allerdings trübe aus, seine weiteren Investments erweisen sich eher als schlecht bis unterdurchschnittlich.

Doch zurück zu Bill Ackman. Aus seiner Verehrung für Warren Buffett macht er keinen Hehl und seit einigen Monaten kauft er auch fleißig Aktien von dessen Beteiligungskonglomerat Berkshire Hathaway [WKN: A0YJQ2]. In seinem nur auf wenige Werte fokussierten Portfolio ist die Buffett-Aktie nach dem Aufstocken im dritten Quartal inzwischen mit mehr als 13% gewichtet. Das macht Ackmann nicht etwa aus Nostalgie oder Verklärung, sondern weil Berkshire Hathaway "derzeit mit einem der größten Abschläge auf seinen inneren Wert seit vielen Jahren" gehandelt würde und das zu einer Zeit, wo sich operative Verbesserungen bei einigen schwächelnden Tochterunternehmen einstellen würden.

Bill Ackman ist erst im zweiten Quartal 2019 bei Berkshire Hathaway eingestiegen, als er 3,513 Mio. B-Aktien erwarb, die er im dritten Quartal nun auf 4,016 Mio. Aktien aufstockte. Per Ende September hatte dieses Aktienpaket einen Wert von $835,3 Mio. und war mit 13,33% seine fünftgrößte Position.

Ackmann stellte seinen Investoren gegenüber seinen Investmentcase dar:
"Der Auslöser für unsere Investition in Berkshire ist, dass das Unternehmen unserer Ansicht nach derzeit mit einem der größten Abschläge auf seinen inneren Wert seit vielen Jahren handelt, zu einem Zeitpunkt, an dem wir eine Verbesserung der operativen Leistung seiner Tochtergesellschaften erwarten aufgrund  bestimmter Veränderungen im Management und in der Organisation des Unternehmens. Während Herr Buffett lange Zeit einer der bekanntesten und am meisten beachteten Investoren der Welt war, glauben wir, dass die Unterbewertung von Berkshire Hathaway teilweise durch die Tatsache zu erklären ist, dass es sich um eines der am wenigsten beachteten und missverstandenen Mega-Cap-Unternehmen handelt."
Kann man so sehen, muss man aber natürlich nicht. Andererseits teilt sogar Warren Buffett die Ansicht von Bill Ackman, denn Berkshire Hathaway kaufte auch im dritten Quartal eigene Aktien zurück. Und zwar im September, als es eine  kurzen Ausverkauf an den Börsen gab und Kurse von unter $200 aufgerufen wurden.

Was die personellen Veränderungen angeht, die bei einigen Beteiligungen endlich die schlummernden Potenziale (wiederer-)wecken soll, dürfte Ackmann vor allem auf zwei Unternehmen anspielen, die seit längerem zu den größten Positionen in Berkshires Depot gehören und deutlich unterdurchschnittlich performen: Wells Fargo und Kraft Heinz.

Wells Fargo

Bei Wells Fargo läuft schon länger nichts mehr rund. Nachdem die Bank lange zeit als rentabelste US-Bank angesehen wurde, steht sie seit einigen Jahren am Pranger. Sie hatte sich die vermeintlichen Erfolge durch ein aggressives Vertriebskonzept erkauft, das Angestellte dazu missbrauchten, Fake-Konten anzulegen und Kunden unbemerkt Produkte unterzujubeln, die diese niemals beantragt oder gar abgeschlossen hatten. Den anschließenden Skandal ging die Bank nur halbherzig an und musste schließlich ihren Chef feuern und hohe Strafzahlungen leisten. Am schwersten wiegt aber bis heute, dass die Bank eine Neugeschäftssperre auferlegt bekommen hat, so dass sie seit Jahren hinter die prosperierenden Wettbewerber zurückfällt.

Doch der Wind scheint sich drehen. Mit Charles Scharf, dem bisherigen Chef der Bank of New York Mellon und früheren CEO von VISA, hat Wells Fargo eine anerkannte Führungsperson gefunden, die die Bank wieder auf den Erfolgskurs bringen wird und auch die Neugeschäftsbeschränkungen dürften in absehbarer Zeit aufgehoben werden, wodurch Wells Fargo operativ wieder angreifen könnte.

Kraft Heinz

Und auch Kraft Heinz hat einen neuen Chef, Miguel Patricio, der von AB Inbev kommt. Großaktionär von AB Inbev ist 3G Capital unter der Führung von Jorge Paulo Lemann und zusammen mit Berkshire Hathaway hält man die Mehrheit an Kraft Heinz.

Das Unternehmen hatte sich zu lange auf seine bekannten Marken verlassen und versucht, aus dem Business noch den letzten Dollar herauszuquetschen. Doch die Macht der Marken schwindet, vor allem wenn die Marke nicht lebendig, aufregend, aktuell gehalten wird. Dazu bedarf es eines stetigen Marketingsaufwands, den man sich bei Kraft Heinz gespart hat. Mit der Folge, dass die Marken eher als angestaubt und altbacken daherkommen und ihnen zunehmend von "frischeren" und aufstrebenden Newcommern das Wasser abgegraben wird. Hier dürfte der neue CEO nun kräftig umsteuern und auch den bisherigen Weg des blinden Zukaufens weiterer, teurer Marken beenden. Marken muss man pflegen und lieber das Geld hierfür aufwenden, als einfach weitere Marken hinzuzukaufen, so dass sich die vielen überlappenden Marken dann gegenseitig kanibalisieren.

Buffett hatte erklärt, bei Kraft Heinz viel zu teuer eingestiegen zu sein. Und schaut man auf den Kursverlauf der letzten Jahre, dann hat er hier enorme Buchverluste eingefahren. Kann hier das Ruder erfolgreich rumgerissen werden, winken allerdings auch enorme Gewinnchancen.

Wells Fargo liegt in Buffetts Portfolio mit einem Anteil von 8,9% auf dem vierten Rang und bringt rund $19,1 Mrd. auf die Waagschale, während die sechstplatzierte Kraft Heinz nur noch 4,25% Anteil ausmacht mit $9,1 Mrd. Anfang 2017 stand der Aktienkurs dreimal so hoch, so dass hier mehr $20 Mrd. "fehlen". Zur Einordnung: die drittplatzierte Coca Cola bringt es auf $21 Mrd. und gut 10% Depotanteil.

Cash ist no(t) King

Ach so, Berkshire hortet ja so viel Cash, genauer gesagt $128 Mrd. Das ist eine enorme Summe, unbestritten. Allerdings relativ betrachtet auch wieder gar nicht so viel, denn das dürften nur gut 20% der Vermögenswerte von Berkshire Hathaway sein, da das Aktienportfolio alleine schon $215 Mrd. schwer ist und noch einmal so viel die vielen nicht börsennotierten Beteiligungen, wie der Autoversicherer Geico oder General Re, Berkshire Energy (die frühere MidAmerican Energy), die Eisenbahngesellschaft Burlington Northern Santa Fe (BNSF), der Luftfahrtzulieferer Precision Castparts, den Buffett Mitte 2015 für 37 Milliarden Dollar gekauft und von der Börse genommen hatte, oder auch der Batteriehersteller Duracell, den Buffett gegen sein Procter & Gamble-Aktienpaket eingetauscht hatte.

Meine Einschätzung

Berkshire Hathaway [B] (Quelle: wallstreet-online.de)
Der Aktienkurs von Berkshire Hathaway hat sich seit 2011 verdoppelt. Und damit hinkt er der allgemeinen Börsenentwicklung in den USA hinterher. Allerdings ist diese ganz maßgeblich durch die enormen Kurssteigerungen der beiden Indexschwergewichte Microsoft und Apple geprägt und vergleicht man Berkshires Kursentwicklung mit dem viel breiter aufgestellten Russel 1000-Index, steht Buffetts Kursbilanz gar nicht so schlecht dar. Abgesehen davon, dass Apple inzwischen Buffetts mit Abstand größte Depotposition ist (mit einem Anteil von 26%), wirkt sich natürlich auch der hohe Cash-Anteil negativ aus. Cash bringt momentan kaum Geld ein, auch in den USA nicht, und wer 20% Cash hält, dem entgeht eben auch entsprechend viel Rendite.

Buffett hat die wohl ergiebigste Cash-Maschine der Welt aufgebaut, die durch den enormen Flow aus den Versicherungsbeiträgen gespeist wird, mit dem immer größere Aktienpakete erworben wurden, die wiederum selbst Cashflows erzeugen aus Dividendeneinnahmen und realisierten Kursgewinnen. Ein wahres Meisterwerk. Mit dem etwas unschönen Nebeneffekt, dass die Größe von Berkshire es dem Unternehmen immer schwieriger macht, geeignete Übernahmeziele zu finden. Buffetts Elefantenbüchse ist geladen und entsichert, aber bislang ist ihm in den letzten vier Jahren kein Großwild mehr vor die Flinte gekommen, das er hätte erlegen können. Aber er versucht es weiterhin und Geduld hat er ja reichlich.

Aus dieser Gemengelage heraus komme ich zu der Einschätzung, dass Ackman wohl nicht so falsch liegt. Berkshire Hathaway ist sehr aussichtsreich positioniert, da sich die US-Konjunktur nicht so stark abschwächt, wie zu befürchten war. Die stetigen, wachsenden Flows aus den Versicherungsbeiträgen stellen Berkshires Versicherungstöchter nicht vor die selben Probleme wie ihre Wettbewerber, vor allem in Deutschland, weil sie ihren Flow auch in Aktien anlegen und nicht nur am Geldmarkt oder in Immobilien, wie die deutschen Versicherer. Daher leiden Berkshires Versicherungen deutlich weniger unter der Niedrigzinsphase und das bedeutet für mich, dass meine erhebliche Skepsis ggü. Versicherungsunternehmen bei Berkshire Hathaway (und auch der "Baby-Berkshire Markel Corp.) nicht oder nur bedingt angebracht ist.

Berkshire Hathaway bleibt ein fester Bestandteil meines Depots und somit indirekt auch Apple. ツ

Disclaimer
Bausch Health, Berkshire Hathaway und Microsoft befinden sich auf meiner Beobachtungsliste und in meinem Depot.

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