Seit mehr als fünf Jahren erleben wir in Deutschland eine Immobilienhausse. Zunächst kam viel Geld aus den südlichen Eurostaaten Griechenland, Italien und Spanien, weil die dortigen Regierungen aufgrund ihrer eigenen Finanzprobleme unter dem Druck des Euro-Rettungsschirms massiv Steuern erhöhten und Vermögen belasteten. Und die ausländischen Euros suchten nicht zuerst Rendite, sondern vor allem Sicherheit. Die gab und gibt es in Deutschland, dem stabilsten und wirtschaftlich stärksten Land der Europäischen Union. Aber auch aus Russland floss viel Geld in deutsches Betongold und die Preise schnellten in die Höhe.
Ein weiterer Schlüsselfaktor für den Immobilienboom ist die seit Jahren verfolgte Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank, die Geldanlage auf Spar- und Terminkonten äußerst unattraktiv macht. Auf der Suche nach Rendite haben Anleger daher eigentlich nur die Wahl zwischen Aktien und Immobilien. Und die Deutschen sind kein Volk der Aktien, der Traum vom mietfreien Wohnen im Alter ist nach wie vor fest in unseren Köpfen verankert. Und dank des wirtschaftlichen Booms und der niedrigen Zinsen können sich immer mehr Menschen ein Eigenheim leisten. Auch das treibt die Preise. Jedenfalls in den Ballungszentren, denn der grundlegende Trend hinein in die Städte und weg vom Land ist ungebrochen. Und er beschleunigt sich noch. Mit der Folge, dass Bauland immer knapper wird und Mietwohnungen immer teurer.
Des Weiteren gibt es eine Begleiterscheinung, die man nicht außer Acht lassen sollte. Denn der Bauboom stößt nicht nur aufgrund fehlender Flächen an seine Grenzen, sondern auch aufgrund fehlenden Personals. Im Handwerk sind kaum noch Leute zu bekommen, keine Auszubildenden, keine Gesellen, keine Meister. Handwerken ist körperlich anstrengend und dass es goldenen Boden hat, wurde der nachwachsenden Generation wohl nicht vermittelt. Handwerk ist nicht (mehr) sexy. Und so kommen viele Bauträger in die Bredouille, dass sie zwar fertig geplante und genehmigte Bauprojekte haben, aber niemanden, der sie realisiert.
Tja, Pech für Egon, könnte man sagen. Führt aber dazu, dass auch Privatleute lange auf Handwerkertermine warten müssen, ebenso Wohnungsvermieter. Und alle diese genannten Entwicklungen spielen den Baummärkten in die Karten.
Eigenleistungen liegen im Trend
Denn Eigenleistungen liegen im Trend. Wer sich ein neues Eigenheim zulegt, kann durch Eigenleistungen seine Finanzierungskosten erheblich senken. Und auch diejenigen, die ihre Wohnung gemietet haben, setzen bei steigendem Einkommen nicht selten auf eine Verschönerung der eigenen Wohnsituation. In den meisten Fällen erfolgt der Umzug aus einer Mietwohnung in eine andere Mietwohnung und so gibt es gleich doppelt zu tun. Denn die alte Wohnung muss ein wenig aufgehübscht werden, zumindest mit Farbe. Und die neue Wohnung soll ja der neue Lebensmittelpunkt werden, da fließt viel Energie in neue Bodenbeläge, neue Küchenzeilen, neue Tapeten.
Aber auch die Vermieter setzen immer öfter darauf, dass ihre neuen Mieter beim Einzug Renovierungsleistungen selbst übernehmen und dafür lieber einen Mietnachlass erhalten. Einerseits weil die Gerichte die Rechte der Mieter beim Auszug immer wieder gestärkt haben und die Vermieter ohnehin auf den meisten Arbeiten und Kosten sitzen bleiben. Und dann eben auch, weil die Vermieter zeitnah kaum Handwerksfirmen bekommen, die die Arbeiten ausführen könnten.
Zusätzlich gibt es noch den Faktor Flüchtlinge. Der große Ansturm ist zwar deutlich abgeebbt, aber der Familiennachzug sorgt für stetigen Andrang. Die meisten Flüchtlinge kommen mit Nichts aus ihrer Heimat zu uns und wechseln nach einer Übergangsphase in Notunterkünften dann in normale Wohnverhältnisse. Häufig auch in ziemlich runtergewohnte, veraltete Immobilien, die die Städte aufgrund der Wohnungsnot „reaktivieren“ und die erheblichen Renovierungsbedarf haben.
Und all diese neuen Mieter strömen in die Baumärkte, die hierdurch gute Geschäfte machen. Und neue Filialen eröffnen und dadurch den Konkurrenzkampf untereinander ständig verschärfen. Nach der Praktiker- und Max Bahr-Pleite sind deren Marktanteile längst unter den anderen Anbietern aufgeteilt, aber der Markt insgesamt wächst nur moderat. Jeder neue Laden knabbert also an den Umsätzen und Margen der schon bestehenden Märkte. Was auch daran liegt, dass Deutschland im Baumarktsegment stark zersplittert ist. Viele verschiedene Ketten und sehr viele regionale Anbieter konkurrieren um die Kunden, während es in den USA nur einige große Player gibt. Es wird also in Deutschland alleine schon wegen des Kostendrucks zu Fusionen kommen.
Der doppelte Hornbach
Einer der mittelgroßen, bundesweit aktiven Anbieter ist die börsennotierte Kette Hornbach. Dabei gibt es Hornbach gleich zweimal auf dem deutschen Börsenzettel, nämlich die Hornbach Holding AG & Co. KGaA und die Hornbach-Baumarkt AG.
Das Unternehmen ist so strukturiert, dass die ebenfalls börsennotierte Hornbach Holding AG & Co. KGaA die Konzernmutter der Hornbach-Gruppe ist, die aus der Hornbach Immobilien AG, der Hornbach Baustoff Union GmbH und der Hornbach-Baumarkt AG besteht. Die mit Abstand bedeutendste Tochter ist dabei die selbst börsennotierte Baumarkt AG, an der die Holding 76,4 Prozent der Aktien hält. Die Baustoff Union ist im Baustoffhandel mit Gewerbekunden tätig und ein wesentlicher Teil der Immobilien, in denen die Hornbach-Baumärkte angesiedelt sind, gehören dem Unternehmen. Die Immobilien AG ist überwiegend für die Baumärkte als Entwickler tätig und vermietet die Objekte dann an die Baumarkt AG.
Als die Holding an die Börse kam, wurde bewusst ein separates Listing der Baumarkttochter angestrebt, um sich weitere Finanzierungsmöglichkeiten zu erschließen. Einerseits über die Aktiennotiz selbst und die Möglichkeit, weitere Anteile zu verkaufen bzw. Kapitalerhöhungen durchführen zu können, und andererseits über eigene Fremdfinanzierungsoptionen für die Baumarkttochter. Die früher vorhandenen Stamm- und Vorzugsaktien wurden zwischenzeitlich zusammengeführt und seit zwei Jahren firmiert die Holding als Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), bei der die Familientreuhand der Komplementär ist, also der persönlich haftende Gesellschafter. Diese Konstruktion stellt sicher, dass die Familientreuhand bei der Holding auch künftig das Sagen haben wird, auch wenn weitere Aktien verkauft werden sollten, ob über die Börse, im Wege einer Kapitalerhöhung oder durch Abgabe an einen weiteren Großaktionär.
Hornbach Baumarkt (Quelle: wallstreet-online.de) |
Die Baumarkt AG ist nun gleich aus zwei Aspekten einen Blick wert. Sie ist die operativ tätige Einheit der Gruppe und steuert den Löwenanteil zum Umsatz und Ergebnis der Holding bei. Die Geschäfte laufen in Deutschland recht gut, die Wachstumsaussichten sind allerdings begrenzt, wenn man die Margen nicht gefährden will. Man setzt also auf Effizienz und schlankere Strukturen, sowie auf eine deutliche Ausweitung des Onlinehandels. Die Zahlen zum dritten Quartal zeigen einen leicht erhöhten Umsatz bei einem leicht sinkenden Ergebnis. Euphorie sieht anders aus. Allerdings drücken die hohen Kosten für die Digitalisierung und gerade im europäischen Ausland wächst die Baumarktkette deutlich stärker. Hornbach investiert derzeit verstärkt in die Verzahnung des Einzelhandels mit dem Onlinegeschäft. Ende November betrieb der Konzern 156 stationäre Bau- und Gartenmärkte, davon 98 in Deutschland, sowie Online-Shops in Deutschland und sieben weiteren europäischen Ländern.
Der Reiz der Baumarkt-Aktien liegt vor allem darin, dass es für die Holding als Großaktionär keinen Vorteil mehr bietet, die Baumärkte als eigenständiges Unternehmen an der Börse zu führen. Im Gegenteil: die Börsennotierung der Baumarkt AG bringt unnötige Kosten mit sich und hohen Aufwand für die kapitalmarktgerechte Aufbereitung der Geschäfts- und Finanzberichte. Kosten und Aufwand, den man sich sparen würde, wenn die Baumärkte wieder vollständig in die Holding integriert würden. Eine komplette Übernahme ist daher nicht unwahrscheinlich.
Hornbach Holding (Quelle: wallstreet-online.de) |
Die die im deutschen Nebenwerteindex SDAX notierte Holding ist breiter aufgestellt und neben dem Baumarktgeschäft betreibt sie über ihre Töchter den Baustoffhandel mit Firmen- und Großkunden und verwaltet die eigenen Baumarktimmobilien. Und gerade in den Immobilien schlummern enorme stille Reserven, die durch den Verkauf gehoben werden können.
Was bisher eher eine theoretische Möglichkeit war, gewinnt zunehmend an Praxisnähe. Denn viele Investoren, auch börsennotierte Immobilienfirmen, drängen in den Gewerbeimmobilienmarkt und kaufen Fachmarktimmobilien und Logistikzentren. Die Hornbach Holding hat in letzter Zeit damit begonnen, einzelne Immobilienstandorte zu verkaufen. Dabei werden dann die stillen Reserven aufgedeckt und das treibt die Gewinne durch Einmaleffekte.
Die Frage ist allerdings, woher der Sinneswandel kommt, wofür die Holding das Geld benötigt. Denn eine wirtschaftliche Notwendigkeit für die Immobilienverkäufe besteht nicht. Und hier könnte sich eben anbahnen, dass mittelfristig die Übernahme der ausstehenden Aktien der Baumarkt AG geplant ist und dass die Holding sich hierfür durch den Verkauf von Immobilien die nötigen Mittel besorgt. Und man gleichzeitig die hohen Immobilienpreise nutzt, um hier einen zusätzlichen Reibach einzufahren.
Insofern haben auch die Aktien der Holding ihren besonderen Reiz, ganz losgelöst von der operativen Entwicklung des Baumarkt- und Baustoffhandels. Hier hatte Hornbach die Jahresprognose bestätigt und das das operative Ergebnis soll im Gesamtjahr auf oder leicht über dem Vorjahreswert von 156,8 Millionen Euro liegen, während der Umsatz im mittleren einstelligen Prozentbereich steigen soll. Gut möglich, dass Hornbach hier zu tief stapelt und sich für Anleger hier eine gute Gelegenheit bietet, gleich mehrfach zu profitieren: von zu niedrigen Erwartungen, von der Übernahmephantasie und vom fortgesetzten Heben stiller Reserven bei den Baumarktimmobilien. Wer alle Möglichkeiten abdecken möchte, sollte sich am besten beide Aktien ins Depot legen und die Dinge ihren Lauf nehmen lassen…
Die Hornbach Baumarkt AG befindet sich auf meiner Empfehlungsliste.
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