Was ist passiert?
Zunächst erschien bereits am Montag eine Abstufung der VTG-Aktien durch Kepler Cheuvreux. Das Kursziel wurde von 56 auf 47 Euro gesenkt und die Einstufung von Buy auf Hold reduziert. Begründet haben die Analysten dies mit den "jüngsten Nachrichten zum Stand der Übernahme des Waggonvermieters Nacco", die zur Vorsicht mahnten, da der endgültige Ausgang des Genehmigungsprozesses derzeit nicht absehbar sei.
Am Donnerstag folgte dann Berenberg mit einer Abstufung. Die Privatbank nahm ihr Votum ebenfalls von "Buy" auf "Hold" herunter, senkte ihr Kursziel jedoch gleich von von 49,00 auf 43,50 Euro. Auch Berenberg beruft sich auf die ausstehende kartellrechtliche Genehmigung der Nacco-Übernahme und meint, am Markt werde inzwischen eine komplizierte Transaktion eingepreist. Sollte VTG Nacco nur zum Teil übernehmen können, müssten die Konsensschätzungen wohl nach unten angepasst werden.
Der Kurs reagierte weiter äußerst verschnupft und rauschte in den Keller. Und das ist nachvollziehbar, denn der hohen Bewertung der VTG-Aktie liegt eine zeitnahe und vollständige Übernahme der Nacco-Gruppe zugrunde, die VTG hohe zusätzliche Umsätze und Erträge einbringen sollte.
Einen sehr faden Geschmack bekommt das Ganze nun aber durch VTG selbst. Denn am Donnerstagabend nach Börsenschluss gab das Unternehmen folgende Ad-hoc-Meldung heraus:
"Der Vorstand der VTG geht davon aus, dass die Übernahme des Waggonvermieters Nacco durch die VTG Aktiengesellschaft nur unter erheblichen fusionskontrollrechtlichen Auflagen vollzogen werden kann
Am 1. Juli 2017 hat die VTG Aktiengesellschaft ("VTG") bekannt gemacht, von der CIT Group Inc, New York City, USA ("CIT"), sämtliche Anteile an der CIT Rail Holdings (Europe) SAS, Paris, Frankreich, zu erwerben. Die CIT Rail Holdings (Europe) SAS ist Eigentümerin der Nacco Gruppe, einem Vermieter von Eisenbahngüterwagen in Europa mit einer Flotte von rund 14.000 Güterwagen. Der Vollzug des Erwerbs steht unter dem Vorbehalt der fusionskontrollrechtlichen Freigabe in Deutschland und Österreich.
Nach dem aktuellen Stand der Gespräche mit dem Bundeskartellamt geht der Vorstand der VTG davon aus, dass eine Freigabe der Transaktion durch das Bundeskartellamt nur unter erheblichen Auflagen erreicht werden kann. Die VTG hat dem Bundeskartellamt daher eine Veräußerung eines signifikanten Teils des zu erwerbenden Nacco-Geschäfts angeboten, der rund 30 % des Güterwagenbestandes der Nacco Gruppe umfasst. Der Vorstand erwartet, dass das Bundeskartellamt die Prüfungsfrist (Phase II) verlängern wird.
Bei einer Freigabe nach Maßgabe des vorstehenden Vorschlags muss die Umsetzung vor Vollzug der Transaktion und wirtschaftlich durch VTG erfolgen. Daher geht der Vorstand der VTG davon aus, dass die Nacco Transaktion erst im zweiten Halbjahr 2018 vollzogen werden kann. Der EBITDA-Beitrag (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) aus der Nacco Transaktion für das Jahr 2018, den VTG bei Bekanntgabe der Transaktion für das Gesamtjahr 2018 auf circa EUR 100 Mio. vor Transaktions- und Integrationskosten schätzte, würde sich wegen dieser Verzögerung sowie aufgrund des vorstehenden Veräußerungsvorschlages deutlich reduzieren."
VTG (Quelle: wallstreet-online.de) |
Das ist ärgerlich. Aber wirklich bedenklich an dem Vorgang ist, dass Analysten bereits am Montag informiert zu sein schienen, während VTG selbst bis Donnerstag nach Börsenschluss gewartet hat, um dem Kapitalmarkt zu informieren. Man hat sich also vier Tage Zeit gelassen, um eine Ad-hoc-Meldung herauszugeben! Dabei sind wesentliche Vorfälle unverzüglich publik zu machen. Und unverzüglich bedeutet, sofort und ohne schuldhaftes Verzögern.
»Aktionäre sind dumm und unverschämt. Dumm, weil sie mir ihr Geld überlassen, und unverschämt, weil sie auch noch Dividenden dafür haben wollen.«
Carl Fürstenberg)
Ich kann nur sagen, dass ich das Verhalten des VTG-Vorstands absolut missbillige und aufgrund dieses Vorgangs erhebliche Bedenken habe, denen weiterhin Geld anzuvertrauen. Denn es drängt sich der Eindruck auf, VTG würde seine Aktionäre so betrachten, wie es seinerzeit der Bankier Carl Fürstenberg tat. Und das ist keine geeignete Grundlage für eine gesunde Geschäftsbeziehung.
»Mit schlechten Leuten macht man keine guten Geschäfte.«
(Warren Buffett)
Ich habe daher eben meine VTG-Aktien verkauft und nehme das Unternehmen von meiner Empfehlungsliste. Nach etwas mehr als zwei Jahren verbleiben inkl. der Dividenden rund 59% Rendite, so dass ich insgesamt mit dem Investment sehr zufrieden sein kann.
Da bis gestern keine Gegendarstellung von der Führungsriege gekommen ist, hatte ich, in der annahme, die "Empfehlungen" seien nur dazu da, den Kurs zu schwächen, nochmals kräftig nachgekauft. Grenzt schon an Betrug, was die da machen. Habe heute früh dann auch verkauft. Jetzt nach 7,5% im Plus, frage ich mich nun, was da wirklich abläuft.
AntwortenLöschenInteressanter Kommentar...ob die BaFin tatsächlich eingreift?
AntwortenLöschenIn einer Reihe mit Herrn Thomas Olek (Experte in der Kapitalmarktkommunikation) von publity, siehe heutige ad hoc von 18.18 Uhr. Dass Objektverkäufe nicht in 2017 abgeschlossen wurden bzw. deren bilanzielle Darstellung ungewiss ist, war mindestens in der ersten Januarwoche bekannt. Na ja, bei publity sind die Gewinne nicht weg, sie sollen(!) einfach nur später kommen:-))) Vielleicht haben auch hier einige Verkäufer in dieser Woche mehr gewusst.
AntwortenLöschenja genau, Herr Olek wird uns alles erklären :)) Alles kein Problem
LöschenNach meinem Verständnis ist die Reaktion auf die Ad-Hoc-Meldung völlig überzogen. Ich halte VTG nach wie vor für ein aussichtsreiches Investment und habe gestern den Rücksetzer genutzt, um meine Position aufzustocken. Es mag sein, dass die Nacco-Übernahme nicht so reibungslos funktioniert weil es kartellrechtliche Bedenken gibt. Dafür kann der Vorstand von VTG nichts. Aber die langfristigen Aussichten von VTG hängen doch nicht an dieser einen Akquisition. Nach Buffet macht es für echte Investoren keinen Unterschied, ob man ein Unternehmen insgesamt kauft oder daran nur Anteile erwirbt. Ich würde doch niemals ein gutes Investment wegen einer schwierigen Akquisition aufgeben, wenn mir das Unternehmen komplett gehören würde. Also warum sollte ich es bei VTG als Aktionär tun? Vielleicht haben hier einige eher von Mr. Market einen Bären aufbinden lassen. Warren Buffet hat letzes Jahr den Vorstand von Wells Fargo wegen eines gravierenden Skandals kritisiert aber doch nicht gleich seine komplette Beteiligung in Frage gestellt.
AntwortenLöschenDeine Aussagen kann ich nicht nachvollziehen. Die Nacco-Übernahme sollte erhebliche Synergien bringen und einen starken Umsatz- und Ergebnisbeitrag. Die Übernahme verzögert sich nicht nur um ein halbes Jahr (oder länger), sondern sie wird nur teilweise stattfinden. Also werden die positiven Effekte sich für VTG auch nur teilweise einstellen. Und der Aktienkurs hatte bei 50 Euro diese Effekte zu 100% eingepreist - und lässt deshalb völlig zurecht Luft ab.
LöschenDass der VTG-Vorstand hierfür verantwortlich ist, hat niemand behauptet. Er ist aber sehr wohl dafür verantwortlich, dass Kepler bereits am Montag informiert war, während der Kapitalmarkt (und die eigenen Aktionäre) erst am Donnerstag nach Börsenschluss per Ad-hoc informiert wurden. Das ist ein Totalversagen des Vorstands und aus meiner Sicht sollte das (straf-)rechtliche Konsequenzen haben! Ich sage es ganz deutlich: solche Vorstände gehören gefeuert!Die haben mit ihrer Aktion das Vertrauen komplett verspielt. Warum sollte jemand denen noch sein Geld anvertrauen? In dem Wissen, dass die bei nächsten Mal genauso vorgehen werden, dass sie beim nächsten Mal wieder die eigenen Interessen und die einiger Weniger Aktionäre über die Interessen der übrigen stellen? DAS ist der Grund, weshalb ich bei VTG ausgestiegen bin. Nicht, weil das Unternehmen keine Perspektive mehr hat oder weil die Aussichten per se nun total schlecht wären. oder weil die Nacco-Übernahme nun nicht glatt läuft und weniger positive Effekte bringt. Nein, ich habe mein Geld vor diesem Vorstand in Sicherheit gebracht!
Irgendwann wird der Bullenmarkt enden und dann müssen wir vielleicht für Monate erhebliche Kursverluste aushalten. Wenn wir die Resultate wie Buffet erzielen wollen, müssen wir Schwankungen ertragen. Schließlich haben wir Qualität gekauft und können daher souverän lächerliche Angebote von Mr. Market ignorieren. Schon bei Aurelius haben letztes Jahr nach der Short-Attacke einige sehr emotional reagiert.
AntwortenLöschenHallo Michael,
AntwortenLöschenFrage zu VTG:
Eigentlich hatte ich fest vor, meine Anteile an diesem jahrelangen Dauerläufer zu behalten, aber angesichts des miserablen Aktiensentiments, allseits fallender Kurse und erheblicher Frustration beim Aussitzen der Verluste habe ich mich im November dann doch entschlossen, wenigstens hier die fetten Gewinne zu zementieren und das Angebot von Morgan Stanley anzunehmen - in der Hoffnung, nach Ablauf des Angebotes deutlich günstiger (< 45 EUR) wieder einsteigen zu können. "Leider" hat der Markt dann schon wieder gedreht und der erhoffte stärkere Einbruch ist ausgeblieben. Zu den derzeitigen Kursen dürfte sich die Fantasie ohne erneutes Übernameangebot in Grenzen halten. Für einen potentiellen spekulativen Gewinn von 4 oder 5 EUR würde ich aber nicht wieder einsteigen. Meinst Du, Morgan Stanley ist gierig genug, noch ein paar EUR draufzulegen, um auch den restlichen Streubesitz loszueisen?
Gruß
Jens
Tja, das ist wohl eine Glaubensfrage bei VTG. Die Aktionärsstruktur sieht aktuell so aus, dass Morgan Stanley Infrastructure 70,6% hält, die Joachim Hertz Stiftung 15% und der Streubesitz liegt bei 14,4%. Damit kann die Hertz-Stiftung viele wichtige Entscheidungen blockieren.
LöschenWie geht es (vielleicht) weiter?
1. MSI könnte sich mit Hertz einigen und deren Paket übernehmen. Diesen Preis müsste man dann auch den Streubesitzaktionären anbieten. Kaum vorstellbar, dass Hertz hier nur die zuletzt angebotenen 53 Euro akzeptieren würde.
2. MSI könnte noch einige Zeit abwarten und den Kurs schön unter 50 Euro "aussitzen". Um anschließend mal ein Delisting-Übernahmeangebot zu unterbreiten. Also anzukündigen, VTG von der Börse zu nehmen und im Gegenzug den übrigen Aktionären einen "fairen" Preis zu bieten. Der sich am Durchschnittskurs der Vormonate orientiert. Stoßrichtung wäre hierbei ganz klar der Streubesitz, weil sich die Hertz Stiftung von so etwas kaum herausdrängen lassen würde. Andererseits könnte MSI damit auch Abfindungsspezialisten wie Scherzer oder Allerthal anlocken.
3. MSI tut erstmal nichts und wartet einfach ab. Börse Online hatte kürzlich spekuliert, MSI können einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit VTG anstreben; dann müsste man den anderen Aktionären eine attraktive Garantiedividende zahlen. Die Höhe könne bei positiver Gewinnentwicklung bei VTG sogar auf bis zu 1,80 Euro je Aktie verdoppelt werden.
Tja, was tun sprach Zeus... einerseits sieht VTG wie eine relativ abgesicherte Spekulation aus. Ein BuGV würde eine schöne Dividende bringen und die latente Übernahmefantasie sollte den Kurs nicht deutlich(er) von der 53-Euro-Marke wegbringen. Andererseits ist nicht gesagt, über welchen Zeitraum man spricht. Ein paar Monate oder Jahre? Und je länger diese Spekulation sich hinzieht, desto wichtiger wird die Frage, wie man die Entwicklung des Unternehmens VTG künftig und zumindest mittelfristig einschätzt. Alleine auf die mögliche Übernahme zu setzen, wäre mir jedenfalls ein zu wenig tragfähiger Investmentcase. Die Übernahmefantasie sollte nur ein Add-on darstellen.
Hallo Michael,
AntwortenLöschenvielen Dank für die Darstellung der möglichen Optionen und die viele Mühe.
Mit Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen kenne ich mich nicht aus; den BO-Artikel habe ich leider nicht gefunden.
Hättest Du vielleicht Lust, allgemein zu dem Thema einen Artikel zu schreiben?
Danke & Gruß
Jens