Dienstag, 21. März 2017

Fairfax Financial: Erfolgreiche Kanadier auf Buffetts Spuren

Kanada findet sich eher selten sehr weit oben auf der Investorenlandkarte, aber bei so manchem Unternehmen lohnt sich ein genauerer Blick. Bei Fairfax Financial Holdings Ltd. könnte dies so sein, denn das Geschäftsmodell erinnert stark an das von Warren Buffets Berkshire Hathaway. Und die über lange Jahre erzielte Rendite ebenso.

Buffett hat sich ein Imperium an Versicherungswerten zusammengekauft. Darunter finden sich Lebensversicherer, Rückversicherer und Sachversicherer. Die gesamte Branche steht seit einigen Jahren unter Druck, weil die immer weiter fallenden Zinsen ihr die Möglichkeiten rauben, die von Kunden eingenommenen Prämienzahlungen gewinnbringend anzulegen, bevor sie diese im Schadenfall oder ggf. bei Ablauf der Versicherung an die Versicherten auskehren müssen. Das Versicherungsbusiness ist an sich eine einträgliche Branche, jedenfalls solange man nicht um der Marktanteile wegen Policen mit Unterdeckung verkauft, und daher am Ende draufzahlt. Der eigentliche Reiz für Warren Buffett sich hier so stark zu engagieren, lag und liegt allerdings noch mehr in den enormen Cashflows des Versicherungsgeschäfts. Der Kunde zahlt regelmäßig seine Prämien und bis zum Leistungszeitpunkt der Versicherung kann diese mit dem Geld, dem sog. "Float" arbeiten. Sie kann es aufs Tagesgeldkonto legen, in Anleihen stecken oder in Aktien. Und genau das ist das Metier von Warren Buffett: Aktieninvestments.

Nun kann Otto Normalanleger natürlich nicht einfach eine Allianz-Aktie kaufen und dann auf die Prämieneinnahmen dieses Versicherungskonzerns zugreifen. Das kann Buffett auch nicht. Aber er kauft ja auch selten einzelne Versicherungsaktien als reine Geldanlage, sondern er sichert sich die Mehrheit an dem Unternehmen. Und kann es so kontrollieren und dann auf seinen Cash-Bestand zugreifen. Im Grunde stellen ihm die Versicherungskunden somit ein zinsloses Darlehen für seine Aktieninvestments zur Verfügung. Und bei einer durchschnittlichen Jahresrendite von knapp 20 Prozent besteht hier für Buffett ein großes Sicherheitspolster. Auch in den Jahren, wo viele Versicherungsschäden anfallen und somit die Prämien am Ende nicht auskömmlich waren. Selbst dann kann Buffett entspannt sein, denn dann werden die Prämien für das nächste Jahr angehoben und der Cashflow erhöht sich. Und somit sein Volumen für weitere Aktieninvestments.

Dieses Verfahren funktioniert nicht nur mit Versicherungen, sondern eigentlich mit jedem Geschäft, das hohe Cashflows erzeugt und wo diese nicht für Investitionen benötigt werden. Aber die Versicherungsbranche hat es Buffett auch deshalb so angetan, weil sie ziemlich einfach gestrickt ist. Anhand von Wahrscheinlichkeiten und Erfahrungswerten berechnet man die anzunehmenden Schäden und lässt sich diese über das Jahr gesehen von den Kunden vorab in Raten bezahlen. Buffett liebt mathematische Modelle, weil hier Emotionen keine Rolle spielen. Alles ist klar kalkulierbar und wenn etwas nicht hinhaut, kann man den Fehler rational ermitteln. Und für die Zukunft besser werden.

Nun ist Buffett zwar überdurchschnittlich schlau und gewieft, aber er ist nicht der einzige schlaue Mensch, der auf dieses Geschäftsmodell gekommen ist. Der in Richmond, Virgina beheimatete Versicherungskonzern Markel Corp. schwimmt erfolgreich auf diese Welle und auch das kanadische Unternehmen Fairfax Financial Holdings Ltd. mit Sitz in Toronto. Das sogar auf eben diese Familie Markel aus Virgina zurückgeht. Denn Fairfax Financial wurde ursprünglich 1951 als Markel Service of Canada gegründet und 1985 von Prem Watsa übernommen, einem in Indien geborenen Investor. Damals hieß das Unternehmen Markel Financial und war ein Spezialist für LKW-Versicherungen, stand aber kurz vor dem Konkurs. Den heutigen Namen nahm die Firma im Mai 1987 an und wird geführt von Chairman und CEO Prem Watsa, der auch fast die Hälfte der Firma besitzt. Er strukturierte die Firma um und änderte den Namen von Markel in Fairfax, was als Abkürzung für „fair, friendly acquisitions“ steht, also faire, freundliche Übernahmen. Und der Name ist Programm. 


Faire, freundliche Übernahmen
Wie Buffett nutzt Watsa den stetig strömenden Cashflow des Versicherungskonzerns, um sich weitere Unternehmen und Beteiligungen einzuverleiben. Und dabei beschränkt er sich ebenfalls nicht auf das Stammgeschäft in der Versicherungsbranche, sondern kauft alles, was interessante Renditen verspricht - und weiter steigende Cashflows.

Dabei ist das Versicherungsgeschäft nicht nur Mittel zum Zweck, sondern es weist seit Jahren hervorragende Ergebnisse aus. In den ersten neun Monaten des Jahres 2016 kamen die verschiedenen Versicherungstöchter auf durchschnittliche Schadensquote von 93,4 Prozent auf. Das bedeutet, dass nur 93,4 Prozent der vereinnahmten Versicherungsprämien in diesem Zeitraum auch für Schadensregulierungen und/oder Auszahlungen an die Kunden benötigt wurden. Der Rest bleibt bei Fairfax Financial hängen. Und dabei ist noch zu berücksichtigen, dass 2016 im Sommer ein erhöhtes Schadenaufkommen zu verzeichnen war. Das belegen auch die Zahlen, denn alleine für das dritte Quartal 2016 lag die Schadenquote sogar nur bei 91,3 Prozent.

Der Versicherungskonzern verdient also nicht nur mit seinen zugekauften Firmenbeteiligungen Geld, sondern sogar mit seinem Stammgeschäft. Alleine das ist schon eine beruhigende Nachricht für Anleger, denn es ist bei Weitem keine Selbstverständlichkeit. Dazu muss man nur mal nach Europa und speziell Deutschland schauen, wo die Versicherungen schwer zu kämpfen haben.

Cash für Beteiligungen
Doch was macht Watsa mit dem vielen Geld? Nun, ganz klassisch hat man den überwiegenden Teil in langlaufende US-Anleihen gesteckt, die über Jahre sichere und einigermaßen attraktive Zinsen eingebracht haben. Doch seit einiger Zeit reduziert man diese Anleihen, da einerseits das Zinsniveau nicht wirklich attraktiv ist für Neuabschlüsse und andererseits ja in absehbarer Zeit mit einigen Zinsanhebungen seitens der US-Notenbank FED zu rechnen ist. Diese Zinsanhebungen hätten auf den Anleihebestand einen negativen Einfluss, denn wenn die Zinsen steigen, fallen die Anleihekurse. Und das führt zu Abwertungsbedarf in der Bilanz.

Also investiert Fairfax noch lieber und noch mehr in Unternehmensbeteiligungen. So übernahm man am 19. Dezember für 4,9 Milliarden Dollar in bar und Aktien die in der Schweiz beheimatete Allied World Insurance. Der Konzern ist auf die Fortune-1000-Unternehmen fokussiert und hat mit einem Anteil von 59% seinen Schwerpunkt in Nordamerika. Wie auch Fairfax Financial selbst verdient Allied World gutes Geld im Versicherungsgeschäft und kann über die letzten fünf Jahre eine durchschnittliche Schadensquote von 90,4 Prozent vorweisen. Die ist sogar noch etwas besser als die von Fairfax Financial und daher stärkt Fairfax durch den Zukauf sowohl seine Marktposition als auch seine Margen. Und verleibt sich mit dieser Übernahme nebenbei auch das 9 Milliarden Dollar schwere Investmentportfolio von Allied World ein.

Weitere Beteiligungen hält Fairfax Financial an Fabriken, Einzelhändlern und Restaurantketten, wobei Watsa am liebsten Krisenfälle kauft, um an deren Genesung überdurchschnittlich zu profitieren. Neben Versicherungen kauft Watsa sich hier auch bei Banken ein, wie vor einigen Jahren bei der griechischen Europabank. Das erwies sich allerdings als teurer Fehler, wie wir alle noch erinnern. Doch Banken sind momentan weltweit günstig zu haben und so kaufte er kurz vor Jahresende einen 51-Prozentanteil an der Catholic Syrian Bank Ltd., einer 96 Jahre alten Bank in Südindien.

Und besonders aufmerken ließ sein Einstieg beim einstigen Smartphone-Pionier RIM (Research In Motion), heute firmierend unter BlackBerry. BlackBerry hat inzwischen sein eigenes Smartphonegeschäft eingestampft und entwickelt kein eigenes Betriebssystem mehr. Die neuen Modelle laufen wie so viele unter Android. Allerdings war BlackBerry immer für seine besonders hohen Sicherheitsstandards bekannt und auch heute unter Android ist dies ein Alleinstellungsmerkmal, das neue Käufer anlocken könnte, insbesondere aus dem Businessbereich. 

Wirklich interessant ist allerdings die BlackBerry-Tochter QNX Software Systems, deren Software in vielen Autos zum Einsatz kommt. QNX gilt für Infotainment-Systeme als das Beste seiner Klasse und knüpft potenten Wettbewerbern Marktanteile ab. So hat es 2015 in allen Fahrzeugen von Ford das Sync 3 von Microsoft ersetzt und auch in Systemen anderer Hersteller ist man inzwischen vertreten, darunter General Motors, Audi und Mercedes. Der Markt für autonomes Fahren wird auf ein Volumen von 42 Milliarden Dollar geschätzt und hier wird Sicherheit eines der entscheidenden Themen sein. Und bleiben. Vor allem die Sicherheit gegen Zugriffe von außen, denn wenn der Fahrer selbst schon nicht die Hände am Steuer hat, will er bestimmt nicht, dass Hacker die Steuerung übernehmen, während er mit 180 Sachen über die Autobahn brettert. So ein Horrorszenario würde sich schnell als Sargnagel dieser mit so vielen Hoffnungen verbundenen Technologie erweisen.

Gut möglich also, dass BlackBerry in diesem Zukunftsmarkt perfekt positioniert ist. Und damit auch Großaktionär Fairfax Financial, die rund 9% der Aktien halten. Bisher haben die Kanadier noch nicht viel verdient an diesem Investment, immerhin lag der durchschnittliche Einstandskurs bei etwa $17. Doch auch dies haben sie mit Warren Buffet gemein: sie haben sehr viel Geduld und einen sehr langen Atem. Und ein echtes Händchen für lukrative Investments.

Berkshire Hathaway und Fairfax Financial befinden sich auf meiner Beobachtungsliste.

4 Kommentare:

  1. Moin Michael,
    Erstmal danke für deine wie immer gut verständliche Vorstellung der Fairfax.
    Bei Betrachtung des Kursverlaufs allerdings wundere ich mich. Während in den letzten Monaten die Aktienmärkte zu neuen Hochs steigen, vorallem auch eine Berkshire Hathaway, ist der Kurs der Fairfax eher gegenläufig.
    Kennst du dafür die Hintergründe ? Für eine Antwort wäre ich sehr dankbar.

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    1. Nein, keine spezifischen. Kanada hat ja auch unter der Unsicherheit bzgl. Trumps neuer "America First-Politik" zu leiden. Vielleicht hat es damit etwas zu tun. Des Weiteren ist Fairfax Financial ja stärker außerhalb der USA aktiv und gerade dort hat Trump ja bei den Finanzwerten einen Run ausgelöst. Ich sehe das vergleichsweise niedrige KGV und den bisher eher verhaltenen Kursverlauf eher als Chance. Denn wir sollten ja zuvorderst auf den Unternehmenswert schauen und nicht so sehr auf den Aktienkurs als Maßstab für unternehmerischen Erfolg.

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  2. "durchschnittliche Schadensquote von 93,4 Prozent auf. Das bedeutet, dass nur 93,4 Prozent der vereinnahmten Versicherungsprämien in diesem Zeitraum auch für Schadensregulierungen und/oder Auszahlungen an die Kunden benötigt wurden. Der Rest bleibt bei Fairfax Financial hängen."
    Müssten nicht auch die Verwaltungskosten vom "Rest" abgezogen werden?

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    1. Nein, es ist das, was unter dem Strich bei der Versicherung hängen bleibt. Die kalkulieren ja so, was sie ein Schaden kostet und zwar inkl. aller Aufwendungen für eigenes personal, für Gutachter, Gerichtskosten etc. Und diese kalkulierten Gesamtkosten sind dann 100%. AUf dieser Basis kalkulieren sie die Prämien. Manche gehen mit weniger als 100% ran, weil sie z.B. Kunden gewinnen wollen. Andere rechnen eine deutliche Gewinnmarge mit ein, was die Prämien dann eben teurer macht. Je günstige die Kostenstruktur, desto günstigere Prämien kann man kalkulieren, ohne dabei Verlust zu machen.

      Allerdings ist für viele Versicherungen ein Gewinn in diesem Bereich gar nicht das Ziel, weil sie vielmehr auf den Float schauen und in der Vergangenheit die Prämien gewinnbringend investieren konnten, bevor sie in ferner Zukunft mal die Leistung an die Kunden zu erbringen hatten. Sie haben also Verluste im operativen Geschäft hingenommen, weil sie diese durch Gewinne im Anlagebereich überkompensieren konnten. Das funktioniert wegen der Niedrigzinsen inzwischen aber immer weniger gut. Daher stehen Versicherungen gleich doppelt unter Druck. Fairfax Financial hat den Vorteil, dass sie a) sogar mit dem Versicherungsbusiness gutes Geld verdienen und b) das Geld (den Float) auch noch besonders schlau und gewinnbringend anlegen. Das haben sie den meisten Versicherungskonzernen voraus. Berkshire Hathaway, Markel und einige andere fahren die gleiche schiene und generieren so seit Jahren und Jahrzehnten durchschnittlich hohe zweistellige Jahresrenditen. Überwiegend aus den Investments!

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