Der Grund war, dass GNWs Buchwert über $30 je Aktie beträgt und der Aktienkurs verglichen hiermit ein Witz ist. Auf der Gegenseite ist zu vermerken, dass in GNWs Geschäften der Wurm drin ist. Nicht nur bei den klassischen Lebensversicherungen, deren Vertrieb man ausgesetzt hat, weil sie sich so gar nicht mehr rechne(te)n aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase, sondern viel mehr bei den Long Term Care-Produkten, also langlaufenden Pflegeversicherungen. Diese LTCs bereiten nicht nur Genworth Financial Sorgen, sondern der gesamten Branche, denn die Leute werden immer älter und die Behandlungen immer teurer. GNW selbst hatte dann auch noch seine Policen falsch kalkuliert und ist ist erst nach längerer Zeit auf den Rechenfehler aufmerksam geworden. Die auf dieses Basis abgeschlossenen Policen muss man aber dennoch erfüllen und die bereiten weiterhin und zunehmend Kopfschmerzen. So starke, dass im dritten Quartal eine erneute heftige Abschreibung hierfür fällig war. Nachdem man 2014 bereits $698 Mio. abgeschrieben hatte, folgten nun noch einmal $475 Mio. Und die Sorgen der Anleger sind, dass dies nicht die letzten Abschreibungen auf dieses Geschäft gewesen sein dürften. Und hier liegt der Hund begraben...
Genworth Financial Inc. (Quelle: finanzen.net) |
Nun, zwischen einem Aktienkurs von unter $5 und einem Buchwert von über $30 ist schon noch eine ganze Menge Luft. Und man darf auch nicht vergessen, dass die meisten dieser kritischen LTC-Policen aus Mitte der 1990er Jahre stammen und der betreffende Personenkreis immer kleiner wird, einfach durch den natürlichen Lauf des Lebens.
Also selbst wenn GNW den Wert seines LTC-Business irgendwann noch einmal heruntersetzen muss, ist dies keine endlose Todesspirale, sondern ein überschaubares Problem. Und bisher hat das GNW-Management auch immer den Eindruck vermittelt, die Probleme seien zwar nicht klein, aber beherrschbar - und dass man sie beherzt angehe.
Umso unverständlicher ist für mich, dass man sich für nur $5,43 je Aktie in die Arme eines chinesischen Versicherungskonzern flüchten will. Sicherlich, Oceanwide Holdings bringt auch frische Finanzmittel in GNWs Geschäft ein, das dort sehr willkommen sind, aber eine Lösung dieser kurzfristigen Liquiditätssorgen rechtfertigen doch keine Verschleudern der Zukunft!
»Für augenblicklichen Gewinn verkaufe ich die Zukunft nicht.«
(Werner von Siemens)
Ich halte das Angebot der Chinesen für völlig unangemessen. Und dass das GNW-Management dieses auch noch zur Annahme empfiehlt, ist schlicht unglaublich. Vielleicht ist dies auch dem Umstand geschuldet, dass das GNW-Management bei diesem Deal an Bord bleiben soll - vermutlich ein nicht zu unterschätzender Aspekt in dieser Gemengelage.
Auch wenn ich glaube, dass man durchaus mit einigen größeren Investoren im Vorfeld der Offerte gesprochen hat, kann ich mir nicht vorstellen, dass viele Aktionäre dieses Angebot annehmen werden. Eine Mindestannahmequote hat Oceanwide nach meiner Kenntnis nicht vorausgesetzt und daher könnte es darauf hinauslaufen, dass ein großer Freefloat bestehen bleibt.
Eine andere Überlegung ist, ob nicht jemand anderes eine Übernahme von Genworth Financial starten könnte. Denn zu GNW gehören auch börsennotierte Sahneschnittchen, wie Genworth Canada, an denen GNW noch rund 57% hält im Wert von rund $1,15 Mrd. Oder Genworth Australia, deren 52%-Anteil von Genworth aktuell gut $3 Mrd. wert ist. Nur diese beiden Anteile zusammen machen schon einen Wert je GNW-Aktie von $3,50 aus.
Meine Einschätzung
Die China-Offerte hat den Aktienkurs von Genworth Financial ziemlich unter Druck gesetzt und er hat um mehr als 15% nachgegeben. Vor allem wegen der erneuten Abschreibungen auf das LTC-Business und weil das Übernahmeangebot nur magere 4% Aufgeld auf den Vortagesschlusskurs bot. Dabei stellt sich die Situation doch so dar, dass bis Mitte 2017 Oceanwide die Aktien zu $5,43 einsammeln will - also jede Aktie, die man heute kauft, in gewisser Weise nach unten gut abgesichert ist. Auf der anderen Seite ist es nicht unwahrscheinlich, dass auch andere Bieter, neben Versicherungen auch Finanzinvestoren, nun auf den Zug aufspringen könnten, um sich das Buchwert-Schnäppchen Genworth Financial unter den Nagel zu reißen. Ich habe daher die heutigen Ausverkaufskurse unter €4 nochmals zum Nachkauf genutzt, und inzwischen meine Position verdoppelt. Ich glaube, hier geht noch mehr. Viel mehr...
Genworth Financial befindet sich als Turnaround-Spekulation auf meiner Empfehlungsliste und in meinem Depot.
Hi,
AntwortenLöschenIch habe mir die mögliche Übernahme auch angesehen.
Meiner Meinung nach stehen die Chancen gar nicht so schlecht dass die Übernahme stattfinden wird. Die Chancen überwiegen hier aus den folgenden Gründen:
- der aktuelle Preis ist ca 25% geringer als das Angebot, d.h. Die große Mehrheit wird auf der außerordentlichen Versammlung zustimmen
- da der Preis viel geringer ist als das Angebot, könnten die Chinesen auf die Idee kommen schon jetzt über die Börse einzusammeln. Verbessert auch die Chancen bei der Abstimmung. Außerdem ist der Wert damit nach unten abgesichert
- das Management und der Aufsichtsrat ist dafür
- die Behörden werden mit hoher Wahrscheinlichkeit zustimmen, da das Management argumentieren wird, dass nicht werthaltige werte ( fast schon eine Bad Bank) an die Chinesen verkauft wird. Deshalb wurde gleichzeitig auch die Wertberichtigungen bekannt gegeben, soll die stakeholder überzeugen zu verkaufen/ zuzustimmen. Des weiteren ist das Unternehmen nur ein kleiner Fisch mit 2,7 Mrd. Bewertung
Es ist auch das Potential vorhanden dass das Angebot erhöht wird:
- bei der Bekanntgabe lag der Übernahmepreis nur 4% über dem Börsenkurs, d.h. Für mich, die Chinesen halten ihr Pulver im Trockenem. Den Chinesen ist es klar dass das Angebot mit hoher Wahrscheinlichkeit erhöht werden muss, daher der Übernahmepreis nahe am Börsenkurs
- allein die Töchter in Kanada und Australien sind 1,7 Mrd. bzw 3,5 $ pro Aktie wert.
- würde man die Töchter verkaufen. Hätte man nur 1 Mrd. für 13 Mrd buchwert bezahlt.
- selbst wenn der Buchwert nicht zu 100% werthaltig ist, was er natürlich nicht ist, und man würde 50% abschreiben wäre immernoch viel Potenzial nach oben da
- der strategische Wert für die Chinesen ist enorm. Wo sonst kann China so günstig einen Fuß in die wichtigen Märkte USA , Kanada , Australien, Deutschland bekommen. Ich glaube sogar den Chinesen ist es NUR möglich den Zugang durch die Hintertür zubekommen in dem sie eine "Bad Bank" übernehmen. Sonst würden sie auch keine Genehmigung bekommen.
- das oben genannte ist natürlich auch interessant für die Hedgefonds, sie könnten auch einsteigen um den Preis nach oben zu treiben
Die endgültigen Übernahmebedingungen werden innerhalb von 30 Tagen veröffentlicht. Ich hoffe da werden keine Schwellenwerte festgelegt. Obwohl 51% wären glaube ich auch kein Problem. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich die ersten großen Trittbrettfahrer nach der Veröffentlichung der Bedingungen positionieren.
Kennst Du eigentlich andere chinesische Übernahmen in den USA die erfolgreich waren. Wäre interessant ob diese Übernahmen problemlos abgelaufen sind.
VG
David
Aber wenn das alles richtig ist, wer verkauft dann jetzt und wieso?
AntwortenLöschenGrüße
Fritz
Die Aktie verliert heute weitere 6%. Es ist mir eine völlig neue Situation, dass eine Aktie nachdem Übernahmeangebot so herunter geprügelt wird. Klar scheint die Bilanz mit den LTCs getrübt, aber da ist ja jmd der einen festen Preis bezahlen wird. Oder es sit wieder diese gesunde Skepsis gegenüber Angeboten aus China. Ich werd aktuell nicht schlau draus. Ich steh derzeit noch am Rand - hatte heut schon den Finger auf dem kaufen Buttom, aber noch gefällt mir die Situation nicht.
AntwortenLöschenbeste Grüße
Hannes
Ja, die Aktie ist noch einmal gefallen. Ich kann nicht sagen, weshalb so viele Aktien auf den Markt geschmissen werden, aber ich kann sagen, dass ich eben gerade noch ein paar weitere Stücke eingesammelt habe. Ich sehe diese Kurse als Kaufkurse und glaube, dass sich mit GNW in den nächsten Monaten (und vielleicht Jahren) noch eine Menge Geld verdienen lässt.
AntwortenLöschenEs gab einen sehr lesenswerten englischen Artikel auf Seeking Alpha zu Genworth Financial und den Chancen, die die jetzige Situation mit sich bringt: "Genworth Financial - A Win-Win-Win Special Situation".
AntwortenLöschenDarin wird noch einmal auf die absurd niedrige Bewertung von GNW hingewiesen, so als ob die Firma kurz vor der Pleite stünde. KBV von 0,1, KUV von 0,3, KCV von 0,9.
Das Oceanwide-Angebot zu $5,43 bietet etwa 30% Aufgeld auf den aktuellen Kurs und es sollte bis Mitte 2017 zu erzielen sein, wenn die Offerte angenommen wird. Gibt es einen anderen Bieter, wird der mehr bezahlen (müssen). Kommt keine Übernahme zustande, bietet sich mittel- und langfristig das Potenzial, dass sich der GNW-Kurs wieder seinem Buchwert annähert. Und der liegt bei über §30 je Aktie.
Ach ja, GNW-CEO Tom McInerney hat in der Telefonkonferenz zu den Q3-Zahlen gesagt, dass die erforderlichen Unterlagen zur Oceanwide-Übernahme innerhalb von 30 bis 40 Tagen an die Aktionäre gehen dürften. Die Abstimmung der Aktionäre über das Angebot dürfte also Mitte Dezember erfolgen.
Und was war das heute? 3,46 USD bei einem konkreten Übernahmeangebot das eigentlich sicher sein sollte? Gibt es für die 9% Tagesminus einen Grund? Nachdem die letzten Tage der Kurs schon von 4 auf 3,70 abgebröckelt ist. Das Gesamtminus ist mittlerweile enorm.
AntwortenLöschenHabe mir die Antwort selbst gegeben:
AntwortenLöschenhttp://seekingalpha.com/news/3237662-wells-fargo-china-oceanwide-likely-cut-genworth-offer-3_43-share
Sorry, die Frage hatte ich wohl übersehen, da ich unter einem anderen Artikel auf einen anderen Kommentar zum selben Thema geantwortet hatte.
LöschenHier meine Antwort dortige Antwort noch einmal...
Es gibt von GNW ein Aktionärsschreiben, in dem um Zustimmung zu der Übernahme geworben wird (klick). In diesem ist als Datum für die außerordentliche HV der 7. März genannt und immer wieder der Übernahmepreis von $5,43. Über die Annahme dieses (!) Angebots wird abgestimmt.
Der Wells-Fargo-Analyst meint nun, dass das Jahresergebnis von GNW schlecht ausfallen wird, also mit einem deutlichen Verlust bei EPS. Seine Schätzung geht von einem Verlust von $0,46 je Aktie aus anstelle einer Erwartung eines Gewinns von $0,04. Und er meint, dass Oceanwide bei Eintreten dieses Verlusts seine Offerte auf $3,43 reduzieren könnte. Die Wahrscheinlichkeit hierfür beziffert er mit 80%. Er begründet seine reduzierte Gewinnerwartung übrigens mit den Unterlagen, die GNW als Anlage zum Aktionärsvotum angefügt hat.
Ich bin auch kein Experte für US-Übernahmen. Wenn aber eine renommierte Bank so etwas in den Raum stellt, dürfte es grundsätzlich möglich sein. Zumal es sich ja nicht wirklich um eine Übernahme handelt, sondern die eigentliche Vereinbarung eine Fusion ("Merger") mit den US-Aktivitäten von Oceanwide vorsieht. Und zwar zu einem festgelegten Preis von $5,43. Das kann nicht einseitig einfach abgeändert werden. Allenfalls könnte ggf. Ocenwide vom Vertrag zurücktreten, denke ich. Aber dann? Einen neuen Versuch starten zu einem viel niedrigeren Preis? Das klingt wenig erfolgversprechend.
Die Grundlage für die Wells-Fargo-Einschätzung sind GNW-Unterlagen und das GNW-Management hat höchstes Interesse daran, dass der Deal zustande kommt. Möglich, dass sie auch deshalb besonders tief stapeln, um möglichst viele Aktionäre in den vermeintlich sicheren Hafen der Oceanwide-Offerte zu treiben. Dann hätte Wells Fargo ihnen in die Hände gespielt. Andererseits dürften die enthaltenen Informationen nicht wirklich neu sein, schon gar nicht für Oceanwide, denn die haben ja vor dem Merger-Agreement alle Bücher von GNW eingesehen und man hat damals gemeinsam den fairen Wert von $5,43 ermittelt. Insofern klingt die Einschätzung von Wells Fargo eher nicht stichhaltig.
Andere Option...
Sollte Oceanwide die Offerte verringern, dürfte sie keine Chance auf Annahme seitens der Aktionäre mehr haben. Oder die Aktionäre lehnen den Merger ab. In beiden Fällen wäre zu überlegen, was mit GNW weiter passiert. Ob das Unternehmen von jemand anderem übernommen wird, ob es alleine bestehen kann oder ob man sich von einer oder beiden der profitablen Hypotheken-Töchter trennt, um sich so zu entschulden und zu gesunden.
Wirklich geändert hat sich durch den Kommentar von Wells Fargo nichts.
Danke für die Antwort. Nun ja, geändert hat sich der Kurs. Und dummerweise hatte ich vor dem Absturz bei 4US$ ordentlich nachgekauft.
AntwortenLöschenInsofern sich aber an der grundsätzlich werthaltigen Substanz und am Interesse der Chinesen am US-Markt nichts geändert hat, sollte man sich keine Sorgen um die Annahme des ursprünglichen Angebots machen.
Dann dürfte Anfang März der Knoten aufgelöst werden.
Wäre schön, ein Kommentar der beiden beteiligten Akteure zu hören.
Sehr lesenswerter Artikel zum aktuellen Stand bei Genworth Financial.
AntwortenLöschenGenworth: Is The China Oceanwide Deal Really At Risk?
Summary
- Genworth's arbitrage spread with respect to its buyout by China Oceanwide has ballooned to over 60%.
- We analyze in this article why such a large spread exists and whether it is justified, concluding that misinformation is largely responsible.
- We believe the transaction has a 75% chance of completion at $5.43 per share and limited downside risk from the recent $3.30 closing stock price.
- Genworth's Expected Value (or EV) is estimated to be $4.93/share currently, or 49% above the recent market quote for the shares.
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