Kündigt ein Unternehmen einen Aktienrückkauf an, brennt der Kurs ein Feuerwerk ab. Verständlich, ist doch der Aktienkurs das Ergebnis von Angebot und Nachfrage und wenn das Unternehmen seine eigenen Aktien über die Börse zurückkauft, stellt dies zusätzliche Nachfrage dar. Außerdem sollte das Unternehmen am besten wissen, bei welchem Kurs die eigenen Aktien unter ihrem fairen Wert notieren. Und so sind Aktienrückkäufe für die Aktionäre immer eine gute Sache, findet Börsenlegende Peter Lynch.
»Aktienrückkäufe sind die einfachste und beste Art, wie ein Unternehmen seine Anleger belohnen kann. Wenn ein Unternehmen an seine eigene Zukunft glaubt, warum sollte es dann nicht in sich selbst investieren, genauso wie die Aktionäre?«(Peter Lynch)
Doch wie wie bei allen Wundermitteln, gibt es auch bei Aktienrückkäufen einige Nebenwirkungen und Begleiterscheinungen, über die man sich vorher ein Bild machen sollte. Damit sich der gewünschte positive Effekt auch wirklich einstellt...
Grundsätzlich verfügt das Unternehmen über Geldmittel, um damit Investitionen zu tätigen und neue Produkte zu entwerfen und zu vermarkten. Das ist der Daseinszweck des Unternehmens und wenn das Unternehmen nun dieses Geld für den Rückkauf eigener Aktien oder für Dividendenausschüttungen an die Aktionäre verwendet, ist das nur dann eine gute Idee, wenn es das Geld nicht besser für sein (operatives) Geschäft einsetzen könnte. Wenn also das Unternehmen selbst eine Rendite von 8% erwirtschaftet und mehrere Übernahmeziele ins Auge gefasst hat, die nur 5% erreichen, dann ist aus Sicht der Aktionäre ein Aktienrückkauf rentierlicher. Sollten neue Investitionen in den Maschinenpark die Rendite im Unternehmen heben, kann dies lohnender sein, als Aktien zurückzukaufen oder Dividenden auszuschütten. Es kommt eben auf den Einzelfall an.
Gehen wir also davon aus, dass das Unternehmen keine lukrativeren Ideen verfolgen kann, als das Geld den Aktionären zukommen zu lassen. Dann stehen sowohl eine Dividendenzahlung als auch ein Aktienrückkauf als Maßnahmen zur Verfügung. Wobei die Dividendenausschüttung der 25-prozentigen Abgeltungssteuer unterliegt, während der Aktienrückkauf keine Steuerpflicht auslöst. Durch den Rückkauf der eigenen Aktien verringert sich die Gesamtzahl der Aktien nicht automatisch. Sie werden zunächst im Bestand des Unternehmens gehalten und bleiben bei Dividendenausschüttungen unberücksichtigt. Der Gewinn je Aktie für den einzelnen Aktionär steigt also durch Aktienrückkäufe. Und sollte das Unternehmen die Aktien dann einziehen, also vernichten, verringert sich die Anzahl aller Aktien und jede einzelne Aktie stellt einen größeren Anteil am Unternehmen dar. Ihr Wert steigt also (was nicht zwangsläufig bedeutet, dass auch ihr Preis, der Aktienkurs, entsprechend steigt).
Hinsichtlich des ansteigenden Gewinns je Aktie sollte man natürlich auch im Blick behalten, dass Aktienrückkäufe diesen in gewisser Weise schönen. Hier lohnt auf jeden Fall der zweite, skeptische Blick, ob denn eventuell (nur) operative Schwächen verdeckt werden sollen. Denn es gibt auch Beispiele, wo Unternehmen mit dem Rückkauf eigener Aktien das Geld ihrer Aktionäre zum Fenster hinauswerfen.
So werden eigene Aktien gerne auch als Akquisitionswährung eingesetzt, um andere Firmen zu übernehmen und (teilweise) mit eigenen Aktien zu bezahlen. Hier muss man ganz genau hinsehen! Denn diese Aktien werden nun nicht eingezogen, sondern gelangen wieder in den Börsenverkehr und für den Aktionär bringt dies nur dann einen Vorteil, wenn die Aktien vom Unternehmen zu niedrigeren Kursen gekauft wurden, als sie nun bei der Akquise angerechnet werden. Wurden die Aktien durchschnittlich zu 11 Euro gekauft und nun bei der Übernahme nur mit 8 Euro angerechnet, dann ergibt dies einen Verlust von 3 Euro - unabhängig davon, ob das andere Unternehmen zu einem überteuerten Kaufpreis erworben wird oder ein Schnäppchen ist.
Und Geldvernichtung in Reinkultur stellt ein Aktienrückkaufprogramm dar, wenn diese Aktien anschließend für Aktienoptionen für den Vorstand oder Mitarbeiter herhalten müssen, bei denen diese die Aktien deutlich unter Marktwert erhalten können. Dann kann man grundsätzlich von einem finanziellen Verlustgeschäft für das Unternehmen - und die Aktionäre - ausgehen.
Augen auf beim Aktien(rück)kauf!
Daher sollte man sich auch bei Aktienrückkäufen nicht von der Überschrift blenden lassen, sondern sich genau ansehen, an welche Bedingungen und zu welchem Zweck er stattfinden soll. Hat man - was ein Value Investor stets tun sollte - in ein Unternehmen mit einem fähigen und vertrauenswürdigen Management investiert, dann sollte man vor den negativen Aspekten weitgehend gefeit sein. Bei kleinen Unternehmen, die in den "Nebensegmenten" der Börsen notieren, wo die Zulassungserfordernisse und die Offenlegungspflichten gering(er) sind, ist ein wachsames Auge stets der beste Freund der Investition.
Grundsätzlich stellen Aktienrückkäufe für die Aktionäre eine positive Maßnahme dar und Warren Buffett ist einer ihrer größten Fans. Sie stellen für ihn die beste Art dar, wie das Unternehmen seine Aktionäre am Erfolg teilhaben lassen kann. Denn unter dem Strich sind Aktienrückkäufe so zu betrachten, als würde man die Dividenden kassieren und das erhaltene Geld sofort wieder in das Unternehmen investieren (Thesaurierung). Nur ohne Steuerabzug und Börsentransaktionskosten. So kann der Zinseszinseffekt seine größte Wirkung erzielen, ohne dass der Anleger selbst nochmals tätig werden müsste.
»Keine andere Maßnahme nützt Aktionären so viel Aktienrückkäufe. Sofern das Unternehmen über ausreichend Liquidität für das operative Geschäft verfügt und die Aktie mit einem nennenswerten Abschlag auf den inneren Wert notiert - konservativ gerechnet.«(Warren Buffett)
Wenn also ein Unternehmen den Rückkauf eigener Anteile ankündigt, schauen Sie als Anleger genau hin. Es könnte eine hervorragende Chance sein, an der sie langfristig ordentlich (mit)verdienen können.
Das Letzte...
Einen letzten Gedanken kann ich euch an dieser Stelle nicht ersparen: es grassiert Corona und trotz Rekordständen an den Börsen liegen viele Aktienkurse noch am Boden. Auch von Unternehmen, die in den letzten Jahren hohe Dividenden an ihre Aktionäre ausgeschüttet und viel Geld in Aktienrückkäufe gesteckt haben. Diese sehen nun im Nachhinein betrachtet überteuert und dumm aus. Klar, wenn der Aktienrückkauf zu €100 je Aktie erfolgt, der Kurs aktuell aber bei €50 notiert.
»Die Zukunft kann man nicht im Rückspiegel sehen.«(Peter Lynch)
Von dieser Betrachtungsweise sollte man sich aber freimachen. Ob Aktienrückkäufe sinnvoll waren, entscheidet sich nicht am aktuelle Kurs, sondern an der Faktenlage: gab es aus damaliger Sicht bessere Alternativen? Also lukrative Übernahmeziele oder sinnvolle Investitionsmöglichkeiten beim eigenen operativen Geschäft? Dann waren die Aktienrückkäufe nicht die beste Entscheidung, schon damals nicht und aus heutiger Sicht auch nicht. Sie nun aber als Fehler zu bezeichnen, nur weil der aktuelle Aktienkurs unter dem Rückkaufskurs von vor einigen Monaten notiert, ist weder zielführend noch sinnvoll. Das würde nämlich implizieren, dass man seine Meinung just in dem Moment wieder ändern müsste, sobald der Aktienkurs in die Höhe und über den früheren Kurs hochschnellt.
Also, den Blick auf die Kurse vergessen! Aktienkurse taugen als Bewertungsmaßstab nichts! Absolut rein gar nichts! Es kommt auf den Wert je Aktie an und darauf, dass mit den erzielten Cashflows das beste angestellt wird. Und das können Aktienrückkäufe sein, auch zu hohen Aktienkursen. Es kommt eben drauf an. Worauf, das habe ich ja ausführlich dargelegt...
Meine Lese-Tipps
▶ "Aktien für alle: So verdienen Privatanleger an der Börse" von Peter Lynch
▶ "Der Börse einen Schritt voraus: Wie auch Sie mit Aktien verdienen können!" von Peter Lynch
▶ "Lynch III. Der Weg zum Börsenerfolg" von Peter Lynch
Hier noch ein interessanter Zusatz: Laut Yardeni Research sind rund 2/3 der Aktienrückkäufe in den USA als Kompensation für in Aktien(optionen) gezahlten Gehaltsanteile der Mitarbeiter zu verstehen.
AntwortenLöschenEs ist auch kritisch zu sehen, wenn Firmen die großzügig Aktien zurückgekauft haben nun um Staatsgelder anstehen weil ihnen sonst die Mittel ausgehen.
AntwortenLöschenMfG
Joe
Das sehe ich differenzierter, Joe. Auf eine Pandemie wie Corona war niemand vorbereitet, niemand hat die in 2019 oder früher als Problem auf dem Schirm gehabt. Insofern kann man jetzt auch nachträglich niemandem einen Strick draus drehen, dass er für diesen Fall nicht vorgesorgt bzw. ihn vorausgesehen hat. Wenn allerdings Unternehmen ab Ende Februar, als der Absturz absehbar wurde, noch Aktien zurückgekauft haben oder das noch immer tun (und ggf. auch noch Dividende zahlen), während sie auf Liquiditätsengpässe zusteuern, dann habe ich kein Mitleid und bin völlig Deiner Meinung, dass die keine Hilfe verdient haben. Oder aber einen hohen Preis für die Unterstützung zahlen müssen.
LöschenFür die Zukunft gelten allerdings andere Prämissen. Eine Pandemie ist nun ja kein völlig unwahrscheinliches Szenario mehr, deshalb müssen sich alle davor wappnen. Viele haben/hatten Betriebsausfallversicherungen, wo aber Pandemien nicht mitversichert waren - weil man dachte, das kostet unnötig Geld, da es eh nie passiert. Nun ist es passiert und jeder muss sehen, ob es ihm eine Versicherung wert ist. Hat ja auch nicht jeder eine private Haftpflichtversicherung, obwohl die sehr sinnvoll ist und ggf. vor der Insolvenz schützt.
Ein weiterer Punkt ist, dass ein Unternehmen nicht nur aus Management und Eigentümern besteht, sondern auch die Mitarbeiter gehören dazu. Ich finde es schwierig zu verargumentieren, dass man den Arbeitsplatz von 1.000 Leuten schrotten lässt, nur weil zuvor das Management Aktien zurückgekauft hat, was den Aktionären zugute kam. Da trifft man also auch die Falschen, wenn man die Firma dann ohne Hilfe Pleite gehen lässt...